Ethikunterricht. Ein adäquater Ersatz für den Religionsunterricht oder Feigenblattfunktion?

Eine Auseinandersetzung mit den Gedanken und Zielen des Ethikunterrichts in Theorie und Praxis


Fachbuch, 2015

385 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einführende Gedanken

Kapitel 1 Religionsunterricht
Unterrichtsituation in Deutschland
Rechtsgrundlagen
Ausnahmen im Bezug auf den Religionsunterricht sind in Artikel 7, Absatz 4 wie folgt geregelt:
Die Bremer Klausel
Die Landesverfassung im Bundesland Bremen
Ethik, Religion in anderen Bundesgebieten:
Das Berliner Schulmodell
Kirchenvertragliche Vereinbarungen
Die allgemeinen Prinzipien
Die variierende Einzelausgestaltung
Probleme im Blick auf den zu erteilenden Religionsunterricht
Volksabstimmung in Berlin – das Ergebnis
Brandenburg
Neuer Erlass zum Religionsunterricht in Hessen

Kapitel 2 Ethikunterricht
Eine Definition zu Ethik
Was versteht man unter dem Begriff Ethik?
Der Sinn des Ethikunterrichtes in Deutschland besteht
Ethische Grundbegriffe in ihrem Zusammenhang – Grafik
Ethikunterricht – erste Beschlüsse und ihre Umsetzung
Bezeichnung und Status des Ethikunterrichtes
Die Fachbezeichnung in den einzelnen Bundesländern
Ethik als Ersatzfach für Religionsunterricht
Das Fach Ethik – ein neues Wahl – oder Ersatzpflichtpflichtfach?
Ethik und das Selbstverständnis des Faches
Beitrag des Faches zur Bildung und Persönlichkeitsbildung
Moralisches Lernen und motiviertes Lernen
Fazit: Inhalte und Ziele
Wahrnehmung, Entscheidung, Handlung
Fächerübergreifende Zusammenarbeit
Besonderheiten in den einzelnen Bundesländern, Beispiel Bremen und Brandenburg
Die Situation 2013

Kapitel 3 Religionsunterricht
Grundsätzliche, rechtliche Aussagen zum Religionsunterricht
Verfassungsrechtliche Bestimmungen zum Religionsunterricht Artikel 7
Wer ist dazu berechtigt Religionsunterricht erteilen?
Der Weg dahin Religionslehrerin/Religionslehrer zu werden
Teilnahme am Religionsunterricht
Stellenwert des Fachs bei den Schülern/innen
Inhalte – Curriculum – eines kompetenzorientierten Religionsunterrichtes
Stimmen aus dem Internet:
Hinweis: Link zum Kienbaumgutachten
Der Religionsunterricht steht schon längst am Rand, auch im Bewusstsein vieler Eltern.
Die Ablehnung des Religionsunterrichtes
Abmeldung vom Religionsunterricht
Zur Geschichte und Vorgeschichte des Religionsunterrichtes
Die Zeit der Weimarer Republik
Drittes Reich; 1933 bis 1945
Das Reichskonkordat von 1933 – 1945
Die Zeit nach 1945
Ein Blick in die Deutsche Demokratische Republik
Nach 1990
Zur Entwicklungsgeschichte des mit dem Ethikunterricht korrespon –dierenden Religionsunterrichtes – die Situation im Jahr 2013
Grundsätzliche Gedanken zu Religion und Schule
Kooperationen

Kapitel 4 Ethikunterricht
Wie gehen Schulen und Lehrer im Alltag mit Ethikunterricht um?
Das unterschiedliche Verständnis der Lehrer zur Sinnhaftigkeit und Erteilung von Religionsunterricht
Prävention bei Radikalisierungstendenzen bei Schülerinnen und Schülern
Die Situation in Bayern
Ethikunterricht aus der Sichtweise von Schülern
Schülerin einer Gesamtschule in Mittelhessen
Zwei Schüler einer 9. Klasse, die beide eine IGS in Mittelhessen besuchen;
Informationsblatt zu dem christlichen Fest Weihnachten:
Informationstext zum christlichen Weihnachtsfest:
Arbeitsblatt:
Vorbemerkungen zu den folgenden Unterrichtsangeboten:
Unterrichtseinstieg:
Die Problemlage „Tod“
Das Sterben sollte nicht zum tötenden Einschläfern verunstaltet werden
Erweiterungsvorschlag für den fachübergreifenden Unterricht:
Arbeitsanweisung:
Leitgedanken
Informationsblatt
Eine Feuerbestattung ist im Islam nicht zugelassen.
Unterrichtsverlauf bei einer fachübergreifenden Unterrichtsstunde:

Kapitel 5 Religionsunterricht
Wo sehen Religionslehrer ihre Ziele und den Sinn des Religionsunter –richtes?
Die religiöse Dimension des Erziehungsprozesses
Rahmenvorgaben
Inhaltliche Ziele im Religionsunterricht
Theologisches und christliches Wissen strukturiert vermitteln
Religionsunterricht will Neues wagen
Neues wagen – weil Gott Neues wagt
Neues wagen – und das Entscheidende bewahren
Neues wagen – um für die Menschen heute da zu sein
Negativaussage – Chancen verpassen
Der didaktische – methodische Aspekt ist die Planungsfähigkeit;
Noch zwei soziologische Aspekte möchte ich an dieser Stelle hinzufügen:
Ergebnisse im Religionsunterricht im Zusammenhang mit der Lehrkraft
Im Zentrum des Religionsunterrichts stehen aber auch Fragen wie:
Sozial – kulturellen Voraussetzungen
Gedanken und Prioritäten in der Zielsetzung der Religionslehrer?
Religionsdidaktik und ihr wissenschaftliche Selbstverständnis
Die Geschichte der Religionsdidaktik
Das Verhältnis der Religionsdidaktik zu anderen Wissenschaften – der Theologie
Die historische Theologie
Die systematische Theologie
Die Humanwissenschaften
Das disziplinäre Verhältnis der Religionsdidaktik
Das didaktische Dreieck
Was macht einen gute/n Religionslehrer/in aus?
Die Problematik in der konfessionellen Unterrichtung
Pro und Kontra im Blick auf die Notengebung im Religionsunterricht:
Die Frage nach den Beurteilungskriterien
In welcher Form beurteilen?
Probleme mit der Erteilung von Religionsunterricht
Der hohe Stellenwert des Religionsunterrichtes
Anlaufstelle Religionsunterricht
Lernbedingungen, die in Bezug zur Stunde stehen
Schule und Organisation
Herrschaftsauftrag in Genesis, Kapitel 1, Vers 28
Zugänglichkeit (Darstellbarkeit)
Das Ziel dieser Einheit
Das Ziel der Stunde
Methodische Überlegungen zur Stunde
Die Situation der Lerngruppe

Kapitel 6 Religionsunterricht und Ethikunterricht im Vergleich
Religionsunterricht und Ethikunterricht
Inhalte und Ziele, die für Ethikunterricht sprechen
Die Entwicklung von Toleranz durch die Gemeinschaft
Wahrnehmung, Entscheidung und Handlung
Wer trägt die Verantwortung für den Religionsunterricht?
Religionsunterricht macht stark
Die Schulen sollten nach Möglichkeit
Fünf Argumente für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen!
Religionsunterricht dient der Religionsfreiheit der Schülerinnen und Schüler
Der Religionsunterricht ist als einziges Unterrichtsfach in unserer Verfassung verankert.
Religionsunterricht gehört zum Bildungsauftrag der Schule
Das Profil des katholischen Religionsunterrichts
Das Fachprofil des Religionsunterrichtes
Religiöse Kompetenzen schlaglichtartig aufgezählt
Ziele, Inhalte und deren Ausrichtung im Religionsunterricht
Fächerverbindendes Lern – und Orientierungswissen
Schulpastorale und außerschulische Lernorte
Außerschulische Lernorte
Kinder – und Jugendmuseum
Ziele, Inhalte und deren Ausrichtung im Religionsunterricht
Übergreifende Lernbereiche und Zuordnung von Themenkreisen
Pluralität der Methoden und Selbsttätigkeit der Schüler
Kirchenjahr – Verknüpfung mit Themenkreisen
Weitere Gründe die für den Religionsunterricht sprechen:
Das abschließende Fazit:

Glossar

Bibelstellen chronologisch geordnet

Hauptschule, Realschule und Gymnasium

Literaturnaweis

Biografie/Bibliografie

Einführende Gedanken

Wie in so vielen anderen problemorientierten Fragenkreisen auch, herrscht auch im Bereich Religionsunterricht oder lieber doch Ethikunterricht Redebedarf. Lösungen können aber nur dann gefunden werden, wenn miteinander gesprochen und nicht pauschal verurteilt oder über die Köpfe anderer hinweg entschieden wird.

In einer südhessischen Schule hatte ich in dieser Richtung zwei interessante Gespräche, die mich einerseits nachdenklich gemacht haben, mir aber anderer –seits viel Respekt und Hochachtung vor den Kolleginnen abverlangt haben. So machte mir eine katholische Kollegin deutlich, dass Religionsunterricht an unseren Schulen sicher ein sinnvolles Angebot ist, aber die aktuelle Diskussion durch diese Grundgesetzregelung doch auch ihre Berechtigung habe. Eine Problemlösung ist aus ihrer Sicht in zwei Richtungen denkbar: 1. eine Grundgesetzänderung oder 2. der christliche Religionsunterricht wird, auch mit dem Blick auf die Religionsmündigkeit als freiwilliges Fach in den Fächer –kanon aufgenommen, steht also „gleichberechtigt“ neben Ethik; diese Kom –bination würde letztlich eine „uferlose und unüberschaubare“ Diskussion mit weiteren Religionsstunden anderer Religionen ausschließen.

Die andere Kollegin, sie erteilt evangelische Religion, stellte mir bedingungslos ihre Unterrichtsstunde zur Verfügung, damit ich für dieses Buch noch eine bisher unberücksichtigte Schüler – und Altergruppe einbinden kann.

