Signis receptis und die Augustusstatue von Prima Porta


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

30 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Die Augustusstatue von Prima Porta - Allgemeine Beschreibung

III. "Signis receptis" auf dem Panzerrelief
A. Zentrales Motiv: Die Parthersigna
B. Nebenmotive: Dalmatische und gallo-hispanische Signa
C. Diskurs: Parther oder Germanen?

IV. (Be)-Deutung des Panzierreliefs und der "signis receptis"

V. Zusammenfassung / Fazit

VI. Abbildungsverzeichnis

VII. Literatur

I. Einleitung

Kaum ein Bildnis des Augustus ist so bekannt wie die Panzerstatue aus Prima Porta und kaum ein Ereignis war für die augusteische Zeit politisch so bedeutend, wie die Rückgewinnung der an die Parther verloren gegangenen Feldzeichen. Doch was hat beides - Statue und Ereignis - mit einander zu tun? Welche Bedeutung hatte beides für die Herrschaft und Repräsentation des Augustus?

Diese und noch weitere Fragen sollen in der vorliegenden Arbeit diskutiert und eventuell beantwortet werden.

Dazu werde ich zunächst die Augustusstatue von Prima Porta vorstellen und beschreiben. Anschließend werde ich das Panzerrelief näher ansehen und klären, in welcher Weise die signis receptis hier dargestellt sind. In einem kurzen Exkurs möchte ich dabei einen neuen Interpretationsansatz vorstellen, der von der bisherigen Lehrmeinung abweicht. Nachdem hoffentlich geklärt ist, was auf dem Relief zu sehen ist, soll dies im Folgenden interpretiert und die Bedeutung des Reliefs im Zusammenhang mit der gesamten Statue für die Repräsentation des Augustus aufgezeigt werden. Abschließend werden die Ergebnisse noch einmal zusammengefasst.

II. Die Augustusstatue von Prima Porta - Allgemeine Beschreibung

Die Statue von Prima Porta1 (Abb. 1) ist eine 2,04 m hohe Marmorstatue des Kaisers Augustus in Feldherrntracht und wurde 1863 in einer Villa der Livia bei Prima Porta an der Via Flaminia nördlich vor den Toren Roms gefunden.

Augustus steht aufrecht, in einer Schrittstellung mit dem rechten Bein als Standbein und den linken Fuß zurückgestellt, gestützt auf die Zehen. Den rechten Arm hält er nach vorne erhoben, der linke Arme ist angewinkelt und das Handgelenk ruht auf der Hüfte. Der Princeps trägt eine kurze Ärmeltunica, die an den Schultern und über den Knien zu sehen ist, und einen Brustpanzer mit kurzen gefransten Lederlaschen an den Schultern und langen über den Oberschenkeln. Den Feldherrnmantel (paludamentum) hat er um die Hüfte geschlungen und über den linken Unterarm gelegt. Beine und Füße sind nackt.

Die Statuenstütze hinter dem Standbein wird von einem Delphin verkleidet, auf dessen Rücken ein kleiner Eros reitet. Amor und Delphin verweisen dabei auf Venus, die mythische Ahnherrin der Julier, der Familie des Augustus.

Die Statue ist nach einem Standschema aufgebaut, das in der griechischen Hochklassik des 5. Jh. v. Chr. geprägt wurde. Man kann sie mit dem Doryphoros des Polyklet (Abb. 2)2 vergleichen, der in der römischen Zeit als „eines der klassischen Vorbilder schlechthin galt“3. So stehen beide in einer Schrittstellung, bei dem die Last des Körpers durch das rechte Standbein mit vollständig aufgestelltem Fuß getragen wird. Lediglich der rechte Arm ist beim Doryphoros nicht wie bei der Prima Porta-Statue erhoben, sondern hängt an der Seite herab. Doch auch trotz dieses Unterschiedes ist die Ähnlichkeit der beiden Statuen eindeutig, so dass der Doryphoros als Vorbild für den Augustus von Prima Porta gelten kann.

Diese Ähnlichkeit setzt sich auch in der Kopf- und Gesichtsgestaltung fort (Abb. 3 a-b). Der Kopf ist leicht nach rechts gewendet. Er etabliert den am häufigsten bezeugten Porträttypus des Augustus, den so genannten „Prima Porta - Typus“, mit wohlgeordnetem Haar, dessen Strähnen sich über der Stirn in charakteristischer Weise gabeln.

Der Panzer der Statue ist mit einem Relief verziert (Abb. 4). Es zeigt im Zentrum einen bärtigen Mann in Barbarentracht, der an einen weiteren Mann in römischer Militärkleidung ein römisches Feldzeichen übergibt. Links und rechts neben dieser Mittelszene sitzt jeweils eine weibliche Gestalt in Trauergestus. Diese Figuren sollen im folgenden Abschnitt genauer betrachtet werden.

