Westliches und islamisches Frauenbild in Elisabeth Gaskells "North and South" (1854), David Lodges "Nice Work" (1988) und Monica Alis "Brick Lane" (2003)

Oder: Die AndersFrau


Redacción Científica, 2015

83 Páginas


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Einleitung

I. Begriffsbestimmung
1. Der Industrieroman
2. Die Gesellschaftsromane Mitte des 20. Jahrhunderts
3. Der Campusroman
4. Der moderne Gesellschaftsroman
5. Der Stellenwert islamischer Autorinnen/Autoren in der postkolonialen Literatur

II. North and South (Elizabeth Gaskell) [1854/55]
1. Sozialgeschichtliche Hintergründe
2. Margaret Hale - Das Ideal der viktorianischen Frau?

III. Nice Work (David Lodge) 1988
1. Sozialgeschichtliche Rahmenbedingungen
2. Intertextualität
3. Robyn Penrose – eine moderne Feministin?
4. Margaret Hale und Robyn Penrose – Ein Kurzvergleich

IV. Brick Lane (Monica Ali) 2003
1. Die soziokulturelle Rahmenbedingungen - Einwanderung, Integration und Islam im England der letzten Jahrzehnte
2. Das Phänomen des politischen Islam
3. Nazneen – das Ideal der modernen Muslima?
4. Nazneen – ein feministischer Charakter?

VI. Zusammenhang/ Ausblick

VII. Literaturverzeichnis

Abstract

Der englische Roman wurde in seiner langen Wirkungszeit im Wesentlichen von vier Richtungen bestimmt, die sich bis heute gehalten haben. Diese waren und sind – abhängig von bestehenden gesellschaftlichen, politischen, philosophisch, religiösen oder literarischen Strömungen – race, gender, class und religion. Der Einfluss dieser vier Kräfte hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Entwicklung und Darstellung weiblicher Figuren, das durch Daniel Defoes Moll Flanders (1722) erstmals eine gelungene weibliche Charakteranalyse bekam.1 Die Weiterentwicklung des Frauenbildes durch Autoren wie Henry Fielding, die Brontë-Schwestern, Virginia Woolf oder später durch Joyce Cary zeigte, dass die Darstellung weiblicher Charaktere keine rein männliche Angelegenheit mehr war, sondern zum Gegenstand der Arbeit von weiblichen Autorinnen sowie männlichen Autoren wurde. Im Laufe der Zeit wurde jedoch deutlich, dass die Darstellung weiblicher Charaktere im Bildungs- und Entwicklungsroman die beste Plattform finden konnte.

Die Vielfältigkeit der Präsentation weiblicher Charaktere wurde deshalb logischerweise (ein) zentrales Anliegen des englischsprachigen Romans im 19. und 20. Jahrhundert. Im Laufe der Zeit kristallisierte sich eine solche Vielfalt heraus, die alle Facetten des Frauseins und viele Ergänzungen und Variationen beinhaltete, die sich bis heute gehalten haben. Diese Entwicklung lässt sich auch an den hier näher analysierten Romanen North and South (1854/55) von Elizabeth Gaskell, Nice Work (1988) von David Lodge und Brick Lane (2003) von Monica Ali festmachen, da alle drei Werke besondere Frauen beschreiben, die eng in ihrem sozialen Umfeld anzusiedeln sind, aber auch besonders unabhängig und stark erscheinen, da sie genau diese soziale, politische und religiöse Ummantelung abstreifen und im besten Sinne des Wortes unabhängig und anders werden. Das Resultat ist deshalb auch eine chronologische Aufarbeitung der Entwicklung des Frauentyps, der so anderen AndersFrau.

Einleitung

Der englische Roman wurde in seiner langen Wirkungszeit im Wesentlichen von vier Richtungen bestimmt, die sich bis heute gehalten haben. Diese waren und sind – abhängig von bestehenden gesellschaftlichen, politischen, philosophisch, religiösen oder literarischen Strömungen – race, gender, class und religion. Der Einfluss dieser vier Kräfte hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Entwicklung und Darstellung weiblicher Figuren, das durch Daniel Defoes Moll Flanders (1722) erstmals eine gelungene weibliche Charakteranalyse bekam.2 Die Weiterentwicklung des Frauenbildes durch Autoren wie Henry Fielding, die Brontë-Schwestern, Virginia Woolf oder später durch Joyce Cary zeigte, dass die Darstellung weiblicher Charaktere keine rein männliche Angelegenheit mehr war, sondern zum Gegenstand der Arbeit von weiblichen Autorinnen sowie männlichen Autoren wurde. Im Laufe der Zeit wurde jedoch deutlich, dass die Darstellung weiblicher Charaktere im Bildungs- und Entwicklungsroman die beste Plattform finden konnte.

Prinzipiell kann man feststellen, dass die Einbindung des Frauenbildes im gegenwärtigen Roman ebenfalls Zugang zum Sozialroman sowie zur Utopie fand. Daneben findet sich, wenn auch trivialisiert, eine weitere Ebene weiblicher Darstellung im Verführungsroman, dem Liebes- und Erotikroman, dem Spionageroman und der Fantasy als Gattungsform, was zusammen betrachtet auf die vielfältige Einbaumöglichkeit im Roman als literarischem Genre verweist. Dieses prinzipielle Verhaftetsein in der Tradition des englischsprachigen Romans hielt sich bis Mitte der 1970er-Jahre und war Indiz für eine (meist) traditionelle Darstellung weiblicher Hauptpersonen. Auch die Migrationsautoren mit karibischem und afrikanischem Hintergrund wie etwa V. S. Naipaul bildeten hierbei keine Ausnahme. Einen ersten radikalen Einschnitt markierte jedoch die Gruppe der islamischen Autoren, da sie ihre Charakteranalyse durch Religion (Islam) und einen hybriden Lebensentwurf ergänzen konnten, was nicht nur eine Neuerung für den westlichen (wie auch den islamischen) Leser bedeutete, sondern auch eine breit gefächerte Darstellung ermöglichte.

Die vorliegende Analyse der Romane Nice Work (1988) von David Lodge und Brick Lane (2003) von Monica Ali versucht, dieser Schnittstelle zwischen der traditionellen (westlichen) und der moslemischen Darstellung weiblicher Charaktere gerecht zu werden. Dieser prinzipielle Ansatz wird zusätzlich durch die Tatsache verstärkt, dass Nice Work ohne Grundkenntnisse von Elisabeth Gaskells Werk North and South (1855) nicht verstanden werden kann. Durch die Einbeziehung von Gaskells Roman gelingt aber der Brückenschlag zwischen 19. und 20. Jahrhundert und damit eine intensivere Reflexion der Gesamtthematik.

Nice Work gilt als Neubearbeitung des viktorianischen Romans und ist Teil der Campus-Trilogie, die außerdem Changing Places (1975) und Small World (1997) umfasst. Der Roman kritisiert – so wie Brick Lane – die Regierungszeit von Margaret Thatcher und die sich hieraus ergebenden sozialen Veränderungen und Spannungen, sowie die gegenwärtige Literaturtheorie. Im Zusammenhang mit der Nähe zu Gaskells Werk North and South (1855) kann man sogar von einer Art Hommage für den viktorianischen Roman sprechen. Monica Ali ihrerseits steht nicht nur für viele andere Autorinnen wie etwa Tahmima Anam oder Leila Aboulela, die allesamt bewusst zwei Handlungsorte (Mutterland und England) benutzen, um eine fundierte Charakteranalyse ihrer Personen zu erreichen. Für Ali gilt neben der (kritischen) Reflexion der englischen und der bengalischen Gesellschaft eine gewisse Nähe zu Salman Rushdie, der in den Satanischen Versen (1988) ebenso eine kritische Gesellschaftsanalyse bietet wie Lodge in Nice Work.

Die unterschiedliche Konzeption beider Romane suggeriert auf den ersten Blick eine literarische Distanz zwischen beiden Werken, doch ergeben sich durchaus verblüffende Gemeinsamkeiten. Lodge wie auch Ali skizzieren einen 'clash of two worlds', indem sie das Zusammenspiel zweier unterschiedlicher Wertesysteme und Kulturen unterstellen. Für Nice World gilt dies für die Vertreter der akademischen Welt, Robin Penrose und Victor Wilcox, die Repräsentanten von Industrie, Geld und Kapitalismus. Lodge muss hierbei, so wie Salman Rushdie in seinem Meisterwerk The Satanic Verses (1988), als Kritiker der Thatcher Ära angesehen werden. Ali benutzt diesen gesellschaftlichen Ansatz in Brick Lane ebenfalls, wenn auch im Zusammenprall von Islam und Westen nach dem 11. September sowie dem 7. Juli 2005. Das Resultat ist in beiden Werken eine Weiterentwicklung der 'condition of England novel', wie sie Thomas Carlyle in seinem Werk Condition of England (1839) initiierte und die sich bis heute in vielen Romanen gehalten hat.3

I. Begriffsbestimmung

1. Der Industrieroman

Die literarische Gattung des Industrieromans, die Mitte des 194. Jahrhunderts als eine Reaktion auf die massiv fortschreitende Industrialisierung Großbritanniens entstand, bietet bis heute ein präzises Spiegelbild des Lebens in einer sich verändernden Industriegesellschaft, deren gesellschaftlicher Wandel durchaus mit den im Zuge der Globalisierung einsetzenden Veränderungen verglichen werden kann. Ferner spiegeln fast alle Industrieromane „die wichtigsten politischen Strömungen der Zeit, den Chartismus, den christlichen Sozialismus und das Oxford Movement“5 wider, welche aufgrund des wachsenden sozialen Gegensatzes zwischen wohlhabenden Industriellen und bitter armen Fabrikarbeitern ein positives Echo in England fanden. Die Industrieromane sind prinzipiell eine Untergattung der sozialen Dichtung, welche „ihre eigentliche Ausbildung [...] erst im 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen des 4. Standes der Proletarier, im Zuge der Entwicklung von Wirtschaft und Industrie, erhält“.6

Das Elend der Fabrikarbeiter und ihrer Familien erregte in jener Zeit das Mitgefühl der gebildeten Mittel- und Oberschicht.7 Die materielle Not unter der einfachen Landbevölkerung war als Realität hingenommen worden, aber die extreme Armut der Industriearbeiter, die eine Konsequenz der mit der industriellen Revolution einhergehenden Veränderungen war, rief große Besorgnis hervor. Die durch mangelnde Hygiene und überfüllte Wohngelegenheiten sich rasch ausbreitenden Krankheiten wurden meist als Gottes Strafe für die Vernachlässigung des christlichen Glaubens angesehen. Jedoch wurde dadurch bei sozial engagierten Bürgern der Ruf nach sanitären Reformmaßnahmen laut, wie beispielsweise einer Wasserversorgung oder einem sanierten Abwassersystem. Das Mitgefühl, die Sympathie und eine einsetzende Solidarität mit der Arbeiterklasse gingen größtenteils auf Thomas Carlyle zurück. Sein Werk Chartism (1839) führte direkt in den Hintergrund und die Geisteshaltung ein, die die Grundlage der Industrieromane bildeten, da der Autor eine „articulate inquiry“8 der Condition-of-England-Frage ansetzte. Carlyles vierbändiges Prosawerk Past and Present (1843) übte ebenfalls einen weitreichenden Einfluss auf die Ansichten der Bevölkerung über ihre gesellschaftliche Konditionierung aus. Thomas Carlyle plädierte hier u.a. für eine gesellschaftliche Erneuerung und für eine Konzentration der Macht in den Händen von wenigen, aber starken Persönlichkeiten. Das Schicksal des viktorianischen Englands lag für ihn in einer Mischung aus gesellschaftlicher Unterstützung und der Akzeptanz von Unternehmern und Industriebarone sowie in der Solidarität aller gesellschaftlichen Gruppierungen. Warnendes Beispiel einer Gesellschaft, die diese soziale Balance nicht erreicht hat, war für Carlyle Frankreich mit seiner Revolution. Prinzipiell verbindet Past and Present idealistische mit pragmatischen Ansätzen.9 Carlyles Leitgedanken, wie etwa die abnehmende Solidarität, werden in vielen Romanen jener Zeit weitergeführt.10 Sein Einfluss auf eine Reihe wichtiger früh- und hochviktorianischer Schriftsteller, insbesondere auf Elizabeth Gaskell, Alfred Tennyson, John Ruskin und William Morris, war bezüglich der sozialen Komponente in deren Werken von sehr großer, wenngleich nicht von entscheidender Bedeutung.11

