Verschonung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer/Schenkungssteuer


Term Paper, 2013

42 Pages


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise

2 Risiken und Gefahren von Substanzsteuern auf Betriebsvermögen

3 Zielsetzung und Maßnahmen des Gesetzgebers im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2009
3.1 Umfang der Begünstigung
3.1.1 Grundsatzbegünstigung
3.1.2 Verschonungsabschlag
3.1.3 Abzugsbetrag
3.1.4 Entlastungsbetrag:
3.2 Verschonungsregelungen für den Bereich des Betriebsvermögens und bestimmter Anteile an Kapitalgesellschaften
3.2.1 Ausnahmen bei Verwaltungsvermögen
3.2.2 Junges Verwaltungsvermögen
3.2.3 Aktuelle Verschärfung des Gesetzgebers
3.3 Lohnsummenklausel
3.4 Ausschluss des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrages bei Übertragung auf Dritten
3.5 Rückwirkender Wegfall des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrages
3.6 Durchführung der Nachversteuerung bei Wegfall des Verschonungsabschlags

4 Aktuelle verfassungsrechtliche Situation

5 Zusammenfassung
5.1 Ergebnis
5.2 Ausblick

6 Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Die persönlichen Freibeträge

Abbildung 2: Die sachlichen Freibeträge

Abbildung 3: Steuersätze

Abbildung 4: Gegenüberstellung von Regelverschonung und Optionsverschonung

Abbildung 5: Voraussetzungen der Verschonungsmodelle

Abbildung 6: Eigene Darstellung eines Beispiels

Abbildung 7: Beispiel Abzugsbetrag

Abbildung 8: Beispiel Entlastungsbetrag

Abbildung 9: Eigene Darstellung der Lösung

Abbildung 10: Gesamtübersicht der Regelverschonung

Abbildung 11: Gesamtübersicht der Optionsverschonung

Abbildung 12: Eigene Darstellung eines Beispiels

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

In meiner Praxisarbeit „Verschonung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer/ Schenkungssteuer“ beschäftige ich mich mit der grundlegenden Frage der Besteuerung von Betriebsvermögen bei Schenkungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder bei dem Erwerb von Betriebsvermögen von Todes wegen.

Aufgrund des Vorlagebeschlusses des 2. Senates des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27.09.2012 an das Bundesverfassungsgericht und der laufenden Koalitions-verhandlungen ist das Thema höchst aktuell und hat in der steuerlichen Beratungspraxis eine herausragende Bedeutung.

Besonders dieser aktuelle Bezug stellte für mich einen enormen Anreiz dar, mich mit diesem Thema auseinander zu setzen.

Zunächst gebe ich eine knappe Einführung in die Thematik der Praxisarbeit, welche die Problemstellung sowie die Zielsetzung der Arbeit beinhaltet. Anschließend wird der Aufbau und die Struktur der Praxisarbeit vorgestellt.

Anmerkung:

In meiner Praxisarbeit umfasst der Begriff „Erbschaftsteuer“ allgemein auch die „Schenkungssteuer“. Dies gilt ebenfalls für Begriffe wie zum Beispiel Erbe, Erwerber oder Erblasser.

1.1 Problemstellung

Aufgrund der chronischen Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte gewinnt die Frage nach Beteiligung von großen Vermögen an der Konsolidierung der Finanzen in der öffentlichen Debatte einen immer größeren Stellenwert. Insbesondere die Sozialverbände und Sozialpolitiker haben - nicht zuletzt im Bundestagswahlkampf - eine höhere Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften gefordert.

Auf der anderen Seite hat gerade die Sicherung und Förderung von kleinen und mittelständischen Unternehmen als Rückgrat unserer Volkswirtschaft für Wirtschaftspolitiker oberste Priorität.

Diese Sicherung und Förderung wird durch Begünstigung bei der Vererbung von Betriebsvermögen gefördert. Darin inbegriffen sind vor allem Betriebsvermögen von Einzelunternehmen, Anteile an Personengesellschaften sowie Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25%.

Betriebsvermögen wird definiert als „alle Teile eines Gewerbebetriebes i.S.d. § 15 Abs. 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Dies umfasst neben den Wirtschaftsgütern auch Schulden und sonstige Abzüge, die bei der ertragssteuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören“. [1]

Enormes Aufsehen rief das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006 hervor, welches die bis dahin geltenden Vergünstigungen des § 19 Abs.1 i.V.m. §§ 13a und 13b Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs.1 Grundgesetz (GG) als nicht grundrechtskonform titulierte. Sie seien verfassungswidrig, da bei der Ermittlung des übergehenden Vermögens bei Betriebsvermögen nicht die Verkehrswerte angesetzt wurden.