Gerahmt ist die Mittelszene durch eine Vielzahl von Göttern, welche alle einen Bezug zu Augustus haben. Links unten reitet Apollo, der Schutzgott des Augustus auf dem Greifen, rechts Apollos Schwester Diana auf ihrem Tier, der Hirschkuh. Ganz unten lagert die Erdmutter Tellus mit dem segensspendenden Füllhorn. Über der Szene sieht man ganz oben den Saturn mit dem mantelartig ausgebreiteten Himmelszelt. Von links eilt auf dem Viergespann der Sonnengott Sol herbei. Ihm voraus fliegt Aurora, die Morgenröte, über ihr, mit großer Fackel, die Mondgöttin Luna. Auf den Schulterklappen der Panzers sitzt jeweils noch eine Sphinx.

Das Relief ist auf der Rückseite der Statue nicht vollständig ausgearbeitet (Abb. 5), vermutlich haben wir hier eine Kopie einer anderen Statue vor uns, die ursprünglich einen Aufstellungskontext hatte, bei der eine Rundumansicht gewünscht war. Unsere Prima Porta-Statue stand womöglich vor einer Wand oder in einer Nische, so dass die Rückseite nicht weiter von Bedeutung war4.

Die Statue war bei ihrer Auffindung beschädigt und wies noch starke Farbspuren auf. Modern ergänzt sind der linke Unterschenkel, der rechte Fuß und der rechte Arm. Es ist daher nicht eindeutig erwiesen, ob und was der Kaiser in seinen Händen hielt. Die gängigste Rekonstruktion zeigt ihn mit einem Stab in seiner linken Hand und die ausgestreckte rechte im Redegestus. Es ist jedoch auch denkbar, dass er in der rechten Hand ebenfalls einen Gegenstand, z.B. einen Lorbeerzweig, hielt. Ein Rekonstruktionsvorschlag von Erika Simon5 vertauscht beide Attribute. Anhand der gefundenen Farbreste konnte man zudem die Bemalung der Statue rekonstruieren6.

Die Statue wird in das Ende des 1. Jh. v. Chr. datiert, wobei der Sieg des Augustus über die Parther 20 v. Chr. als terminus post quem gilt. Der Auftraggeber der Prima Porta-Statue war nicht Augustus selber, sondern eventuell der Senat oder Angehörige des Regierungskreises. Die Aufstellung der Statue in der Villa der Livia, zeigt jedoch, dass sie die Zustimmung des Augustus und seiner Familie fand.

III. "Signis receptis" auf dem Panzerrelief

A. Zentrales Motiv: Die Parthersigna

In der zentralen Szene des Panzerreliefs sind, wie bereits erwähnt, zwei männliche Figuren zu sehen (Abb. 6). Rechts steht ein bärtiger Mann mit lockigem, struppigem Haar. Er ist in Vorderansicht dargestellt, seinen Kopf ist nach links gewendet und sein Blick geht zu dem Adler eines römischen Feldzeichens, dass er in den Händen hält. Der Mann trägt ein kurzes, um die Taille gegürtetes Obergewand mit kurzen Ärmeln. Darunter sind die langen Ärmel eines Untergewandes zu erkennen. Weiterhin trägt er lange Stoffhosen sowie Schuhe. Durch seine Haare und Kleidung kann man ihn als einen Barbaren aus dem Osten identifizieren7.

Die linke Figur ist im Profil wiedergegeben. Er trägt die Tracht eines römischen Militärs: Tunica, Panzer mit Franzen und Lederlaschen und ein über der linken Schulter liegender Mantel. Seine Füße stecken in Stiefeln und auf dem Kopf trägt er einen Helm, unter dem noch ein paar Locken hervorquellen, sein Gesicht ist bartlos. In der linken Hand hält er ein Schwert in Paradestellung und die rechte Hand hat er dem Barbaren entgegengestreckt, um das Feldzeichen in Empfang zu nehmen.

Locken, jugendliches Antlitz und die Bewaffnung lassen an die Darstellung eines Gottes, in dem Fall dem Kriegsgott Mars, denken8. Vergleichen kann man die Darstellung mit einer Statuengruppe der Venus und des Mars (Abb. 7), welche aus der augusteischen Zeit stammen und auf dem Augustusforum aufgestellt gewesen sein soll9. Auch hier umrahmen die unter dem Helm hervorquellenden Locken ein jugendliches Gesicht und das Schwert wird in der linken Hand in eben der Weise gehalten, wie es auf dem Panzerrelief zu sehen ist.

Ein weiteres Vergleichsbeispiel ist die Darstellung des Mars auf dem Censusrelief des sogenannten „Altar des Domitius Ahenobarbus“10 (Abb. 8). Zu sehen ist eine Opferszene an den Kriegsgott Mars, welcher links neben dem Opferaltar abgebildet ist. Dieser ist unserer linken Figur in der Mittelszene des Prima-Porta-Reliefs recht ähnlich: Ein junger, bartloser Mann in Feldherrentracht.

Auch auf dem so genannten „Augustus-Becher“ aus Paris11 ist Mars als jugendlicher Feldherr dargestellt (Abb. 9). Er erscheint hier als Anführer der Personifikationen der römischen Provinzen Africa, Asia, Gallia, Hispania usw.