Im Zusammenhang mit dem Begriff des Industrieromans taucht immer wieder das Schlagwort „dokumentarisch“12 auf. Wenn aber über den dokumentarischen Wert dieser Romane gesprochen wird, so muss darauf hingewiesen werden, dass sie zur Gattung der erzählenden Literatur gezählt werden müssen und keine offiziellen Publikationen in Form von Blueprints13 waren. Dieser Hinweis ist an dieser Stelle insofern wichtig, als viele dieser Romane zwar genaue Analysen der Mitte des 19. Jahrhunderts darstellen und dokumentarischen Aufzeichnungen sehr ähneln, Letzteres aber nicht sind. Dafür sprechen schon die Romanausgänge; allein diese verdeutlichen den fiktiven Charakter dieser Werke:

Meist allerdings mündet die literarische Beschäftigung mit dem sozialen Problem in illusionären, patriarchalischen-philantropischen Gefühlen und in die Bevormundung des Proletariats durch [...] das [...] Bürgertum. Auf der anderen Seite steht das geduldige, opferbereite Akzeptieren der bestehenden Zustände durch das Proletariat. So allein sei der Klassenantagonismus zu überwinden und der soziale Frieden zu erhalten.14

Die meisten Autoren von Industrieromanen entstammen selbst dem aufgeklärten Mittelstand und nicht der Arbeiterklasse. Zu den wichtigsten Autoren dieser Romane zählt die Forschung Elizabeth Gaskell mit North and South (1854/55), Charles Dickens mit Hard Times (1854), Benjamin Disraeli mit The Two Nations (1845), Charles Kingsley mit Tailor and Poet (1850) und George Eliot mit Felix Holt (1866).15 All diese Autoren hatten durch ihre Publikationen die im Zuge der Industrialisierung einsetzenden massiven sozialen Missstände erkannt und beabsichtigten, ihren Beitrag auf dem Weg zu einer sozialeren Gesellschaft zu leisten; das literarische Fundament war dabei durchgehend eine realistische Darstellungsweise.

Ein Ziel der Autoren der Industrieromane bestand in der Aufklärung des lesenden Bürgertums, das in der Regel keine detaillierten Kenntnisse der Lebens- und Arbeitsbedingungen der lower classes hatte.16 Alle Autoren sprachen sich auch für Mitmenschlichkeit und Solidarität untereinander aus17 und nahmen so direkt Einfluss „auf gesellschaftliche Beziehungen“18. Dennoch kann man von einer Ambivalenz gegenüber den sozialpolitischen Problemen der Mitte des 19. Jahrhunderts sprechen: Einerseits waren die Autoren fest in der Tradition der britischen Mittelschicht verwurzelt19, andererseits muss ihnen zugutegehalten werden, dass durch sie Interesse, Mitgefühl und sozialkritisches Engagement für die Arbeiterklasse entwickelt und forciert wurde.20 Durch ihre Beliebtheit erreichten die Romane in relativ kurzer Zeit eine breite Zielgruppe. Mittels Leihbüchereien und der neuen 'serial publication' wurde der Zugang zu den Industrieromanen erleichtert. Neben ansteigenden Leserzahlen wuchs in den Vierzigerjahren des 19. Jahrhunderts auch das gesellschaftliche Ansehen des Romans selbst, und er etablierte sich als wichtigste literarische Form.21

2. Die Gesellschaftsromane Mitte des 20. Jahrhunderts

Die Manifestierung des Romans als des wichtigsten literarischen Genres war Grundlage für Anzahl und Thematik der Romane selbst. Es gab schon bald keinen gesellschaftlichen Bereich, der ausgespart wurde, und die Anzahl der Autoren, die nachhaltig in das 20. Jahrhundert hineinwirkten, war enorm hoch. Samuel Butler, Thomas Hardy oder Henry James stehen stellvertretend für viele andere. Doch Butler, Hardy und James waren – so wie George Moore, Arnold Benett und John Galsworthy – zu tief in Thematik, Struktur und Stil des viktorianischen Romans verwurzelt. Dafür sprechen allein die Themen unglückliche Liebe (Moore), Realität des Lebens (Bennett) oder der Niedergang des Bürgertums (Galsworthy).

Eine Neuentwicklung setzte jedoch mit Schriftstellern wie H. G. Wells (Gesellschaftskritik und -reform) und Joseph Conrad (Entwicklung und Enthüllung des menschlichen Seins in Extremsituationen) ein. Vertieft wurde dies durch die Einführung einer radikalen Subjektivierung und der Psychologisierung der Wirklichkeitssicht durch Kathrin Mansfield und D. H. Lawrence, die die Versuche ihrer Vorgänger teilweise übernahmen und weiterführten.

Die Helden von D. H. Lawrence suchen ihre Selbstverwirklichung auch in den Tiefen des Unterbewusstseins. Bei Mansfield dagegen überwiegt die Beschreibung und Bedeutung von einzelnen psychologisch einfühlsamen Lebensabschnitten. Diese Akzentuierung des menschlichen Unterbewusstseins fand ihren Höhepunkt sicherlich im Werk von James Joyce, der die expressionistische Romanform bevorzugte. In seinen Hauptwerken Ulysses und Finnegans Wake gibt es keine Handlung mehr, keinerlei Verwicklung und keine Erzählspannung. Alles Literarische scheint aufgelöst. Neben Joyce ist das Gesamtwerk von Virginia Woolf von außergewöhnlicher Bedeutung. Woolf versuchte, die seelische Wirklichkeit des Menschen zu erfassen und die in ihr integrierten fließenden, nicht greifbaren Erlebniseindrücke, die vom ordnenden Verstand nur verfälscht werden. Woolfs Hauptpersonen sind meist gewöhnliche Menschen. Sie leben in isolierten und damit geschlossenen Welten, ohne Lebenssinn. Kurzum: In den Werken von Woolf und Joyce gipfelte die Unzufriedenheit über die Konventionen des realistisch-soziologischen Gesellschaftsromans. Ein sozialer Realismus, wie man ihn etwa von Dickens oder Trollope kannte, wurde als untaugliches Mittel moderner Wirklichkeitsanalyse endgültig verworfen.

Während Samuel Beckett seinerseits noch auf dieser psychologischen Ebene arbeite, kehrte mit Aldous Huxley und später mit George Orwell die Gesellschaftsanalyse und Gesellschaftskritik in den literarischen Fokus zurück, auch weil sich die Weltwirklichkeit geändert hatte. Die durch die Weltwirtschaftskrise ausgelöste geistige Unsicherheit band gerade die jüngere Generation an sozialistisches und marxistisches Gedankengut. Literatur im Allgemeinen und der Roman als Genre wurden gedacht als Formen der politischen Gesellschaftsanalyse.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges trat in England aber eine völlig neue Situation ein, da sich die ehemalige Weltmacht in einen europäischen Staat mit limitierten Ressourcen umwandeln musste. Daneben brachen alte Klassengegensätze wieder auf, und Großbritannien avancierte zur Massen-, Konsum- und Mediengesellschaft. All dies hatte enormen Einfluss auf die Entwicklung des Romans nach 1945, zu dessen wichtigsten Arten die Campusromane zu zählen sind.

3. Der Campusroman

Eine Gattungsbestimmung des Campusromans22 bereitet grundsätzlich Schwierigkeiten. Innerhalb dieses Genres gibt es bezüglich der Themen, Stile, Stilelemente und Aussageabsichten eine Fülle von Variationsmöglichkeiten,23 sodass die im Folgenden erwähnten Merkmale dieses Romantypus nur einen groben Überblick darstellen

Der Ursprung der Campusromane liegt im 19. Jahrhundert. So schreibt Malcom Bradbury: „If there is a tradition, it goes well back, certainly to the middle of the nineteenth century, when the sentimental academic bildungsroman told tales of moral, social and religious education in the world of Oxbridge.“24 Bradbury nennt die Romane, die den Charme der altehrwürdigen Institutionen wie Oxford, Cambridge oder Durham widerspiegeln, Universitätsromane und meint, dass vom Genre der Campusromane erst nach dem Zweiten Weltkrieg gesprochen werden könne.25 Der Aufschwung dieser literarischen Gattung erfolgt zeitgleich mit der Öffnung der Hochschulen in den Dekaden 1950 bis 1970. In den vergangenen vierzig Jahren sind etliche Campusromanen geschrieben worden, wenn man bedenkt, dass die Zentralthemen dieser Romane, das Arbeiten, Studieren und Leben an einer Universität, vor 1930 kaum literarischen Ausdruck fanden. Das Universitätsleben galt bis dahin gemeinhin als uninteressant.26 Aber die politischen, sozialen und kulturellen Veränderungen nach 1945, die Öffnung der Universitäten und Colleges für einen wesentlich größeren Teil der Bevölkerung und die Bejahung der Werte des Liberalismus, Sozialismus, Kommunismus, Humanismus und der intellektuellen Kritik manifestieren sich auch in den Romanen jener Zeit. Zu recht sagt Dubber daher:

Die mit dem Ausbau des englischen Wohlfahrtsstaates einhergehenden kulturellen, politischen und vor allem sozialen Veränderungen, die in erheblichem Maß gerade den Bildungssektor betrafen, werden in allen „campus novels“ in unterschiedlicher Ausführlichkeit dokumentiert und bewertet.27

Universität und Universitätsgelände geben dieser Romanform ihren Namen. Der Campus der Universität wird zum Ort der Handlung, und Charaktere und Problematiken werden zum Mikrokosmos der Gesellschaft und ihrer Probleme. Menschliche Antriebskräfte wie Liebe oder Hass oder die Universitätsstrukturen werden hier in einem kleinen, überschaubaren Rahmen dargestellt und gesellschaftlich unverträglich gelöst. Oft werden in dieser Romanform reale Schwierigkeiten vereinfacht und gleichsam spielerisch gelöst, was mitunter zu einer Auflösung der Probleme selbst führt. Lodge sagt dazu: „Essentially the campus novel is a modern, displaced form of pastoral [...]. That is why it belongs to the literature of escape, and why we [the readers and the novelists] never tire of it.“28 Tatsächlich aber steht im Zentrum des Campusromans meist eine Liebesbeziehung, bzw. die sexuellen Eskapaden oder Wunschvorstellungen seiner Charaktere, einer der Hauptgründe für seine große Beliebtheit. Lodge betont ferner, dass diese Romangattung mittlerweile so etabliert sei, dass ihre Anhänger fast genauso viel Freude an bereits bekannten und immer wieder auftretenden Merkmalen hätten wie an neuen, individuellen Wendungen und Strukturen.29

Zu den Schauplätzen dieser Romane, den Universitäten, bemerkt Lodge ebenfalls zu Recht, dass gerade diese die Treffpunkte besonders exzentrischer Charaktere seien. Als weitere Antriebskräfte in den Campusromanen nennt Lodge neben der Sexualität das pure Machtstreben.30

