[...] Die Gründe für das offensichtliche allgemeine Desinteresse, sieht man einmal von den Heimat- und Vertriebenenverbänden ab, liegen offen vor uns. Ein deutsches Schlesien ist nicht mehr existent. Der größte Teil Schlesiens befindet sich heute auf dem Staatsgebiet der Republik Polen und liegt somit außerhalb des ie in der heutigen Zeit eher auf sich selbst bzw. auf die westliche Staatengemeinde hin orientiert sind. Dabei hat Schlesien eine bedeutende deutsche Geschichte, die in Vergessenheit zu fallen drohte. Erfreulicherweise erinnern sich aber immer mehr Menschen, so etwa eine neue, junge Generation polnischer Historiker, wieder an diese Vergangenheit: „Es sind bereits über 50 Jahre seit dem Kriegsende vergangen und mehr als eine hier geborene Generation herangewachsen. Die jungen Polen in Schlesien halten diesen Boden für den ihren und wollen seine Vergangenheit besser erforschen. Sie haben zumeist keine aus den tragischen Kriegserlebgnissen stammenden Vorurteile, sie möchten sowohl die polnische als auch die deutsche Vergangenheit Schlesiens kennenlernen. Das ist mit der normalen Neugier kaum Bekanntem gegenüber, mit den polnischdeutschen Kontakten, mit der Ablehnung der früheren kommunistischen Propaganda und auch mit dem Interesse für die deutsche Kultur und Zivilisation zu erklären. Selbst die Historiker der älteren Generation müssen diese Tatsache berücksichtigen, denn das Schreiben in der alten Weise gibt sie zunehmend der Lächerlichkeit preis." Meine Hoffnung wäre, daß auch in Deutschland das wissenschaftliche Interesse an der Geschichte Schlesiens, vor allem bei der jungen Generation von Historikern wieder erwacht. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit soll im Bereich der Stadtgeschichte Schlesiens stehen. Vor allem möchte ich dabei folgender Frage nachgehen: Ist eine besondere Charakteristik in der stadtgeschichtlichen Entwicklung der schlesischen Städte erkennbar? Desweiteren möchte ich im Hinblick auf die bis heute oft bemühte These von der sog. „Rückständigkeit“ Osteuropas überprüfen, ob es am Beispiel der schlesischen Stadtgeschichte bereits im Mittelalter zu grundlegend anderer, vielleicht schwächerer oder langsamerer Entwicklung kam, als etwa in den westlichen Siedlungsgebieten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der schwierige Begriff der Nation
- Räumlich-geographische Darstellung
- Vorgeschichte
- Die Gründungs- und Besiedlungsphase
- Entwicklung Schlesiens als Siedlungsraum in der ersten Hälfte des 13. Jh.
- Die Entwicklung des schles. Siedlungsgebietes nach 1241
- Die schlesische Weichbildverfassung
- Städtische Siedlung in Schlesien
- Stadtstruktur
- Funktion und Entwicklung der schlesischen Städte allgemein
- Geschichte und Entwicklung schlesischer Städte speziell
- Breslau
- Liegnitz
- Oppeln
- Kreuzburg
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Stadtgeschichte Schlesiens im Mittelalter und fragt nach einer besonderen Charakteristik in der stadtgeschichtlichen Entwicklung schlesischer Städte. Sie hinterfragt zudem die These von der „Rückständigkeit“ Osteuropas anhand des mittelalterlichen Schlesiens, indem sie die Entwicklung schlesischer Städte mit der in westlichen Siedlungsgebieten vergleicht.
- Stadtentwicklung in Schlesien im Mittelalter
- Vergleich der schlesischen Stadtentwicklung mit der in westeuropäischen Gebieten
- Der Begriff der „Nation“ im mittelalterlichen Kontext
- Geographische und politische Situation Schlesiens
- Die Rolle der Piasten und Premysliden in der schlesischen Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beleuchtet das in der heutigen Zeit oft vernachlässigte Thema Schlesien und seine deutsche Geschichte. Sie betont das wachsende Interesse polnischer Historiker an dieser Vergangenheit und hofft auf ein wiedererwachendes wissenschaftliches Interesse in Deutschland. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Stadtgeschichte Schlesiens und dem Vergleich mit der Entwicklung in westeuropäischen Gebieten, um die These der osteuropäischen „Rückständigkeit“ zu überprüfen.
Der schwierige Begriff der Nation: Dieses Kapitel thematisiert die problematische Verwendung von Begriffen wie „deutsche“ oder „polnische Nation“ im Kontext des mittelalterlichen Schlesiens. Es betont, dass der moderne Nationalbegriff nicht auf diese Zeit angewendet werden kann und die Begriffe hier primär geographische Herkunft bezeichnen. Die Arbeit vermeidet daher eine anachronistische Interpretation nationaler Zugehörigkeit.
Räumlich-geographische Darstellung: Der Abschnitt beschreibt die geographische Lage Schlesiens als Gebiet im Einzugsgebiet der Oder mit seinen Nebenflüssen, begrenzt im Süden durch die Beskiden und Sudeten. Die fehlende natürliche Grenze im Norden wird als Ursache für historische Grenzveränderungen genannt. Die Oder wird als Mittelachse Schlesiens identifiziert.