Menschen erklären ihre Mitmenschen, die als praktizierende Christen leben für unzurechnungsfähig, beschimpfen sie derb und auf das Gröblichste oder belächeln sie wehleidig bedauernd. Ich habe mich in meinem Leben auch bewusst und klar für Jesus Christus und den lebendigen Gott entschieden. Dabei habe ich dann die Palette der möglichen Vorurteile auch in meiner eigenen Familie kennen lernen müssen, habe die menschenverachtenden und höchst beleidigenden Kommentare meines einen Bruders hinnehmen müssen, und stand wie so oft als Mensch alleine auf weiter Flur.

Ethikunterricht oder Religionsunterricht, dass ist die Frage, mit der sich dieses Buch auseinandersetzen will und wird; Lebensgestaltung und Religionskunde oder konkrete Auseinandersetzung mit der Gottesfrage.

Auf der einen Seite gibt die naturwissenschaftliche Aussage des Urknalls mit dem alles begann, und auf der anderen Seite beschreibt beispielsweise Monika Schlieter in ihrem Gedicht „Halleluja“ ein doch sehr sanftes Gottesbild; sie betont darin, wie Gott sich über seine Schöpfung freut. Vorsichtig und doch sehr behutsam geht er bei seinem Tun vor, wenn die Schönheit des Lebens in sein Feinheiten schafft:

die weiche Luft,

die meine Haut streichelt,

ist erfüllt

von Deinem Atem

Ahnest du den Schöpfer, Welt?

Such’ ihn überm Sternenzelt,

über Sternen muss er wohnen

Brüder – überm Sternenzelt

muss ein lieber Vater wohnen

Natürlich stellt sich auch hier eine Frage, der ich in diesem Buch nachgehen möchte: Ist es denn überhaupt sinnvoll sich Orte zu suchen, an denen Gott in einer ganz besonderen Art und Weise ist, also präsent ist!

Kirchenvater Augustinus sagt zu dieser Frage ganz klar: Kein Ort beinhaltet Gottes Gegenwart, aber alle Orte sind von Gott geschaffen!

Der Evangelist Johannes bezieht sich schon in den ersten Versen seines Evangeliums ganz deutlich auf die Schöpfung wenn er sagt:

Im Anfang war das Wort.[1]

Klaus Bannach sagt bittend in einem seiner Gebete:

Herr, gib uns die einfachen Worte zurück

In der Formulierung dieses Gebets drückt er nicht nur seine, sondern die Sehnsucht der gesamten Menschheit nach den guten und schöpferischen Anfängen aus, denn ihnen verdanken wir alles Leben in dieser Welt, letztlich auch uns selbst!

Siegfried Macht lässt Gott in der tiefgründigen Legende „Überflutung“ eine Handvoll Buchstaben unter die Menschen werfen. Der dahinter stehende Sinn oder auf Aufgabe: Die Menschen sind aufgefordert daraus ein neues und gutes Wort zu bilden, ein Wort, das sie in ihrem Leben voranbringt. Er beschreibt, dass die Menschen mit den wenigen Buchstaben nicht klar kamen. Es wurden immer wieder Buchstaben so zu neuen Wörtern zusammengefügt, die in ihrer Bedeutung Angst bei den Menschen auslöste.

Ein einziger Mensch entdeckte den rettenden Hinweis in Gottes Buchstaben; dieses Buchstabenspiel erinnert an den Psalm 119, dessen Schreiber eine Lobeshymne auf Gott verfasste, indem er ganz präzise den Buchstaben des hebräischen Alphabetes entlang ging.

Die Bannbreite der Überlegungen und der Theorien darüber, wie alles richtig gemacht werden kann ist vielfältig und kann nur noch mit einem Beispiel beschrieben werden: In einer Erzählung von Wolfgang Altendorf „Wortloser Anstoß“ beschreibt er das Nachdenken darüber, ob der Mensch in seinem ganz alltäglichen Leben wirklich nur von Zufällen geleitet wird, oder ob es doch so etwas ähnliches wie einen wortlosen Anruf Gottes gibt; eine inzwischen von mir verstorbene Kollegin hat das so ausgedrückt: „Es ist von Gott zugefallen“!

Hanau, im März 2015

Kapitel 1 Religionsunterricht

Unterrichtsituation in Deutschland

Eine mögliche Definition für das Wort „Unterricht“ lautet:

Unterricht ist die planmäßige, absichtsvolle, meist professionalisierte und institutionalisierte Übermittlung von Kenntnissen, Einsichten, Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Ein weiterer Definitionsversuch von Unterricht:

Unterricht ist die planmäßige, absichtsvolle, meist professionalisierte und institutionalisierte Übermittlung von Kenntnissen, Einsichten, Fähigkeiten und Fertigkeiten [2].

Das Ziel des Religionsunterrichtes ist es, die Verhaltensdispositionen der Schüler langfristig gesehen zu verändern. Der Unterricht muss so gestaltet sein, dass er immer der Selbstverwirklichung und der Weltorientierung des Schülers dient.

Mit diesen Definitionen ist aber noch nichts über den Inhalt oder gar Intention des Unterrichts ausgesagt. Darum ist es wichtig, dass dabei auch nach den Inhalten und dem Ort der Unterrichtung gefragt wird.

Der Religionsunterricht in Deutschland im Sinne des Grundgesetzes ist schulischer Religionsunterricht in öffentlichen Schulen. Daneben steht es Religionsgemeinschaften frei, religiöse Unterweisung außerhalb der Schule anzubieten.

Rechtsgrundlagen

Die verfassungsrechtlichen Grundsätze

Seitdem in den letzten Jahrzehnten des 19. und im Anfang des 20. Jahrhunderts deutlich geworden war, dass laizistische Strömungen auf eine Entkonfessio –nalisierung des Schulwesens und auf Abschaffung des Religionsunterrichtes in den öffentlichen Schulen abzielten, entstand als Gegenwirkung das Bestreben, die Beibehaltung des Religionsunterrichtes durch entsprechende Verfassungs –klauseln, später auch durch kirchenvertragliche Vereinbarungen zu sichern. Deshalb wurde in die Weimarer Reichsverfassung WRV – (Artikel 149) die Bestimmung aufgenommen, dass der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach der Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien (weltlichen) Schulen sei und dass er in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der betreffenden Religions –gemeinschaften unbeschadet des Aufsichtsrechts des Staates erteilt werde. Ähnlich schreibt Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes vor: „Der Religions –unterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach.

Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.“

Von dem ersten der drei Sätze macht Artikel 141 des Grundgesetzes eine Ausnahme zugunsten solcher Länder, in denen am 1.1.1949 eine andere landesrechtliche Regelung bestand; gemeint ist mit dieser „Bremer Klausel“ das Land Bremen.

In einigen Länderverfassungen (Baden – Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein –Westfalen, Rheinland – Pfalz, Saarland) finden sich entsprechende Bestimmungen. Diese verdienen neben Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes Interesse, soweit sie die Regelung des Grundgesetzes ergänzen oder präzisieren.

So hebt Artikel 18 der Verfassung von Baden – Württemberg hervor, dass der Religionsunterricht von den Beauftragten der Religionsgemeinschaften erteilt und beaufsichtigt werde. Artikel 136 der Verfassung Bayerns betont, dass der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach aller Volksschulen, Berufsschulen, mittleren und höheren Lehranstalten sei und dass die Lehrer zur Erteilung des Religionsunterrichtes der Bevollmächtigung durch die Religionsgemeinschaften bedürften.

Nach Artikel 14 der Verfassung von Nordrhein – Westfalen braucht der Lehrer gleichfalls diese Bevollmächtigung; weiterhin sind Lehrpläne und Lehrbücher für den Religionsunterricht im Einvernehmen mit der Religionsgemeinschaft zu bestimmen. Diese haben das Recht, sich nach einem mit der Unterrichts – verwaltung vereinbarten Verfahren zu vergewissern, dass der Religions –unterricht in Übereinstimmung mit ihren Lehren und Anforderungen erteilt wird. Ähnliches wie in Bayern und Nordrhein – Westfalen bestimmen Artikel 34 der Verfassung von Rheinland – Pfalz und Artikel 29 der Verfassung des Saarlandes. Bremen schließlich sieht in Artikel 32 seiner Verfassung vor, dass die allgemein bildenden öffentlichen Schulen Gemeinschaftsschulen sind „mit bekenntnismäßig nicht gebundenem Unterricht in Biblischer Geschichte auf allgemein christlicher Grundlage“. Es heißt weiter, dass Kirchen –, Religions – und Weltanschauungsgemeinschaften das Recht haben, außerhalb der Schulzeit in ihrem Bekenntnis oder in ihrer Weltanschauung die Kinder zu unterweisen, deren Eltern/Erziehungsberechtigte das wünschen.

Der Religionsunterricht ist in dieser Form als einziges Unterrichtsfach im Grundgesetz als ordentliches Lehrfach für öffentliche Schulen abgesichert (Grundgesetz Artikel 7 Absatz 1 – 3 Grundgesetz):

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Über –einstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religions –unterricht zu erteilen.

Ausnahmen im Bezug auf den Religionsunterricht sind in Artikel 7, Absatz 4 wie folgt geregelt:

(4) Ausnahme sind bekenntnisfreie Schulen, für die kein Religionsunterricht vorgesehen ist. Das Grundgesetz setzt hier verschiedene Schultypen voraus, die bereits in der Weimarer Reichsverfassung (WRV) vor –gesehen waren. Demnach waren Schulen im Normalfall Gemein –schaftsschulen, in denen Schüler beider Konfessionen gemeinsam und nur im Religionsunterricht getrennt unterrichtet wurden (Artikel 146 Absatz 1 WRV). Bekenntnisschulen sind für die Mitglieder einer bestimmten Konfession (Artikel 147 Absatz 2 WRV) vorgesehen. Bekenntnisfreie Schulen zeichnen sich hingegen dadurch aus, dass sie keinerlei Religionsunterricht erteilen (Artikel 149 Absatz 1 WRV). Welche dieser Schulformen eingeführt wird, ist nach dem Bundes –verfassungsgericht der „demokratischen Mehrheitsentscheidung des Landesgesetzgebers anheimgegeben“ (Bundesverfassungsgericht 41, 88 (107)).