Die Autoren der Campusromane sind oder waren in vielen Fällen selbst Universitätsdozenten oder haben zumindest einen akademischen Hintergrund.31 Im Folgenden werden stellvertretend fünf Autoren, die die Forschungsliteratur zu den wichtigsten Vertretern der Campusromane zählt,32 sowie ihr Beitrag zu dieser Gattung vorgestellt.33 So arbeitete Philip Larkin, der mit Jill (1946) einen der ersten gesellschaftskritischen Campusromane schrieb, nach seinem Studium in Oxford als Bibliothekar an den Universitäten von Belfast, Hull und Leicester.34 Ihm widmete Kingsley Amis seinen überaus erfolgreichen humorvoll-sarkastischen Erstlingsroman Lucky Jim (1954), der bis heute als der Prototyp der komischen Campusromane angesehen wird. Wegen der Versuche des Protagonisten 'Lucky' Jim Dixon, gegen die scheinheilige und arrogante Universitätskultur zu rebellieren, wird Amis zu Recht zu den 'Angry Young Men' gezählt. Amis selbst studierte in Oxford und war von 1948 bis 1963 Dozent für Anglistik an den Universitäten von Cambridge und Swansea.35 Tom Sharpe avancierte durch seinen Roman Porterhouse Blue (1974) und seine drei aufeinanderfolgenden Romane über das Leben und die Arbeit des an einer technischen Hochschule arbeitenden Dozenten Wilt (Wilt/1976; The Wilt Alternative/1979; Wilt on High/1985) zum Komiker par excellence unter den Campusromanautoren und markiert damit den vorläufigen Höhepunkt des Genres.36

Bradbury, selbst Professor für Amerikanistik an der Universität von East Anglia in Norwich, beschreibt – wenn auch nicht auf Sharps Niveau – situationskomische Erlebnisse von Universitätsangehörigen. Zentrum seiner Beschreibung des Universitätslebens sind vielmehr die „Probleme des bedrohten Liberalismus und der moralischen Verantwortung“37, die er ironisch präsentiert. Bradburys Debuttwerk, Eating People is Wrong (1959), ähnelt Lucky Jim von Amis, was das pikareske, satirische Element des Campusromans angeht. Der folgende Roman, Stepping Westward (1965), erzählt, ähnlich arbeitend, die Geschichte eines angry young man an einer fiktiven amerikanischen Universität.38 Interessant ist hier die Verlagerung des Handlungsortes nach Amerika, da der Campusroman auch dort eine lange Tradition hat (vgl. u.a.Louis Begley Matters of honor (2007). David Lodges Campusromane Changing Places: A Tale of Two Campuses (1975), Small World: An American Romance (1984) und schließlich sein bekanntestes Werk Nice Work (1988) haben nicht nur als Handlungsort Rummidge, eine literarische Version der Universität von Birmingham,39 an der Lodge selbst unterrichtete, sondern alle drei Romane vermischen zwei Handlungsorte, die Universität und das Privatleben, bzw. die Arbeitswelt. Liegt der Schwerpunkt der beiden ersten Romane noch auf der satirischen Darstellung der Hauptpersonen, so ist Nice Work ein Porträt der Missverständnisse zwischen der Universität und der Arbeitswelt der Stadt.40 Dennoch gilt festzustellen, dass Lodge mit diesem Roman eine Entwicklung weg vom komischen Element hin zum ernsten vollzogen hat:

[...] die spannungsreiche Beziehung zwischen der relativ abgeschlossenen Institution Universität und der Gesellschaft [hat] erst eigentlich diese Untergattung des Romans [den Campusroman] hervorgebracht [...] und deren wechselreiche Geschichte konstituiert.41

Wie bereits zu Beginn des Kapitels erwähnt, ist es schwierig, eine allgemein verbindliche Definition des Begriffes Campusroman zu geben, da trotz des verbindenden Handlungsortes die Grundthemen zu unterschiedlich ausgestaltet werden. So verändert sich die Literatur von einer possenhaft-komischen Beschreibung hin zu einer Darstellung von Ereignissen an Universitäten hin zu einer massiven Kritik an den Hochschulen und Dozenten selbst. Daneben steht die Behandlung von anderen Themen des universitären Lebens hin zu gesellschaftspolitischen Fragen.

In der Forschung wird dieser Romantypus deshalb zu Recht als dynamisch angesehen, da er sich immer auch mit den aktuellen sozialen, politischen und kulturellen Gegebenheiten beschäftigt. Somit erhält die Beschreibung des Hauptthemas, das Arbeiten, Studieren und Leben an einer Universität, eine Vielzahl von Beschreibungsmöglichkeiten.42

4. Der moderne Gesellschaftsroman

Die Vielschichtigkeit des Campusromans kann durchaus als Spiegel des modernen englischen Gesellschaftsromans und seiner Entwicklung in den letzten fünfzig Jahren angesehen werden. So erlebte der englische Roman nach 1945 erst in den Fünfzigerjahren die von den Intellektuellen erhoffte literarische Erneuerung durch die Bewegung der 'Angry Young Men'. Autoren wie John Wain, Kingsley Amis, John Braine und Iris Murdoch setzten ihre Hauptpersonen als Anti-Helden im Kontrast zum Establishment, wenn auch nicht in einem radikalen politischen Sinne.43

Die Vertreter dieser Richtung vermischten dabei Aufbau und Technik des pikaresken Romans mit dem realistischen viktorianischen Erzählstil. Neben diesem neuen Ansatz kann man die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg auch als Neubeginn von Ethik und Ästhetik ansehen. Autoren wie William Golding, Doris Lessing, Iris Murdoch und Muriel Spark rückten moralische Anliegen in den Mittelpunkt des Geschehens. Sie knüpften so an eine an religiösen und philosophischen Denksystemen orientierte Weltordnung an. Konflikte zwischen Gut und Böse (Golding), die Bedeutung des Schicksals (Murdoch), das Spiel mit Fiktion und Realität (Spark) oder die Aufspaltung der Wirklichkeit durch ein aufgeteiltes Unterbewusstsein (Lessing) führten neue Akzente in den modernen Roman ein.

Neben dem dominanten realistischen Roman und dem philosophisch-moralisch orientierten Roman muss noch kurz auf die Bedeutung des experimentellen Romans hingewiesen werden. Vertreter dieser Richtung wie Samuel Beckett, Lawrence Durell, Anthony Burgess und Joyce Cary konzipieren den Roman mitunter auch als Palimpset (Durell) oder Sprachexperiment (Burgess) im Sinne von James Joyce.

Monica Alis Roman Brick Lane (2003) gehört zunächst zum Genre des sogenannten postmodernen Romans, der seit den 1980ern in England Einzug hielt. Dieser Romantypus benutzt u.a. Formen anderer Kulturtraditionen, etwa Japans, Indiens oder Pakistans.44 Seine Grundidee ist, dass Sprache nicht als Gefängnis, sondern als kreativer Spielraum zur Fiktionsbildung verstanden wird. Daneben kann Alis Werk aber auch als Meilenstein der postkolonialen Frauenliteratur angesehen werden. Die Vertreterinnen dieser Entwicklung haben – so wie Ali auch – die geschlechtsspezifischen Phänomene zum Gegenstand ihrer Arbeit gemacht, ohne sich selbst auf feministische Standpunkte beschränkenfestzulegen.45

Nun kommt der Frauenfrage in der Dritten Welt und ihrer Umsetzung in Romanen schon deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil man hier noch elementare Formen der Diskriminierung antrifft (Analphabetentum, sexuelle und religiöse Diskriminierung usw.). Vor diesem Hintergrund überrascht ein spätes Erscheinen dieser Themen auf der literarischen Bühne nicht, auch wenn sie abgewandelt in White Teeth (2000) von Zadie Smith oder Elizabeth George Werk Deception on his Mind (1997) zu finden sind.

Dennoch hat Ali auch Wurzeln im Erzählstil karibischer und indischer Autorinnen, wie etwa Marcandayas Nectar in a Sieve (1954) oder Anita Desais Clear Light of Day (1980), die – so wie Ali in Brick Lane – die persönliche Situation zweier Schwestern beschreibt und dabei gerade auch die Kindheitserinnerungen als Stilmittel in ihren Roman integriert.

Auch Arundhat Roys Werk The God of Small Things (1997) bietet eine Fülle von Parallelen zu Brick Lane (u.a. verbotene Liebesbeziehung, soziale Ächtung, religiöse Themen wie Schuld oder die Frage nach Gott sowie der Einfluss soziokultureller Strömungen auf die Entscheidung und das Verhalten von Personen).

Dennoch sollte man vorsichtig sein, all diesen Autoren und Autorinnen eine radikal-feministische Grundtendenz zuzuschreiben. Zwar lässt sich durchaus eine Kritik am Patriarchat ausmachen, aber auch eine positive Analyse des Familienverbandes sowie der Mutterrolle.

Trotzdem und gerade deshalb verlangen die vielen religiösen Anspielungen Alis in Brick Lane eine genauere Untersuchung von islamischen und soziokulturellen Elementen. Das bewusste Einbeziehen von konkreten zeitgeschichtlichen Ereignissen um die Erzählung geschieht ohne eine Schilderung der real erfahrbaren Welt. Stilmittel wie Diskontinuität in der Zeitgestaltung oder Reflexivität lassen Alis Werk somit auch als eine Fortsetzung des experimentellen, postmodernen Romans erkennen.

Handlungsmuster, Erzählkonventionen und Moralvorstellungen knüpfen jedoch an den viktorianischen Roman an, was eine Verbindung zu den behandelten Werken und den in ihnen dargestellten weiblichen Hauptpersonen ermöglicht.

5. Der Stellenwert islamischer Autorinnen/Autoren in der postkolonialen Literatur

Die Rolle islamischer Autorinnen und Autoren in dem gegenwärtigen englischsprachigen Roman kann als ambivalent angesehen werden. Zum einen schreiben sie aus der Perspektive von Moslems, zum anderen als englischsprachige Schriftsteller mit Migrationshintergrund.

In dieser Grundkonstellation erweisen sich diese Romane einerseits als eine (späte) literarische Reaktion auf koloniales Schreiben, andererseits aber auch als eine (moderne) Variante postkolonialer Literatur.46

Das Schlagwort postkolonialer Literatur unterliegt generell einer schwierigen Kategorisierung, da es im Zusammenhang mit mehreren gesamtgesellschaftlichen, politischen und literarischen Entwicklungen gesehen werden muss. Man kann ihm deshalb durchaus Prozesscharakter zuordnen.47 Von der Bestimmung des Begriffs als solchem ausgehend kann die postkoloniale Literatur zunächst in Verbindung mit dem Ende des britischen Kolonialismus beziehungsweise dem Empire sowie der gesamten europäischen imperialen Aggression gesehen werden. Die literarische Reaktion fungierte in diesem Zusammenhang als starkes Medium, um all diejenigen Erfahrungen aufzuarbeiten, die von den vorherrschenden gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Gegebenheiten vorgegeben wurden. Hierunter zählen die beiden erwähnten Kräfte eines Kolonialismus und Imperialismus, sowie das moderne Phänomen der Globalisierung (Shoat, 1992: 31/32; 103; Childs/Williams, 1997: 1-3; Walder, 1998: 1-6; Erll/Nünning, 2008; Erll/Rigney, 2009).