Unterstützt wird die Annahme, dass es sich bei dem linken Mann um Mars handelt, durch das Tier, welches zwischen den Füßen des Kriegers ruht, wenn man es als einen Wolf ansieht, da dieser dem Mars heilig ist.

Somit erschließt sich uns folgende Szene: ein Barbar aus dem Osten überreicht Mars, der hier als römischer Soldat und damit Repräsentant des römischen Militärs auftritt, ein römisches Feldzeichen.

Schaut man in die Geschichtsbücher, so findet sich vor allem ein Ereignis, welches zu dieser Szene passt: die Rückgabe der von Crassus bei Carrhae 53 v. Chr. an die Parther verlorenen römischen Feldzeichen. Caesar hatte bereits einen Partherfeldzug geplant, um die Feldzeichen zurückzuerobern, seine Mörder kamen dem jedoch zuvor. 36 v. Chr. unternahm dann Marcus Antonius mit Hilfe von Kleopatra einen Feldzug gegen die Parther. Dieser scheiterte allerdings, da das römische Heer durch das vorherrschende Klima und ständige Angriffe seitens der Parther stark dezimiert wurde12. Erst Augustus war es am 12. Mai 20 v. Chr. gelungen, die Feldzeichen zurückzugewinnen. Dies aber nicht in einer die Parther vernichtenden Schlacht, sondern mit diplomatischen Verhandlungen13.

In dem zwischen Augustus und Phraates IV. geschlossenen Friedenvertrag erkennen die Parther die römische Oberhoheit in Syrien und Kleinasien an, geben die gewonnenen Feldzeichen zurück und verzichten auf Armenien.

Am 15. Oktober 19 v. Chr. wurden die Signa in einen dem Mars Ultor geweihten Rundtempel aufgestellt, der extra dafür auf dem Kapitol erbaut worden war14. Der Tempel ist auf einigen Münzen des Augustus15 abgebildet, entweder mit Mars Ultor, der die Feldzeichen in der Hand hält (Abb. 10) oder nur mit den aufgestellten Signa (Abb. 11). Der Bauplatz auf dem Kapitol lag in unmittelbarer Nähe zweier eng mit Augustus verbundenen Heiligtümern, zum einen der von Augustus wiederaufgebaute Tempel des Iupiter Feretrius und zum anderen der von Augustus errichteten Tempel des Iupiter Tonans. Dies erweckt den Anschein, dass Augustus die Feldzeichen nicht nur dem Mars sondern gleichzeitig auch dem Jupiter geweiht hat16. Im Jahre 2 v. Chr. wurden dann der bereits seit langem von Augustus geplante Mars-Ultor-Tempel auf dem Augustusforum fertiggestellt und die Feldzeichen dorthin überführt17.

[...]


1 Rom, Vatikanstaat, VA, Musei Vaticani, Braccio Nuovo. Inv.-Nr. 2290

2 Hier eine römische Kopie nach dem griechischen Original des Polyklet: Neapel, Museo Archeologico Nazionale, Inv.-Nr. 6011

3 Schäfer 2001, S. 39

4 Vgl. Schäfer 2001, S. 39

5 Simon 1986, Abb. 59

6 Vgl. hierzu V. Brinkmann - R.Wünsche (Hrsg.): Bunte Götter. Die Farbigkeit antiker Skulptur. Ausstellungskatalog München (München, 2004); S. 24, Abb. 22 sowie S. 86, Abb. 388

7 Zur Darstellung von Parthern und Orientalen siehe: - Schneider 1986 - Schneider, R.M.: Die Faszination des Feindes. Bilder der Parther und des Orients in Rom, Aus: Das Partherreich und seine Zeugnisse. The Arsacid empire. Sources and documentation. Beiträge des Internationalen Colloquiums, Eutin 27.-30. Juni 1996, S. 95-146. -

8 Vgl. Schäfer 2001, S. 41 f.

9 Ungaro 2007, S. 140

10 Paris, Musée du Louvre, Inv.-Nr.: MA 975

11 Paris, Musée du Louvre, Inv.-Nr.: A 17

12 Klussmann, Uwe: Römer im Pfeilregen. In: SPIEGEL GESCHICHTE (2 | 2012), S. 84-89. Online verfügbar unter http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelgeschichte/d-84408281.html.

13 Vgl. Schäfer 2001, S. 42

14 Vgl. ebenda

15 Z.B.: RIC 1 Nr. 69; RIC 1 Nr. 104; RIC 1 Nr. 105

16 Vgl. Zanker 2009, S. 190

17 Vgl. Zanker 2009, S. 198

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Signis receptis und die Augustusstatue von Prima Porta
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Klassische Archäologie)
Veranstaltung
Römische Kunst und visuelle Kommunikation: die augusteische Epoche
Note
2,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
30
Katalognummer
V294901
ISBN (eBook)
9783656927013
ISBN (Buch)
9783656927020
Dateigröße
2205 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Augustus, Prima Porta, Augustusstatue, Augusteische Zeit, Parther
Arbeit zitieren
Jana Sperling (Autor:in), 2014, Signis receptis und die Augustusstatue von Prima Porta, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294901

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