Die Ambivalenz der Moderne bei Zygmunt Bauman


Trabajo, 2015

26 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhalt

1 Vorwort

2 Nationalstaat

3 Ordnung und Ambivalenz der Moderne
3.1 Der Garten
3.2 Die Wissenschaft
3.3 Das Fremde

4 Antisemitismus in der Moderne
4.1 Inkongruenz der Juden
4.2 Das prismatische Bild der Juden

5 Moderne als Mittel der Vernichtung
5.1 Unsichtbarkeit – der Feind der Moral

6 Weitere Kritik an Baumans Ausführungen

7 Fazit und eigene Einschätzung

8 Quellen

9 Literatur

1 Vorwort

Zygmunt Bauman sieht sich selber als „outsider“, ist jedoch einer der wichtigsten Soziologen, der aus postmoderner Sicht die Ordnung der Moderne, sowie die damit verbunden Ambivalenz betrachtet.1 Diese Arbeit setzt es sich zum Ziel die zentralen Aussagen Baumans aus den Werken Dialektik der Ordnung und Moderne und Ambivalenz herauszuarbeiten und die Rezeption dieser Werke in der Literatur darzustellen. Kernfragen werden hierbei die ordnenden Ambitionen der Moderne und den Nationalstaat behandeln. Hierbei gilt es die Begriffe Nation und Moderne genauer zu betrachten und zu definieren. Im Anschluss werden die Folgen der Charakteristika dieser beiden Begriffe erläutert und in Verbindung mit dem Antisemitismus und dem Holocaust gestellt. Warum gelang es in dieser Epoche ein so massives Feindbild zu schaffen? Wie konnte es nach Bauman gelingen, eine Bevölkerung zum Massenmord zu bewegen? Kritikpunkte zu all diesen Themen werden an den passenden Stellen angefügt und kommentiert werden. Themenübergreifende oder themenexterne Kritik wird zusätzlich in einem einzelnen Kapitel, dem Fazit vorausgestellt, dargestellt werden. Eine eigene Einschätzung der Werke Baumans und somit auch der in der Literatur geäußerten Kritik wird im Rahmen des Fazits folgen.

Innerhalb der Schriften Baumans sind Parallelen zu erkennen, laut Salzborn zu viele, um sie als eigenständige Werke aufzufassen. Dieser Kritikpunkt wird gleich zu Beginn dieser Arbeit aufgegriffen, da sich weitreichende Parallelen nicht abstreiten lassen, sie sich aber in der Verzahnung der Fragestellungen und Probleme erklären. Es ist gar unmöglich diese Arbeit so zu strukturieren, dass linear einem roten Faden gefolgt wird, ohne Rück- und Vorgriffe auf andere Kapitel zu vollziehen. Dies führt auch die massive Kritik, die Baumans Werk nah an die Schwelle des Eigenplagiats rückt, ad absurdum: Lars Rensmann wies auf die massiven Übereinstimmungen zwischen „Modernity and the Holocaust“ und „Dialektik der Aufklärung“ hin, wobei Bauman selbst nicht auf diese Gemeinsamkeiten eingeht. Es ist zwar richtig ist, dass Bauman selber keine Begründung dieser Doppelungen anführt – sie aber wahrscheinlich für selbsterklärend hält. 2

Im Folgenden soll nun zunächst das Konzept des Nationalstaats erklärt werden, um im Anschluss die Wechselwirkungen mit der Moderne zu erläutern.

2 Nationalstaat

Bauman spricht von „Universalisierungsehrgeiz“, der durch Aufklärung und die Französische Revolution und dem damit verbunden entstehenden Nationalstaat aufkam. Hatte vor der Aufklärung noch eine Ständeordnung mit strikter gesellschaftlicher Ordnung und somit massiven Unterschieden in der Gesellschaft geherrscht, gab es in der nun entstehenden Moderne und dem Nationalstaat eine Auflösung eben dieser Strukturen. Moderne und Nationalstaat machten es sich zur Aufgabe die Gesellschaft zur „Gleichförmigkeit“ zu bringen. Bauman spricht in diesem Kontext auch von einem „kulturelle[n] Kreuzzug“, mit dem alle vor dem Gesetz gleich gemacht werden sollten, „mit Ausnahme derer, die von der modernisierenden Elite als minderwertig eingestuft wurden: als Zeichen oder Stigmata der Rückschrittlichkeit, Zurückgebliebenheit, geistigen Minderwertigkeit oder, in extremen Fällen des Wahnsinns“.3

