Potential des Gender-Marketings in der Produktdifferenzierung


Hausarbeit, 2014

50 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abstrakt

1. Einleitung

2.Produktdifferenzierung als Maßnahme im Konsumgütermarkt
2.1 Produktdifferenzierung im Konsumgüterbereich
2.2 Gender Marketing als Form der Produktdifferenzierung
2.3 Kaufmotivation und -beeinflussung als zwei Faktoren des Gender Marketings

3. Erfolgsbeispiele des Gender Marketings
3.1 IXO von Bosch Power Tools
3.2 Coca Cola Zero

4. Empirische Untersuchung
4.1 Methodik
4.2 Ergebnisse
4.2.1 Produkteigenschaften
4.2.2 Geschlechtsspezifische Werbeansprache

5. Fazit

Quellenverzeichnis

Anhang I: Erfolgsbeispiele

Anhang II: Empirische Untersuchungen

Anhang IV: Fragebogen Umfrage

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Grundnutzen und Zusatznutzen von Produkten

Abbildung 2: Männliche und weibliche Produktwelten

Abbildung 3: Der IXO von Bosch und dessen Vermarktung am POS

Abbildung 4: Produktverpackungen der Coca Cola Light und Coca Cola Zero

Abbildung 5: Ergebnis der Umfrageteilnehmer zur Frage

Abbildung 6: Ergebnis der Umfrageteilnehmer zur Frage 2

Abbildung 7: Ergebnis der Umfrageteilnehmer zur Frage 6

Abbildung 8: Ergebnis der Umfrageteilnehmer zur Frage 7

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abstrakt

Auf dem deutschen Konsumgütermarkt besteht eine hohe Wettbewerbsintensität, da der Konsumgütermarkt in Deutschland vorwiegend gesättigt ist. Demnach gilt es für Unternehmen ihre Produkte durch den Einsatz des produktpolitischen Instrumentariums so zu gestalten, dass diese die Bedürfnisse der Konsumenten erfüllen und sich zusätzlich positiv von den Konkurrenzprodukten abheben, um eine monopolähnliche Stellung in dem Segment zu erlangen. Dies kann durch eine Produktdifferenzierung geschehen, bei der die bestehende Produktpalette durch eine neue innovative Variante des Produktes ergänzt wird mit der meist eine neue Zielgruppe angesprochen wird.

Eine Form der Produktdifferenzierung ist die Anpassung der Produktmerkmale an die Zielgruppe Mann oder Frau und die damit einhergehende gezielte Werbeansprache, die die geschlechtsspezifischen Wünsche, Bedürfnisse und das Verhalten von Konsumentinnen und Konsumenten berücksichtigt. Diese Fokussierung der produktpolitischen Maßnahmen auf entweder die weibliche oder männliche Konsumentengruppe wird als Gender Marketing bezeichnet. Eine gezielte Ausrichtung eines Produktes und dessen Werbekommunikation auf eine andere Konsumentengruppe verspricht nach dieser Theorie höhere Absätze, sofern es Potentiale in dem jeweiligen Markt gibt. Dies soll an den zwei Erfolgsbeispielen von Bosch Power Tools und Coca Cola aufgezeigt werden.

Demnach gilt es zu klären, ob die Theorie und die Erfolgsbeispiele falsche Vorstellungen und Versprechungen bei einer Anpassung der Produktpolitik an die weibliche oder männliche suggerieren. Im Rahmen einer empirischen Untersuchung wurde auf die zwei Faktoren des Gender Marketings eingegangen, die insbesondere am Point of Sale eine wesentliche Rolle spielen. Die Untersuchung zeigte auf, dass die wahrgenommenen Produkteigenschaften und Werbeansprachen der beiden Geschlechter nur teilweise mit den Zielvorstellungen der Un- ternehmen übereinstimmen. Darüber hinaus bestehen große Unterschieden zwischen den Altersgruppen, sodass es für Unternehmen gilt zu prüfen, wer genau ihr Produkt kauft. Denn aus solchen Analysen können Marktpotentiale aufgedeckt und festgestellt werden, inwieweit es nötig ist, Produkte und die Werbeansprache weiter anzupassen, um ein Wettbewerbsvor- teil in dem Produktsegment zu erreichen, wie es die Theorie des Gender Marketings auch verspricht.