Laut Verfassungsgericht sind bei der Ermittlung des übergehenden Vermögens immer die tatsächlichen Werte anzusetzen; Lenkungsfunktionen können dann mit Freibeträgen etc. wahrgenommen werden. Hierbei ist der Gesetzgeber dann wohl übers Ziel hinausgeschossen.

Laut dem BFH führten die Verfassungsverstöße insgesamt zu einer Fehlbesteuerung, durch die Steuerpflichtige, die die Vergünstigung nicht nutzen konnten, in Ihrem Recht auf gleichmäßige Besteuerung verletzt wurden.

Um nicht mehr den Wertansatz sondern den Verkehrswert in den Vordergrund zu stellen (zielgenaue Verschonungsregelungen), wurden im Rahmen der Neuregelung die Erbschaft- und Schenkungssteuerlichen Verschonungsregelungen bezüglich der Übertragung von Betriebsvermögen wesentlich verändert.[2] „Besonders seitens der Wirtschaft wurden im Laufe der Zeit Forderungen laut, ein Unternehmen gänzlich steuerfrei übertragen zu können.“ [3]

1.2 Zielsetzung

Ziel meiner Praxisarbeit ist es, die komplexe und in die Kritik geratene Verfahrensweise bei der Erbschaft- und Schenkungssteuer, besonders in Bezug auf das Betriebsvermögen, übersichtlich darzustellen. Der Leser soll dabei auf die Problematik, die in der aktuellen Politik „heiß“ diskutiert wird, aufmerksam gemacht werden. Dabei kann der Leser sich zunächst selbst ein Bild von der aktuellen Rechtsprechung machen. Er kann für sich entscheiden, ob er das System für zu lückenhaft hält und zum Ende hin versuchen, die Meinung des BFH - der die ab 2009 geltende Fassung dem Bundesverfassungsgericht wegen erneuter Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit zur Prüfung vorgelegt hat - nachzuvollziehen.

1.3 Vorgehensweise

Nach der vorangegangenen Einleitung zum Thema, der Beschreibung der Problemstellung sowie der Zielsetzung der Ausarbeitung, wird nun auf die weitere Struktur der Praxisarbeit eingegangen.

Als Grundlage dient die anfängliche Erläuterung der Risiken und Gefahren von Substanzsteuern auf Betriebsvermögen, zu denen - neben einigen anderen - auch die Erbschaftsteuer zählt.

Anschließend folgt eine detaillierte Beschreibung der schon Anfangs genannten Erbschaftsteuerreform 2009 in Bezug auf die Zielsetzung und Maßnahmen des Gesetzgebers, um dem Leser eine informative Grundlage zur aktuellen Rechtslage zu verschaffen.

Im weiteren Verlauf geht es um den Umfang der Begünstigung im Falle eines Erbes, wobei explizit auf den Verschonungsabschlag, den Abzugsbetrag und den Entlastungsbetrag eingegangen wird. Schließlich folgt der Bereich der Verschonungsregelungen in Bezug auf das Betriebsvermögen und bestimmter Kapitalgesellschaften, welcher fortlaufend in drei Unterpunkten umfassend erläutert wird.

Hierzu gehören Ausnahmen bei Verwaltungsvermögen, jungen Verwaltungsvermögen sowie ein Bezug zur aktuellen Verschärfung der einschlägigen Vorschriften durch den Gesetzgeber.

Zusammenfassend gesagt werde ich in meinem Hauptteil also überwiegend auf die §§ 13a und 13b ErbStG eingehen. Der § 13a ErbStG handelt allgemein von dem Umfang der Verschonung und § 13b ErbStG von der Frage welches Vermögen überhaupt begünstigt wird.

Das dritte Kapitel stellt als Abschluss des praktischen Teils die äußerst umfangreiche gegenwärtige verfassungsrechtliche Situation dar, um nochmal den „brandaktuellen“ Charakter dieses Themas zu verdeutlichen.

Abschließend werde ich die erarbeitenden Ergebnisse zusammenfassen und ein Fazit ziehen. Dieses wird begründet und mit einem Ausblick konsolidiert.