Die Bremer Klausel

Als Bremer Klausel wird Artikel 141 des deutschen Grundgesetzes bezeichnet. Er schränkt den Anwendungsbereich der grundgesetzlichen Vorschriften über den Religionsunterricht ein und ermöglicht so in einigen Gebieten Deutschlands andere Unterrichtstypen. Ein bekanntes Beispiel ist der „Unterricht in Biblischer Geschichte“ in Bremen. Er ist kein Religionsunterricht im Sinne des Grund –gesetzes, weil er inhaltlich nicht von einer Religionsgemeinschaft verant –wortet wird, also keine „gemeinsame Angelegenheit“ (res mixta) ist. Damit ermöglicht die Bremer Klausel Unterrichtstypen, die nicht Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes sind.

An dieser Stelle ist es sinnvoll, noch einen Blick auf den historischen Hintergrund zu werfen:

Die Bezeichnung als „Bremer“ Klausel ist im Gesetzestext nicht genannt. Sie rührt daher, dass die Ausnahme insbesondere mit Rücksicht auf die Freie Hansestadt Bremen ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Dort wurde traditi –onsgemäß und in Überwindung der Trennung zwischen reformierten und lutherischen Glaubensrichtungen Biblische Geschichte auf allgemeiner – christlicher Grundlage und damit bekenntnisfrei unterrichtet (Manfred Spieß, Was ist der bremische Religionsunterricht? Der „Biblische Geschichtsunter – richt“ zwischen Gestern und Morgen).

Die Landesverfassung im Bundesland Bremen

Artikel 32 Absatz 1 der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen lautet:

„Die allgemein bildenden öffentlichen Schulen sind Gemeinschaftsschulen mit bekenntnismäßig nicht gebundenem Unterricht in Biblischer Geschichte auf allgemein christlicher Grundlage.“ Am 23. Oktober 1965 entschied der Bremische Staatsgerichtshof, der „Biblische Geschichtsunterricht“ sei nicht auf evangelischer, sondern auf allgemein christlicher Grundlage zu erteilen(St 2, 4/1964; 1/1965 – Unterricht in biblischer Geschichte). Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht hatte keinen Erfolg (dazu siehe BVerfGE 30, 112 – Unterricht in Biblischer Geschichte).

Ethik, Religion in anderen Bundesgebieten:

Neben Bremen ist die Klausel aber auch auf Berlin und auf bestimmte Schularten in manchen alten Bundesländern anwendbar, weil dort zum Stichtag 1. Januar 1949 eine anderweitige gesetzliche Regelung bestand.

Berlin

In Berlin ist der Religionsunterricht nach § 23 des Berliner Schulgesetzes vom 26. Juni 1948 Sache der Religions – und Weltanschauungsgemeinschaften.

Das Berliner Schulmodell

Das Berliner Modell (unter anderem auch Berliner Schule der Didaktik oder „lehr – lern – theoretische Didaktik“) wurde von Paul Heimann (1901 – 1967) in Abgrenzung gegen die bildungstheoretische Didaktik Wolfgang Klafkis entwickelt. Unter dem Vorwurf, Klafki zeige in seiner geisteswissenschaftlich geprägten Didaktik „Stratosphärendenken“, entwarf er ein praktikables Entscheidungsmodell. Es soll dem Lehrenden ermöglichen, auf einer rein em –pirischen, zunächst wertfreien Basis seinen eigenen Unterricht theoretisch zu analysieren und so getroffene didaktische Entscheidungen transparent zu machen. Auch soll es Lehrern bei der Unterrichtsplanung helfen, möglichst viele den Unterricht beeinflussende Faktoren zu berücksichtigen beziehungs – weise überhaupt erst „in den Blick“ zu bekommen. Auf diese Weise soll gezieltes und geplantes Lehren und Lernen ermöglicht werden.

Die Berliner Schule legt dem Unterricht ein Strukturmodell, in der folgenden Grafik dargestellt, (die zuerst Lehrende der Berliner Schule, waren in den 70ern Paul Heimann, 1901 – 1967, Wolfgang Schulz) zugrunde, das die Realität darstellen soll. Diese Darstellung und die daraus resultierenden Überlegungen wollen/sollen helfen den Unterricht zu analysieren. Kategorial – analytische Weise der Darstellung des Unterrichts.

Das Modell der Berliner Schule (Grafik)

In der erweiterten Form nach Heimann sieht das so aus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(das Berliner Schulmodell)

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Modell; abgerufen am 14.12.2014

Für Berlin gilt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23. Februar 2005, Aktenzeichen 6 C 5.99, BVerwGE 110, 326) die Bremer Klausel; sie besagt, dass Artikel 7 Absatz 3 im Grundgesetz keine Anwendung in einem Land findet, in dem am 1. Januar 1949 eine andere Regelung galt. Der Religionsunterricht wird hier derzeit (2004) noch von Personen mit der Be – fähigung für ein Lehramt und einer Prüfung im Fach Religionslehre oder von Personen, die ein fachwissenschaftliches Studium an einer Hochschule oder eine vergleichbare Ausbildung abgeschlossen haben, erteilt (siehe dazu auch Erteilung des Religionsunterrichts auch Katecheten in Berlin).

Kirchenvertragliche Vereinbarungen

Zu dieser Ausgangslage kommt nun noch das Recht der Konkordate und der Kirchenverträge hinzu. So steht der Artikel 21 des Reichskonkordats mit der Klausel, dass der katholische Religionsunterricht in den Volksschulen (Mittel – punktschulen), Berufs – und Mittelschulen (heute Realschulen) sowie höheren Lehranstalten ein ordentliches Lehrfach ist und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der katholischen Kirche erteilt wird voran. Lehrstoff und Auswahl der Lehrbücher sollen im Einvernehmen mit der kirchlichen Oberbehörde fest –gesetzt werden. Den kirchlichen Behörden vor Ort soll aber das Recht ein –geräumt werden, im Einvernehmen mit der Schulbehörde zu prüfen, ob die Schüler Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Lehren und Anfor –derungen der Kirche erhalten. Die Artikel 4 – 8 des bayerischen Konkordats enthalten die entsprechenden Bestimmungen. Artikel XI des badischen Kon –kordats stimmt mit Artikel 149 WRV vertraglich zu.

Unter den evangelischen Kirchenverträgen enthalten die bayerischen Kirchenverträge von 1924 auch Vorschriften, die mit dem bayerischen Konkordat parallel laufen. Entsprechendes gilt für den badischen Kirchen –vertrag von 1932 (Artikel VIII) im Verhältnis zum badischen Konkordat. Niedersachsen hat in Artikel 5 des Loccumer Vertrages[3] von 1955 niedergelegt, dass die Landesregierung und die Kirchenbehörden Bestimmungen über die Einsichtnahme in den evangelischen Religionsunterricht und über Richtlinien, Lehrpläne und Lehrbücher für den evangelischen Religionsunterricht vereinbart werden. Weiter greift auch Artikel 6 des Kirchenvertrags Schleswig – Holsteins von 1957 ein, denn auch hier heißt es, dass der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen ist. Lehrer, die keiner evangelischen Kirche angehören, dürfen – von Ausnahmen abgesehen – zur Erteilung des ev –angelischen Religionsunterrichtes nicht herangezogen werden. Der Unterricht ist in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der evangelischen – lutherischen Kirche zu erteilen. Die Lehrplanrichtlinien für den evangelischen Religions –unterricht werden im Einvernehmen mit den Kirchen aufgestellt, die Lehrbücher im gegenseitigen Einverständnis zugelassen. Die Kirche hat das Recht der Ein –sichtnahme in den evangelischen Religionsunterricht. Sie übt dieses Recht durch den zuständigen Schulaufsichtsbeamten aus, sofern dieser der evange –lischen – lutherischen Kirche angehört und die Befähigung zur Erteilung von Religionsunterricht besitzt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor oder ver –zichtet der Betreffende auf die Beauftragung, so bestellt das Land im Einver –nehmen mit der Kirche andere Schulaufsichtsbeamte oder geeignete Lehrkräfte der entsprechenden Schulart. Geistliche und sonstige kirchliche Lehrkräfte be –dürfen für die Erteilung des Religionsunterrichtes des staatlichen Lehrauftrags. Sie unterstehen in Ausübung dieses Lehrauftrags der staatlichen Schulaufsicht. Schließlich räumt der Kirchenvertrag von 1960 in Hessen in Artikel 15 gleichfalls den Kirchen das Recht ein, sich durch eine Einsichtnahme darüber zu vergewissern, dass Inhalt und Gestaltung des Religionsunterrichtes auch den Lehren und Ordnungen der Kirche entsprechen. Er sieht vor, dass Lehrpläne und Lehrbücher für den Religionsunterricht im Einvernehmen mit den Kirchen bestimmt werden. Er stellt fest, dass für die Geistlichen und kirchlich ausgebildeten Religionslehrkräfte, denen ihre Kirche die Befähigung zur Erteilung von Religionsunterricht zuerkannt hat, die staatliche Genehmigung zur Übernahme des evangelischen Religionsunterrichtes als erteilt gilt.

Die allgemeinen Prinzipien

Diese Übersicht läßt schon erkennen, dass die Rechtslage des Religions –unterrichtes in der BRD (für die DDR: Vergleich Schule und Kirche: I, 2) in allen wesentlichen Grundzügen einheitlich ist; diese Einheitlichkeit bewirkt Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes, und zusätzlich auf der katholischen Seite Artikel 21 des Reichskonkordates (RKonk.), aber in einer Form, dass sich für die Einzelausgestaltung durchaus noch Variationsmöglichkeiten bieten.