Said (1994) betont in diesem Zusammenhang vor allem die Rolle der Intellektuellen, die sich gegen die permanente Machtausübung des Westens gegenüber anderen Kulturen wehren sollen. Für ihn geht es dabei um die Frage, wie viel Macht in einer Kultur steckt, wie es um Machtausübung und Machtmissbrauch in einer Gesellschaft steht und wie in diesem Spannungsfeld die Rolle der Intellektuellen zu sehen ist.48 Said(1994) schneidet hier eine zentrale Thematik in der Darstellung „Islam und Westen“ an, die auch die Arbeit islamischer Autoren prägt. Wenn wir von dem Eigenen ausgehen, um das Fremde oder andere zu verstehen, dann stellt sich die Frage, ob das Eigene nicht Ethnozentrismus ist. Der (westliche) Orientalismus als wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Orient unterwirft einen fremden Kultur- und Religionsraum eigenen Deutungsschemata und Wertmaßstäben. Das Resultat war (und ist) eine Herabsetzung der fremden Kultur, um die eigene zu erhöhen. Ethnozentrismus mündet allzu oft in Imperialismus oder Rassismus (Said, 1978: 3; 204). Man sollte aber einen Schritt weiter gehen und auf diejenigen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Veränderungen hinweisen, die parallel zum historischen Ende des Empire enorme Auswirkungen auf die neue kulturelle Tätigkeit vieler afrikanischer oder asiatischer Autoren hatten (Mohamed, 1985:1). Beschränkte sich diese literarische Eigenständigkeit zunächst auf das eigene Land im Zusammenhang mit den Kolonialerfahrungen (King, 1980: 31-39; 48), so entwickelte sich im Zuge der zunehmenden Migration und Globalisierung eine bereits erwähnte literarische Verlagerung ins Mutterland England.49

Spätestens Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts vollzog sich ein neues literarisches Gefühl „when Third World intellectuals have arrived in First World academe“ (Dirlik, 1994: 329). Dieses intellektuelle Ankommen in Großbritannien hat bis heute angehalten und befindet sich in einer permanenten Weiterentwicklung, über die Childs/Williams (1997) sagen:

As we have already pointed out in this section, postcolonial can in no sense be regarded as a fully achieved state (ebd.: 7).

Die Forschung unterscheidet terminologisch die Begriffe „koloniale“, „anti-koloniale“ und „postkoloniale“ Literatur. Die Dreiteilung sollte jedoch keiner allzu strengen Trennung unterzogen werden, da die Übergänge fließend sind und durch Begriffe wie „Migrationsliteratur“ oder „neuere englische Literatur“ ergänzt werden.50 Die theoretische Aufarbeitung dieser drei Unterscheidungen geschieht meist unter dem Schlagwort „postkoloniale Theorie“. Hierunter versteht man die in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts vorgestellten Untersuchungen, die sich mit der literarischen Aufarbeitung des Orients durch den Westen beschäftigten.

Das literarische Ergebnis war zunächst eine Demontage der alten künstlich konstruierten Vorstellung der Kolonien und Kolonialvölker unter der imperialistischen Ideologie als reinem Unterdrückungsinstrument. Es ist das Verdienst der postkolonialen Kritik dieser Zeit deutlich zu machen, dass die durch den britischen Imperialismus implantierten Werte kultureller und religiöser Art Stereotype und Mythen waren.51

Die Grundlage dieses Mythos lag zum einen in der militärischen Eroberung und zum anderen in dem dann verstärkt einsetzenden Imperialismus und seiner militärischen, kulturellen und religiösen Rechtfertigung sowohl in den Kolonien als auch im Kernland Großbritannien. Hauptargumente waren u.a., dass Europäer eine überlegene Rasse darstellen, Kolonien und England voneinander profitieren und Kolonialdienst selbstlose christliche Nächstenliebe verkörpere.

Das Anderssein, das otherness, wurde aber von den Kolonialherren gleichzeitig als Grund genommen, um sich von anderen Gruppen und Völkern abzugrenzen, da der Westen rational geprägt sei, Afrika und der Orient irrational. Das Ergebnis war ein Rassismus und ein Sozialdarwinismus (basierend auf Charles Darwins Hauptwerk On the Origin of Species 1859), die beide davon ausgingen, dass Kolonialländer deshalb primitiver als der Westen seien, da schon von Natur aus unüberbrückbare Unterschiede biologischer Art bestünden.

Die bereits erwähnte Instrumentalisierung des Christentums für imperialistische Zwecke entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Unterdrückungsinstrument. Basis war u.a. die Behauptung, dass das Christentum die einzig wahre Religion sei, um die Welt zu bekehren und zu regieren. Bekehrung und Missionierung im Sinne des altertümlichen Schöpfungsauftrages wurden so zu einem Hauptziel kolonialer Herrschaft.

Dieser Ansatz eines quasi produktiven Kolonialismus zog im Laufe der Zeit eine literarische Ergänzung beziehungsweise Erneuerung nach sich, die für den modernen englischen Roman neue Möglichkeiten eröffnete.

Boehmer (1995) assoziierte diese Dynamik mit dem Begriff einer “cosmopolitan rootlessness“ (ebd.: 232) und sieht die von Childs/Williams (1997) prognostizierte Weiterentwicklung von Themen und Themenvielfalt als eigentlichen Grund für die radikale Änderung der englischen Literatur insgesamt. Sie stellt fest:

What began in postcolonial writing as the creolization of the English language has become a process of mass literary migration, transplantation and cross- fertilization, a process that is changing the nature of what was once called English literature at its heart (ebd.: 233).

Eine dieser Weiterentwicklungen kann in der Gruppe derjenigen Autorinnen und Autoren gesehen werden, die u.a. durch die Verarbeitung islamisch besetzter Themen für neue Facetten sorgte und den Menschen als Migranten und Nomaden in einer globalisierten Welt beschreiben. Sie muss als neuer Teil derjenigen postkolonialen Literatur gesehen werden, die protestiert, provoziert, aber auch innovativ ist, weil die neue Welt nur eine Weiterentwicklung im Sinne des Kolonialismus, wenn auch mit neuem Gesicht, ist. Spivak/Harasyn (1990) stellen hierzu lapidar fest: “We live in a post-colonial neo-colonial world“52 (ebd.: 166).53

Die kulturellen Gegensätze und metaphysischen Diskussionen wurden zum Gegensatz der literarischen Auseinandersetzungen und durch die Wiederentdeckung des Religiösen, die im Handlungsort Großstadt platziert wird, verstärkt.54

Die Großstadt der Moderne wird nicht nur als neues Babylon betrachtet (King, 1980: 47), sondern ihr fällt bei der Metamorphose der postkolonialen Charaktere eine immer größere Bedeutung zu (Boehmer, 1995: 234), die schließlich diesen Mix von Kulturen, Religionen und Schicksalen fokussiert.55 Hierbei entwickelte die islamische Autorengruppe das Bild der postkolonialen Stadt nicht nur neu, sondern sie bauten das Bild der Stadt als Erzählhintergrund neu aus. Sie stehen hierbei unbedingt in der Tradition von Defoe, Dickens, Joyce oder Durrell, die allesamt um die Bedeutung der Stadt als materiellen, kulturellen und religiösen Ort wussten.

Interessant ist dennoch ihre eigene (religiöse) Betonung von Stadt und Hauptperson, da die äußere Erkundigung der Stadt meist mit einer inneren Veränderung parallel gesetzt wird. Diese kann sich in einer Abkehr von Islam oder zu einer Hinkehr zum radikalen Fundamentalismus äußern.

Die eben erwähnte Hinwendung der Erzählung zu den westlichen Metropolen liegt neben dem Zusammenfall des Empire in der grundlegenden Erfahrung von Migration, die diese Autorinnen und Autoren indirekt (über die Eltern) oder direkt (als eigene Erfahrung) erlebt haben beziehungsweise deren Konsequenzen sie noch heute verspüren:

The Western metropole must confront its postcolonial history, told by its influx of postwar migrants and refugees, as an indigenous or native narrative internal to its national identity [...] (Bhabha, 1994: 6).

Wenn man diese Aussage von Bhabha weiterdenkt, so kehren islamisch geprägte Autoren, gerade auch durch die Verarbeitung fundamentalistisch besetzter Themen, den Kolonialismus im Mutterland um.56 Wurden in der Vergangenheit viele einheimische Kulturen durch ihn zerstört, so geschieht dies literarisch jetzt in einer Art und Weise, die Salman Rushdie mit seiner bereits erwähnten Aussage „The Empire Writes Back with a Vengeance“ treffend umschreibt.57

Somit stellen Autoren, die islamische Themen bearbeiten kulturelle, ethnische und religiöse Fragen, die zunächst zur Sozialkritik beitragen (Childs/Williams, 1997: 75). Ihre Erzählungen beschreiben zunächst eine Realität, über die Neumann/Nünning (2008) feststellen, „… that narratives are at work in processes such as identity formation, ordering experiences, remembering and ´negotiating values`“ (ibd.:182). Neben der hier implantierten Sozialkritik forciert diese Autorengruppe durch die Verwendung des Religiösen das Verhältnis von Erzählung und Identität und weist es so als zentrales Thema literarischer und kultureller Studien aus. Dabei interpretieren sie Ereignisse im Zusammenhang von bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen und verweisen auf diese Ebene menschlichen Zusammenlebens, denn: „We are concerned with the connection […] among events“ (Crossley, 2005; S. 360).

Ein Ergebnis in diesem Zusammenhang ist die Verknüpfung verschiedener Realitäten und verschiedener Erfahrungen über die Carr (1986) sagt: „We keep at it. What we are doing is telling and retelling, to ourselves and to others, the story of what we are about“ (ibd.: 97).

Ein Hauptanliegen von Autoren um Rushdie war und ist es, auf die Problemfelder von Migration, Einwanderung und multikultureller Gesellschaft aufmerksam zu machen und das britische Verhaftetsein im alten Kolonialismus sowie die daraus entstehende Heuchelei zu enttarnen. Im Zusammenhang mit diesen neuen, aber letztlich alten imperialen Einstellungen stellt Rushdie (1992) fest:

A language reveals the attitudes of the people who use and shape it. And a whole declension of patronising terminology can be found in the language in which inter-racial relations have been described in Britain. At first we were told, the goal was integration`. Now this word radidly came to mean ´assimilation`: a black man could only become integrated when he started behaving like a white one. After ´integration` came the concept of ´racial harmony`. Now once again, this sounded virtous and desirable, but what it meant in practice was that blacks should be persuaded to live peacefully with whites, in spite of all the injustices done to them every day (ebd.: 137).

Diese von Rushdie konzipierte soziale Realität vieler Einwanderer will letztlich keine ehrliche Integration und somit war die Rückkehr zur eigenen kulturellen und religiösen Wurzel eine logische Konsequenz. Mit dem Wiedererstarken des Islam und seiner bewussten Abgrenzung zu allem Westlichen verschafften sich die Einwanderer nicht nur eine optische Repräsentanz im politischen, kulturellen und religiösen Leben, sondern es setzte durch dieses neue kulturelle und religiöse Selbstbewusstsein zeitgleich eine Umverteilung von Macht ein.

Der alte britische Vorsatz über Kolonialländer oder Migranten „They cannot represent themselves, they must be represented“ (Childs/Williams, 1997: 103) wurde durch diese Renaissance des Religiösen ad absurdum geführt.

Neben diesem neuen Selbstbewusstsein, das mit dem Wiedererstarken des Islam neuen Auftrieb erhielt wurde so ein Selbstwertgefühl geschaffen, das in vielen Romanen durch den plot oder durch die Analyse der Hauptpersonen provoziert und den kritischen westlichen (wie islamischen) Leser zum Nachdenken bringt, weil er mit einem neuen Identitätsanspruch und einer latenten Sehnsucht nach Identität der islamischen Gemeinden konfrontiert wird. During (1987) hierzu: „The post-colonial desire is the desire of decolonized communities for an identity“ (ebd.: 1).

