Auswirkungen der Digitalisierung des Musikmarktes auf die Chancen unbekannter Künstler


Tesis, 2009

67 Páginas, Calificación: 1.0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Problemstellung

2. Auswirkungen der Digitalisierung auf die Käuferunsicherheit im Musikmarkt
2.1. Markteintritt ohne Samplingmöglichkeit
2.2. Markteintritt mit Samplingmöglichkeit

3. Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wechselkosten der Konsumenten
3.1. Konsumkapitalbildung 21
3.2. Netzwerkbildung

4. Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verhandlungsmacht der Künstler
4.1. Verhandlungen bei geringer Nachfragetransparenz
4.2. Verhandlungen bei hoher Nachfragetransparenz

5. Zusammenfassung

Appendix A

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung

Aufgrund ihrer Eigenschaft als Informationsprodukt lässt sich Musik vollständig digitalisieren. Neben der Speicherung und Verarbeitung ist mit zunehmender Verbreitung von Internetanschlüssen sowie der Erfindung des Mp3-Standards auch die virtuelle Übertragung von Musik möglich geworden. Weil hierdurch die digitale Speicherung und Distribution nur marginale Zusatzkosten verursacht und auch die Produktion von Musik durch den technologischen Fortschritt erheblich günstiger geworden ist, hat sich das Musikangebot durch den digitalen Markt vervielfacht (vgl. Dyk 2005, S. 187, 193).

Auch auf der Nachfrageseite bietet das Internet eine Vielzahl neuer Möglichkeiten. Konsumenten können sich bereits vor dem Kauf über Künstler und ihre Werke informieren, da umfassende Datenbanken den schnellen Zugriff auf die gesuchten Informationen ermöglichen.Kundenempfehlungen und intelligente Empfehlungssoftwares geben zudem Hilfestellungen, um in Anbetracht der Angebotsvielfalt die Orientierung zu erleichtern. Für die Konsumenten reduzieren sich die Suchkosten dadurch erheblich (vgl. Gazibegović 2007, S. 120).

Auf der Künstlerseite ist der Musikmarkt durch ein Überangebot an Künstlern und einer hohen Einkommensdisparität geprägt. Nur ein relativ kleiner Teil der Musiker ist wirtschaftlich erfolgreich. Der Großteil der Künstler hingegen erwirtschaftet keine Gewinne, sondern sogar Verluste (vgl. Kulle 1998, S. 119). Entsprechend schwierig war es bislang für unbekannte Künstler die Tonträgerhersteller von ihrem Talent zu überzeugen und sich am Markt zu etablieren. Nicht zuletzt, weil die Vermarktung durch einen Tonträgerhersteller die Voraussetzung für den Markterfolg war (vgl. Schulze 1996, S. 126 f.).

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf der Veränderung des Musikmarktes im Zeitalter der Digitalisierung aus der Perspektive der Künstler.Anhand verschiedener ökonomischer Theorien sollen die wichtigsten Veränderungen vor allem für unbekannte Musiker dargestellt und analysiert werden. Ziel ist es, festzustellen, inwieweit sich die Chancen der Marktetablierung und -positionierung für unbekannte Künstler durch die Digitalisierung des Musikmarktes verändert haben.

