Smartphones in der Um- und Mitwelt. Eine Untersuchung anhand "Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt" von Alfred Schütz


Term Paper, 2014

19 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsklärung
2.1 Medium
2.2 Telekommunikation mit Smartphones

3 Ein Einblick in die Sozialphänomenologie von Alfred Schütz
3.1 Intersubjektives Sinnverstehen und die Konstitutionsanalyse
3.2 Erlebnis, (subjektiver) Sinn und Motive in der Sozialphänomenologie
3.3 Fremdverstehen in der Lebenswelt

4 Telekommunikatives Handeln im Alltag
4.1 Die Umwelt
4.2 Die Mitwelt
4.3 Vorwelt und Nachwelt
4.4 Die Welt mit den Smartphones

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Jederzeit online. Jederzeit verfügbar. Immer erreichbar. Mit allem und jedem vernetzt. Immer auf dem neuesten Stand. So sieht sie aus, unsere Welt, in der Smartphones kaum noch wegzudenken sind. Menschen haben schon immer gern miteinander kommuniziert. Heute muss oder kann man sich nicht einmal mehr treffen, um sich zu unterhalten. Facebook, Instagram, Twitter – Internetportale, die es uns ermöglichen, im Leben der anderen teilzunehmen. Wir erfahren Dinge über unsere Freunde und Kollegen, die uns interessieren – oder auch nicht. Fast wie im richtigen Leben. Oder leben wir doch in zwei Welten – online und offline?

Alfred Schütz, Begründer der phänomenologischen Soziologie, beschrieb in seinem Werk „Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt“ unter anderem die einzelnen Welten, in denen wir leben. Zwischen Mitwelt und Umwelt gibt es nach Schütz einige Unterschiede. Doch was ist mit unseren Smartphones? In welche Welt gehören sie? Oder wird durch die Medien aus Um-und Mitwelt eine einzige Welt, in der wir mit anderen kommunizieren? Inwiefern gibt es noch einen Unterschied zwischen den beiden Welten?

2 Begriffsklärung

Um einen Bezug zwischen neuartigen Smartphones und Alfred Schütz‘ Um- und Mitwelt herstellen zu können, ist es zunächst notwendig, einige Begriffe zu klären. Dazu werde ich darstellen, wie es in der heutigen Zeit um Smartphones steht und wo diese in der Welt der Medien einzuordnen sind. Das wird nicht passieren, ohne zu beschreiben, was ein Medium ist.

2.1 Medium

Ein Medium ist ein Kommunikationsmittel, „durch das hindurch oder mithilfe dessen kommuniziert wird.“ (Mock 2006: 188). Laut Faulstich unterscheidet man zwischen primären, sekundären, tertiären und quartiären Medien. Primäre Medien sind hierbei die leibgebundenen zwischenmenschlichen Ausdrucksmöglichkeiten. Dazu gehört die Sprache, aber auch Mimik und Gestik.

Sekundäre Medien sind technische Hilfsmittel, die auf der Seite des Kommunikators benutzt werden. Hierzu zählt beispielsweise die Zeitung. Dort werden Informationen verpackt und übermittelt. Es kommt aber zu keiner weiteren Kommunikation mit dem Leser. Die Mitteilungen werden nur empfangen, anders als bei den tertiären Medien. Dort gibt es auf Sender-und Empfängerseite ein technisches Gerät. Beim Telefonieren zum Beispiel benötigen beide Kommunikationspartner ein Telefon, nicht nur einer der Partner. Quartiäre Medien funktionieren durch die Technik der Digitalisierung. Hierbei sind auf beiden Seiten während der Kommunikation onlinefähige Computer erforderlich. Beispiele hierfür sind E-Mails, Chats oder WhatsApp (Vgl. Faulstich 1998: 21 f.).