2 Risiken und Gefahren von Substanzsteuern auf Betriebsvermögen

Bevor ich konkret in das Thema meiner Praxisarbeit einsteige, möchte ich zunächst einmal grundlegend veranschaulichen was es überhaupt bedeutet, wenn wir von einer fälligen Erbschaftssteuer sprechen und wo sich die Probleme verbergen.

Auf diese Weise möchte ich Sie als Leser an das Thema heranführen und damit grob umreißen, auf welchem Gebiet wir uns befinden.

Es ist hinlänglich bekannt, dass beim Thema „Steuern“ jedes Jahr aufs Neue Diskussionen entfacht werden und neue Forderungen und daraus resultierend neue Schwierigkeiten entstehen. Dabei geht es nicht zuletzt um die verfassungsmäßige Rechtfertigung der jeweiligen Steuererhebungstatbestände.

Bei der Erbschaftsteuer, die zur Familie der Substanzsteuern zählt, sind die „Klagerufe“ besonders laut.

Kritiker sehen in der Substanzbesteuerung eine Gefahr für die Unternehmen. So kann eine Steuerbelastung auch für Unternehmen entstehen, die keine Gewinne erwirtschaften oder keinen positiven Cash Flow generieren. Dies kann zur Vernichtung von Eigenkapital führen und die Zahlungsfähigkeit beeinträchtigen.

Substanzsteuern können somit krisenverschärfend wirken und die Insolvenzanfälligkeit der Unternehmen erhöhen. Sie können mithin der Volkswirtschaft insgesamt enormen Schaden zufügen und Wachstum und Beschäftigung gefährden.

Die Folge ist eine erhebliche Schwächung der Unternehmen, wenn man einmal ertragsschwache oder -schwächere Jahre betrachtet.

Dies steht im Gegensatz zur eigentlichen Idee der politisch gewollten Förderung des Wachstums und der Beschäftigung in Deutschland.

Das daraus entstehende Problem ist, dass sich die Bildung von Eigenkapital nicht mehr rentiert. Die Einnahmen gehen zu Lasten des Betriebsvermögens. Des Weiteren steigen die Kosten für die Verwaltung enorm an.

Mit der Erbschaftsteuerreform von 2009 war man insbesondere bemüht, die Unternehmensnachfolge auf die nächste Generation zu vereinfachen. Sollte es aus aktuellem Anlass zu einer erneuten Reform kommen, besteht wieder die Gefahr einer Erhöhung der Substanzsteuer (hier: Erbschaftsteuer).[4]

3 Zielsetzung und Maßnahmen des Gesetzgebers im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2009

Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2006, wonach die Erbschaftsteuer in der damaligen Ausgestaltung verfassungswidrig war, kam es 2009 zu einer fundamentalen Neugestaltung der Gesetzgebung.

Das ausgehandelte Ziel war, kleine und mittelständische Betriebe in Bezug auf kurzfristig hohe Belastungen beziehungsweise Mehrbelastungen bei der Unternehmensnachfolge im Erbfall besonders zu schützen.

Der Gesetzgeber verspricht sich dadurch die erleichterte Weiterführung des ererbten Betriebes, welche sonst in einer Vielzahl von Fällen nur erschwert realisiert werden könnte und die damit eng verbundene Sicherung von Arbeitsplätzen und produktiven Wachstums. Somit wird die Steuerfreistellung zusätzlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Die Geldreserven sollen verschont bleiben, so dass ein Betriebsübergang nicht im finanziellen „Desaster“ endet. Das Verschonungsprogramm gilt daher nur für diejenigen, die ihr Unternehmen tatsächlich fortführen.[5]

In einer Begründung des Bundestages heißt es:

„Betriebsvermögen weisen gegenüber anderen Vermögensarten Besonderheiten auf, die eine differenzierte Behandlung im Rahmen der Erbschaftsteuer erfordern. Diese Vermögensart bildet eine Basis für Wertschöpfung und Beschäftigung und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Gerade Zeiten des Betriebsübergangs brauchen stabile Rahmenbedingungen, weil sie oft Umstrukturierungen und Neuinvestitionen erforderlich machen. Deshalb wird allen Betrieben eine Verschonung angeboten, die ihre Liquidität schützt, Investitionen nicht verhindert und so Arbeitsplätze sichert.“[6]

Die Beantwortung der Frage mit welchen Maßnahmen dieses Ziel erreicht werden soll erfolgt nun in einer näheren Darstellung.