Im Rahmen der Gleichmachung der Gesellschaft stechen eben diese Gruppen hervor, die die Gleichmachung gefährden. Alles was anders oder fremd ist, bedroht die eindeutige - von der Moderne angestrebte - Ordnung. So wird „das Bild einer Moderne als Schlachtfeld des Kampfes gegen die Ambivalenz (dieser Aspekt wird später ausführlicher erläutert) präsentiert, weil Ambivalenz jeden Versuch zur Rationalisierung oder zur Herstellung einer eindeutigen Ordnung gefährdet.4

Die Nationalstaaten fördern, laut Bauman, den „Nativismus und erklären ihre Mitglieder zu »Eingeborenen«. Sie unterstützen ethnische, religiöse, linguistische und kulturelle Homogenität.“ Der „moderne Staat verbreitete eigene Muster und eliminierte alle anderen. Der Nationalstaat forderte „kulturelle Konformität“ von seinen Mitgliedern ein. Staatsangehörigkeit und kulturelle Konformität scheinen zu verschmelzen.5

Bauman schließt sich Hannah Arendt an, nach dessen Ansicht die Juden ein nicht nationales Element innerhalb der entstehenden Nation darstellten:

„Schon allein aufgrund ihrer geografischen Zerstreuung und Allgegenwart waren die Juden international [sic], eine Nation ohne Nationalität. Allerorten wurde an ihrem Beispiel vorgeführt, wie relativ und begrenzt individuelle Identitätsstiftung und regionale Interessensorientierung waren, die ja erst durch das Kriterium der Nation in letzter Instanz festlegbar schienen. […] Die in Nationen und Nationalstaaten zergliederte Welt verabscheute das nichtnationale Vakuum. Die Juden besetzten diese Leere, ja schienen sogar diese Leere selbst zu sein.“6

Die Kapitel des Fremden und der Inkongruenz werden später hierauf weiter eingehen. Zunächst soll folgend jedoch erklärt werden, warum diese Leere, nicht als Nation definierbare Menschenmasse in der Moderne als unpassend angesehen wurde. Hierzu werden der moderne Drang zur Ordnung des Chaos und die damit verbundene Ambiguität und die hieraus folgende Ambivalenz genauer betrachtet.

3 Ordnung und Ambivalenz der Moderne

Zygmunt Bauman betont, dass die „Soziologie vor diesem Hintergrund immer ein ambivalentes Verhältnis zur Gemeinschaft“ hatte. Die Gemeinschaft ist aufgrund von Ambivalenz als ein fragiles Konstrukt anzusehen.7 Die Moderne versucht mit ihrem Drang nach Ordnung (der laut Bauman die Definition der Moderne darstellt), die Welt in ein Raster zu zerren („Ordnung und Chaos sind moderne Ideen. Sie entstanden zusammen“8 ). Das Raster ist also Kernpunkt der Moderne, somit sind Taxonomie, Klassifikation, Inventar, Katalog, und Statistik […] vorherrschende Strategien der modernen Praxis“. Junge spricht, bei dem Versuch der Moderne durch Ordnung des Chaos die Kontrolle zurückzugewinnen, auch von einer Ordnung, die als „Wissensordnungen“ zu definieren ist.9 Die Welt ist jedoch nicht geometrisch, so Bauman, nicht in ein Raster zu zerren.10

Jedoch ist die Ambivalenz nicht nur ein Punkt, in dem die Moderne scheitern muss, sondern sie ist zugleich auch die Lebensgrundlage der Moderne. Bauman spricht von einer „Haßliebe“. Die Moderne ist auf ihrer immerwährenden Mission Ambivalenz zu bekämpfen.11