Islamisch besetzte Themen scheinen im modernen englischen Roman zu dieser Sehnsucht nach Identität beizutragen – sie sind mehr als nur Kritik oder Abrechnung mit dem Empire und seiner westlichen Kolonialpolitik.58 Die Implantierung des Islam geht damit über den von farbigen Autoren immer wieder hervorgehobenen Ansatz hinaus, dass „myth has become a literary necessity“ (Dawes, 2005: 269). Somit erweist sich die Verwendung des Islam nicht nur als Teil eines „re-telling of the past“ (Hall, 1994b: 393), sondern ist immer ein eindeutiger Hinweis von Protest, Selbstbewusstsein und dem Wunsch, unabhängig von der westlichen mainstream society zu sein. In seinem Versuch grenzt sich diese Autorengruppe von farbigen Kollegen ab, die zu sehr dem Ansatz des memory Begriffs anzuhängen scheinen, wenn sie von der „memory fictional power of literature“ (Erll, 2004: 306) sprechen (vgl. bes. Gomille/Stierstorfer, 2003: 7-12; Rupp, 2010: 2).59

Islamisch geprägte Autorinnen und Autoren befinden sich vielmehr an der Schnittstelle von Immigrantenliteratur und ihrem Schwerpunkt von Leben und Schreiben in Großbritannien.60 Die Literatur der Migranten macht deutlich, dass Anderssein und Grenzüberschreitung zum menschlichen Schicksal gehört. So gesehen distanzieren sie sich zunächst vom Phänomen der Vermischung, fordern aber dadurch einen notwendigen gesellschaftspolitischen, kulturellen, religiösen und letztlich gesehen auch einen literarischen Dialog ein. Sie tun dies durch ihre Geschichten, die über eine grundlegende immanente Fähigkeit verfügen „which links us, powerfully, to others, even strange others“ (Appiah, 2005: 257).

Für Marx (2005) sehen moderne Schriftsteller mit Migrationshintergrund die englische Sprache und Literatur als essentielle Komponente eines wirtschaftlichen, kulturellen und linguistischen Netzwerkes mit großen Möglichkeiten.

Sicherlich muss die postkoloniale Literatur bis weit in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts aufgrund der verschiedenen Herkunft ihrer Autorengruppen und deren Kultur und Geschichte als vielfältig angesehen werden. Mit der Behandlung von islamisch besetzten Themen konnte diese Vielfalt unter eine religiöse Einheit gebracht werden. Das Ergebnis war jedoch keine Reduktion oder Zentrierung auf einen Themenbereich, vielmehr setzte sich die vielfältige literarische Analyse von Wirklichkeit unter einem Ordnungsprinzip fort.

Maximales Ziel wiederum bietet hier langfristig eine Chance für eine „cultural interaction“ (Boehmer, 1995: 248), die als Zukunftsvision wie folgt aussehen könnte:

In years to come, however, it is likely that two different strains of interest in postcolonial criticism will begin to move further apart, though still sharing basic assumptions. On the one hand will be the cosmopolitan appraoch, located largely in the West, and focused on literatures written in Englishes, or other European languages, mainly by migrant, and therefore more easily accessible writers. This approach will continue to make up the bulk of postcolonial criticism. On the other hand a more context-based line of study will develop, still concerned with writing in Englishes, but more focused on particular vernacular and cultural regions. A related split may develop in postcolonial literature itself, as, on the one side, migrant writers are absorbed into British, French or American traditions, and, on the other, literatures in vernacular languages and creolized Englishes flourish and grow increasingly less like each other, and therefore less prone to indiscriminate comparison. As memories of empire recede into the past, both approaches may in time outgrow the name postcolonial (ebd.: 249).

Denkt man diesen Ansatz kritisch weiter, so fordert dies eine literarische Aufarbeitung dieser Thematik auch durch rein britische Autoren ein, was zur Zeit eher die Ausnahme ist, da diese Bereitschaft bei britischen Autorinnen und Autoren noch nicht vorhanden ist. Diese sollte aber einsetzen, da die Alternative eine Weiterentwicklung dessen ist, was Kureishi und andere als „literary apartheid“ (Kureishi, 2005: 4) subsumiert haben und vor der zu recht gewarnt wird.

Wie bereits erwähnt, war die Realisierung des Imperialismus eine Konzeption, die sich auch in der Literatur als Mainstream-Idee festsetzen konnte und namhafte englische Autoren jahrzehntelang faszinierte (ebd.: 3). Heute realisiert sich dieser Neo-Kolonial= ismus als Fortschreibung des britischen, europäischen und amerikanischen Imperialismus im Phänomen der Globalisierung. Anstelle einzelner Staaten sind nun die Global Players getreten, die unter der Maxime der freien Marktwirtschaft und mit Hilfe der Medien eine friedliche demokratische Welt aufbauen wollen. Im Grunde handelt es sich hierbei aber um eine Verlängerung des alten Kolonialismus, der in ganz anderen Facetten einen wirtschaftlichen und kulturellen Imperialismus aufgezogen hat und der eine Reaktion von Opfern dieser Entwicklung geradezu herausfordert. Muslimische Autoren hinterfragen somit nicht nur die Entwicklungen der modernen westlichen Welt, sie sind auch heute noch ein schlechtes Gewissen dieser Weiterentwicklung eines westlichen Kultur-Imperialismus. Die sich hieraus ergebende Kritik am Westen ist nicht nur tief im migrant writing verwurzelt, sondern beinhaltet Kritik an Englishness und England. Letztere Konzepte stehen deshalb zu Recht im „focus of critical migrant revisionism“ (Head, 2002: 182).

Neben einer Kritik gibt es aber noch die Möglichkeit, dass nicht westliche Länder – wenn auch zeitlich versetzt – an Einfluss gewinnen können. Dies setzt aber seinerseits voraus, dass eine Art Symbiose zwischen West und Ost einsetzt, die auch literarisch vorbereitet und mitgestaltet wird (vgl. Ibrahim, 1996).

Eine weitere Alternative wäre eine permanente Kritik am Westen durch den Orient (vgl. Buruma/ Margalit, 2004). Basis dieser Entwicklung ist ein dualistisches Weltbild, das den Westen als rational, dekadent, unmoralisch und gottlos ansieht, eine Positionierung, die sich im modernen Fundamentalismus und in seiner literarischen Verarbeitung der vorliegenden Romanwerke teilweise manifestiert hat.

Was sich aufgrund dieser Entwicklung aber deutlich herauskristallisierte, war eine neuartige Literatur, die sich nicht länger unter die engen national orientierten Kategorien einordnen ließ und die sich kritisch gegen die Mittelmäßigkeit des englischen Nachkriegsromans stemmte und eine neue Konstellation zwischen Schreiben und Biografie eröffnete (Massie, 1990: 1; 3).

Dieser enge Zusammenhang zwischen Biografie und Schreiben in der Fremde bedeutet eine Nähe von Autor und Erzählung:

[...] Second, biographical analyses will tend to posit a strong relationship between the psychology of different situations and characters in a narrative, and that of the author.Narrative in this instance is assumed to be a transparent container, vehicle or transmitter of an individual author's consciousness. Plot, story, events and character in this formulation will be the keys to an author's psychology and vice versa (Cobley, 2001:119).

Mit der Renaissance des Religiösen und dem Wiedererstarken des Islam wird im postkolonialen Roman ein neues treibendes Element implantiert, das nicht nur als Reaktion und Protest auf den europäischen Kolonialismus gesehen werden muss, sondern auch zu einer „recovery or revaluing of indigenous histories“ (Childs/Williams, 1997: 8) dient. Ein zentrales Anliegen ist somit der Versuch, nicht nur die nationale, kulturelle oder religiöse Identität zu erzählen, sondern diese als Kontrast, Provokation oder Ergänzung zu präsentieren. Islam und Islamismus fungieren auch als Gegenpole zur westlichen Dominanz (Ha, 2010: 45; Su 2011: 2). Sie legen im Mutterland England in Englisch Zeugnis von der Situation ab, in der sich viele Moslems befinden. Sie sind somit „ a reflection of other struggles taking place in the real world, struggles between cultures and within ourselves and the influences at work upon societies“ (Rushdie, 1992: 17; Ashworth et al, 2007: 9; 212). Durch die Verwendung des Islam verweisen sie darauf, dass Hybridität und Multikulturalismus bestehende Machtstrukturen verfestigen (Wachinger, 2003:155). Diese Stabilisierung basiert zwar auf dem Hybriditätsgedanken, doch macht die islamische Autorengruppe deutlich, dass sie Identität mit Religion neu verhandeln, wohlwissend, dass es ein Gefühl von Entwurzelung, Verlust und eine Nostalgie für ein verlorenes Zentrum im Menschen gibt (Erickson, 1998; Rushdie, 2010a: 12). Diese Reflexion dieses anderen (islamischen) Standpunktes basiert auf der Verwendung von zentralen Begriffen der postkolonialen Literatur wie Globalisierung, Migration, Erinnerung, Gewalt, Trauma oder hybride Existenz. Diese werden akzentuiert und im Rahmen Diaspora thematisiert. 61 Die literarische Aufarbeitung des Islam erweist sich somit als sehr facettenreich, da der Entwicklungsroman und der Bildungsroman (mit dem Genre des Kriminalromans) vielfältige Möglichkeiten eröffnet (Stein, 2004; Sommer, 2005). Dieser Facettenreichtum findet sich auch im Begriff 'Clash of Civilization'. Vgl. hierzu die Bedeutung der Romane Joseph Conrads Heart of Darkness (1899-1900) und E.M. Forster Passage to India (1924) wo die Bedeutung zwischen der colonizing and colonized world (ibid.: 23) besonders deutlich wird. Conrad und Forster haben hier die Grundkonstellation für das postkoloniale Schreiben gelegt, das sich bis heute gehalten hat und durch ein „trapped in the intercultural conflict‟ (Hurtley/ Kennealley/Zach, 2011: 25) gekennzeichnet ist. Als ebenfalls wichtig werden in diesem Zusammenhang die Werke von Virginia Woolf, George Orwell und Graham Green genannt, die ebenfalls die nationale wie imperiale Expansion Großbritanniens literarisch hinterfragten. Für die Neuzeit wird in diesem Zusammenhang auf Salman Rushdie verwiesen, der in Midnight Children (1981) die Geschichte der Unabhängigkeit Indiens aus der Geschichte der Kolonie schreibt.

[...]


1 Als Blütezeit der Frauenromane können jedoch durchaus das 18. und 19. Jahrhundert angesehen werden. Als neu, ja geradezu revolutionär kann D. H. Lawrences Roman Lady Chatterly’s Lover (1928) angesehen werden, da Lawrence darin weibliche Sexualität neu definierte und dem Frauenbild und seiner Darstellung im Roman neue Wege öffnete.

2 Als Blütezeit der Frauenromane können jedoch durchaus das 18. und 19. Jahrhundert angesehen werden. Als neu, ja geradezu revolutionär kann D. H. Lawrences Roman Lady Chatterly’s Lover (1928) angesehen werden, da Lawrence darin weibliche Sexualität neu definierte und dem Frauenbild und seiner Darstellung im Roman neue Wege öffnete.