2. Auswirkungen der Digitalisierung auf die Käuferunsicherheit im Musikmarkt

2.1. Markteintritt ohne Samplingmöglichkeit

Menschen hören Musik, weil sie Emotionen hervorruft und Vergnügen erzeugt. Diese hedonistische Komponente ist das zentrale Motiv des Konsums und, abhängig vom Musikstück, nicht bei jedem Individuum gleich ausgeprägt (vgl. Clement/Albers 2005, S. 47). Der individuelle Nutzen und damit Werteines Liedes oder Albums ist folglich experimenteller Natur und ex-ante schwierig zu bestimmen (vgl. Holbrook/Hirschman 1982, S.132). Dies gilt umso mehr als dass jedes neue Produkt auf dem Tonträgermarkt[1] eine Innovation darstellt (vgl. Schulze 1996, S. 246). In Anbetracht der Angebotsvielfalt auf dem Musikmarkt wäre die Bestimmung des Albums mit dem höchsten Nutzen mit sehr hohen Suchkosten verbunden. Aus diesem Grund verzichtet der Interessent angesichts des niedrigen Preises von Musik auf den vollständigen Vergleich und kauft stattdessen Alben anhand ihres zu erwartenden Nutzens. Orientierungspunkte sind Charts, Radio- und Fernsehsendungen. Die tatsächliche Nutzenbewertung findet anschließend durch direkte Produkterfahrung statt, weswegen Musik als Erfahrungsgut klassifiziert wird (vgl. Nelson 1970, S.2; vgl. Buhse 2004, S. 38). Die dieser Problematik inhärente Käuferunsicherheit bezüglich der Qualität eines Albums mindert die Markteintrittchancen unbekannter Künstler[2] und determiniert den Starstatus bereits etablierter Künstler.Dies lässt sichanhand des zweistufigen Modells von SCHMALENSEE (vgl. Schmalensee 1982, S. 349-365), welches im Folgenden Anwendung findet, theoretisch zeigen.

Im Modell wird ein Markt betrachtet, der einer möglichst eng definierten Produktklasse, in diesem Fall einer Musikrichtung, entspricht. Dies erlaubt es, eine homogene Präferenzstruktur der Konsumenten anzunehmen und dadurch die Künstler ultimativ zu vergleichen. Auf dem Musikmarkt ist diese Annahme sehr kritisch zu betrachten, da Musik sehr komplexe physiologische und psychologische Reaktionen hervorruft und infolgedessen von heterogenen Präferenzen auszugehen ist (vgl. Steinel 1992, S.218). Allerdings ist sie umso legitimer, je enger der entsprechende Musikmarkt definiert wird und umso ähnlicher die Musik der betrachteten Künstler ist. Immerhin arbeiten Internetanwendungen wie Last.FM erfolgreich auf Basis ähnlicher Hörgewohnheiten und damit basierend auf, zumindest teilweise, übereinstimmenden Präferenzstrukturen (vgl. Rutenberg 2009, o.S.). Jeder Künstler, der den Markt betritt, veröffentlicht in der ersten Periode sein Debütalbum und in darauf folgenden Perioden jeweils ein weiteres Album. Der Musiker ist entweder „talentiert“ oder „nicht talentiert“ und veröffentlicht seine Alben mit gleichbleibender musikalischer Qualität. Weil Konsumenten die Qualität von Musik nur bedingt beurteilen können, steht diese stellvertretend für die konstante Kongruenz zwischen dem musikalischem Output des Künstlers und den Konsumentenpräferenzen (vgl. Hamlen 1991, S. 732). Jeder Musikinteressent konsumiert in jeder Periode nur die Musik eines Künstlers. Diese Annahme ist zwar stark vereinfachend, aber im Rahmen der Konsumkapitaltheorie, die im folgenden Kapitel noch ausführlicher dargestellt wird, legitim, da ein Konsument bei beschränktem Zeitbudget seinen Nutzen maximiert. Um das Talent eines Musikers festzustellen, muss der Konsument ihn, gemäß der Definition von Musik als Erfahrungsgut, zumindest einmal gehört haben. Das Hören des Künstlers ist nur durch den Kauf des Albums möglich, da im ersten Teil des Kapitels eine Situation vor der Digitalisierung betrachtet wird, in der Konsument zwar in Fachgeschäften Stationen zum Probehören vorfindet, diese allerdings hauptsächlich mit den in den Charts präsenten Stars bestückt sind. Die in diesem Zusammenhang relevanten Künstler dagegen sind zum Zeitpunkt ihres Markteintritts noch unbekannt. Ferner wird der Austausch von Informationen über Mittel wie Mundpropaganda ausgeschlossen. Dies erscheint am vorliegenden Beispiel der Musikindustrie am plausibelsten, wenn man bedenkt, dass zwischen engen Freunden CDs nicht nur empfohlen, sondern gleichzeitig zum Kopieren weitergereicht werden und sie daher ohnehin nicht mehr als Konsumenten in Frage kommen. Die unterschiedlichen Präferenzen der Konsumenten für die betrachtete Musikrichtung werden durch ihre variierende Zahlungsbereitschaft abgebildet. Für talentierte Künstler entspricht sie und ist Teil der Funktion , . Entsprechend werden nicht talentierte Künstler von ihnen mit bewertet. Der Parameter ist eine nicht-negative Konstante. Die Zeit zwischen den Albenkäufen der Fans wird als konstant angenommen und entspricht ebenfalls einer Periode. Häufigere Käufe führen zu kleineren Werten des Ein-Perioden-Diskontsatzes r. Die Musikinteressenten handeln rational und risikoneutral, um ihren Nutzen bei unendlichem Zeithorizont zu maximieren.

