Belarus, häufig als „letzte Diktatur Europas“ beschrieben, ist bis in die jüngste Vergangenheit einer der engsten Verbündeten Russlands gewesen. Das wird durch den Vertrag zur Bildung eines Unionsstaates von 1999 besonders deutlich, mit dem, insbesondere durch die Vereinigung der Energie- und Transportsysteme, der Einführung eines einheitlichen Geld- und Kreditwesens, einer einheitlichen Zoll- und Handelspolitik, einheitlicher Gesetzesregelungen für ausländische Investoren und der vermehrten Kooperation in den Bereichen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Harmonisierung der Wirtschaftssysteme beider Länder erreicht werden sollte. Darüber hinaus spielten politische Überlegungen eine wichtige Rolle. So wurde in dem ausgearbeiteten Verfassungstext die Einführung eines gemeinsamen Staatsoberhaupts beschlossen. In den letzten Jahren hat die Bildung des Unionsstaates jedoch einige entscheidende Dämpfer erhalten. Zunächst entwickelten sich unter Putins Regentschaft in Russland Divergenzen bezüglich einer möglichen Gestalt der künftigen Union.
Nachdem anschließend der Kreml und der staatliche Gasmonopolist Gasprom eine neue Strategie präsentierten, die sich auch im postsowjetischen Raum zunehmend an wirtschaftlichen als an rein politischen Interessen orientiert, rückte der Unionsstaat durch die Energiekonflikte von 2004 und 2006/2007 in weite Ferne.
Für Alexander Lukaschenko, den Präsidenten von Belarus, ist das mögliche Scheitern der Union jedoch nicht das Schlimmste. Vielmehr ergeben sich aus der veränderten Strategie Russlands von der wirtschaftlichen Bevorzugung Belarus hin zu einer marktwirtschaftlichen Ausrichtung Probleme für die künftige Situation seines Landes. Denn, obwohl er sich Ende der 90er Jahre tatsächlich Chancen auf die Präsidentschaft des Unionsstaates ausrechnete, diente seine Integrationspolitik im Wesentlichen dazu, von Russland Gas, Öl und den Zugang zum russländischen Markt zu Sonderkonditionen zu erhalten. Somit boykottierte er, nachdem Putin eine Union nur auf Grundlage der russischen Verfassung für realistisch hielt und damit einen faktischen Beitritt Belarus zur Russischen Föderation in Betracht zog, die vertraglichen Regelungen, wobei er aber nach außen weiterhin die Wichtigkeit einer Integration beider Länder skandierte. Allerdings betonte er dabei die Gleichberechtigung beider Staaten [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Belarus unter Lukaschenko
- 2.1 Die Machtsäulen des Systems
- 2.2 Die Präsidentschaftswahlen 2006
- 2.3 Der Unionsstaat
- 3. Die Energiekonflikte
- 3.1 Die neue Strategie Gasproms und des Kremls
- 3.2 Die Bedeutung Russlands für die belarussische Wirtschaft
- 3.3 Der Energiekonflikt 2004
- 3.3.1 Ursachen und Verlauf
- 3.3.2 Ergebnisse
- 3.4 Der Energiekonflikt 2006/2007
- 3.4.1 Ursachen und Verlauf
- 3.4.2 Ergebnisse
- 3.5 Folgen der Energiekonflikte für Belarus und Lösungsansätze
- 4. Ansätze für die EU-Politik gegenüber Belarus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die Energiekonflikte zwischen Belarus und Russland und beleuchtet deren Folgen für das belarussische Wirtschaftssystem. Dabei wird die Entwicklung Belarus unter der Regierung von Alexander Lukaschenko in den Kontext der russischen Energiepolitik und der gescheiterten Union staatlichen Integration gestellt. Die Arbeit untersucht die Machtsäulen des Lukaschenko-Regimes, die Rolle der Präsidentschaftswahlen und die Bedeutung der Energieversorgung für die belarussische Wirtschaft.
- Entwicklung Belarus unter Lukaschenko
- Machtsäulen des Lukaschenko-Regimes
- Russische Energiepolitik und die Bedeutung von Gas und Öl für Belarus
- Die Energiekonflikte zwischen Belarus und Russland
- Die Folgen der Energiekonflikte für Belarus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung skizziert die politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von Belarus von Russland im Kontext der gescheiterten Unionsstaat-Bildung. Sie stellt die veränderte Energiepolitik Russlands unter Putin und die daraus resultierenden Konflikte mit Belarus dar.
Kapitel 2 beschreibt die Entwicklung Belarus unter Alexander Lukaschenko, seine Machtsäulen und die Rolle der manipulierten Präsidentschaftswahlen. Die Bedeutung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von Russland für die Stabilität des Lukaschenko-Regimes wird hervorgehoben.
Kapitel 3 analysiert die Energiekonflikte zwischen Belarus und Russland, insbesondere die Konflikte von 2004 und 2006/2007. Es werden die Ursachen und Folgen dieser Konflikte für die belarussische Wirtschaft erläutert.
Schlüsselwörter
Belarus, Lukaschenko, Energiekonflikte, Russland, Gasprom, Unionsstaat, wirtschaftliche Abhängigkeit, politische Repression, Präsidentschaftswahlen, Energieversorgung, Wirtschaft, EU-Politik.
- Quote paper
- Alexander Gajewski (Author), 2009, Die weißrussisch-russischen Energiekonflikte und ihre Folgen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/292879