1. Einleitung

Deutschland ist mit 82 Millionen Einwohnern nicht nur mit Abstand der größte Verbraucher- markt Europas, sondern er gilt auch als einer der wettbewerbsintensivsten. Die Konkurrenz in den verschiedenen Produktsegmenten ist entsprechend hoch, sodass diese sich im Prin- zip fast ausschließlich über den Preis differenzieren.1 Um auf dem Konsumgütermarkt eine besondere Stellung einzunehmen, ohne die Strategie der Preisführerschaft verfolgen zu müssen, gilt es sich von der Konkurrenz durch andere, am besten einzigartige, Merkmale abzuheben. Vorbei sind die Zeiten der Massenwerbung als es galt möglichst viele potenzielle Käufer und Käuferinnen mit einer Werbekampagne zu erreichen. Für die heutige Marktbear- beitung gilt es den Markt in immer kleinere Zielgruppeneinheiten aufzuteilen, um potentielle Käufer bedürfnisgerechter anzusprechen und dadurch die Marke bzw. das Produkt erfolgrei- cher zu vermarkten.2 Doch viele Unternehmen berücksichtigen nicht, dass sich aufgrund der gestiegenen Transparenz über Angebote und Preise über das Internet, aber auch durch den gesellschaftlichen Wandel, das Kaufverhalten in den letzten Jahren stark verändert hat. Und nicht nur das Kaufverhalten, auch die Interessen der Konsumenten haben sich im Konsum- güterbereich gewandelt.3

Über Jahrzehnte hinweg haben Unternehmen Produkte entwickelt, denen sie einfach das Etikett Männer- oder Frauenprodukt gegeben haben. Dementsprechend waren Werbungen für Waschmittel, Kosmetikprodukte und Modeaccessiores ausschließlich auf Frauen und Werbungen für Autos, hochprozentigen Alkohol und Elektrowerkzeuge ausschließlich auf die Zielgruppe Mann ausgerichtet. Das reicht heute allerdings nicht mehr aus. Der Großteil der Frauen geht heutzutage einer bezahlten Erwerbstätigkeit nach, bei der sie die Möglichkeit haben genauso viel zu verdienen wie die Männer. Sie verfügen zunehmend über ein eigenes Vermögen und können sich aufgrund persönlicher Vorstellungen für individuelle Lebensmo- delle entscheiden, welche bis vor einigen Jahrzenten aufgrund traditioneller Rollenerwartun- gen und gesetzlicher Restriktionen nicht möglich waren. Durch diesen Wandel interessieren sie sich für Märkte und Produkte, die zuvor als ausschließlich männlich galten. Auf der ande- ren Seite haben sich durch die veränderte gesellschaftliche Rollenzuweisung auch die Inte- ressen der Männer verändert: Sie legen immer mehr Wert auf ein gutes Aussehen und be- fassen sich daher intensiver mit Pflegeprodukten, Mode, aber auch Produkte rund um die Familie, nehmen für sie einen immer höheren Stellenwert ein. Diese Gleichberechtigung un- ter den Geschlechtern nimmt für die Produktentwicklung eine immer bedeutendere Rolle ein, denn durch das unterschiedliche Konsum- und Entscheidungsverhalten der Geschlechter, gilt es Produkte und dessen Werbeansprache der jeweiligen Zielgruppe anzupassen - dies behauptet zumindest die Theorie des Gender Marketings.4

Diese Arbeit befasst sich mit dieser Theorie und den Potentialen des Gender Marketings. Es soll geprüft werden, inwiefern Gender Marketing ein Wettbewerbsvorteil der Produktdifferen- zierung im Bereich der Konsumgüterindustrie darstellt bzw. darstellen kann. Neben Exper- teninterviews, die einen Einblick in Erfolge von zwei Unternehmen geben sollen, die mit Hilfe von Gender Marketing neue Zielgruppen erreichen konnten, wurde eine empirische Untersu- chung zu dem Thema durchgeführt. Diese beinhaltet die zielgruppengerechte Werbeanspra- che der beiden Geschlechter und die wahrgenommenen Produkteigenschaften. Des Weite- ren sollte diese prüfen, ob die auf weiblichen bzw. männlichen Konsumenten ausgerichteten Produkte und Werbeanzeigen von der jeweiligen Zielgruppe auch so wahrgenommen wer- den und ob sich demnach die Theorie des Gender Marketing bestätigt. Im Anschluss daran wird kritisch zu der Thematik Stellung genommen und ein abschließendes Fazit gegeben.