Läßt man den singulären Fall Bremens beiseite, so gilt überall, dass der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach der öffentlichen Volksschulen (Mit –telpunktschulen), Berufs – und Mittelschulen (heute Realschulen), sowie an den höheren Lehranstalten ist, soweit sie nicht „bekenntnisfreie Schulen“ sind. Aus der Behandlung als ordentliches Lehrfach ergibt sich, dass der Personal – und Sachaufwand dafür vom Schulträger aufgebracht und dass der Religionsunter –richt in den planmäßigen Schulbetrieb eingegliedert werden muss, dessen integrierender Bestandteil er unbestritten ist. Überall ist ferner zu beachten, dass kein Lehrer gegen seinen Willen verpflichtet werden darf, Religionsunterricht zu erteilen. Ebensowenig dürfen die Schüler zur Teilnahme am Religionsunter –richt gezwungen werden; vielmehr entscheiden darüber ihre Erziehungsbe –rechtigten nach dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung von 1921 oder, nach Vollendung des 14. Lebensjahres, die Schüler selbst. Schon von der Vollendung des 12. Lebensjahres an ab kann aber gegen den Willen des Schü –lers keine Veränderung der bisherigen Lage mehr vorgenommen werden.

Einheitlich gilt auch, dass dem Staat über den Religionsunterricht die allge –meine staatliche Schulaufsicht zusteht. Auf der anderen Seite kann er aber nicht von sich aus über die inhaltliche Ausgestaltung des Religionsunterrichtes ver – fügen. Der Religionsunterricht ist vielmehr kirchlich – konfessionell gebunden; er ist in Übereinstimmung mit den Grundsätzen (und der Ordnung) der jeweils in Betracht kommenden Religionsgemeinschaft (in aller Regel werden das die römisch – katholische Kirche und die örtlich zuständigen evangelischen Lan –deskirchen sein) zu erteilen. Da der Staat von sich aus im Zweifel nicht ver –bindlich entscheiden kann, ob diese Übereinstimmung gewahrt ist, ist insoweit die beaufsichtigende und gegebenenfalls hinweisende und korrigierende Mit –wirkung der Religionsgemeinschaften (Kirchen) unerlässlich.

Die Mitwirkung hat sich auch auf die Gestaltung der Lehrpläne und die Zulassung der Lehrbücher für den Religionsunterricht zu erstrecken; sie muss ferner, mindestens in extremen Fällen, die Befugnis umschließen, mit den kirchlichen Auffassungen nicht übereinstimmende Religionslehrer abzulehnen.

Die variierende Einzelausgestaltung

Bei den weiteren Einzelheiten fächert sich die rechtliche Gestaltung und tat –sächliche Handhabung auf. Ob die kirchlichen Oberbehörden selbst in Abspra –che mit der Schulbehörde die Inspektion des Religionsunterrichtes durchführen wie Artikel 21 RKonk. es vorsieht, oder ob die Kirche, wie im Beispiel Schleswig – Holsteins, mit der Einsichtnahme in den Religionsunterricht im Allgemeinen die staatlichen Schulaufsichtsbeamten beauftragen, kann von Fall zu Fall durchaus auch unterschiedlich sein.

Nirgendwo ist ferner präjudiziert, wie weit reichend der Religionsunterricht von Lehrkräften der Schulträger oder Lehrkräften erteilt wird, die die Kirche ihrerseits hierfür abordnet. Hier taucht dann allerdings die Frage auf, wieweit zu der Abordnung eines Geistlichen oder sonstigen kirchlichen Religionslehrers noch eine staatliche Beauftragung hinzutreten muss/kann. Sie ist in der Tat, da es sich um ein ordentliches Lehrfach im öffentlichen Schulwesen handelt, uner–lässlich und kann lediglich, wie in Artikel 15 des hessischen Kirchenvertrages, generell ausgesprochen werden. Auf der anderen Seite setzt die evangelische Kirche bei den Religionslehren, die sie nicht aus ihrem eigenen Personalbereich abordnet, im Prinzip eine vocatio, die katholische Kirche im entsprechenden Falle die Erteilung der missio canonica voraus. Eine Klärung dieses Sach – verhaltes findet sich in Artikel 22 der RKonk. In der Form, dass bei der An – stellung von katholischen Religionslehrern eine Verständigung zwischen dem Bischof und der Landesregierung stattfindet. sodass Lehrer, die wegen ihrer Lehre oder sittlichen Führung vom Bischof zu einer weiteren Erteilung des Religionsunterrichtes für ungeeignet erklärt worden sind, nicht als Religions –lehrer eingesetzt werden dürfen, solange dieses Hindernis besteht. Die Hand –habung der vocatio und ihrer Rücknahme bei evangelischen Religionslehrern ist weniger eindeutig geklärt. Die Kirchenverträge Bayerns von 1924 unterscheiden hier zwischen einem Erinnerungs – und Beanstandungsrecht der Kirche bei Religionslehrern an höheren Lehranstalten einerseits und einer Bevoll –mächtigung durch die Kirche bei den Religionslehrern an Volksschulen ander –erseits. Der Kirchenvertrag Schleswig – Holsteins lässt als Voraussetzung für die Qualifikation zum Religionslehrer zu, dass der Lehrer der Kirche angehört. Zwischen diesen genannten Extremen gibt es allerdings mehrere Variationen. Die Vokation kann dabei aber auch in die Mitwirkung der Kirche bei der Religionlehrerausbildung und bei der Abnahme der Religionslehrerprüfung verlegt werden.

Probleme im Blick auf den zu erteilenden Religionsunterricht

Der Teilnahme am Religionsunterricht geht im Regelfall eine Anmeldung voraus, denn er ist oft ein Wahlfach; die Benotung ist dennoch versetzungs –relevant; alternative Wahlfächer zum Religionsunterricht sind bisher der muslimischer Religionsunterricht, Ethik oder der Lebenskundeunterricht (ein vom Humanistischen Verband Deutschlands – HVD – erteilter weltanschau –licher Unterricht).

Es ergeben sich dadurch zum einen Probleme in der Betreuung derjenigen Schüler, die sich zu keinem dieser Wahlfächer angemeldet haben, und wegen der häufigen Verlegung des Religionsunterricht in die Randstunden oder zeit –gleicher Freizeitangebote (Ganztagesschulen) besteht zum anderen ein erhöhtes „Abmelderisiko“. Hinzu kommen zum Dritten noch eine veränderte Bevölker –ungsstruktur durch die Zuwanderung andersgläubiger Menschen, sowie Kir – chenaustritte. Andererseits wird der Religionsunterricht von den Schülern gera –de mancherorts wegen seiner Freiwilligkeit und nicht vorhandenen Ver –setzungsrelevanz als „angst – und stressfrei“ erlebt. Der Vorteil dabei: Er kann Schülerprobleme des Alltags adäquat auffangen und aufarbeiten.

Am 23. März 2006 beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD und PDS und einem Teil der Grünen, dass Ethik ab dem Schuljahr 2006/2007 für die Sekundarstufe I Teil des Pflichtunterrichtes für alle Schüler werden sollte. Angesichts der fehlenden Lehrkräfte wird dieses Pflichtangebot aber vorerst nur in den 7. Klassen erteilt, soll dann aber in den folgenden Jahren nach und nach auch in den höheren Klassenstufen eingeführt werden.

Der Religionsunterricht kann daneben aber nach wie vor freiwillig besucht werden. Die evangelische Kirche, im Besonderen Landesbischof Wolfgang Huber, kritisierte, dass der konfessionelle Religionsunterricht gerade in dieser Schulstufe parallel zu dem Pflichtfach Ethik kaum noch eine Chance hat, von den Schülern auch besucht zu werden. Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, Müller, schlug vor, die freigewordenen Gelder des nicht nachgefragten Religionsunterrichtes für die Etablierung des Ethikunter –richtes in Grundschulbereich zu nutzen. Gleichzeitig sprachen sich aber die Religionsgemeinschaften im Rahmen eines Wahlpflichtbereichs für einen Ethik unterricht für alle nicht konfessionell gebundenen Schüler aus, was in der Konsequenz heißt, dass die Schüler sich dann, wie in den meisten anderen Bundesländern auch, entweder für Ethik – oder Religionsunterricht entscheiden.

Mit der Ablehnung einer Verfassungsbeschwerde entschied das Bundes – verfassungsgericht am 15. März 2007, dass obligatorischer Ethikunterricht weder Eltern noch Schüler in ihren Grundrechten verletzt (1 Bundesver – fassungsgericht 2780/06).

Im September 2008 startete die Initiative Pro Reli ein Volksbegehren, um so einen Volksentscheid für ein Wahlpflichtfach Religion herbeizuführen. Danach wäre der Schulfachstatus des Religionsunterrichts als Teil eines Wahlpflicht – bereiches dann mit dem des Ethikunterrichts gleichrangig, heißt Schüler und Eltern hätten die Pflicht, sich für eines der in diesem Bereich angebotenen Fächer zu entscheiden, dabei aber die Möglichkeit zwischen Ethikunterricht und dem Religionsunterricht einer der diversen Religionsgemeinschaften zu wählen.

Volksabstimmung in Berlin – das Ergebnis

Der Volksentscheid am 26. April 2009 scheiterte jedoch, da das nötige Quorum von 25 % der Wahlberechtigten nicht zustande kam und eine Mehrheit von 51 % dagegen stimmte.

Brandenburg

Anfang 1990 lief ein auf drei Jahre befristeter Modellversuch LER (Lebens –gestaltung – Ethik – Religionskunde) in 44 Schulen an, der von der SPD – Landesregierung als erfolgreich bewertet wurde. Mittlerweile wird der Unterricht bei insgesamt zwei zur Verfügung stehenden Wochenstunden über das gesamte Schuljahr verteilt und in eine Integrations – und in eine Differenz –ierungsphase gegliedert. Die Integrationsphase umfasst „bekenntnisfreien“ Unterricht in Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde/Religionswissenschaft. In der Orientierungsphase wird Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach angeboten, in der Differenzierungsphase angelehnt an das Grundgesetz „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirchen“.

Eine Leistungsbewertung durch Noten findet erst seit 2005 statt. Alle Schüler sind in Brandenburg zur Teilnahme an LER (Lebensgestaltung – Ethik – Religionskunde) verpflichtet, und müssen sich bislang ausdrücklich davon abmelden, um stattdessen an dem eigenständig von den christlichen Kirchen angebotenen Religionsunterricht teilnehmen zu können.