Medien kommen immer dann zum Einsatz, wenn es darum geht, eine „auf Wechselseitigkeit hin angelegte Kommunikationsabsicht an einen mehr oder minder festlegbaren Personenkreis“ (Gebhardt 2008: 18) auszuführen. Dieser Personenkreis kann persönlich bekannt sein, muss es aber nicht. So wird sowohl mit Freunden und der Familie kommuniziert, ebenso aber auch mit Kollegen oder völlig Fremden. Medien sind in der heutigen Zeit besonders stark mit alltäglichen kommunikativen Handlungspraktiken der Menschen verbunden (Vgl. Gebhardt 2008: 18).

2.2 Telekommunikation mit Smartphones

40,4 Millionen Deutsche sind Smartphone-Nutzer (Stand Februar 2014) – Tendenz stark steigend. Es gibt Länder mit weniger von ihnen und Regionen, in denen weitaus mehr Smartphones genutzt werden. Weltweit wurden für das Jahr 2014 1,76 Milliarden Smartphone-Nutzer prognostiziert (Vgl. Statista 2014).

Die kommunikativen Handlungsoptionen werden immer vielfältiger. Auf einem einzigen Trägermedium gibt es diverse Kommunikationsformen-und Möglichkeiten. Das Smartphone gehört zu den quartiären Medien. Ein Akteur kann bei einer einzigen Handlungs-bzw. Nutzungssituation auf verschiedene Kommunikationsangebote- und Inhalte zurückgreifen. So taucht oft ein Kontakt nicht nur einmal in einem Mobiltelefon auf, sondern sowohl in den WhatsAppkontakten, als auch im Facebook Messenger. Mit einem Smartphone ist der Nutzer unabhängig von Ort und Zeit geworden.

„ […] Der Computer auf dem Arbeitstisch, das Fernsehgerät im Wohnzimmer, das Radio in der Küche und das Telefon auf dem Flur, und auch das Buch und der Sessel bilden für viele eine Einheit. Ebenso wurden bestimmte Medien zu bestimmten Zeiten genutzt – Fernsehen war vor allem ein Abendmedium, Radio und Zeitung Morgenmedien […]. Derartige traditionelle Unterscheidungen wie ‚jetzt sehe ich fern‘ und ‚dann telefoniere ich‘ und ‚danach wird gebügelt und gekocht oder gelesen‘, sind heute immer weniger zu halten. Die durch Ort, Zeit und Sinn bisher voneinander abgegrenzten medialen Bereiche persönlichen und alltäglichen Handelns vermischen sich immer weitgehender untereinander, ebenso wie sich Medien selbst miteinander verbinden und vermischen.“ , Krotz 2001: 21

Es können mehrere Sachen gleichzeitig mit einem Smartphone gemacht werden. Außerdem besteht ein permanenter Wechsel zwischen privater und öffentlicher Kommunikation. So surfen viele im World Wide Web während sie gleichzeitig Nachrichten empfangen oder senden. Die Folge: individuelle Kommunikation und Kommunikation mit Breitenwirkung werden auf der Basis einer gemeinsamen technischen Infrastruktur übertragbar (Vgl. Joas 2007: 428).

Die Telekommunikation kann sowohl schriftlich, mündlich, als auch audiovisuell erfolgen (SMS, Anruf oder Skype). Daneben ist auch die Rezeption von standardisierten massenmedialen Kommunikationsinhalten, beispielsweise mit YouTube, möglich. Auch unterschiedliche Formen der Mensch-Computer-Interaktion können verwendet werden. Hierzu kann man Siri zählen, einen Computer in Appleprodukten, dem man wortwörtlich sagen kann, was er herausfinden soll.

Dazu kommen noch andere technische Möglichkeiten wie Handykameras, Diktiergeräte oder eine Taschenlampe. Durch alle diese Optionen können diverse Organisationen im Alltag erleichtert werden. Man kann sowohl Einkaufzettel speichern, Rezepte suchen, an Geburtstage erinnert werden, als auch seinen Kalender immer dabei haben und einen Wecker stellen (Vgl. Gebhardt 2008: 21 ff.).