Die Moderne versucht durch Fragmentierung die Welt zu unterteilen. Eine solche Fragmentierung „verwandelt das Problem-Lösen in eine Sisyphusarbeit und macht das Werkzeug des Ordnung-Schaffens untauglich“. Zwar wird es vereinfacht die Augen vor der Größe der unlösbaren Aufgabe zu verschließen, bedingt jedoch auch das Mehr an anstehender Ambivalenz.12

Matthias Junge fasst es wie folgt zusammen:

„Keine Klassifikationsordnung kann perfekt sein. Diese Imperfektion bedingt zugleich die Entstehung von Ambivalenz und Ambiguität, denn Orientierung anhand ambiguer Klassifikationen bereiten den Boden für ambivalente Handlungs- und Erlebnisorientierung.“13

Junge nutzt hier zusätzlich den Begriff der Ambiguität, den Bauman nicht benutzt. Laut Junge muss hier jedoch unterschieden werden, auch wenn beide Begriffe stets im Zusammenhang auftreten. Ambiguität ist somit mit Vieldeutigkeit, Ambivalenz dagegen mit Mehrwertigkeit von Bewertung zu definieren. Der Zusammenhang dieser beiden Begriffe begründet sich in der „Orientierung des Handelns und Erlebens an ambiguen Klassifikationen“, was wiederum zu Ambivalenz führt, „weil Ambiguitäten auf der Handlungsebene in ambivalente Wertbezüge der Orientierung umschlagen.“ Ebenso sei dadurch aber auch der Übergang von der Moderne zur Postmoderne als fließend zu beschreiben, da ambigue Definitionen und damit bedingte Valenz weiter existent bleiben, und eben dies die Definition der Moderne darstellte.14

Steven Seidman kann nach den Erkenntnissen dieser Arbeit nicht widersprochen werden, wenn er an Baumans Ausführung kritisiert, dass dieser seine Definition von Moderne nicht verortet, sie kaum, bis gar nicht definiert:

„For example, I am troubled by his use oft he concept of modernity. This concept is said to refer to a historical epoch that originated in the seventheenth century in the West and presumably has dominated human history since. Bauman speaks the modern project or the modern subject or experience without taking into account considerations of time, race, gender, religion, class, or sexuality, as if these amount to minor, secondary variations on the essential meaning of modernity. […] Bauman’s failure to specify or locate the subject of his own discourse takes its revenge in a text that unfortunately perpetuates blatantly androcentric and heterosexist biases. This is a postmodernist whose intellectual temperament, if not moral vision, is still very modernist. This is perhaphs ironic, since Bauman has little good to say about modernity.“15

Kritiker Claussen bezeichnet die Ambivalenz nach Bauman als eine leere Worthülse mit der simplen Bedeutung von Zweideutigkeit. Ein nach Claussen zu oberflächlicher Begriff, mit dem sich die damalige Situation nicht begreifen, nicht bedenken lassen kann.16 – Hier sollte jedoch entgegengehalten werden, dass Bauman es eben schafft mit einem simplen Begriff einen Kernpunkt der Moderne und ihren ordnungsschaffenden Ambitionen aufzudecken. Auch hier muss angeführt werden, dass Bauman es sich zum Ziel gesetzt hat, ein Thema, dass aktuell fast ausschließlich der Fachliteratur der Soziologie zugänglich ist, wieder einem breiteren Publikum bereitzustellen. Baumans Werke sind auch ohne fundierte sozialwissenschaftliche Vorkenntnisse lesbar:

„Der Zweck der in dieser Untersuchung vollzogenen Analyse ist nicht, einen weiteren Beitrag für eines der Spezialgebiete der Sozialwissenschaften zu liefern, sondern die Ergebnisse von Spezialuntersuchungen allgemein zugänglich und ihre Relevanz für deren Untersuchung deutlich zu machen und sie somit in den Fokus der sozialen Theorie und Praxis zurückzuführen.“17

Im Folgenden sollen nun eben diese Prozesse beschrieben werden, die die Moderne nutzte, um Ambivalenz zu bekämpfen – hierzu wird zunächst Baumans Metapher des Gartens genauer erklärt werden.