2.Produktdifferenzierung als Maßnahme im Konsumgütermarkt

2.1 Produktdifferenzierung im Konsumgüterbereich

Bei der Betrachtung der Produktdifferenzierung in einem Markt ist die Marktform von wesent- licher Bedeutung. Der Konsumgütermarkt in Deutschland kann als heterogenes Polypol be- zeichnet werden, da viele gleich große Anbieter auf einem unvollkommenen Markt agieren.5 Die zwei maßgeblichen Merkmale für eine Unvollkommenheit des Marktes sind die hetero- genen Güter, d.h. das die Güter sich in der Art oder qualitativ unterscheiden, und fehlende Markttransparenz, was bedeutet das die Anbieter und Nachfrager nicht immer vollständig informiert sind.6 Generell kann davon ausgegangen werden, dass die meisten Konsumgü- termärkte unvollkommene Märkte sind und dennoch ist die Wettbewerbs-intensität sehr hoch, da der Konsumgütermarkt in Deutschland vorwiegend gesättigt ist. Eine hohe Wettbe- werbsintensität führt wiederum dazu, dass ein hoher Konkurrenzdruck zwischen den Anbie- tern auf dem Markt entsteht, da Marktanteile nur auf Kosten der anderen Mitbewerber erziel- bar sind. Es entsteht ein Preisdruck, der auf die Anbieter einwirkt, diesen gilt es für die Un- ternehmen zu verringern, in dem sie die Nachfrager von ihrem Angebot überzeugen. Dies kann durch einen besonderen Kundenservice bzw. eine persönliche Kundenansprache ge- schehen, die in der Konsumgüterbranche, im Gegensatz zu der Dienstleistungsbranche, eine eher untergeordnete Rolle spielt. Des Weiteren kann dies durch ein Produkt in Form eines Markenartikels geschehen, der aus Sicht der Nachfrager ein einzigartiges Merkmal besitzt oder indem der Anbieter sein Angebot differenziert, sodass ein ursprünglich homoge- nes Produkt sich von dem Angebot der Konkurrenz positiv abhebt.7

Diese Entscheidungen werden mit Hilfe von den Instrumenten der marktorientierten Produkt- politik entschieden. Wesentlich ist, dass man den Gegebenheiten des Marktes, des Betrie- bes und der handelnden Personen nicht passiv gegenüberstehen sollte, sondern sie durch den Einsatz des produktpolitischen Instrumentariums aktiv beeinflusst um auf dem Markt langfristig zu bestehen.8 Die Aufgabe der Produktpolitik besteht dabei darin, die Angebote des Unternehmens so zu gestalten, dass diese die Bedürfnisse der Nachfrager erfüllen und sich zusätzlich positiv vom Konkurrenzangebot abheben. Dies geschieht über den Zusatz- nutzen eines Produktes, der meist aus immateriellen Komponenten besteht und über den objektiven Grundnutzen hinausgeht. Der Grundnutzen eines Produktes befriedigt generelle Bedürfnisse und primäre „Probleme“ eines Nachfragers, die bei dem Kauf eines Produktes bestehen, wie z.B. die Funktionsfähigkeit, die Haltbarkeit etc. eines Produktes (vgl. Abb. 1).9

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abbildung 1: Grundnutzen und Zusatznutzen von Produkten10

Durch die Nachahmung der Angebote der Konkurrenzanbieter, die den Zusatznutzen kopie- ren oder auch die Bedürfnisse der Nachfrager besser bedienen können, sind Anbieter stets dazu gezwungen, ihre Produktpolitik anzupassen und zu verbessern, um den Bedürfnissen der Konsumenten gerecht zu werden und um möglichst eine monopolähnliche Stellung in einem Segment zu erlangen. Ein Kernbereich der Produktpolitik beschäftigt sich daher mit der Entwicklung und Einführung neuer Produkte, der Produktinnovation, die Tendenzen, wie Wertewandel, individualisierter Konsum etc. berücksichtigen muss um den Verbraucherwün- schen gerecht zu werden. Ist diese erfolgreich, so sichert die Produktinnovation dem Unter- nehmen einen gewissen Wettbewerbsvorsprung vor der Konkurrenz. Geschieht dies nicht, kann es schnell zu einer Produkteliminierung kommen, d.h. alte Produkte, bei denen die Nachfrage stark sinkt bzw. keine Nachfrage besteht oder neue Produkte, die sich als soge- nannter Flop erweisen, werden von dem Markt entfernt.11