Aus diesem Grund gilt das Smartphone als fester und unentbehrlich empfundener Bestandteil im Alltag der meisten Menschen. Ein weiter Vorteil des Smartphones ist, dass man selbst immer erreichbar ist und, dass andere immer erreichbar sind. Es gibt einem ein „subjektiv empfundenes Gefühl eines sozialen Eingebundenseins“ und ein „subjektiv erlebtes Sicherheitsempfinden“ (Gebhardt 2008: 22).

Auch bei einer räumlichen Trennung kann man andere am eigenen Leben teilhaben lassen, beispielsweise durch soziale Netzwerke und Blogs. Doch es verbergen sich auch Gefahren und Risiken hinter der neuen Technik, die sich 2007 durch Apple etabliert hat. Hierzu zählt der Zwang nach ständiger Erreichbarkeit, aber auch die soziale Kontrolle und handybezogene Störungen des öffentlichen Raums. Weiterhin kann es zu einer medialen Abhängigkeit kommen und dadurch wiederum zu gesundheitlichen Problemen. Der gesellschaftliche Druck zur Aneignung telekommunikativen Handlungskompetenzen wird in jeder Generation immer stärker (Vgl. ebenda 2008).

3 Ein Einblick in die Sozialphänomenologie von Alfred Schütz

Um zu verstehen, warum die Smartphones jetzt mit dem Soziologen Alfred Schütz in Verbindung gebracht werden sollen, werden im Folgenden wichtige Punkte seiner Sozialphänomenologie erläutert.

3.1 Intersubjektives Sinnverstehen und die Konstitutionsanalyse

Schütz unterscheidet zunächst zwischen Ego und Alter. Ego ist immer der Handelnde, der einen bestimmten Sinn mit seinem Handeln verbindet. Dieser Sinn kann von einer anderen Person (Alter) jedoch nie so erfasst werden, wie er im Bewusstsein von Ego aussieht. Hierbei entsteht das Problem der Intersubjektivität des zwischenmenschlichen Handelns.

(Inter)subjektives Sinnverstehen ist für die sozialwissenschaftliche Forschung ebenso wichtig für die Kommunikationswissenschaft. Bei der Problematisierung des wechselseitigen Sinnverstehens der Akteure von Schütz stehen methodische Prinzipien, die von ihnen bewusst oder auch unbewusst angewandt werden, im Vordergrund (Vgl. Gebhardt 2008: 72-74).

„[…] Ausgehend von der Voraussetzung der ursprünglich subjektiven Gegebenheitsweisen des Sinnes versucht Schütz diejenigen Konstruktionsprinzipien aufzudecken, durch deren unbemerkten Gebrauch die Akteure im Alltag intersubjektiven Sinn ohne Zugang zu dem vollständigen subjektiven Sinn eines Handelns erst erzeugen. Sein Untersuchungsfeld sind die Bedingungen der Sinnkonstitution im Alltagshandeln, ein Bereich der der methodologisch orientierten Analyse des Handlungsbegriffs, wie sie Weber unternommen hat, voraus liegt und dessen Aufklärung zur Fundierung der Weberschen Analyse beitragen soll.“ , Schneider 2002: 235 f.