Vorgeschichte: Dieses Kapitel behandelt kurz die politische und ökonomische Situation Schlesiens vor der intensiven Besiedlung im 13. und 14. Jahrhundert. Es erwähnt die Herrschaft der Piasten aus Großpolen und der Premysliden aus Böhmen und Mähren, ihre Feindschaft und die letztendliche Durchsetzung der Piasten im Gebiet beiderseits der Oder durch kaiserliche Vermittlung.
Die Gründungs- und Besiedlungsphase: Der Abschnitt analysiert die Entwicklung Schlesiens als Siedlungsraum im 13. Jahrhundert und danach. Er beleuchtet die schlesische Weichbildverfassung und die daraus resultierende Stadtentwicklung im Kontext der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen der Region.
Städtische Siedlung in Schlesien: Dieses Kapitel befasst sich umfassend mit der Stadtstruktur, der Funktion und der allgemeinen Entwicklung schlesischer Städte im Mittelalter. Es beinhaltet detaillierte Fallstudien zu Breslau, Liegnitz, Oppeln und Kreuzburg, die jeweils die spezifischen geschichtlichen Entwicklungen und Charakteristika dieser Städte herausarbeiten. Die Einzelanalysen dienen der Gesamtbetrachtung der schlesischen Stadtentwicklung.
Schlüsselwörter
Schlesien, Stadtgeschichte, Mittelalter, Stadtentwicklung, Piasten, Premysliden, Osteuropa, Siedlungsraum, Weichbildverfassung, Breslau, Liegnitz, Oppeln, Kreuzburg, Nation, Nationalbegriff.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Stadtgeschichte Schlesiens im Mittelalter
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Stadtgeschichte Schlesiens im Mittelalter und vergleicht die Entwicklung schlesischer Städte mit der in westeuropäischen Gebieten. Ein zentrales Thema ist die Überprüfung der These von der „Rückständigkeit“ Osteuropas anhand des Beispiels Schlesiens.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in die Kapitel Einleitung, Der schwierige Begriff der Nation, Räumlich-geographische Darstellung, Vorgeschichte, Die Gründungs- und Besiedlungsphase, Städtische Siedlung in Schlesien und Fazit. Die Kapitel "Die Gründungs- und Besiedlungsphase" und "Städtische Siedlung in Schlesien" enthalten jeweils Unterkapitel.
Was ist das zentrale Thema der Einleitung?
Die Einleitung hebt die Bedeutung des oft vernachlässigten Themas Schlesien und seiner deutschen Geschichte hervor und betont das wachsende Interesse polnischer Historiker an dieser Vergangenheit. Sie begründet die Fokussierung auf die Stadtgeschichte und den Vergleich mit Westeuropa zur Überprüfung der These von der osteuropäischen „Rückständigkeit“.
Wie wird der Begriff „Nation“ in der Arbeit behandelt?
Das Kapitel „Der schwierige Begriff der Nation“ thematisiert die problematische Anwendung des modernen Nationalbegriffs auf das mittelalterliche Schlesien. Die Arbeit betont, dass die Begriffe „deutsche“ oder „polnische Nation“ im mittelalterlichen Kontext primär geographische Herkunft bezeichnen und vermeidet eine anachronistische Interpretation nationaler Zugehörigkeit.
Wie wird die geographische Lage Schlesiens beschrieben?
Die räumlich-geographische Darstellung beschreibt Schlesiens Lage im Einzugsgebiet der Oder, begrenzt durch die Beskiden und Sudeten im Süden. Die fehlende natürliche Grenze im Norden wird als Ursache für historische Grenzveränderungen genannt, die Oder als Mittelachse identifiziert.
Welche politischen Kräfte werden in der Vorgeschichte Schlesiens genannt?
Die Vorgeschichte behandelt die Herrschaft der Piasten aus Großpolen und der Premysliden aus Böhmen und Mähren, deren Feindschaft und die letztendliche Durchsetzung der Piasten im Gebiet beiderseits der Oder durch kaiserliche Vermittlung.
Was ist der Fokus der Kapitel zur Gründungs- und Besiedlungsphase?
Dieser Abschnitt analysiert die Entwicklung Schlesiens als Siedlungsraum im 13. Jahrhundert und danach, beleuchtet die schlesische Weichbildverfassung und die daraus resultierende Stadtentwicklung im Kontext der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen.
Welche Städte werden im Kapitel „Städtische Siedlung in Schlesien“ im Detail behandelt?
Das Kapitel beinhaltet detaillierte Fallstudien zu Breslau, Liegnitz, Oppeln und Kreuzburg, die jeweils die spezifischen geschichtlichen Entwicklungen und Charakteristika dieser Städte herausarbeiten.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Schlesien, Stadtgeschichte, Mittelalter, Stadtentwicklung, Piasten, Premysliden, Osteuropa, Siedlungsraum, Weichbildverfassung, Breslau, Liegnitz, Oppeln, Kreuzburg, Nation, Nationalbegriff.
Welchen Vergleich zieht die Arbeit?
Die Arbeit vergleicht die Stadtentwicklung in Schlesien im Mittelalter mit der in westeuropäischen Gebieten, um die These von der „Rückständigkeit“ Osteuropas zu überprüfen.
- Quote paper
- Sven Ebel (Author), 2002, Besiedlung und Stadtentwicklung im mittelalterlichen Schlesien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29296