Bevor das Produkt vom Markt genommen werden muss, besteht die Option der Produktvari- ation. Dadurch kann die durchschnittliche Lebenserwartung eines Produktes am Markt ver- längert werden. Dies geschieht, indem bereits existierende Produkte technisch verbessert werden, mit dem Ziel, das Produkt besser an die Bedürfnisse der Nachfrager anzupassen und den Nutzen für den Konsumenten zu erweitern, sodass es den Nachfragern als mehr oder weniger neues Produkt erscheint. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen die Möglichkeit der Produktdiversifikation, bei der es sich im engeren Sinn um eine Program- merweiterung bzw. um die Einführung einer neuen Produktlinie handelt und die zweite Mög- lichkeit, die Produktdifferenzierung, bei der die bestehenden Produkte durch neue innovative Varianten ergänzt werden. Die Produktdifferenzierung ist damit essentiell um die Marktstel- lung des Unternehmens gegenüber dem Wettbewerb zu halten oder auch auszubauen.12

Als allgemeine Zielsetzung der Produktdifferenzierung im Konsumgütermarkt gilt die Ersetz- barkeit des Produktes durch Produkte der Konkurrenz so gering wie möglich zu halten, star- ke Produktpräferenzen anzustreben, sodass die „Austauschbarkeit“ des angebotenen Pro- duktes vermindert wird, sowie die Anpassung des Produktes an die sich im Zeitablauf wan- delnden Bedürfnisse der Verbraucher durchzuführen.13 Die geschieht durch die Veränderung der Elemente eines Produktes. Die Produktelemente, die bei einer Produktdifferenzierung verändert und verbessert werden können, umfassen ästhetische, symbolische und physikali- sche bzw. funktionale Eigenschaften und darüber hinaus Zusatzleistungen, wobei diese den Service und Garantie darstellen, die im Konsumgüterbereich lediglich bei den Gebrauchsgü- tern von wesentlicher Bedeutung sind. Die ästhetischen Eigenschaften umfassen jegliche äußerliche Merkmale wie Design, Farbe, Form und die Verpackung, während mit symboli- schen Eigenschaften im Wesentlichen der Markenname gemeint ist. Die physikalischen und funktionalen Eigenschaften beinhalten z.B. die Materialart, technische Konstruktion, Qualität und die Haltbarkeit, wobei die Variation von Produkteigenschaften meist mit der Verände- rung mehrerer oder aller Produktmerkmalen kombiniert wird. Diese Produktmerkmale gilt es an die verschiedenen Bedürfnisse der Nachfrager, und v.a. den Zielgruppen eines Unter- nehmens, anzupassen.14

Ein Beispiel bei der die Produktmerkmale sehr stark auf die Zielgruppe angepasst werden müssen ist die Produktdifferenzierung auf die männliche und weibliche Zielgruppe. Näher beschrieben im folgenden Kapitel.

2.2 Gender Marketing als Form der Produktdifferenzierung

Damit Unternehmen ihre produktpolitischen Marketingmaßnahmen möglichst genau auf ihre jeweilige Zielgruppe abstimmen können, teilen sie den von ihnen zu bearbeitenden Markt in immer kleinere und spezifischere Segmente auf. Dabei wird oft nicht berücksichtigt, dass Männer und Frauen die zwei denkbar größten Zielgruppen sind und dementsprechend mit einer gezielten Produktdifferenzierung, eine größere Gruppe von Konsumenten angespro- chen werden kann. Die Produktdifferenzierung und die damit einhergehende gezielte Wer- beansprache, die die geschlechtsspezifischen Wünsche, Bedürfnisse und das Verhalten von Konsumentinnen und Konsumenten berücksichtigt, wird Gender Marketing genannt.15

Bei der Produktdifferenzierung im Zuge des Gender Marketings werden die drei Ebenen Bio- logie, Psychologie und Soziologie miteinbezogen, die die wesentlichen Unterschiede zwi- schen den beiden Zielgruppen ausmachen. Auf der biologischen Ebene sind dies der Kör- perbau, die fünf Sinne, Stoffwechselprozesse, Gehirnstrukturierung und hormonelle Einflüs- se, die sich im Laufe des menschlichen Lebens verändern.16 Wesentliche Unterschiede im