„Schlüsselelement der Reform, die am 1.1.2009 in Kraft getreten ist, bildet die erbschaftsteuerliche Verschonung von Betriebsvermögen.“[7]

Diese wird durch den Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG, den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG und dem Entlastungsbeitrag nach § 19a Abs. 1 ErbStG begünstigt, worauf ich im Verlauf meiner Praxisarbeit noch explizit eingehen werde.

Bei der Verschonung wird dem Betroffenen ein Wahlrecht eingeräumt (vgl. § 13a ErbStG und § 13b ErbStG). Er muss sich zwischen den Erbschaftsteuermodellen (Verschonungsvarianten) der Regelverschonung und der Verschonungsoption entscheiden. Je nachdem wie sich der Erwerber festlegt, kommt es zu einer unterschiedlichen Begünstigung. Während die Optionsverschonung eine höhere Begünstigung verspricht, sind die Auflagen bei der Regelverschonung deutlich einfacher einzuhalten.

Dazu kommen weitere Kernpunkte wie die merkliche Erhöhung der persönlichen Freibeträge oder die Erhöhung der Steuersätze in den Steuerklassen II und III. Ein weiterer Punkt kann der Ausbau oder die Einführung sachlicher Steuervergünstigungen sein.

Die angeführten Tabellen geben hierbei deutlichen Aufschluss über die Veränderung durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 gegenüber dem Vorjahr.

Bei der ersten Tabelle zu den persönlichen Freibeträgen sind in jedem Teil Veränderungen zu verzeichnen. Dabei fallen die Veränderungen in der ersten Steuerklasse am deutlichsten auf. Beispielhaft ist hier die Aufstockung des Freibetrages des Ehegatten von 307.000 Euro auf 500.000 Euro.

Kurioserweise erhält der eingetragene Lebenspartner den gleichen Betrag, obwohl er weiterhin in der Steuerklasse III geführt wird. Die eingetragene Lebenspartnerschaft wird erstmals im Erbschaft- und Schenkungssteuerecht verankert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die persönlichen Freibeträge

Neben den persönlichen Freibeträgen wurden auch die sachlichen Freibeträge - wenn auch nur geringfügig - erhöht. Freibeträge für bewegliche körperliche Gegenstände, soweit nicht nach § 13 Abs. 1 Nr.2 ErbStG sowie Hausrat der Steuerklasse II und III wurden auf 12.000 Euro aufgestockt. Einzig der Betrag für Hausrat der Steuerklasse I wurde nicht geändert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die sachlichen Freibeträge

Die dritte Tabelle zeigt die mit den Freibeträgen eng in Zusammenhang stehenden Steuersätze, die in § 19 ErbStG aufgeführt sind. Besonders starke Änderungen ergeben sich in den Steuerklassen II und III. In der Steuerklasse I treten weniger Schwankungen auf. Festzuhalten bleibt, dass der Spitzensteuersatz bei 50% stagniert.[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Steuersätze

3.1 Umfang der Begünstigung

3.1.1 Grundsatzbegünstigung

Aufgrund der Zielsetzung des Gesetzgebers setzt die Inanspruchnahme der Vergünstigungen grundsätzlich voraus, dass überwiegend Produktivvermögen übertragen wird. Unproduktives Vermögen erhielt von der Gesetzgebung den Begriff „Verwaltungsvermögen (VV)“ und wird nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz (siehe Ziffer 3.2.1) in die Begünstigung mit eingenommen.

Um also eine steuerliche Verschonung erhalten zu können, muss als Basis zunächst der Erwerb von begünstigtem Vermögen gegeben sein.

Unter dieses Vermögen fallen nach § 13b Abs. 1 ErbStG land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen sowie bestimmte Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25%. Neu ist hierbei die Begünstigung von EU-/EWR- Mitgliedsstaaten.

Der Erbe oder Beschenkte des produktiven Vermögens (+ begünstigte VV) erhält im weiteren Verlauf eine Begünstigung, die aufgeteilt ist in den Verschonungsabschlag, den Abzugsbetrag (beide § 13a ErbStG) und die Tarifbegünstigung (Entlastungsbetrag § 19a ErbStG).[9]

All diese Verfahren möchte ich Ihnen im weiteren Verlauf meiner Praxisarbeit näher bringen. Beginnen werde ich mit dem Verschonungsabschlag.

3.1.2 Verschonungsabschlag

Wie bereits beschrieben, ist die Liquiditätssicherung Ziel der Erbschaftsteuerreform von 2009. Um dies gewährleisten zu können, sichert § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG den Betrieben einen Verschonungsabschlag zu.