Die Verfassungsmäßigkeit ist auch insoweit umstritten, als unklar ist, ob die „Bremer Klausel“ auf Brandenburg nun Anwendung findet oder nicht, denn im 1947 gegründeten Nachkriegsland Brandenburg 1949 galt zwar tatsächlich eine andere Regelung; allerdings wurde dieses alte Brandenburg 1952 von der DDR aufgelöst und erst 1990 dann wieder erneut gegründet. Wenn die Bremer Klausel nicht gelten würde, dann läge ein Verstoß gegen Artikel 7 des Grund –gesetzes vor. Ein Bundesverfassungsgerichtsurteil zu dieser Frage ist aber nicht mehr zu erwarten, nachdem die Beschwerdeführer auf einen Vergleichs –vorschlag eingegangen sind und das BVerfG deshalb das Verfahren mit Beschluss vom 31. Oktober 2002 für beendet erklärt hat.

Seit dem Schuljahr 2007/2008 wird ein weltanschaulicher Lebenskunde – unterricht auch an den Schulen im Land Brandenburg angeboten – nicht als Alternative zu LER, sondern als Alternative zum kirchlichen Religions –unterricht (Website Humanistische Lebenskunde des HVD (Humanistischer Verband Deutschlands: Lebenskunde in Brandenburg).

Dafür hat das Brandenburger Verfassungsgericht im Dezember 2005 den Weg geebnet. Es erklärte, es sei mit der Verfassung unvereinbar, dass das Landesschulgesetz allein den Kirchen das Recht zum Bekenntnisunterricht zuerkannte (die Tageszeitung: Kirche verliert Privileg. 16. Dezember 2005).

Neuer Erlass zum Religionsunterricht in Hessen

Bedeutung des Religionsunterrichts

Die Schule muss nach ihrem[4] gesetzlichen Bildungs – und Erziehungsauftrag (§ 2 des Hessischen Schulgesetzes) neben der Vermittlung von Wissen zur Erziehung der Kinder – und Jugendlichen beitragen. Schülerinnen und Schüler brauchen in einer immer komplizierteren Welt Hilfen zur Orientierung in ethischen, moralischen und religiösen Fragen. Solche Hilfen zu geben, ist Aufgabe des Unterrichts in allen Fächern, Lernbereichen und Aufgaben – gebieten. Einen besonderen Beitrag hat dabei der Religionsunterricht zu leisten. In ihm werden die angesprochenen Fragen ausdrücklich gestellt und Ant – worten auf der Grundlage der Lehren der Kirchen und anderer Religions –gemeinschaften gesucht.

Mitbestimmung der Kirchen

und Religionsgemeinschaften

1. Religionsunterricht ist nach Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes und Artikel 57 des Hessischen Verfassung sowie § 8 des Hessischen Schul – gesetzes ordentliches Lehrfach. Er wird als bekenntnisorientierter Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der jeweiligen Kirche und Religionsgemeinschaft erteilt.

2. Im Einvernehmen mit der jeweiligen Kirche oder Religionsgemeinschaft werden Kerncurricula und Lehrpläne nach § 44 und 43a des Hessischen Schulgesetzes erstellt sowie Lehrbücher und sonstige Lehr – und Lern –mittel, mit Ausnahme des Lernmaterials, bestimmt (§ 10 Absatz 3 in Verbindung mit § 153 des Hessischen Schulgesetzes.

3. Soweit sich Schulversuche auf den Religionsunterricht erstrecken, ist das Einvernehmen mit den jeweils betroffenen Kirchen und Religions –gemeinschaften herzustellen.

Religionslehrerinnen und Religionslehrer

1. Religionsunterricht kann erteilt werden von

a) Lehrerinnen und Lehrern, die durch die Ablegung einer staatlichen Prüfung die Befähigung zum Unterricht in diesem Fach nachge –wiesen haben und eine Bevollmächtigung der Kirche oder Religionsgemeinschaft besitzen,
b) Geistlichen und diesen entsprechenden und diesen entsprechenden Amtsträgerinnen und Amtsträgern von Kirchen und Religions – gemeinschaften,
c) Personen, denen die jeweilige Kirche oder Religionsgemeinschaft die Bevollmächtigung zur Erteilung von Religionsunterricht zuerkannt hat und denen eine staatliche Unterrichtserlaubnis erteilt wurde, in den Schulstufen und Schulformen, auf die sich die Bevollmächtigung der Kirche oder Religionsgemeinschaft und die staatliche Unterrichtserlaubnis erstrecken.

2. Wird eine Bevollmächtigung von der Kirche oder Religionsgemein –schaft widerrufen, endet die Berechtigung, Religionsunterricht zu erteilen. Die Lehrerin oder der Lehrer hat von einem Widerruf der Bevollmächtigung unverzüglich die Schulleitung zu unterrichten. Über die Erteilung und den Widerruf von Bevollmächtigungen sowie über die Bevollmächtigung von Lehrerinnen und Lehrern, denen außerhessische Kirchen, Diözesen oder Religionsgemeinschaften eine Bevollmäch – tigung erteilt haben, informieren sich die Kirchen und Religions –gemeinschaften und die untere Schulaufsichtsbehörde gegenseitig und veranlassen das Erforderliche.

3. Die in Nr. 1 Buchstabe b und c Genannten sind bei der Erteilung von Religionsunterricht an für die Lehrerinnen und Lehrer geltenden Vorschriften gebunden.

4. Den in Nr. 1 Genannten ist auf Antrag bis zu zwei Tagen im Schuljahr Dienstbefreiung zur Teilnahme an von Kirchen oder Religions –gemeinschaften veranstalteten Arbeitsgemeinschaften zu erteilen. Diese sowie weitere außerhalb des Unterrichts stattfindende Arbeits –gemeinschaften gelten als dienstliche Veranstaltungen im Sinne des § 36 Absatz 5 des Hessischen Beamtenversorgungsgesetzes, wenn sie der unteren Schulaufsichtsbehörde vorher bekannt wurden. In diesen Fällen kann Unfallfürsorge gewährt werden, wenn und soweit von anderer Seite Unfallfürsorge oder sonstige Leistungen wegen des Unfalls nicht erbrachte werden. Für Angestellt gelten die einschlägigen Bestimm –ungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung –.

5. Wird die Erteilung der kirchlichen Bevollmächtigung von der Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften, Lehrgängen, Rüstzeiten, Freizeiten und anderen Veranstaltungen abhängig gemacht, ist den Lehrerinnen und Lehrern die zur Teilnahme erforderliche Dienstbefreiung zu gewähren, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

Abdeckung des Religionsunterrichts

– Personalplanung

1. Lehrerinnen und Lehrer welche die Voraussetzungen nach Abschnitt HI Nr.1 erfüllen, sind so im Religionsunterricht einzusetzen, dass der Religionsunterricht entsprechend der Stundentafel ungekürzt angeboten werden kann. Die Rechte nach Artikel 7 Absatz 3 Satz 3 des Grund – gesetzes und Artikel 58 Satz 2 der Hessischen Verfassung bleiben unberührt.

2. Zu Beginn der Personalplanung für ein Schuljahr oder Schulhalbjahr prüft die untere Schulaufsichtsbehörde zusammen mit den Schul –leitungen auch die Situation des Religionsunterrichtes und leitet gegebenenfalls Maßnahmen (Gruppenbildung, Planungen des Lehrer –einsatzes, Versetzungen/Abordnungen) ein, die für die Abdeckung des Religionsunterrichtes erforderlich sind. Erforderlichenfalls sind zur Koordination und Unterstützung Besprechungen mit den regionalen zuständigen Stellen der Kirchen und Religionsgemeinschaften durch –zuführen. Auf das als Anlage beigefügte Verzeichnis wird hingewiesen.

Unterrichtsorganisation

1. Religionsunterricht ist einzurichten, wenn mindestens acht Schülerinnen und Schüler teilnehmen und zu einer pädagogisch und schulor –ganisatorischen vertretbaren Lerngruppe zusammengefasst werden können. Gegebenenfalls kann der Unterricht auch Jahrgangs – und schulformübergreifend erteilt werden. Sofern dies zur Bildung von Lerngruppen schulorganisatorisch notwendig und verkehrsmäßig not –wendig ist, können auch Schülerinnen und Schüler mehrerer benach –barter Schulen zusammengefasst werden. Grundsätzlich sind bei der Bildung von Lerngruppen die jeweils geltenden Richtlinien für die Festlegung und der Anzahl der Größe der Klassen (Gruppen, Kurse) in allen Schulformen zu beachten.

2. Wird die in Nr. 1 genannte Mindestzahl von Schülerinnen und Schülern in einer Lerngruppe nicht erreicht, haben die Kirchen und Religions –gemeinschaften das Recht, auf ihre Kosten Religionsunterricht zu erteilen. Dafür sind ihnen auf Antrag vom Schulträger die erforderlichen Räume unentgeltlich zu überlassen. Auch dieser Unterricht gilt als schulischer Religionsunterricht; er ist – unabhängig vom Ort der Er –teilung – unter Angabe der Schülerinnen und Schüler, deren Schule und Klasse, des Unterrichtsortes und der Unterrichtszeit der unteren Schulaufsichtsbehörde zu melden.

3. Als ordentliches Unterrichtsfach (§ 8 Absatz 1 des Hessischen Schul –gesetzes) unterliegt Religion den allgemeinen Regeln der Organisation und Gestaltung des Unterrichts. Das Fach kann daher auch in Projekten und Vorhaben Fachübergreifenden und fächerverbindenden Unterricht einbezogen werden, um Schülerinnen und Schüler zu be –fähigen, dabei aufgeworfene Probleme auch unter religiösen – ethischen Aspekten zu beurteilen. Damit kann zugleich die Begegnung von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Religion und das Verständnis füreinander gefördert werden (§ 2 Absatz 2 des Hessischen Schulgesetzes).