3.1 Der Garten

„Zygmunt Bauman macht [dies] […] anhand der Metapher des Gärtners deutlich: Der Gärtner, der eine bestimmte Vorstellung hat, welche Gartenordnung zu verwirklichen ist, entscheidet zugleich darüber, welche Blumen wachsen dürfen und welche als Unkraut ausgerissen gehören. In ähnlicher Weise entscheiden Vorstellungen über die gesellschaftliche Ordnung darüber, welche Akteure inkludiert werden können und welche Akteure ausgeschlossen werden müssen.“18

Diese gärtnerischen Ambitionen sind laut Bauman als typisches Phänomen des Nationalstaates zu verstehen, der „die Aufgabe der Kultivierung von Gefühlen und Fähigkeiten übernahm, die auf andere Art kaum zustande gekommen wären“. Doch der Nationalstaat war nicht in der Lage seine Ziele zu erreichen. Wäre er es gewesen, so „würde kein Fremder mehr in der Lebenswelt der Staatsbürger, die zu Eingeborenen und Patrioten gemacht wurden, übrigbleiben.“19

Die Gartenmetaphorik muss sich negativer Kritik von Salzborn stellen. Er sagt, sie sei „metaphorisch schon deshalb in Bezug auf die moderne Gesellschaft untauglich“, da der Garten im Unterschied zu dieser „tatsächlich eine organische Grundlage hat, Menschen überdies gesellschaftlich interagieren und eine politische Organisation ihres Zusammenlebens vornehmen“ – dies sei Pflanzen unmöglich. 20

Dieser Kritik an Bauman kann entgegengebracht werden, dass Bauman diese mit Natur beladene Metapher auch deswegen wählt, weil die ordnenden Ambitionen von Nationalstaat und Moderne es sich zum Ziel setzten „künstlich zu schaffen, was man von der Natur nicht erwarten konnte, oder vielmehr, was man ihr nicht erlaubte, bereitzustellen. Der moderne Staat produziert Macht – und bestimmt damit die Differenz zwischen Ordnung und Chaos, schied Reines von Unreinem, legitimierte ein einzelnes Muster auf Kosten aller.“ Bauman spricht weiter von einem „Gesamtplan der Ersetzung der natürlichen Ordnung der Dinge durch eine künstlich hergestellte“.21

Samuel Salzborn fast die ordnenden Prozesse der Moderne, die in Baumans Antisemitismusanalyse zutage gefördert werden, unter den zentralen Begriffen „Ethik und Moral sowie Gewalt und Bürokratie“ zusammen die Bauman „in den Terminus des social engeneering“ zusammenführt“.22

3.2 Die Wissenschaft

„Am spektakulärsten versagt hat wohl die Wissenschaft – sowohl als Repräsentant der Ideen wie auch als Institution der Aufklärung und Bildung. […] Indirekt (das heißt durch ihre soziale Funktion) bereitete die Wissenschaft den Weg zum Holocaust, weil sie die Autorität und bindende Kraft normativer Vorstellungen, insbesondere Religion und Moral, unterhöhlte.“23

Bedenkt man den hohen Bedarf an finanziellen Fördermittel, die wissenschaftliche Einrichtungen benötigen, scheint es logisch, dass „jeder Staat, der der Wissenschaft hilfreich zur Seite steht, mit der Dankbarkeit und Kooperationsbereitschaft der Forscher“ rechnen kann. Rückt Bauman doch ansonsten die Begriffe der Ethik und Moral in den Vordergrund, so blendet er diese hier aus. Die im Rahmen der Aufklärung massiv an Macht gewonnen habende Wissenschaft wird hier zum potentiell freiwilligen Helfer. Zwar verweigert sich Bauman ein finales Fazit zu ziehen und fügt lediglich an, andere Institutionen wie die Kirche hätten ebenso wenig gegen die Nazis unternommen und stützt sich zudem auf die Studie von Robert Pector. Dieser zeigte in „seiner faszinierenden Studie über den Beitrag von Biologen und Medizinern zur Planung und Durchführung der NS-Rassenpolitik“, dass es ein Mythos sei, dass die „Wissenschaft selbst […] von den Nationalsozialisten verfolgt und ein Opfer der Indoktrination von oben gewesen“ sei.24