Körperbau sind u.a. die Tatsachen, dass Männer im Durchschnitt bis zu 15% schwerer und

rund 15cm größer als Frauen sind, sowie stärkere Knochen besitzen, die auch wesentlich belastbarer sind.17 Diese Tatsachen gilt es bei der Produktentwicklung zu Bedenken, sodass die Produktmerkmale wie Form, Gewicht, Größe und technische Konstruktion der jeweiligen Zielgruppe angepasst werden müssen. Des Weiteren ist im Rahmen der fünf Sinne zu be- achten, dass Frauen anders sehen als Männer, da sie ein weiteres peripheres Blickfeld be- sitzen und in Folge dessen viel mehr Dinge und Details auf einmal wahrnehmen können. Auf der anderen Seite fällt es Männern leichter zweidimensionale Bilder in 3-D-Objekte zu ver- wandeln. Deshalb haben sie mit komplizierten Aufbauanleitungen oft weniger Probleme als Frauen, sodass Produktanleiten von Frauen auf die Verständlichkeit überprüft werden soll- ten, bevor diese veröffentlicht werden.18

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede hinsichtlich der psychologischen Faktoren, ist das durch Hormone und Gehirnstrukturen beeinflusste Verhalten, dass sich wesentlich auf Kau- fentscheidungen, auf den Informationsbedarf und auf die Bewegung durch Räume, Geschäf- te und das Internet auswirkt. In dem Zusammenhang wurde die Theorie der Systematiker und Empathen entwickelt.19 Nach dieser Theorie sind Männer sogenannte „Systematiker“, bei denen die Werbung oder auch das Produkt am Point of Sale (POS) im Mittelpunkt stehen muss und auf Weiteres, wie z.B. Menschen auf einer Abbildung oder auf jegliches „Unnöti- ge“, verzichten werden sollte, weil sie sich auf wenige Aspekte, wie die Eigenschaften des Produkts fokussieren. Sie bevorzugen Fakten, die die Funktion und Leistung eines Produkts darstellen. Bei Empathen hingegen sollten die Menschen anstatt Zahlen, Daten und Fakten im Vordergrund stehen. Werbeanzeigen für Frauen sollten dementsprechend nicht nur das Produkt abbilden sondern dieses im Zusammenhang mit einer Geschichte bringen, die das Produkt erstrebenswert machen.20 Dies ist besonders wichtig, weil Frauen sich eher für offe- ne und phantasieanregende Produktbeschreibungen begeistern lassen, während Männer lediglich die Hard Facts vermittelt bekommen möchten.21

Die dritte Ebene, die bei der Produktdifferenzierung für Frauen und Männer berücksichtigt werden sollte, beinhaltet die sozialen Einflüsse, die nicht nur das direkte soziale Umfeld einer Person sondern auch die von der Kultur geprägte Lebensweise betrachtet. Eine kulturelle Anpassung der Produkte und der Werbeansprache ist infolgedessen nötig.22

Darüber hinaus gibt es generell bei der Produktentwicklung im Rahmen des Gender Marke- tings zwei grundlegend verschiedene Ansätze: Produkte, die ausschließlich für Frauen bzw.

Männer konzipiert sind und Produkte, die nach den Bedürfnissen von Frauen entwickelt wur- den aber ebenfalls die Männer ansprechen, weil diese eine innovative Produktvariante darstellen.23 Bei diesen Ansätzen gilt es das sogenannte „Geschlecht“ eines Produktes zu kennen und die daraus entstandenen Märkte für Frauen und Männer. Dabei ist es meist so, dass das Geschlecht eines Produktes als männlich angesehen wird, wenn dieses vorwiegend von männlichen Konsumenten gekauft wird und vice versa.24 In der folgenden Abbildung sind Beispiele aus typisch männlichen und weiblichen Produktwelten aufgelistet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abbildung 2: Männliche und weibliche Produktwelten25