3 Das Schlagwort der 'condition of England 'geht auf Thomas Carlyles Werk Past and Present (1843) zurück. Darin geht es u.a. nicht nur um ökonomische, sondern auch um kulturelle Debatten und den Stellenwert des menschlichen Lebens und seiner Werke in einer Gesellschaft, die von Materialismus geprägt ist (vgl. bes. Lodge 1966: 217ff.). In diesem Zusammenhang müssen aber auch Dickens, Disraeli und Eliot genannt werden, die diese Thematik ebenfalls aufgriffen. Die Frage, ob Gaskell jedoch als ein „social-problem novelist“ (Guy 1996: 13) bezeichnet werden kann, sollte offen bleiben, da sie dies eher in Mary Barton tut. Dennoch liegt ihr „emphasis on individual agency, the location of brotherhood in the human nature and the opposition between the moral and the economic“ (Guy 1996: 180), auf einer Thematik, die sich auch bei Lodge und bei Ali findet. Zur condition of England novel vgl. neben Nice Work und Brick Lane folgende Werke:
- Matthew Arnold: Culture and Anarchy (1869)
- Mary Barton: Mrs Gaskell (1848)
- E. M. Forster: Howards End (1910)
- Maggie Gee: The White Family (2008)
- Andrea Levy: Small Island (2005)
- Zadie Smith: White Teeth (2000)

4 In Anlehnung an Raymond Williams werden die Romane der vierziger und fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts, in denen aktuelle soziale und politische Unstimmigkeiten verarbeitet werden, in dieser Arbeit als ´Industrieromane` bezeichnet (vgl. William, R.: „The Industrial Novels“, in: Watt, I. (HG), The Victorian Novel , Modern Essays in Criticism, London, 1971: 142-164, S. 142.) Der Verfasser weist darauf hin, dass diese Romane in der Forschungsliteratur u.a. ´Social-Problem Novels (vgl. Kettle, A.: „The Early Victorian Social-Problem Novel“, in Ford, B. (Hg.), The New Pelican Guide to English Literature, Bd. 6 From Dickens to Hardy, Harmondsworth, 1982:164-181, S.164) und ‚Condition-of England-Novels` (vgl. Sanders, A.: The Short Oxford History of English Literature, Oxford, 1994: 409) genannt werden.

5 Urlaub, W. G.: Untersuchungen zum spätviktorianischen Sozialroman von 1880 bis 1890: Walter Besant, George Gissing, Margaret Harkness und Constance Howell, Diss. Marburg,1976: 86.

6 Wilpert, G. v.: Sachwörterbuch der Literatur, s.v. „Soziale Dichtung“, Stuttgart, 1989: 868.

7 Dies wird auch dadurch deutlich, dass (fast) alle Autoren der Zeit nicht nur Unmoral und Unrecht der Klassenverhältnisse und des Arbeiterelends betonen, sondern auch die Hässlichkeit des Pauperismus. Die Armut zermürbt Leib und Seele, und aristokratische Dandies verbinden sich oft genug mit Arbeitern und sozialistischen Intellektuellen gegen selbstzufriedene Kulturzufriedenheit und den dickfelligen Materialismus des bürgerlichen Mittelstandes.

8 Carlyle, T.: „Chartism“, in: Carlyle, T. Critical and Miscellaneous Essays in Three Volumes, Bd. 3, London, 1839, Nachdruck 1904: 253.

9 Vgl. Ousby, I. (Hg.): Guide to Literature in English, s.v. „Past and Present“: 760.

10 Vgl. Ousby (Hg.): Guide to Literature in English, s.v. „Condition of England novel“: 212.

11 Sanders: History of English Literature: 404.

12 Vgl. Williams, R., „The Industrial Novels“: 142.

13 Bluebooks sind in Großbritannien Regierungsveröffentlichungen, die ihren Namen aufgrund ihres festen, blauen Einbands haben.

14 Urlaub: Zum spätviktorianischen Sozialroman: 87f.

15 Vgl. Williams, R.: „The Industrial Novels“:142–164.

16 Vgl. Kettle: „ Early Victorian Social-Problem Novel“: 166.

17 Vgl. ebd.: 169.

18 Urlaub: Zum spätviktorianischen Sozailroman: 19.

19 Ebd.: 87.

20 Es wird darauf hingewiesen, dass Elizabeth Gaskell im Gegensatz zu anderen Autoren von Industrieromanen die oft erbärmlichen Umstände der Arbeiter und ihrer Familien wirklich kannte. (Vgl. William, R.: „The industrial Novels“: 146). „ [...] strenggenommen [steht] eigentlich nur in Mrs. Gaskells Romanen der Industriearbeiter im Mittelpunkt [...], und sonst [sind] eher das ländliche und städtische Proletariat, Dienstmädchen, Arbeitslose und Hilfsarbeiter Gegenstand der Betrachtung [...].“ (Urlaub: Zum spätviktorianischen Sozialroman: 20). Als Ehefrau eines unitarischen Geistlichen war sie in der Gemeinde wohltätig und hilfsbereit: Sie besuchte Kranke und Bedürftige, eröffnete einen Kindergarten, unterrichtete an den Abenden junge Fabrikarbeiterinnen, lehrte an der Sonntagsschule und übte weitere karitative Tätigkeiten aus (vgl. Pollard, A.: Mrs. Gaskell, Novelist and Biographer, Manchester, 1965: 18f.; vgl. auch Cazamian, L.: The Social Novel in England, 1830–1850, übersetzt u. hg. v. M. Fido, London, 1973: 212f.).

21 Vgl. Kestner, J.: Protest and Reform, The British Social Narrative by Women, 1827–1867, London1985: 4.

22 Der Verfasser dieser Arbeit überträgt den englischen Ausdruck campus novels ins Deutsche, da Lodge selber diesen Begriff benutzt (vgl. Lodge, D.: „Robertson Davies and the Campus Novel“, 1982, in: Lodge, D.: Write On, Occasional Essays 1965–1985 (1986), Harmondsworth, 1988: 169–173.) Des weiteren bestätigt Ulrike Dubber in ihrer Dissertation, dass Lodge neben Malcom Bradbury die Verwendung dieser Bezeichnung bevorzugt (vgl. Dubber, U.: Der englische Universitätsroman der Nachkriegszeit, Ein Beitrag zur Gattungsbestimmung, Würzburg, 1991: 3). Die Begriffsbestimmung stellt wie bei den Industrieromanen ein Problem dar, da es weder in der deutsch- noch in der englischsprachigen Forschungsliteratur eine einheitliche Bezeichnung gibt. Sehr häufig wird im Deutschen von „Universitätsromanen“ oder „akademischen Romanen“ gesprochen, während im Englischen die Begriffe university, academic oder campus novel als Gattungsbezeichnungen dienen (vgl. Dubber: Der englische Universitätsroman: 2f.)

23 Vgl. Dubber, Der englische Universitätsroman

24 Bradbury, M.: „Campus Fictions“, in: Bevan, D. (Hg.): University Fiction, Amsterdam, 1990: 50.

25 Vgl. Bradbury, „Campus Fictions“: 51.

26 Vgl. Bevan, D.: „Introduction“, in: Bevan, D. (Hg.), University Fiction, Amsterdam, 1990: 3.

27 Dubber: Der englische Universitätsroman: 1.

28 Lodge: „Robertson Davies and the Campus Novel“: 171.

29 Vgl. Lodge: „Robertson Davies and the Campus Novel“: 169.

30 So schreibt Lodge, dass C. P. Snows Sequenz Strangers and Brothers und daraus insbesondere der Roman The Masters (1951) in erster Linie den Kampf um Macht behandelt. Dagegen befassen sich die Campusromane von Alison Lurie Love and Friendship und The War Between the Tates primär mit sexuell motivierten Intrigen. In Malcom Bradburys drittem Campusroman, The History Man (1975), der allgemein als sein bester Roman gilt, gehen Sexualtrieb und Machtgier ineinander über (vgl. Lodge: „Robertson Davies and the Campus Novel“: 170.) Der Protagonist Howard Kirk bezeichnet sich selbst als radikaler Soziologe, der alles verändern will. Jedoch ist er äußerst selbstsüchtig und weiß, wie er alle Veränderungen in der Gesellschaft zu seinem Vorteil nutzen kann. Als charakterloser Hochschullehrer benutzt er seine Macht, um mit möglichst vielen Frauen zu schlafen (vgl. Imhof, R.: „Akademia im Roman“, in: Maack, A.; Imhof, R.: Radikalität und Mäßigung: Der englische Roman seit 1960, Darmstadt, 1993: 133f.) „(...)[Kirk is a]n historical rapist. Prodding the future into everyone [he ...] can lay [his ...] hands on.“ (Bradbury, M.: The History Man (1975), Harmondsworth, 1985: 74.).

31 Vgl. Dubber: Der englische Universitätsroman: 1.

32 Vgl. Sanders: History of English Literature: 634f.

33 Da unter der Bezeichnung Campusroman eine Vielzahl unterschiedlicher Werke zusammengefasst werden, kann die beispielhafte Aufzählung von Autoren und Romanen weder vollständig noch repräsentativ sein.

34 Vgl. Ousby (Hg.): Guide to Literature in English, s.v. „Larkin, Philip (Arthur)“: 560.

35 Vgl. ebd., s.v. „Amis, Kingsley“: 25f.

36 Vgl. Sanders: History of English Literature: 634f.

37 Drescher: Lexikon der englischen Literatur, s.v. „Bradbury, Malcom“: 54.

38 Vgl. Drescher: Lexikon der englischen Literatur, s.v. „Bradbury, Malcolm“: 54.

39 Auch in Lodges neuesten Romanen, Paradise News (1991) und Therapy (1995), kommen Charaktere vor, die an einer der Universitäten von Rummidge unterrichten. In Paradise News ist es der Protagonist Bernard Walsh, der als abtrünniger Katholik Theologiedozent geworden ist. Aber seine Lehrtätigkeit spielt, wie die Universität an sich, in diesem Roman nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr entdeckt Bernard die unerwartete Möglichkeit, zu lieben und geliebt zu werden. In Therapy ist es Sally Passmore, die Ehefrau des Protagonisten, Dozentin für Erziehungswissenschaften an der ehemaligen Polytechnic, die im Zuge der Umstrukturierung 1992 zu einer Universität hochgestuft worden ist. Aber Sally ist lediglich eine der wichtigeren Nebenfiguren in diesem Roman, und ihr Beruf ist für das Romangeschehen nicht von essenzieller Bedeutung. Somit passen weder Paradise News noch Therapy, trotz der sehr offenen Begriffsbestimmung, in die Kategorie der Campusromane.

40 Vgl. Sanders: History of English Literature: 635.

41 Weiß, W.: Der anglo-amerikanische Universitätsroman. Eine historische Skizze, Darmstadt, 1988: 22.

42 Vgl. Imhof: „Akademia im Roman“: 132.

43 Blamires, Harry: A Short History of English Literature, London 1974: 472f.

44 Als zwei herausragende Werke sollen hier Kazuo Ihiguros Artist of the Floating World (1986) und Salman Rushdies Midnight’s Children (1981) erwähnt werden.

45 Stellvertretend für viele Autorinnen seien hier nur folgende Schriftstellerinnen genannt: Aritha Van Herk, Helen Carner, Germaine Greers, Elizabeth George und Zadie Smith.

46 Islamische Autoren sind prinzipiell vor folgendem Hintergrund zu sehen:
1. Vom Commonwealth zu post-kolonial
2. Der Postkollonialen Konstellation
3. Der Rolle des Wissens im postkolonialen Paradigma
4. The 'Empire Writes Back'
5. Rewriting als Grenzüberschreitung im Rahmen der Terminologe 'center and periphery'
6. 'Writing at the limit' (Reif-Hülser, 2006:38ff.)
Die Forschung nennt für die Beschreibung der Gesamtsituation der Charakterdarstellung immer wieder die Begriffe Globalisierung, Exodus, Hybridität oder Diaspora. Gerade der letzte Bergiff wird immer wieder durch 'migration', 'immigration' und 'displacement' (ibid. 150) erweitert und eine Grundkonstellation für Menschen beschreibt, "in that they are displaced from a homeland that is connected to language, religion and a sense of cultural belonging" (Edwards, 2008: 150).