Zentral sind laut Salzborn auch die Begriffe der Ethik und Moral, dabei steche die Fehlinterpretation dieser Begriffe als Gegenpol zum Verstand heraus. Nach Salzborn sollten Ethik und Moral jedoch „als subjektive Rationalisierungsversuche des Verstandes begriffen werden, dessen realer Gegenpart das Gefühl ist; die Kategorie Gefühl spielt jedoch für Bauman keine besondere Rolle.“ Hier kann zumindest zugestimmt werden, dass Bauman keinen dieser Faktoren für die Wissenschaft als relevant darstellt.25

3.3 Das Fremde

„Die Juden waren nicht nur grundsätzlich anders als andere Nationen, sondern auch anders als normale Fremde.“ – Der Begriff des Fremden wird hier äußerst negativ konnotiert, die Juden gar als schlimmer bezeichnet. Im Folgenden soll geklärt werden, wie Bauman den Begriff des Fremden definiert und einordnet.26

Folgt man Bauman, so ist nicht nur zwischen den Oppositionen von Freund und Feind zu unterscheiden, sondern auch zwischen einem dritten Element, dem Fremden. Während sich die Klassifikation von Freund und Feind meist recht unproblematisch festschreiben lässt, da es sich um absolute und eindeutige Zustände handelt, bricht der Fremde mit diesem klaren Verhältnis. Der Fremde erfüllt nicht die Differenzen zu Freund und Feind, „die es ausmachen und zusammenhalten“ und „gefährdet […] das soziale Leben selbst. Und all dies, weil der Fremde weder Freund noch Feind ist; und weil er beides sein könnte. Und weil wir nicht wissen und nicht wissen können, was zutrifft“.27

Der Fremde stellt sich hierbei jedoch nicht nur als „unklassifziert, sondern nicht klassifizierbar“ dar. Territoriale Trennung wird nicht als Lösung des Problems angesehen, denn der Fremde „stellt ein konstantes Ärgernis für die Ordnung der Welt dar. Ein weiterer Faktor findet sich darin, dass der Fremde später in die Lebenswelt eingetreten ist, als die anderen Parteien. Bauman fasst das nicht klassifizierbare des Fremden als Inkongruenz. Eben diese ist ein Faktor der Ambiguität und somit auch Ambivalenz, die sich die Moderne mit ihrem Drang zur Klassifikation und Bezwingung des Chaos zum Gegner gemacht hat.28

Bauman betont in seiner Ausführung die ordnenden und rationalisierenden Funktionen (Zentralisierung, Planung) des Staates, vergisst laut Eli Zaretsky dabei jedoch die ebenso entstehenden „counter-normalizing tendencies – both those that are irrational in a Marxian sense and those that counter the hegemonic logic of the state“. Ebenso bezeichnet Zaretsky die Verwendung und quasi Gleichsetzung der Begriffe Staat und Nation von Bauman als zu leichtfertig. Zwar sei seine Annahme, Faucault läge mit der ordnenden und normalisierenden Funktion des Staates richtig, nicht abzuweisen, doch fehle die Begründung der Tendenz der Mitglieder einer Nation eine Unterscheidung zwischen dem „inside“ und „outside“ (nach Bauman Freund und Fremder) zu machen. Zaretsky betont: „Even in Bauman’s example – Germany- the state through part of its history protected collective minorities (not just individuals) against the nation“.29

4 Antisemitismus in der Moderne

„Die Praxis des »social engineering« war nicht zufällig. Sie brachte den modernen Staat hervor. Das typisch moderne Verfahren des Staates, die Substanz moderner Politik lag in dem Bemühen, Ambivalenz zu vernichten – präzise zu definieren und das was nicht präzise definiert werden konnte oder wollte, zu unterdrücken und zu eliminieren. Das Gegenteil des modernen Staates ist das Niemandsland oder das umstrittene Land: die Unter- oder Überbestimmung, die Ambiguität.“30

[...]