4. Bei der Stundengestaltung ist zu gewährleisten, dass Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in der Regel weder nur in Eckstunden erteilt wird noch bei unvermeidbaren Stundenkürzungen stärker als andere Unterrichtsfächer – bezogen auf ihren Anteil am gesamten Pflicht – unterricht der jeweiligen Schule – betroffen wird.

5. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht sind nach Maßgabe des § 73 des Hessischen Schulgesetzes und den dazu ergangenen Ausführungsvorschriften zu bewerten.

Teilnahme der Schülerinnen und Schüler

am Religionsunterricht

1. Schülerinnen und Schüler nehmen in der Regel an dem Religionsunter – richt des Bekenntnisses teil, dem sie anhören. Bei der Aufnahme in die Schule festgestellt, ob die Schülerinnen und Schüler einem Bekenntnis angehören, für das in Hessen ein bekenntnisorientierter Religions –unterricht eingerichtet ist. Soll davon abweichend eine Schülerin oder ein Schüler an einem Religionsunterricht teilnehmen, der nicht dem eigenen Bekenntnis entspricht, sondern dem Bekenntnis einer anderen Kirche oder Religionsgemeinschaft folgt, bedarf es hierfür einer schriftlichen Erklärung der Eltern (§ 100 des Hessischen Schulgesetzes) oder der religionsmündigen Schülerinnen und Schüler sowie der Zustimmung der aufnehmenden Kirche oder Religionsgemeinschaft. Ist die religionsmündige Schülerin oder der Schüler noch nicht volljährig, so hat die Schule die Erklärung nach Satz 3 den Eltern schriftlich mitzuteilen.

2. Eine Abmeldung vom Religionsunterricht bedarf einer schriftlichen Erklärung der Eltern (§ 100 des Hessischen Schulgesetzes) oder der religionsmündigen Schülerinnen und Schüler. Die Schule hat die Abmeldung von religionsmündigen, aber noch nicht volljährigen Schülerinnen und Schülern den Eltern schriftlich mitzuteilen. Die Abmeldung ist nur in der Form der Einzelanmeldung statthaft. Sie soll nur am Ende eines Schulhalbjahres erfolgen. Eine Rücknahme der Abmeldung ist zulässig.

3. Im Falle eines Schulwechsels nehmen die Schülerinnen und Schüler am Religionsunterricht ihres Bekenntnisses teil, soweit keine Abmeldung nach Nr. 2 erfolgt ist. Die Eltern sowie religionsmündige Schülerinnen und Schüler sollen anlässlich eines Schulwechsels über den bekenntnis –orientierten Religionsunterricht informiert werden.

4. Schülerinnen und Schüler, die keinem Bekenntnis angehören oder an deren Schule kein Religionsunterricht ihres Bekenntnisses erteilt wird, können auf Antrag der Eltern oder, wenn sie religionsmündig sind, auf eigenen Antrag am Religionsunterricht teilnehmen, wenn die Kirche oder Religionsgemeinschaft, deren Bekenntnis der Religionsunterricht folgt, ihre Zustimmung hierzu erteilt.

Ausnahmen bei der Bildung von Lerngruppen

im evangelischen und katholischen Religionsunterricht

1. Ist in einem Schuljahr die Bildung von Lerngruppen in beiden Konfessionen gemäß Abschnitt V Nr. 1 und Abschnitt VI Nr. 1 nach ergebnisloser Durchführung des Verfahrens nach Abschnitt IV zum Beispiel wegen Mangel an Lehrkräften oder wegen schulorgani –satorischer Schwierigkeiten nicht möglich, können die Schülerinnen und Schüler am Religionsunterricht jeweils der anderen Konfession unter folgenden Voraussetzungen teilnehmen:

a) Die Schulleitung beantragt unter Angabe von Gründen die Zustimmung zur Erteilung von Religionsunterricht in einer kon –fessionell gemischten Lerngruppe über die untere Schul –aufsichtsbehörde bei den zuständigen Behörden beider Kirchen (siehe Anlage). Sie fügt eine Stellungnahme beider Fachkon –ferenzen, soweit sie bestehen, sowie das Einverständnis der be –troffenen Religionslehrerinnen und Religionslehrer bei.

b) Nach Zustimmung der kirchlichen Behörden informiert die Schulleitung die Schülerinnen und Schüler, die am Religions – unterricht der anderen Konfession teilnehmen können, und deren Eltern (§ 100 des Hessischen Schulgesetzes).

2. Grundlage des Unterrichts ist das jeweilige Kerncurriculum oder der jeweilige Lehrplan. Bei der Auswahl der Unterrichtsinhalte sollen die konfessionellen Besonderheiten und Prägungen mit dem Ziel gegenseitigen Verstehens behandelt werden.

Teilnahme der Schülerinnen und Schüler an

kirchlichen Veranstaltungen und Zusammenarbeit

im Rahmen der Öffnung der Schule

1. Zur Teilnahme an Rüstzeiten der Kirchen oder Religionsgemein –schaften (zum Beispiel für Schülerinnen und Schüler, Firmbe –werberinnen und Firmbewerbern, Schulabgängerinnen und Schulab –gängern) sind Schülerinnen und Schüler von Klasse 5 an zweimal für bis zu drei Unterrichtstage zu beurlauben, sofern die Eltern oder die volljährigen Schülerinnen und Schüler dies beantragen. Religions –lehrerinnen und Religionslehrern ist auf Antrag zur Teilnahme an solchen Rüstzeiten Dienstbefreiung zu gewähren, sofern nicht schwer –wiegende schulorganisatorische Gründe entgegenstehen.

2. Schülergottesdienste sind Veranstaltungen der Kirchen oder Religions – gemeinschaften; eine Teilnahmepflicht für Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte besteht nicht. Schülergottesdienste finden in der Regel außerhalb der Unterrichtszeit statt; dies gilt nicht für Schülergot –testesdienste, die traditionsgemäß während der Unterrichtszeit stattfin – den sowie für Gottesdienste bei der Einschulung und Entlassung oder am Beginn und Ende eines Schuljahres.

3. Angebote der Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Kinder – und Jugendarbeit wie zum Beispiel seelsorgerliche Begleitung, religiös – ethische Arbeitskreise und Freizeiten können geeignete Projekt der Zusammenarbeit mit der Schule im Rahmen ihrer Öffnung für das Umfeld nach § 16 des Hessischen Schulgesetzes und in die Grundsätze aufgenommen werden, die die Schulkonferenz nach § 129 Nr. 7 des Hessischen Schulgesetzes dafür entwickelt.

Staatliche Schulaufsicht über

und kirchliche Einsichtnahme in den Religionsunterricht.

1. Der Religionsunterricht unterliegt als ordentliches Unterrichtsfach der staatlichen Schulaufsicht

2. Unbeschadet dessen haben die Kirchen und Religionsgemeinschaften ein Recht auf Einsichtnahme, um zu gewährleisten, dass der Religions –unterricht in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Grundsätzen (Artikel 7 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes) erteilt wird.

3. Die den Kirchen und Religionsgemeinschaften zustehenden Befugnisse werden ausgeübt durch die Organe, die nach den Ordnungen der Kirchen und Religionsgemeinschaften zuständig sind (Beauftragte). Eine für Gemeinde oder einen Gemeindebezirk zuständige Ortsgeistliche oder einen Gemeindebezirk zuständiger Ortsgeistlicher kann mit der Wahrnehmung der Einsichtnahme in den Religionsunterricht in Schulen ihrer oder seiner Gemeinde oder ihres oder seines Gemeindebezirks nicht beauftragt werden. Das Kultusministerium übermittelt den Kirchen und Religionsgemeinschaften die zur Ausübung ihrer Befugnisse im jeweiligen Schuljahr erforderlichen Daten und teilt insbesondere die von der einzelnen Lehrerin oder dem einzelnen Lehrer in Religion erteilte Anzahl von Wochenstunden mit.

4. Besuche der von den Kirchen und Religionsgemeinschaften mit der Einsichtnahme Beauftragten sollen während der stundenplanmäßigen Unterrichtsstunden in Religion erfolgen; Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der unteren Schulaufsichtsbehörde und der zu besuchenden Lehrkraft. Besuche sind rechtzeitig in der Regel zwei Wochen vorher – der unteren Schulaufsichtsbehörde anzuzeigen, die die jeweilige Schulleitung verständigt. Die Schulleitung informiert die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer.

5. Ergeben sich bei der Durchführung der staatlichen Schulaufsicht oder der kirchlichen Einsichtnahme Beanstandungen oder Meinungs –verschiedenheiten, die sich nicht unter den unmittelbar Beteiligten beseitigen lassen, so sind Beschwerden auf dem Dienstwege der unteren Schulaufsichtsbehörde zu unterbreiten, die ihre Entscheidungen im Benehmen mit der zuständigen Kirchenbehörde trifft. Dies gilt nicht bei Beanstandungen, die die Lehre oder die Grundsätze der jeweiligen Kirche oder Religionsgemeinschaft betreffen.

Dieser Erlass tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.

Kapitel 2 Ethikunterricht

Eine Definition zu Ethik

Die Ethik – und die davon abgeleiteten Disziplinen wie zum Beispiel Rechts –, Staats – und Sozialphilosophie – bezeichnet man auch als „praktische Philoso –phie“, da sie sich mit dem menschlichen Handeln befasst (im Gegensatz zur „theoretischen Philosophie“, zu der die Logik, die Erkenntnistheorie und die Metaphysik als klassische Disziplinen gezählt werden).

Eine andere Definition Ethik nach dem Bertelsmann Universal Lexikon [5]:

Unter Ethik versteht man die Lehre vom rechten, zum wahren Glück führenden Handeln; in der

Antike : Lehre von den Institutionen (Ethos, Normas); in der

Neuzeit: die Lehre von den inneren Bestimmungen (Moralität), meist

gleichbedeutend mit der Moralphilosophie und Sittenlehre; im katholischen Bereich Moraltheologie und Moraltheologen.

