„Grundlage jeglicher Sicherheitspolitik ist die Aufrechterhaltung des europäischen militärischen Gleichgewichts. Die Sicherheit Westeuropas und die Erfolgsaussichten unserer Entspannungspolitik hängen von der Erhaltung des Gleichgewichts der in Europa wirksamen und von außen auf Europa wirkenden politischen, wirtschaftlichen und militärischen Kräfte in Ost und West ab.“ (Schmidt, 1969, S.200)
So lautet eines der Grundprinzipien von Bundeskanzler Helmut Schmidt im Rahmen seiner Strategie des Gleichgewichts. Er hätte nicht erwartet, dass die Diskussion um den NATO-Doppelbeschluss vom 12. Dezember 1979, der ein militärisches Kräftegleichgewicht zwischen USA und der UdSSR erreichen sollte, zu so kontroversen Auseinandersetzungen führte. Um den Frieden und die Sicherheit in Europa zu gewährleisten, sollte mit diesem Beschluss dem durch die Aufrüstung und Modernisierung
auf sowjetischer Seite im Bereich der Mittelstreckenraketen entstandene militärische Disparität in Europa begegnet werden. Geplant war die Dislozierung von 572 amerikanischen
Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern in Westeuropa, zusammen mit dem Angebot und Vorschlägen zu Rüstungskontrollverhandlungen an die Sowjets.
Für viele Menschen war dieser Vorstoß nach dem Erfolg der Entspannungspolitik unter Bundeskanzler Willy Brandt
und den SALT Abrüstungsverhandlungen von 1972 unverständlich. Er setzte eine Diskussion und Protestwelle ungeahnten Ausmaßes in Gange. Es wurde gegen den nuklearen Rüstungswettlauf der Weltmächte massiv protestiert, auf die Gefahr eines nuklearen Overkills
hingewiesen und eine Reduzierung der Waffenpotentiale auf beiden Seiten gefordert (Notz, 1990, S. 6). Die Divergenz um den NATO-Doppelbeschluss führte in der Parteienlandschaft
der Bundesrepublik zu einer Polarisierung, vor allem in der SPD. Helmut Schmidt, welcher am Doppelbeschluss maßgeblich beteiligt war, sah sich von einer wachsenden innerparteilichen Opposition herausgefordert, die es ihm kontinuierlich schwerer machte, eine politische Mehrheit für seine Sicherheitspolitik zu organisieren (Becker-Schaum, 2012, S.103). Immer tiefer gerieten die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung und die SPD bei Auseinandersetzungen um den NATO-Doppelbeschluss in dieses Spannungsfeld.
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
1. VORGESCHICHTE
1.1. HELMUT SCHMIDTS REDE VOR DEM INTERNATIONAL INSTITUTE FOR STRATEGIC STUDIES IN LONDON
1.2. DIE NEUTRONENWAFFE
1.3. DIE SALT UND MBFR ABRÜSTUNGSVERHANDLUNGEN UND DIE ENTSTEHUNG DER „GRAUZONENPROBLEMTIK“
2. DER NATO-DOPPELBESCHLUSS UND DIE SPD
2.1. VERÄNDERTE AUßENPOLITISCHE RAHMENBEDINGUNGEN
2.2. EIN JAHR NACH DEM DOPPELBESCHLUSS
2.3. DER SÜDWEST-LANDESVERBAND
2.4. PARTEIBASIS GEHT ZUNEHMEND AUF DISTANZ ZUR BUNDESREGIERUNG
2.5. DIE SPD-LINKE SUCHT DIE KONFRONTATION MIT DER SOZIALDEMOKRATISCHEN REGIERUNG
2.6. DER MÜNCHENER PARTEITAG
3. DAS ENDE DER SOZIAL-LIBERALEN KOALITION
4. DIE LETZTE SCHLACHT: STATIONIERUNGSDEBATTE IM DEUTSCHEN BUNDESTAG
SCHLUSSBETRACHTUNG
LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS
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