„Der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 4 bleibt bis zur Höhe des Verschonungsabschlags außer Ansatz (Verschonungsabschlag).“[10]

Ob sich der Steuerpflichtige dabei für die Regelverschonung oder für das Optionsmodell entscheidet, muss „bis spätestens zum Eintritt der Bestandskraft des Steuerbescheides“ geklärt sein. [11]

Es folgt nun eine tabellarische Darstellung der wesentlichsten Unterscheidungsmerkmale der beiden Modelle. Diese werden anschließend noch einmal beschrieben.

Gegenüberstellung der beiden Modelle:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Gegenüberstellung von Regelverschonung und Optionsverschonung

Aus der Tabelle wird deutlich, dass die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 i.V.m. § 13b Abs. 4 ErbStG im Regelfall Anwendung findet. Hierbei werden lediglich 15 % des Betriebsvermögens versteuert, sprich 85% bleiben „verschont“. Von den 15% werden dann noch einmal 150.000 Euro abgezogen (siehe Ziffer 3.1.3).

Somit kann bei Anwendung der Regelverschonung Betriebsvermögen mit einer Bemessungsgrundlage von einer Millionen Euro steuerfrei übertragen werden (850.000 Euro Verschonungsabschlag + 150.000 Euro Abzugsbetrag).

Im Wesentlichen sind 3 Voraussetzungen in Bezug auf die Frist, die Lohnsumme und das Verwaltungsvermögen einzuhalten, um von den Verschonungsregeln Gebrauch machen zu können. Zur Erklärung der drei Begriffe komme ich an späterer Stelle.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Voraussetzungen der Verschonungsmodelle

Die Alternative zur Regelverschonung bildet das Optionsmodell. Auch hier geben die Tabellen einen grundlegenden Überblick über diese Variante.

Bei dem Modell geht es um einen Verschonungsabschlag von 100%, wobei zu beachten ist, dass die Voraussetzungen deutlich strenger sind.

§ 13a Abs. 8 ErbStG besagt, dass der Erwerber, sollte er die Variante des Optionsmodells bevorzugen, „unwiderruflich erklären kann, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 7 in Verbindung mit § 13b ErbStG nach folgender Maßgabe gewährt wird:

1. In Absatz 1 Satz 2 tritt an die Stelle der Lohnsummenfrist von fünf Jahren eine Lohnsummenfrist von sieben Jahren und an die Stelle der maßgebenden Lohnsumme von 400 Prozent eine maßgebende Lohnsumme von 700 Prozent;

2. In Absatz 5 tritt an die Stelle der Behaltensfrist von fünf Jahren eine Behaltensfrist von sieben Jahren;

3. In § 13b Abs. 2 Satz 1 tritt an die Stelle des Prozentsatzes für das Verwaltungsvermögen von 50 Prozent ein Prozentsatz von 10 Prozent;

4. In § 13b Abs. 4 tritt an die Stelle des Prozentsatzes für die Begünstigung von 85 Prozent ein Prozentsatz von 100 Prozent.“ [12]

Der Verschonungsabschlag entfällt anteilig, wenn „das Unternehmen innerhalb der angegebenen Frist verkauft oder aufgegeben wird oder wesentliche Betriebsgrundlagen in das Privatvermögen überführt werden.“[13]

3.1.3 Abzugsbetrag

Der grundsätzlich neben der Regelverschonung zu gewährende Abzugsbetrag oder auch Freibetrag (siehe Verschonungsregelungen), ist im § 13a Abs. 2 ErbStG gesetzlich verankert.

„Der nicht unter § 13b Abs. 4 fallende Teil des Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 1 bleibt vorbehaltlich des Satzes 3 außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150.000 Euro nicht übersteigt (Abzugsbetrag).“[14]

Grundsätzlich beläuft sich der Betrag auf 150.000 Euro. Eine Überschreitung dieses Betrages hat zur Folge, dass die Hälfte des übersteigenden Wertes von dem Abzugsbetrag subtrahiert wird. Man spricht dann auch von einem „gleitenden“ Abzugsbetrag.

Im negativsten Fall sinkt der Wert auf einen Betrag von 0 Euro ab, je nach Höhe des Betriebsvermögens.

Es folgt ein abgewandeltes Beispiel um diese Veränderung zu erläutern:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Eigene Darstellung eines Beispiels [15]

Lösung:

Der Steuerpflichtige muss 360.000 Euro versteuern. Der Freibetrag liegt bei einem Wert von 30.000 Euro.