Im Zentrum der Schütz’schen Konstitutionsanalyse stehen die invarianten Ordnungen der Lebenswelt, beziehungsweise der Interaktions-und Wirkensbeziehungen der Akteure. Sie ist eine Anlehnung an die „phänomenologische Reduktion“ von Edmund Husserl (1950). Somit soll dabei mit Hilfe von wissenschaftlichen Voreinstellungen, Idealisierungen und Vorurteilen ein „unverstellter Blick“ (Vgl. Bahrdt 1996: 43) auf unterschiedliche Akte im Bewusstseinsleben gewonnen werden. Dadurch können Handlungsperspektiven eingenommen werden, welche die handelnden Akteure im Alltag auch einnehmen (Vgl. Harrington 2000). Die Konstitutionsanalyse hat drei große Ziele. 1. Die Analyse und Rekonstruktion der allgemeinen menschlichen Bewusstseinsstrukturen wie beispielsweise Wahrnehmungen oder Handlungsplanungen, auf die später noch im Einzelnen eingegangen wird. 2. (Zwischen)Menschliche Bewusstseinstätigkeiten wie zum Beispiel Sinndeutungsprozesse. 3. Die Absicht, allgemeine intersubjektive Voraussetzungen für soziales Handeln und die Teilnahme an gesellschaftlicher Wirklichkeit insgesamt zu erklären. Die Konstitutionsanalyse telekommunikativen Handelns setzt sich mit Handlungsentwürfen in dem subjektiven Bewusstsein der Akteure auseinander (Vgl. Gebhardt 2008: 75 f.).

Sowohl Husserl, als auch Schütz vertreten die Ansicht, dass sinnhaftes Handeln immer nur mit menschlichem Bewusstsein erklärt werden kann (Vgl. Bahrdt 1996: 29 ff.). In diesem Fall ist ein Bewusstseinsakt immer auf etwas gerichtet, also ein Bewusstsein „von etwas“. Es gibt demnach einen Unterschied zwischen „inneren“ Bewusstseinsakten und „äußere“ Gegenstände (Vgl. Gebhardt 2008: 76 f.).

3.2 Erlebnis, (subjektiver) Sinn und Motive in der Sozialphänomenologie

Die Sozialphänomenologie ist ein Prozess, der sich mit einer sinnhaften Konstitution dieser Gegenstände oder Ereignisse im Bewusstseinsleben der Akteure beschäftigt (Vgl. Luckmann 1979: 197 f.). So bildet sich auch das egologische Bewusstsein beziehungsweise die darin ablaufenden Prozesse der Sinnsetzung-und Deutung. Diese wiederum sind sogenannte Leistungen des Subjekts „im eigenen Erleben des einsamen Ich“.

Ein Erlebnis ist „reflexiv“. Dies bedeutet, dass ein Ereignis in der Rückschau immer sinnvoll war. Es ist also wichtig, wo der Sinn einer Handlung eingeordnet wird, also vor, während oder nach dem Handeln. Ein Verhalten, das immer spontan ist, ist eine besondere Kategorie des Erlebnisses. Hier wird die Sinnzuschreibung im Nachhinein ausgeführt. Um einen zuvor gefassten Entwurf oder Handlungsplan geht es dagegen, wenn ein anderer Mensch explizit in dem „thematischen Feld“ enthalten ist und es damit zu einer sozialen Handlung kommt (Vgl. Schütz und Luckmann 2003: 545). Hierbei ist die Sinnzuschreibung schon vor dem Handeln möglich (Vgl. Gebhardt 2008: 78 f.).

[...]

Excerpt out of 19 pages

Details

Title
Smartphones in der Um- und Mitwelt. Eine Untersuchung anhand "Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt" von Alfred Schütz
College
Martin Luther University  (Soziologie)
Course
Alfred Schütz: Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt
Grade
2,0
Author
Year
2014
Pages
19
Catalog Number
V292675
ISBN (eBook)
9783656897712
ISBN (Book)
9783656897729
File size
493 KB
Language
German
Keywords
Alfred Schütz, Schütz, Smartphones, Umwelt, Mitwelt, Soziologische Theorie
Quote paper
Juliane Brettmann (Author), 2014, Smartphones in der Um- und Mitwelt. Eine Untersuchung anhand "Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt" von Alfred Schütz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/292675

Comments

  • No comments yet.
Look inside the ebook
Title: Smartphones in der Um- und Mitwelt. Eine Untersuchung anhand "Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt" von Alfred Schütz



Upload papers

Your term paper / thesis:

- Publication as eBook and book
- High royalties for the sales
- Completely free - with ISBN
- It only takes five minutes
- Every paper finds readers

Publish now - it's free