47 Die Vorsilbe "post" bedeutet keine Überwindung des Kolonialismus und ist bis heute Gegenstandkontrovers geführter Debatten (vgl. u. a. Mayanja, 1999: 37-55; Ashcroft/Griffiths/Tiffin, 2000: 187 ff.) Auffallend ist im Zusammenhang mit der Diskussion in der postkolonialen Literatur der Hinweis auf die Bedeutung des Begriffs „hybrid“. Zum Zugang von hybriden Texten aus einem translationswissenschaftlichen Blickwinkel betrachtet vgl. Schäffner/Adab (2001). Zur Bedeutung des Hybriditätsbegriffs im linguistischen, politischen und rassistischen Zusammenhang vgl. u.a. Ashcroft, Griffiths/Tiffin, 2000: 279. Zur Kritik am Begriff „postkolonial“ in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts vgl. Slemon, 1995: 7; Huggan, 2001: 279. Bakhtin (2002) sieht diesen hybriden Ansatz für Literatur im Allgemeinen und für den Roman im Besonderen, wenn er sagt: „Every novel, taken as the totality of all the languages and consciousnesses of language embodies in it, is a hybrid” (ebd.: 237).

48 Zur Kritik an Said s. bes. MacKenzie (1995); vgl. auch Hanna (2009).

49 Dort erfolgte durch diese Autorengruppe eine Komplettierung der klassischen Themen, wie race, gender, class durch religion und (wie bei farbigen Schriftstellern) eine Betonung des Aspektes location durch den Handlungsort einer Global City (Procter, 2003; Cuevas, 2008; Rupp, 2010). Schabert (2006) spricht in diesem Zusammenhang ebenfalls von einer enormen literarischen Aktivität und Kreativität der Vertreter dieser Immigrantenliteratur, die zunächst wegen der großen Anzahl afrikanischer Autoren unter dem Schlagwort Black subsumiert wurden. Schabert stellt ebenfalls fest, dass die meisten Erstlingswerke dieser Autorengruppen autobiografisch waren, Hauptthemen waren Anpassungsschwierigkeiten basierend auf unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen im Mutterland England. Seit Neuestem ist ein Trend zur Beschreibung des Lebens in England festzustellen (ebd.: 379/380). Stein (2004) betont im Zusammenhang mit den Schlagwörtern Black Literature und Asian British die Bedeutung der Veränderung der Protagonisten und der sie umgebenden englischen Gesellschaft. Im dritten Kapitel vertieft er diese Idee von der Konzeption des Bildungsromans herkommend dahingehend, dass es für die Hauptpersonen keine Rückkehr ins Mutterland geben kann. Zentraler Begriff für Stein ist in Anlehnung an den Hybriditätsbegriff eine ´postcolonial polyphony` (ebd., S. 14). Anzumerken bleibt, dass der Migrationsbegriff in der Forschung zusehends durch die Bezeichnung „Exil“ ersetzt wird. Für farbige Autoren scheint der Begriff cultural memory eine zentrale Rolle einzunehmen (Rupp, 2010). Zur weiteren Analyse der Begriffe memory und identity im gegenwärtigen englischen Roman vgl. Birke (2008).

50 Das Schlagwort „postkolonial“ kann aber als Reaktion und Folge von kolonial angesehen werden. Kolonialismus selbst beschreibt diejenige Zeitspanne, die die wirtschaftliche und kulturelle Ausbeutung der europäischen Kolonialländer in ihren Kolonien abdeckte. Dieser Zeitraum war gekennzeichnet durch die Gegensätze von Ausbeutung der verschiedensten Art. Um die wirtschaftliche und kulturelle Ausbeutung zu legitimieren, kam das Schlagwort von der Bürde des weißen Mannes auf. Kipling trifft den Nerv der Zeit mit seinem Gedicht The White Man's Burden (1899). Hier kulminiert die Theorie der Polarität zwischen gebildeten weißen Gebenden und ungebildeten und ungehorsamen Wilden. Das Resultat war eine europäische Interpretation von Kultur, Politik und Religion in den Kolonien. Historiker benutzen den Begriff „postkolonial“ als chronologische Entwicklung für den Zeitraum nach der Entkolonisierung. Nichtsdestoweniger wurde diese Terminologie seit den späten 70er Jahren des letzten Jahrhunderts von Literaturkritikern vermehrt dazu benutzt, um die kulturellen Auswirkungen von Kolonisation sowie deren politische und linguistische Konsequenzen zu beleuchten. Postkoloniale Literatur ist somit ein Produkt ehemaliger Kolonialländer oder deren sprachliches Resultat. Unter „kolonialen“ Autoren werden zum Beispiel Joseph Conrad, Rudyard Kipling, Somerset Maugham, Lawrence Durell oder Joyce Cary mit Teilen ihrer Werke subsumiert. Zu den „antikolonialen“ Vertretern zählt die Forschung u.a. Chinua Achebe oder Ngugi wa Thiong`o, zu den ´postkolonialen Vertretern Qaisra Shahraz, Hanif Kureishi oder Salman Rushdie. Die Begriffe „Kolonialismus“ und „Postkolonialismus“ spielen unterschwellig betrachtet eine tragende Rolle in vielen modernen Romanen, da diese ohne die Erfahrung und Beschreibung von Kolonialisierung und postkolonialen Entwicklungen nicht hinreichend verstanden werden können. Denn “postcolonialism is both the aftermath and the reaction against colonialism” (Whitla, 2010: 306). Die literarische Nähe dieser beiden Begriffe, ist durch das Bemühen gekennzeichnet, eine andere Perspektive des Erzählens einzubringen, über die Khair (2009) zutreffend, wenn auch einschränkend sagt: „But again and again, postcolonialism runs into the problem of narrating otherness“ (ebd.: 147).
Die Vielfalt dieser Beschreibung des anderen reicht dabei von den Themen „Geschlecht“, „Sexualität“, „Rasse“, „Kultur“, „Klasse“, „Nationalität“ oder „Religion“ hin zu einer Mischung dieser Themenfelder (Edwards, 2008: 1; 132; 171).
Das Ergebnis dieser Analyse kolonialer und postkolonialer Existenz ist die Beschreibung von Menschen, deren Leben gerade den westlichen Leser zum Nachdenken anleiten möchte, denn “… postcolonial life-writing may prove equally useful in teaching the West a more credible and crediable conception of its place in the contemporary world“ (Moore-Gilbert, 2009: 130),

51 Diese Mythen zeigen sich vor allem im westlichen Bild des Orients, das ein Konstrukt von Romantik, Exotik und Abenteuer war. Islamisch geprägte Autorinnen und Autoren kehren dieses Bild um und verweisen darauf, dass Islam und Islamismus eine beträchtliche Rolle in der modernen politisch- intellektuellen Kultur einnehmen und damit Teil unserer Welt sind (Said, 1995: 91; vgl. auch Said, 1978; Bhabha, 1994). Als Produkt des “cultural transfer” (Mitchell, 1995a: 475) steht diese Gruppe zwischen den schwach gewordenen imperialen Mächten und deren ehemaligen Kolonien und die Pole ihres Schreibens rangieren zwischen Widerstand und Repräsentieren. Dabei verweisen sie auch auf die Diskrepanz des Selbstbildes Europas als tolerantem multiethnischem Staatenverbund und seinem Anspruch mit ethnischer Diskrepanz umzugehen (Hutchinson, 1996: 375).

52 Boehmer (1995) ergänzt diesen Gedanken und stellt fest: „From such evocations it becomes evident that, in migrant writing, the earth-changing cultural metamorphoses which first began at the time of colonization have impacted resoundingly on the West. The transplantation of names, the mixing of languages, the diversification of tastes which developed during empire have been further amplified by coming ‘home’ to the old and now polyglot colonial metropolis. Cultural formations such as the novel, hybridized on the colonial outskirts, are now more intensively hybridized by being returned to the post- imperial Western city which, too, is irrevocably transformed“ (ebd.,: 234).

53 Islamische Autoren describe beschreiben den Menschen in der ihn umgebenden 'postcolonial situation' (ibid.1). Gemeint ist damit die Dominanz, in der die Figuren ihr Leben entwerfen müssen. (Hardwick/Gillespie,5). Vgl hier auch die Ausführungen von Hardt/Negri (2000) in Bezug auf den Begriff 'Empire', die für die momentane Gesamtsituation (auch des postkolonialen Schreibens) die Verbindung der europäischen Tradition zum antiken Rom herstellen, auch um auf den totalitären Anspruch dieser Terminologie aufmerksam zu machen und auf die kulturelle Dominanz des Westens verweisen, die wiederum massive Einflüsse auf Charakterentwicklung und Charakterkonstellation hat (zum Begriff Empire s.bes. Willis, 2009: 329-349).

54 Diese Rückkehr des Religiösen geschah zu einer Zeit, die Wright (1988) als “decline of orthodox Christianity” (ebd.: 5) beschrieben hat und die unter dem Schlagwort „New Atheists“ geführt wird (vgl. die Werke von Harris (2004), Dennett (2006), Dawkins (2006) und Hitchins (2007)). In diesem Zusammenhang geht es auch um die Frage, ob die Diskussion um den Religionsbegriff in der gegenwärtigen englischsprachigen Literatur durch die Autorengruppe mit islamischem Hintergrund begonnen und belebt wurde oder gar als Gegenposition zur Gruppe der New Atheists angesehen werden muss, die Religion im Allgemeinen und den Islam im Besonderen als irrational, unmoralisch und gewalttätig ansieht (Bradley/ Tate, 2010: 2-7). Zur Kritik an den ´New Atheists` vgl. bes. Midgely, 2002: 1, 34; Taylor, 2007: 606/607; Bradley/Tate, 2010: 105; 109. Neu war nicht nur die Begegnung mit einer anderen, fremden Religion – und damit eine Aufweichung der ehemaligen starren Grenzen des Weltlichen und Religiösen (Davie, 1994: 41) –, sondern auch eine Verlagerung von ehemals rein theologischen Begriffen wie „Erlösung“, „Gnade“, „göttliche Vorsehung“ oder „Kismet“ auf den weltlichen und religiösen Bereich des Menschen. Die Ergebnisse vom 11.September 2001 brachten eine Intensivierung dieser Entwicklung, denn sie zogen eine Präsentation des Islamismus mit sich, die der westliche Leser bis dahin nicht gekannt hatte. Diese erwies sich oft als “irrational, in thrall to a medieval mythology, utterly incurious about the world outside it, politically, intellectually, and sexually repressive, and of course, deeply in love with violence” (Bradley, 2009: 22). Das Ergebnis war (für den westlichen) Leser die Begegnung mit der fundamentalistischen Form des Islam, die von McEwan (2007) mit „totalitarian pathology“ (ebd.: 352) umschrieben wird.

55 Die Großstadt als Handlungsort wird nicht nur als „neues Babylon“ bezeichnet (King, 1980: 47), sondern als ein Platz, der die Metamorphose der Charaktere intensiviert und einen Mix aus Schicksalen, Kulturen oder Religionen bietet. Die Auswahl von London als Haupthandlungsort etwa ist bewusst gewählt, denn London ist “a semi-detached signifier: it is and is not Britain; it is and is not the world” (Ball, 1996: 9).

Damit erweisen sich die Großstadt allgemein und London im Besonderen als Ort von Wandel, über den McLeod (2004) in seinem Buch Postcolonial London. Rewriting the metropolis sagt: „First and foremost, then, Postcolonial London is a book about change: cultural, social, political, aesthetic” (McLeod, 2004: 4).

Die Positionierung des Islam in genau diesem Rahmen macht deutlich, dass die Religion bewusst als Gegenpol zu diesem Wandel benutzt wird. Damit wird die Stadt zu dem Ort, wo alte und neue Konzepte von national–kultureller und damit auch religiöser (Anm. des Verf.) Identität neu verhandelt werden können (Wachinger, 2003:157; Varma 2012)..