Diese Zuordnungen haben sich zum großen Teil aus den Rollenbildern unserer Gesellschaft heraus entwickelt, sodass heutzutage von Konsumenten die Ansicht vertreten wird, dass Dinge wie große Autos, Krawatten, technische Geräte wie Bohrmaschinen etc. „männlich“ sind während jegliche Kosmetikprodukte, Handtaschen, Gegenstände zur Dekoration „weib- lich“ sind. Dementsprechend vermarkten Unternehmen ihre Produkte gerne an die genann- ten typischen Zielgruppen und orientieren sich an den bisher angesprochenen Kundengrup- pen, die ihre Produkte bereits kaufen. Dabei vernachlässigen sie potentielle Kunden, nämlich entweder die weiblichen oder die männlichen Konsumenten.26 Um diese potentiellen Kunden anzusprechen gilt es die Marketing-Kommunikation und das Produkt auf die Kundengruppen anzupassen und dadurch verdeutlichen, weshalb es ebenfalls für Männer bzw. Frauen an- gemessen ist (Beispiele in Kapitel 3). Diese sind wesentlich von der Kaufmotivation, Kaufbe- einflussung und -entscheidung abhängig, die im folgenden Kapitel thematisiert werden.

2.3 Kaufmotivation und -beeinflussung als zwei Faktoren des Gender Marketings

Für erfolgreiches Gender Marketing reicht die Profilierung des Produktes alleine nicht aus. Der gesamte Kaufprozess wird von verschiedenen Eindrücken und Wahrnehmungen beein- flusst, die je nach Geschlecht unterschiedlich interpretiert und verarbeitet werden. Das fängt bereits bei der unterschiedlichen Kaufmotivation an und geht über die Kaufbeeinflussung vor dem Erwerb am POS und dem Produktdesign mit seiner Verpackung bis hin zur Werbean- sprache, wodurch der Konsument in der Regel erst auf das Produkt aufmerksam wird. Um Wettbewerbsvorteile bereits am PoS zu realisieren, spielt das Gender Marketing auch schon dort eine tragende Rolle.27

Besonders Frauen können durch eine Vielzahl von Einflüssen und Eindrücke vor und wäh- rend des Kaufprozesses unbewusst „manipuliert“ werden. Selbst wenn das Einzelhandels- geschäft das gewünschte Produkt vertreibt, sie allerdings mit der Bedienung nicht zufrieden sind oder die Atmosphäre und der Service nicht passt, kann der Kauf des Produktes in die- sem Geschäft immer noch scheitern. Für die Frau sind besonders Kommunikationsformen am POS wichtig wie die Freundlichkeit und die Kompetenz des Personals. Damit sich Frauen wirklich wohl fühlen, muss eine helle und vor allem aufgeräumte Atmosphäre herrschen.28 Zudem kommt, dass bei weiblichen Konsumenten insbesondere die momentane Gemütsver- fassung, sowie Sinneseindrücke und äußere Umstände enorm wichtig für die endgültige Kaufentscheidung sind. Auch irrationale Faktoren, die in den Gefühlsebenen verankert sind, begleiten den Entscheidungsprozess. Dazu gehören vor allem Emotionen, zu denen Frauen eher stehen können, wie Romantik, Sentimentalität und Träumerei. Bei Männern hingegen haben erst einmal die Fakten Priorität, wodurch die rationalen Beweggründe an erster Stelle stehen.29 Das Personal muss mit seiner Beratung besonders mit technischer Kompetenz und in ihrem Auftreten mit Sachlichkeit und Klarheit überzeugen. Hintergrund ist das sich Männer gerne am POS durch Fachsimpeln messen. Wichtig ist außerdem das sie dabei ihre Macht als Käufer zu spüren bekommen.30

Das Personal und die Atmosphäre kann ganz speziell bei der Frau den Entscheidungspro- zess ausschlaggebend beeinflussen, da Frauen bei der Wahl eines Produktes wesentlich mehr Alternativen in Betracht ziehen und dafür eine Vielzahl an Geschäften aufsuchen, ganz im Gegensatz zu den Männern. War das Erlebnis am POS besonders positiv, wird die Frau hier eine wahrscheinlich positive Entscheidung fallen. Grundsätzlich sehen Frauen mehr De- tails und brauchen deswegen möglichst viele Informationen zu den Produkten, die zur Aus- wahl stehen. Männer gehen bei ihrer Kaufentscheidung hingegen wesentlich zielgerichteter und mit klaren Vorstellungen vor. Alternativen beeinflussen sie eher wenig bis gar nicht. Be- reits vor dem Betreten des Geschäftes haben Sie ihre Wahl getroffen und haben kaum einen Blick für andere Produkte übrig.31 Deswegen ist es in einer für den Mann „typischen“ Abtei- lung wichtig, die Produkte nach Funktionen anzuordnen, um den männlichen Kunden zufrie- den zu stellen. Die höhere Konzentration von dem Hormon Testosteron führt dazu, dass Männer meist funktional denken, während das Hormon Östrogen bei Frauen den Wunsch nach Ästhetik auslöst. Das hat das Resultat, dass Frauen sich eher durch ein Regal ange- sprochen fühlen, dass nach Formen und Farben angeordnet ist als Männer.32