Der Abzugsbetrag (hier: 30.000 Euro) wird von dem begünstigten Vermögen abgezogen.

Wählt man das Bespiel mit einem Unternehmensvermögen von 3 Millionen Euro, erhält man bei einem Verschonungsabschlag von 85% nicht begünstigtes Betriebsvermögen in Höhe von 450.000 Euro. Der Abzugsbetrag beläuft sich auf null Euro.

Beispiel 2:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Beispiel Abzugsbetrag [16]

Wichtig ist, dass der Abzugsbetrag zwar für „von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal innerhalb von 10 Jahren berücksichtigt werden kann“[17], jedoch die Möglichkeit besteht den Abzugsbetrag pro Übertragung zu nutzen, sodass die Beschränkung auf das insgesamt vorhandene begünstigte Vermögen wegfällt.

Der Abzugsbetrag hatte - neben dem Ziel der Entlastung – den Sinn bürokratische Aufwände zu reduzieren.[18]

3.1.4 Entlastungsbetrag:

Eine zusätzliche Begünstigung findet sich in § 19a ErbStG.

„Sind in dem steuerpflichtigen Erwerb einer natürlichen Person der Steuerklasse II oder III Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des Absatzes 2 enthalten, ist von der tariflichen Erbschaftsteuer ein Entlastungsbetrag nach Absatz 4 abzuziehen.“[19]

Der Paragraph besagt, dass unter einer bestimmten Voraussetzung Steuerpflichtige, die sich für die Regelverschonung entschieden haben, den zu versteuernden 15%igen Vermögensanteil gemäß Steuerklasse I versteuern, obwohl sie zur Steuerklasse II oder III gehören. Dies betrifft Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder Anteile an Kapitalgesellschaften im Inland, bei denen der Erblasser am Nennkapital zu mehr als 25% beteiligt war.

Berechnungsschema:

1. Berechnung der Steuer nach der tatsächlichen Steuerklasse (Steuerklasse II oder III).
2. Ermittlung des Anteils des begünstigten Vermögens am Vermögensanfall.
3. Ermittlung der auf das begünstigte Vermögen entfallenden vorläufigen Erbschaftsteuer.
4. Ermittlung der fiktiven Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse I und des davon auf das begünstigte Vermögen entfallenden Anteils.
5. Ermittlung des Entlastungsbetrages:

[...]


[1] Beck’sche Textausgaben, BewG: § 95, Begriff des Betriebsvermögens (2013)

[2] vgl. www.bundesfinanzministerium.de

[3] Trimborn, Phillipp (2011), Seite 1.

[4] vgl. www.vci.de

[5] vgl. Trimborn, Phillipp (2011), Seite 4.

[6] Zitat aus dem Bundestag; Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter (2012), Seite 1.

[7] Trimborn, Phillipp (2011), Seite 4.

[8] vgl. Braun, Carolin (2010), Seite 29-31.

[9] vgl. Wachter, Thomas (2012), Seite 2.vgl. www.uni-hohenheim.de

[10] Beck’sche Textausgaben (2013), Erbschaftsteuergesetz § 13a Abs. 1 Satz 1

[11] Braun, Carolin (2010), Seite 34.

[12] Beck’sche Textausgaben (2013), Erbschaftsteuergesetz: § 13a Abs. 8

[13] vgl. Braun, Carolin (2010), Seite 33-35.

[14] Beck’sche Textausgaben (2013), Erbschaftsteuergesetz: § 13a Abs. 2

[15] vgl. www.finanztip.de

[16] Lippross, Prof. Dr. Otto-Gerd / Cramer, Ulrich (2012), Rz 27

[17] Beck’sche Textausgaben (2013), Erbschaftsteuergesetz: § 13a Abs. 2 Satz 3

[18] vgl. Lippross, Prof. Dr. Otto-Gerd / Cramer, Ulrich (2012), Rz 25-28

[19] Beck’sche Textausgaben (2013), Erbschaftsteuergesetz: § 19a

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Details

Title
Verschonung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer/Schenkungssteuer
Author
Year
2013
Pages
42
Catalog Number
V294041
ISBN (eBook)
9783656918455
ISBN (Book)
9783656918462
File size
1044 KB
Language
German
Keywords
Betriebsvermögen, Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer
Quote paper
Markus Wurm (Author), 2013, Verschonung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer/Schenkungssteuer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294041

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