Die Fächer Philosophie, Ethik und verwandte Fächer werden in Deutschland zwar in allen Bundesländern als Wahlpflichtfach oder sogar Pflichtfach politisch gewollt und teilweise seit Jahrzehnten eingeführt. Sie werden aber in mehr als der Hälfte aller Fälle aufgrund Stellenmangels nicht unterrichtet. Wenn sie unterrichtet werden, werden sie oftmals fachfremd unterrichtet. Viele der unterrichtenden Fachlehrer haben die Fakultas zudem nicht in einem regulären Studium, sondern in Fortbildungen erworben.

Was versteht man unter dem Begriff Ethik?

Dieser Terminus, vom griechischen Wort êthos = Sitte, Gewohnheit, auch Gesinnung abgeleitet, bezeichnet die Lehre vom verantwortlichen Handeln innerhalb des mitmenschlichen Seins. Die Konfrontation mit dem Normativen, Unbedingten und die sich daraus dann ergebende Lehre des richtigen Be –nehmens diesen Forderungen gegenüber hebt in der griechischen Philosophie an. Die von Sokrates gestellte Frage nach dem wahren Menschsein stimuliert nicht nur die Auseinandersetzung mit Platon und den sozialpolitischen Ver –hältnissen, sondern ebenso die mit Aristoteles und der Forschung nach dem Gefälle der Tugenden, die anhand der Unterscheidung von ethischen und di –anoetischen (den Verstand betreffen) zum Anlaß der Bezeichnung Ethik geworden ist. Inzwischen wird das intuitive (erfahrungsgemäße) Wissen von den übergeordneten Normen von den ältesten Kulturen bestätigt.

Schon bei Homer[6] werden sittliche Normen bezeugt und angeführt, denen allerdings auch die Götter unterworfen waren und die dann ihrerseits namentlich an ein mitmenschliches und respektvolles Verhalten (aidôs – Schande und dikê– Gerechtigkeit) appellieren. Die gleichen Verhaltensmuster sind bei den vorderasiatischen Kulturen zu finden, die sich ebenfalls nach einem Normbe –wusstsein richten. Sie gehen in ihrem Denken davon aus, dass ein ungerechter Mensch andere Menschen beispielsweise tötet, eine Ehe bricht oder Menschen ausraubt und sich so vor Göttern und dem Menschen gegenüber schuldig macht. Ein Minimalethos des richtigen Benehmens findet sich also, ungeachtet einiger Varianten, schon sehr früh und bleibt völlig ungeachtet der jeweiligen religiösen Einstellung eines Volkes das klar dominierende Ethos des praktischen An –standes.

Allerdings wurde diese „natürliche“ Sittlichkeit in den alten Kulturen auch sehr wohl als eine religiöse Forderung verstanden:

1. Im vorderorientalischen Lebensgefühl vielleicht eher im Verständnis einer negativen Gesetzesforderungen im Sinne von „Du sollst nicht...“ ( Dekalog),
2. in der Antike eher im Sinn von einer positiveren Gestaltung des ideal gefassten Guten (aretai).
3. Eine tiefere Besinnung im Bezug auf die Stellung des Menschen Gottgegenüber, beziehungsweise der Welt und dem Mit – menschen gegenüber wird dabei zu einem Anlaß dafür, dass es zu einer theoretischen Durchführung einer Ethik als Wissen –schaft im Blick auf das richtige und verantwortungsvolle Handeln kommt.

Das bereits angesprochene „primitive“ Ethos des anständigen sozialen Benehmens wird dabei auf die drei genannten Instanzen hin näher und genauer geprüft und damit ganz selbstverständlich auch vertieft. Es wird damit wie von selbst aus der jeweiligen Gebundenheit des Sittenkomplexes eines Stammes oder eines Volkes herausgelöst und in die Weite des allgemeinen menschlichen Tuns gehoben; es kann dabei aber nicht unerwähnt bleiben, dass dadurch die Spannung zwischen dem geschicht –lichen – werdenden Sein auf der einen Seite, und dem über – geschichtlich – normativen Sein auf der anderen Seite, die eigentlichen Problematik eines jeden, wie auch immer gearteten Entwurfes zu einer Ethik wird. Da die Ethik keine bloß deskriptive (beschreibende) Wissenschaft von Sittenkomplexen (Sittenkunde, Eward Alexander Westermarck) ist oder sich ver –steht, darf und muss sie präskriptiv (vorschreibend und wertend) vorgehen. So sagt (erläutert) sie dann auch, was zu tun und zu bezwecken ist; dabei kann sie von ihrer Ausgangsposition die Begegnung mit der jeweiligen Situation fokussieren und deshalb einen situationsbedingten Charakter auch nicht vermeiden. Sie wird in ihren Forderungen damit konkret – bezogen relativiert.

Wird das präskriptive Tun zu dominant und damit dann überbetont, dann wird die Ethik zur Kasuistik, also zu einer moralischen Lehre von einem richtigen Verhalten in bestimmten Präzedenzfällen (Einzelfällen). In diese Form einer Ethik wird so der Einzelfall, also die Norm absorbiert (aufgenommen). Der normative Charakter jeder Ethik setzt damit also immer die Rückendeckung einer philosophischen oder theologischen Lehre voraus, die aber nur auf dem Wege einer Interpretation gefunden werden kann, die dann die Grundlage als Indikativ (Wirklichkeitsform) dafür bildet, dass daraus dann der Imperativ (Befehlsform) von selbst entstehen kann. In einem weiteren Schritt fragt jede Ethik nach der Forderung der Norm, dem Handelnden (Subjekt) und dem Zweck oder Gut (Objekt), das durch diese Handlungen erreicht wird/werden soll/kann.

2. a) Das Ich – Du – Verhältnis, in dem sich jeder Mensch befindet, ist inhaltlich deutlich vom Wir der Gemeinschaft geprägt (Beispiele: Ehe, Familie, Beruf, Staat), tritt aber mit einem „gewissen Absolutheitsanspruch“ auf, der den Menschen bei einer Nichtbefolgung schuldig werden lässt, Schuldgefühle aus –löst. Erst durch die Forderung wird der Handelnde aus dem „Wir“ – Bereich auf das eigene Ich zurückgeworfen. Damit wird deutlich, dass die Forderung eine primäre Instanz ist, die erst in einer sekundären Phase zweite die Frage nach dem Subjekt aufwirft. Schon sehr früh ist zu beobachten, dass die philo –sophische Ethik die sittliche Forderung in Analogie mit dem Naturgesetz verstanden hat. Auf diesem Verständnis wird das „Sein“ der Natur dann zu einer Grundlage der nicht gegen –ständlichen Forderung des „Sollens“. Der Transformator war dabei die Polis (Stadt, Staat; ursprünglich auch: Burg), deren Seinsgesetz eben auch scheinbar als das Sollensgesetz zu sein schien. Die Forderung des trefflichen Verhaltens wird so von ihrem Inhalt und Wertung und Auswirkung zu einem Gesetz (nomos), wobei damit dann in der Folge die Frage nach einem möglichen Gesetzgeber zeitnah, aber in einer unausweichlichen Dringlichkeit einer Lösung bedarf. Hier stellen sich die Fragen danach, ob denn die Lösung in der Natur (physis) oder in der Konvention, also einer Übereinkunft (thesis) begründet liegt. Damit setzt eine auch bis heute noch nicht abgeschlossene Diskussion über den tatsächlichen Ursprung des sittlichen Urteils und des normierten Willens (lex naturalis) ein. Die gesamte Vielfalt des Gefälles vom Göttlichen über das Rational – Humane bis ins Animal – Triebhafte hinein wird dabei durch –schritten; eine Diskussion, die die Geschichte der Ethik in einer Mannigfaltigkeit der Interpretationen darstellt und kennzeichnet, und deren wichtigste Gedanken sich so darstellen und benennen lassen:

a) die Idee des Guten, als göttliches Licht gebrochen im Prisma kardinaler (entscheidender, wichtiger, grundleg – ender) Tugenden (Weisheit, Tapferkeit, Besonnenheit, Gerechtigkeit; Platon);
b) als ein a priori (von vornherein) der Vernunft im Gebot des reinen und unbedingten Willens (kategorischer Im –perativ, also unbedingt geltend und befehlend, Pflicht; Emanuel Kant) zu verstehen ist;
c) die Evidenz des sittlichen Urteils als unumstößliche Ge –wissheit (Augustin, Johann Friedrich Herbart, Henry Sidgwick, Franz Clemens Brentano, Karl Theodor Jas –pers);
d) die Evidenz (Klarheit, Deutlichkeit, Offensichtlichkeit) der Werte und Wertstufen (Rudolf Hermann Lotze, Wilhelm Windelband, John R. Perry, Max Scheler, Nicolai Hartmann, H. de Witt Parker; in Wertethik);
e) als die Trefflichkeit in Form eines Gesetzes der Gesell – schaft (Aristoteles, Thomas von Aquino, Herbert Spencer, Jeremy Bentham, John Stuart Mill, Karl Marx);
f) die Natur als Trieb, Unbewusstes und Libido, der Lust (Ludwig Andreas Feuerbach, Arthur Schopenhauer, Sigmund Freud);
g) der Wille zur Macht (Friedrich Nietzsche, dialektischer Materialismus).