Aber nicht nur die auf die Bedürfnisse der Kunden angepassten Vertriebskanäle sind vor der Produktkonfrontation wichtig. Der genderspezifischen Kaufmotivation sollte ebenfalls genü- gend Beachtung geschenkt werden, da es wichtige Implikationen für die richtige Werbean- sprache gibt. Während sich durch den Gesellschaftlichen Wandel verschiedene neue Märk- te für Mann und Frau entwickelt haben, sind die Geschlechteridentitäten durchweg gleich geblieben. Daraus resultiert, dass Frauen zum Beispiel eine andere Motivation zum Kauf treibt als Männer. Schon seit jeher definieren sich Männer in der Gesellschaft über ihre Posi- tion in Hierarchien. Dementsprechend schmücken sich Männer biologisch bedingt auch noch heute gerne mit Statussymbolen. Sie werden mit höherer Wahrscheinlichkeit von einem Pro- dukt überzeugt, dass ihre Position in der Gruppe zu verbessern scheint. Dies gibt Implikati- onen, wie die Gruppe Mann gezielt bei der Produktverpackung und der Werbeansprache beeinflusst werden kann. Frauen legen dagegen von Natur aus Wert auf zwischenmenschli- che Beziehungen. Sie wollen mit Hilfe des erworbenen Produktes Beziehungen in der Grup- pe intensivieren oder aber sich selbst etwas Gutes tun.33 Dementsprechend holen sie sich auch vor dem Kauf möglichst viele Meinungen und Ansichten von Freunden und Bekannten ein, während bei Männern Fakten zählen und somit Test- und Vergleichsberichte zu Rate gezogen werden.34

Besonders attraktiv wirkt dementsprechend ein Produkt auf die weiblichen Konsumenten, wenn sie nicht nur sich mit dem Kauf „weiterhilft“, sondern auch anderen damit einen Gefallen tun kann. Produktversprechen wie „ein Teil des Kaufbetrages wird an die Brustkrebsforschung gespendet“ oder ähnliche Kennzeichnungen sprechen Frauen weitaus mehr an als dem Mann, der nur Wert auf die Funktion legt.35

3. Erfolgsbeispiele des Gender Marketings

3.1 IXO von Bosch Power Tools

Wie bereits in den vorigen Kapiteln erläutert wurde besitzen Frauen andere Bedürfnisse, die vor allem in der Elektrowerkzeugbranche besonders deutlich werden. Männer haben in der Regel größere Hände, sind kräftiger und ihre Gelenke sind belastbarer. Darüber hinaus ist das Gehör von Frauen stärker ausgeprägt, sodass sie empfindlicher auf Geräusche von Mo- toren reagieren. Dies wird bei Elektrowerkzeugen in den seltensten Fällen berücksichtigt, da in diesem Segment in der Vergangenheit Männer die alleinige Zielgruppe darstellten. Das Unternehmen Bosch war das erste Unternehmen, das dieses Problem erkannte und ihre Strategie-Entwicklung anpasste.