56 Das Ende des Zweiten Weltkrieges und der Verlust vieler Kolonien brachten eine Demontage der bis dahin geltenden imperialistischen Ideologie und der in ihr integrierten Vorstellung einer militärischen und kulturreligiösen Überlegenheit Europas mit sich.
- Dieses Umdenken basierte auf fünf Hauptargumenten:
1. Ökonomische Begründung: Ein Hauptmotiv war pures Profitstreben und die Chance auf Eröffnung neuer Märkte.
2. Innenpolitische Begründung: Die Überbevölkerung Englands bedingte Auswanderungswellen, bevorzugt nach Südafrika.
3. Moralisch-politische Begründung: Das Aufkommen der Idee von staatlicher Selbstbestimmung aller Staaten gewann zunehmend an Bedeutung. Dieser Ansatz wurde aber ironischerweise dadurch konterkariert, dass die geistigen und politischen Eliten der Kolonien durch den Zugang zu westlichem Gedankengut politische Freiheit, demokratische Konzepte und damit nationale Souveränität einforderten.
4. Ethnische Begründung: Die soziale Kategorie „Rasse“ und die Überlegenheit der weißen Rasse insgesamt wurden in die Terminologie „ethnische Gruppe“ umfunktioniert. Die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe basiert ihrerseits auf Komponenten wie Sprache, Sitten sowie Gebräuche und Religion.
5. Religiöse Begründung: Die Implantierung des Christentums in den Kolonien brachte europäische Vorstellungen von Erziehung, Familienleben und Moral mit sich. Diese wurden meist über christliche Ansätze transportiert und das Christentum wurde prägendes Element des kulturellen Imperialismus.

57 Das Zurückschreiben als Anklage des Unrechts postkolonialer Folgelasten wird von postkolonialen Autoren auch als ‘Caliban motiv’ benutzt. Diese Autoren klagen an, so wie Caliban es gegenüber Prospero tut, wenn er den Gebrauch der englischen Sprache als Möglichkeit benutzt das Kolonialland zu verfluchen : “You taught me language and my profit on't/ Is I know how to curse.” (Shakespeare, 1611, Act I, Scene 2).
Das Ergebnis ist ein (meist kritisches) literarisches Zeugnis von den Verhältnissen von Geschlecht und Politik, Klasse und Politik sowie Religion und Politik (Bhabha, 1994: 171). Zur näheren Analyse des Schlagwortes „The Empire Writes Back“ vgl. Brown (2005). Brown sieht dieses Schlagwort im Zusammenhang mit der Thematik postkolonialer Literatur als eine Art Metaerzählung, die nicht nur zwischen Englishness (im Sinne imperialer Identität) und Britishness (als multikulturelle Vorstellung) unterscheidet, sondern auch für die Konzeption kultureller Hybridität verantwortlich ist. Basis ist für ihn eine in diesem Begriff implizierte innere Dynamik, die sich automatisch aus der Konstellation von Zentrum (Mutterland England) und Peripherie (ehemalige Kolonien) ergibt und vielfältige Möglichkeiten eröffnet.

58 Islamische Autoren sind vor dem kolonialen Hintergrund und dem aktuellen 'clash of civilisations' zu sehen. Das Verhältnis zwischen dem Islam und dem Westen wurde vor allem von Saids These geprägt, dass der Westen seine kulturelle und politische Einheit damit zu erklären versucht, dass der Orient schwächer sein als der Okzident. Dies hat -so Said- viele Gründe. Diese reichen von einer kulturellen und politischen Differenz des Ostens bis zu seiner Rückständigkeit, seinem Fatalismus und seiner Frauenfeindlichkeit:
Orientalism is a style of thought based upon an ontological and epistemological distinction made between „the Orient‟ and (most of the time) „the Occident.‟ Thus a very large mass of writers, among whom are poets, novelists, philosophers, political theorists, economists, and imperial administrators, have accepted the basic distinction between East and West as the starting point of elaborate theories, epics, novels, social descriptions, and political accounts concerning the Orient, its people, customs, „mind,‟ destiny, and so on (Said, 1978: 3).
Die kritische Rezeption dieses Buches, das 1978 erschien, verursachte einen langen Nachhall der darin vorgebrachten Thesen in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen. „Wie die meisten einflussreichen Ideen in den Humanwissenschaften wurde diese Vorstellung praktisch in demselben Augenblick attackiert, indem sie artikuliert wurde; je klarer die Artikulierung, desto intensiver die Attacke.‟
Im ethnologischen ebenso wie im anthropologischen Kontext, in literatur- und kulturwissenschaftlichen, in historischen wie in soziologischen Diskursen ist „Orientalism‟ inzwischen eine Größe geworden, die sich aus dem Orinetalismus-Diskurs, wie Said ihn entwickelte, herausgelöst und verselbständigt hat. Überall dort, wo es um die Beschreibung von Abhängigkeiten, und kulturellen Stereotypisierungen und um das schwierige Verhältnis vom Eigenen zum Fremden in kultureller, religiöser oder politischer Hinsicht geht, taucht ‚Orientalismus’ als Beschreibungskategorie auf. In jedem Falle ist ‚Orientalismus’ ein Begriff, der von Machtgefälle reflektiert und in dieser Funktion als Metapher auftritt. Said selbst formuliert das folgendermaßen: „I myself believe that Orientalism is more particularly valuable as a sign of European-Atlantic powert over the Orient than it is as a veridic discourse about the Orient‟. (Said, 1976: 6)

59 Diesen erweiterten Ansatz sieht auch Su (2011). Für ihn bietet die Autorengruppe mit Interesse an islamischen Themen mehr als nur eine Abrechnung mit dem alten Empire. Ihr Einbringen des Islam bei Charakter- oder Gesellschaftsanalyse bietet die Möglichkeit moderne Realität insgesamt genauer zu verstehen (ibid.: 3). Su (2011) operiert in diesem Zusammenhang mit dem Begriff ´imagination`. Für ihn bietet die Verwendung von Islam für den westlichen Leser die Möglichkeit, sich mit einer fremden Religion und einem unbekannten Kulturbereich auseinanderzusetzen, indem sie hypothetisch (mit ihrer Vorstellungskraft) die Welt von einem fremden Standpunkt aus betrachten (ibid.: 8). Damit setzt er diese Autorengruppe in die Nähe von afrikanische Autoren wie Ngũgĩ wa Thiongo oder Achebe sowie Schriftstellern der First Nations in Amerika, Kanada, Australien oder Neuseeland. Gleichzeitig macht er deutlich, dass das Fehlen von ´imagination`in den gängigen Theoriemodellen einen Fehler darstellt, den es zu korrigieren gilt (ibid.: 12). Durch diesen Ansatz wird offensichtlich, dass islamische Autoren und ihre Romane nicht nur in einer Spannung zwischen der langen und komplexen Geschichte der modernen Diskussion um diesen Begriff stehen, sondern auch Beispiel für die gegenwärtige kulturelle, politische und erkenntnistheoretische Krisen sind aus der heraus sie geschrieben wurden.

60 Diese Schnittstelle wird durch zwei Ansätze bestimmt. Zum einen schreibt diese Autorengruppe bewusst in Englisch, zum anderen jedoch über eine dem Englischen fremde Kultur und Religion. Dadurch machen sie deutlich, dass englischsprachige Literatur nicht nur eine Geschichte von Literatur in Englisch sein sollte, sondern auch als Integration von fremden Kulturen und Religionen verstanden werden muss. 60 Zur genaueren Analyse des Diasporabegriffs in diesem Zusammenhang vgl. bes. Cohen (1997). Cohen unterscheidet mehrere Arten von Diaspora. Diese sind victim diaspora, labour diaspora, imperial diaspora, homeland diaspora und cultural diaspora. Vgl. hierzu auch Appadurai (2003); Gilroy (2003).

61 Die Autorengruppe, die Islam und Islamismus benutzen, gehören somit zur Gruppe jener postkolonialer Schriftsteller, die notwendigerweise auch politisch operieren und über die Kamada (2010) feststellt:
Postcolonial writers lack the luxury of an ahistorical landscape. The landscape they write about is necessary politicized, their own subjectivities are intimately implicated in both the natural beauty as well as the traumatic history of the place (ibd.: 3; vgl. auch Ende (2000: 2)).

62 Diese Entwicklung stellt eine Neuerung innerhalb des Verhältnisses von Religion und Literatur dar. Konnte für das 18. und den Großteil des 19. Jahrhunderts aufgrund des christlich geprägten Großbritanniens noch eine untrennbare Nähe zwischen theologischen, philosophischen, wissenschaftlichen, historischen und politischen Diskussionen konstatiert werden (Knight/ Mason, 2006: 3) so änderte sich dieser Ansatz Mitte des 20. Jahrhunderts durch die Auflösung der Kolonien, die einsetzenden Migrationsströme und die Globalisierung. Diese These berührt die Frage der Rückkehr des Religiösen in die Literatur insgesamt. Der beginnende Kapitalismus des 19. Jahrhunderts wurde nicht nur Teil der westlichen Identität, sondern er zog eine Vielfalt von Entwicklungen im kulturellen Bereich mit sich. In der Literatur wurde der konservative Imperialismus als die Erzählung von historischen Ereignissen Gegenstand gerade der colonial und postcolonial studies. Nachdem der Imperialismus von der Globalisierung abgelöst wurde besetzen islamisch geprägte Autoren mit ihren verschiedenen Schichten von islamischer Identität im Westen die literarische Auseinandersetzung von Islam und Westen. Diese Auseinandersetzung zwischen Islam und Westen geschieht meist (wie bereits erwähnt) im Kristallisationspunkt der modernen Stadt. Die Stadt fungiert hier als Fokus moderner menschlicher Identitätsproblematik (Deny, 2009: 14;17). Die Hinzunahme des Islam wird als Gegenentwurf zur auftretenden Orientierungslosigkeit und Identitätskrise verstanden, auch wenn sie teilweise nur als temporäre und fragmentarische Orientierungsachse fungiert und darauf aufmerksam macht, dass moderne Identität permanent erarbeitet werden muss (ebd.: 278). Damit gelingt dieser Autorengruppe eine Erweiterung des bekannten Ansatzes der „representations of pastoral Englishness“ (Su, 2011:17), die im optimalen Fall des Dialoges zwischen Autor, Charakter und Leser einen neuen Zugang zur Realität ermöglicht. Su (2011) sagt im Zusammenhang über die Diskussion einer kritischen Auseinandersetzung mit der Thematik Englishness folgendes: "Representations of pastoral Englishness have been central to this project since the eighteenth century; in the context of contemporary British literature, they provide a generic mode of identifying an alternative, anti-imperial history of Englishness that is meant to serve as the basis for a postimperial national identity” (ibd.: 17).

Final del extracto de 83 páginas

Detalles

Título
Westliches und islamisches Frauenbild in Elisabeth Gaskells "North and South" (1854), David Lodges "Nice Work" (1988) und Monica Alis "Brick Lane" (2003)
Subtítulo
Oder: Die AndersFrau
Autor
Año
2015
Páginas
83
No. de catálogo
V294204
ISBN (Ebook)
9783656919162
ISBN (Libro)
9783656919179
Tamaño de fichero
757 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Frauenbild, westtliches Frauenbild, islamisches Frauenbild, North an South, Nice Work, Brick Lane
Citar trabajo
Matthias Dickert (Autor), 2015, Westliches und islamisches Frauenbild in Elisabeth Gaskells "North and South" (1854), David Lodges "Nice Work" (1988) und Monica Alis "Brick Lane" (2003), Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294204

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Título: Westliches und islamisches Frauenbild in Elisabeth Gaskells "North and South" (1854), David Lodges "Nice Work" (1988) und Monica Alis "Brick Lane" (2003)



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