1 Samuel Salzborn: Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne. Sozialwissenschaftliche Theorien im Vergleich, Frankfurt am Main 2010, S. 168f. Im Folgenden zitiert als: Samuel Salzborn: Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne.

2 Samuel Salzborn: Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne, S. 179.

3 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit, übersetzt von Martin Suhr, Hamburg 2005, S.179-181. Im Folgenden zitiert als: Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit.

4 Matthias Junge: Ambivalenz: eine Schlüsselkategorie der Soziologie von Zygmunt Bauman, in: Matthias Junge, Thomas Kron (Hrsg.): Zygmunt Bauman. Soziologie Postmoderne und Ethik, Kevelaer 2002, S.82. Im Folgenden zitiert als: Matthias Junge: Ambivalenz.

5 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz, in: Uli Bielefeld (Hg.): Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt?, S.34f, 38, 42f.

6 Zygmunt Bauman: Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust, übersetzt von Uwe Ahrens, Hamburg 1992, S.66-68. Im Folgenden zitiert als: Zygmunt Bauman: Dialektik der Ordnung.

7 Thorsten Bonacker: Moderne und postmoderne Gemeinschaften. Baumans Beitrag zu einer Theorie symbolischer Integration, in: Matthias Junge, Thomas Kron (Hrsg.): Zygmunt Bauman. Soziologie zwischen Postmoderne und Ethik, Kevelaer 2002, S.187.

8 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz, in: Uli Bielefeld (Hg.): Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt?, S.43.

9 Matthias Junge: Ambivalenz, S.85.

10 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit, S. 33.

11 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz. Das Ender der Eindeutigkeit, S.24f.

12 Zygmunt Bauman, Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit, S.29-31.

13 Matthias Junge: Ambivalenz, S.86.

14 Matthias Junge: Ambivalenz, S.85, 88.

15 Steven Seidman: Modernity and Ambivalence by Zygmunt Bauman, in: Contemporary Sciology 21, 2 (März 1992), S.285.

16 Samuel Salzborn: Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne, S. 181.

17 Zygmunt Bauman: Dialektik der Ordnung, S.12.

18 Thomas Kron, Martin Horáček: Individualisierung, Bielefeld 2009, S. 68.

19 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz, in: Uli Bielefeld (Hg.): Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt?, S.35.

20 Samuel Salzborn: Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne, S. 177f.

21 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz, in: Uli Bielefeld (Hg.): Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt?, S.38.

22 Samuel Salzborn: Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne. S.173; siehe auch: Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz, in: Uli Bielefeld (Hg.): Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt?, S.35.

23 Zygmunt Bauman: Dialektik der Ordnung, S.123.

24 Zygmunt Bauman: Dialektik der Ordnung, S.124f.

25 Samuel Salzborn: Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne, S. 171f.

26 Zygmunt Bauman: Dialektik der Ordnung, S.66.

27 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz, in: Uli Bielefeld (Hg.): Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt?, S. 23-25.

28 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz, in: Uli Bielefeld (Hg.): Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt?, S.29-31.

29 Eli Zaretsky: Modernity and Ambivalence by Zygmunt Bauman, in: American Journal of Sociology 97 Nr. 5 (1992), S. 1520.

30 Zygmunt Bauman: Moderne und Ambivalenz, in: Uli Bielefeld (Hg.): Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt?, S.46.

Final del extracto de 26 páginas

Detalles

Título
Die Ambivalenz der Moderne bei Zygmunt Bauman
Universidad
Ruhr-University of Bochum  (Geschichte)
Curso
Ideologie und staatliche Gewaltverbrechen im 20. Jahrhundert
Calificación
1,7
Autor
Año
2015
Páginas
26
No. de catálogo
V294771
ISBN (Ebook)
9783656925828
ISBN (Libro)
9783656925835
Tamaño de fichero
573 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Ideologie, Zygmunt Bauman, Moderne, Ambivalenz, Holocaust, Gewaltverbrechen, Garten, Nationalsozialismus
Citar trabajo
Robin Kramme (Autor), 2015, Die Ambivalenz der Moderne bei Zygmunt Bauman, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294771

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Título: Die Ambivalenz der Moderne bei Zygmunt Bauman



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