Mit dem zunehmenden Wettbewerb aus den asiatischen Ländern in der Elektro- werkzeugbranche, wurde die deutsche Traditionsmarke Bosch Ende der 90er Jahren stark unter Druck gesetzt, da diese sich lediglich in Qualität und Image von den Billigmarken un- terscheiden ließ. Bosch erkannte diese Entwicklung und führte 2001 und 2002 ausführliche Marktanalysen durch, die Aufschlüsse über die Gewohnheiten und Wünsche der potentiellen Kunden für die grüne Heimwerker-Linie von Bosch Power Tools geben sollte. Die Analyse ergab, dass der Wunsch nach dem „Selbermachen“, also dem „Do-it-Yourself“ (DIY) einen wachsenden Trend darstellt. Darüber hinaus fand Bosch heraus, dass es neben den „übli- chen“ Heimwerkern, die dies als Hobby ansehen und vorwiegend aus Männer bestehen, Heimwerker nach ihren Bedürfnissen in zwei weitere Gruppen eingeteilt werden können: Zum einen die Heimwerker für die diese Tätigkeit Mittel zum Zweck ist um Geld zu sparen und zum anderen die Gruppe, die mit dem Heimwerken ihre Umgebung, sei es Haus oder Garten, verschönern möchten. Wesentlich für Bosch war, dass bei den beiden letzteren Gruppen der Frauenanteil bei 30% und 60% lagen und damit eine neue potentielle Zielgrup- pe darstellte.36

Im Gegensatz zu anderen Herstellern von Werkzeugen, die zwar auch Frauen als eine neue Zielgruppe erkannten, diese allerdings nur durch die Veränderung des Produktes im „pink it and shrink it“-Stil ansprechen wollten, fing Bosch an einen Akkuschrauber zu entwickeln, der nicht nur für eine Männerhand sondern auch für eine Frauenhand angepasst wurde (siehe Abbildung 4). Das Gerät sollte dementsprechend weiterhin im typischen Design von Bosch gehalten werden, allerdings vor allem handlicher, kleiner, leichter und einen von Frauen an- genehmeren Klang besitzen. 2003 führte Bosch den Akkuschrauber „IXO“ ein, der die be- schriebenen Merkmale besaß.

[...]


1 Vgl. Enquiss.

2 Vgl. Motschenbacher (2006), S.6f

3 Vgl. Enquiss.

4 Vgl. Kreienkamp (2007), S. 15ff.

5 Vgl. Herdzina/ Seiter (2011), S.193.

6 Vgl. Wöhe/ Döring (2010), S. 417.

7 Vgl. Herdzina / Seiter (2011), S.193ff.

8 Vgl. Hüttel (1992), S.24.

9 Vgl. Wöhe/ Döring (2010), S. 419.

10 Vgl. Wöhe/ Döring (2010), S. 421.

11 Vgl. Hüttel (1992), S. 19ff.

12 Vgl. Hüttel (1992), S. 19ff.

13 Vgl. Kühn (1976), S. 21f.

14 Vgl. Hüttel (1992), S. 239ff.

15 Vgl. Knörzer / Rennhak (2010), S. 1

16 Vgl. Jaffé (2011), S. 26.

17 Vgl. Christian (2010)

18 Vgl. Pease, A. /Pease, B. (2002), S. 51.

19 Vgl. Jaffé (2011), S. 26.

20 Vgl. Jaffé (2011), S. 110ff.

21 Vgl. Grey (2008), S.19

22 Vgl. Jaffé (2011), S. 26.

23 Vgl. Jaffé (2011), S. 26ff.

24 Vgl. Kreienkamp (2007) S. 57ff.

25 Abbildung in Anlehnung an Kreienkamp (2007), S.58, und Jaffé (2011), S. 131ff.

26 Vgl. Knörzer / Rennhak (2010), S.12

27 Vgl. Decor Metall (2012).

28 Vgl. Kreienkamp (2007), S. 64.

29 Vgl. Kreienkamp (2007), S.43.

30 Vgl. Kreienkamp (2007), S.64.

31 Vgl. Decor Metall (2012).

32 Vgl. Lembke (2007), S. 18.

33 Vgl. Flocke (2006), S. 160.

34 Vgl. Decor Metall (2012).

35 Vgl. Pfannenmüller (2006), S.32.

36 Vgl. Jaffé (2011), S.379ff.

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Potential des Gender-Marketings in der Produktdifferenzierung
Hochschule
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (FH)
Veranstaltung
Konsumgütermarketing
Note
1,7
Autoren
Jahr
2014
Seiten
50
Katalognummer
V293197
ISBN (eBook)
9783656904724
ISBN (Buch)
9783656904731
Dateigröße
2573 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Produkdifferenzierung, Gender-Marketing, Werbung, Konsum
Arbeit zitieren
Nici Frei (Autor:in)Sandra Frei (Autor:in), 2014, Potential des Gender-Marketings in der Produktdifferenzierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/293197

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