Was immer es sei, das das Gesetz bedingt, so hat es stets die Kraft eines ungegenständlichen, transzendentalen Richtens, demgegenüber der Mensch sich zur Rechenschaft gezogen weiß. Auch Autonomie hat es mit Gesetz zu tun (Friedrich Nietzsche – Problem). Die Frage danach, ob der Mensch denn tatsächlich wirklich „frei“ ist, um überhaupt schuldig werden zu können, führt zu einem weiterführenden Gedanken.

b) Die Frage nach der individuellen Schuldverstrickung setzt im Prinzip immer die Auflösung einer Kollektivbindung (Gruppen –verbindung) voraus, sodass immer eine Konfrontation zwischen der Tat und dem Täter in seinem Innern stattfindet. Die Begriffe wie das Gewissen, die Personalität, die Verantwortung, die Existenz (Existenzphilosophie) und der Freiheit als Aspekte des sittlichen Subjektes melden sich an dieser Stelle ganz konkret. „Im Gewissen kommt etwas zu Wort, das uns sagt: Du kannst wider mich, aber nicht ohne mich existieren“ (Johannes Evan –gelist Kuhn). Das „nicht ohne mich“ ist die Voraussetzung, ich kann es Bedingung nennen, für den Durchbruch zur Reintegration des Selbst, die sich dann ihrerseits in der Reue bemerkbar macht. Von den vier unterschiedlichen Formen des Gewissens in der weisenden (index), der richtenden (iudex) und der strafenden (vindex) ist die anklagende Form die geläufigste. Sie intendiert (beabsichtigt, plant, strebt an) das Schuldigsein des Täters. Damit ist die Freiheit zur Entscheidung anerkannt. Diese Form der Be –sinnung auf die Freiheit setzt mit der Not der Gewissens –einsamkeit ein (antike Tragödie, Stoa: ein Leben in der Über –einstimmung mit sich selbst nach den Gesetzen, die die Natur fordert). Als Dialektik (Erkenntnismethode für widersprüchliches Denken) zwischen Determinismus (die Auffassung, dass alle – insbesondere auch zukünftige – Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind) und Indeterminismus (eine philoso –phische Lehre, nach der ein Geschehen nicht (oder nicht nur) durch kausale – ursächliche – Faktoren bestimmt wird) kenn –zeichnet sie die Geschichte der Ethik. Nicht als „frei von...“ (leere Abstraktion), sondern als „frei zu ...“ bekommt damit die Ent –scheidung auf Grund der jeweiligen Interpretation des Ursprungs der Forderung Gestalt. Gelöst von dem Offenbarungs – gehalt der Theologie, gewann die Freiheitsbesinnung seit der Aufklärung neues Leben. Freiheit identifiziert sich dann mit dem Gehalt geistesgeschichtlicher Kategorien: Der Gesinnung (Ge –sinnungsethik), dem Geist, dem Leben (Ernst Heinrich Philipp August Haeckel, Karl Marx), Geschichte (Karl Marx, Wilhelm Dilthey, Oswald Arnold Gottfried Spengler), dem Geschlecht (Ludwig Andreas Feuerbach, Sigmund Freud), dem Volk, der Rasse (Joseph Arthur de Gobineau, Friedrich Nietzsche, Houston Stewart Chamberlain), der Existenz (Søren Kierkegaard, Friedrich Nietzsche, Karl Theodor Jaspers, Jean – Paul Charles Aymard Sartre), dem Sein (Martin Heidegger). Die Gewissensentschei –dung des Einzelnen wird dialektisch verstanden als Freiheit zu und Determiniertsein von einer Idee und in die Autorität einer Notwendigkeit eingeklammert, bis auf Kierkegaard und Nietzsche durchaus in kulturfreudigem Sinne, dann aber als die große menschliche Krise betrachtet, in der die Entscheidung des einzelnen sich dem drohenden Nichts gegenüber befindet. Durch die Existenzangst wird das Gewissen zu einem Hineinge –haltensein in die verzehrende Spannung zwischen der Zeit und der Ewigkeit, wobei Begriffe wie Schuld, Leiden, Anfechtung, Einsamkeit und Kreuz neu formuliert werden. Kierkegaards Ex – istenzdenken und Nietzsches „moralfreies“ Ethos stellen die Besinnung auf die Freiheit der Entscheidung neuen Aspekten gegenüber, die die philosophische Ethik in axiomatischen (gewissen, unmittelbaren, einleuchtenden) Nihilismus (bezeichnet eine Weltsicht, die die Möglichkeit jeglicher objektiven Seins –, Erkenntnis –, Wert – und Gesellschaftsordnung verneint) und Absurdismus (eine Philosophie welche besagt, dass die Anstren –gungen der Menschheit einen Sinn im Universum zu finden unweigerlich fehlschlagen müssen (und daher absurd sind), da kein solcher Sinn existiert, zumindest in Bezug auf die Mensch –heit) aufzulösen drohen (Martin Heidegger, Jean – Paul Charles Aymard Sartre, Albert Camus). Dieser vornehmlich aus der Reflexion entsprungenen Krise steht im Alltag der praktische Zwang des Handelnmüssens gegenüber, der dann über alle Um –wertung der Werte hinaus die Ethik auf die Ausarbeitung einer für die Existenz unentbehrlichen Güterlehre (Güterethik) stößt.

c) Jeder Modus des weltanschaulichen Denkens entwirft eine Rei – he von Idealtypen, deren Werthaftigkeit jeweils die Direktive für die Gestaltung der Beziehungen im Recht, im Beruf, in der Ehe und im Staat abgeben sollte. Der Naturalismus (die Welt ist als rein naturhaftes Geschehen zu begreifen) hat durchaus ver –schiedene Aspekte (gegenüber Aristipp, Jean – Jacques Rousseau, Ludwig Andreas Feuerbach, Sigmund Freud, André Paul Guillaume Gide und David Herbert Lawrence stehen Posidonius, Giordano Bruno, Baruch Spinoza, Johann Wolfgang von Goethe, Louis Lavelle). Dennoch liegt die gemeinsame Basis in der Urgegebenheit des sinnlich Wahrnehmbaren, des Kosmischen. Damit ist der Endzweck hier das Ethos der Unio mystica (Minimalbestimmung bei der Einswerdung mit Gott) mit der „Natur“.

Der Hedonismus (Freude, Vergnügen, Lust, Genuss, sinnliche Begierde“; Wortbildung mit dem Suffixismus) bezeichnet zumeist eine philosophische beziehungsweise ethische Strömung, deren Grundthese lautet, dass einzig Lust beziehungsweise Freude und die Vermeidung von Schmerz beziehungsweise Leid intrinsisch oder allgemein wertvoll sei/en (Aristipp von Kyrene, Epikur, Thomas Hobbes, André Paul Guillaume Gide). Damit ist der Hedonismus ein Naturalismus in sensualistischer Prägung. Der Zweck ist die harmonische Lustbefriedigung des einzelnen: „To be idle, selfish and useless, that is to be beautiful, free and happy“ (Übersetzung durch den Autor: Ja, müßig sein, egoistisch, und nutzlos: das heißt, zu schön, frei und glücklich sein; George Bernard Shaw).

Der Eudämonismus (auch Utilitarismus – eine wertende (normative) Form der zweckorientierten (teleologischen) Ethik, die in verschiedenen Varianten auftritt. Neben der Ethik ist er auch in der Sozialphilosophie und den Wirtschaftswissenschaften von Bedeutung) weitet sich zum universalen Hedonismus aus. Der Eudämonismus sucht das größtmög –liche Glück der größtmöglichen Zahl (Jeremy Bentham, Karl Marx, Wladimir Iljitsch Uljanow Lenin). „The healthy of the associated man“ hat Verwandtschaft mit Pragmatismus und Behaviorismus (Psychologie), will verdeutlichen, dass gut ist, was gut wirkt.

Die Kulturethik, in direkter Nähe, ist eine Form der Wertethik, die in Bildung und Hebung des geistigen Niveaus die Heilung der sozialen Not erwartet. Kultur wird hier zum Religionsersatz und damit auch zum höchsten Ethos (Johann Wolfgang von Goethe, Oswald Arnold Gottfried Helmut Spengler, Eduard Keyserling, Eduard Spranger, Heinrich Wein –stock).

Der Sozialpersonalismus setzt bei der stimulierenden Dynamik der Person an. Jeder ist in sich selbst ein Wertzentrum, er betrachtet sich als eine „unendliche Totalität“. „Realize yourself does not mean merely 'to be a whole', but 'be an infinite whole' ” (übersetzt: Erkenne, dass du nicht nur gesund bist, sondern sei unbegrenzt gesund, so Francis Herbert Bradley). Wenn die „personal welfare“ (das persönliches Wohlergehen) der „social welfare“ (dem sozialen Wohlergehen) begegnet, ist der höchste Endzweck erreicht (Einfluss des Social Gospel, Karl Mannheim, Walter Rathenau, Frank Delano Roosevelt, Richard Heermance, Lewis Ford, Denis de Rougemont).

Die von Indien beeinflusste Ehrfurcht vor dem Leben ist bestrebt, das Leben zu erhalten, zu fördern und entwicklungsfähiges Leben auf seinen höchsten Wert zu bringen; ein bekanntes Beispiel dafür ist das Tun und Handeln von Albert Schweitzer.

[...]


[1] Die Bibel, Johannesevangelium, Kapitel 1, Vers 1 – 2

[2] Prof. Dr. Christian Böhm, informatik.uni-muenchen.de

[3] Als Loccumer Vertrag wird der zwischen dem Land Niedersachsen und den evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen am 19. März 1955 geschlossene Vertrag bezeichnet. Die Bezeichnung bezieht sich auf den Unterzeichnungsort, das Kloster Loccum. Der Loccumer Vertrag wurde 1965 durch einen Ergänzungsvertrag modifiziert. Er gehört zur Gattung der Staatskirchenverträge.

[4] Schönberger Hefte 4/14, Seite 5 – 7, 2014

[5] Bertelsmann Lexikon Institut, Wissen Medi Verlag Gütersloh/München, 2003

[6] siehe Personenregister

Ende der Leseprobe aus 385 Seiten

Details

Titel
Ethikunterricht. Ein adäquater Ersatz für den Religionsunterricht oder Feigenblattfunktion?
Untertitel
Eine Auseinandersetzung mit den Gedanken und Zielen des Ethikunterrichts in Theorie und Praxis
Veranstaltung
Evangelische Theologie
Autor
Jahr
2015
Seiten
385
Katalognummer
V294020
ISBN (eBook)
9783656918806
ISBN (Buch)
9783656918813
Dateigröße
3867 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Religion, Ethik, Verantwortung, Lehrplan, Gesetzeslage, Unterrichtsmodelle, Rechte, Kirchengesetze, Freiwilligkeit
Arbeit zitieren
Religionspädagoge Günter-Manfred Pracher (Autor:in), 2015, Ethikunterricht. Ein adäquater Ersatz für den Religionsunterricht oder Feigenblattfunktion?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294020

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