In der ersten Phase des Modells veröffentlicht der erste Musiker sein Debütalbum zum Preis und prägt als Innovator eine neue Musikrichtung. Aufgrund fehlender Erfahrungswerte haben alle Musikinteressenten die subjektive Erwartung , dass ihnen der Künstler und sein Musikstil aufgrund fehlenden Talents nicht gefällt. Die entsprechende Gegenerwartung wird durch abgebildet.Sie kaufen das Debütalbum des Künstlers, sofern der Nutzen aus dem Kauf größer ist als aus dem Verzicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der eckigen Klammer auf der linken Seite wird der diskontierte Nutzen des Hörers dargestellt, wenn er das Album kauft, es ihm nicht gefällt und er weiterhin seinen bislang favorisierten Künstler hört, der ihm den nicht-negativen Nutzenüberschuss von s bringt. Zur Vereinfachung kann für den alternativen Künstlers ein Wert von angenommen werden. Durch diese Annahme können Rückkoppelungen aus der Konsumreduzierung des alternativen Künstlers auf den Gesamtnutzen vernachlässigt werden. Diese entstünden, wie in der zweiten eckigen Klammer anhand des diskontierten Nutzens dargestellt, falls der Konsument den neuen Künstler hört, er dessen Talent feststellt und ihn weiterführend ausschließlich konsumiert, also zu einem Fan wird. Die Summe dieser Seite der Gleichung muss für einen Kauf größer sein, als der diskontierte Nutzen, der dem Konsumenten entsteht, wenn er das Debütalbum nicht kauft und stattdessen weiterhin den bisherigen Künstler hört. Deutlicher wird es durch die Umformung von (1) zu:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit Hilfe von (2) ist bei zu erkennen, dass das Album des Pioniesorn auf Musikmärkten werden ftelndetrkünstlersnur gekauft wird, wenn der vom Pioneerkünstler generierte Nutzen größer ist als der alternative Nutzen , also wenn . Anhand (3) ist außerdem ersichtlich, dass größere Werte von zu größeren Werten von führen. Eine geringere Kauffrequenz hebt die Bedeutung jedes einzelnen Musikkaufes und senkt die Wahrscheinlichkeit des Ausprobierens einer neuen Musikrichtung. Potentielle Käufer des Pionierkünstlers sind folglich Durchschnittskäufer (vier bis neun Tonträger jährlich) und Intensivkäufer (mehr als neun Alben pro Jahr). Gelegenheitskäufer (bis zu vier Tonträger jährlich) werden wahrscheinlich weiterhin ihnen bekannte Künstler bevorzugen (vgl. BVMI e.V. 2008, S. 38). Formal muss gelten, damit der Musiker Alben absetzen kann.

Auf einem Tonträgermarkt mit vollständiger Informationwüssten die Käufer bereits vor dem Kauf um das Talent des Künstlers und insofern ex-ante, ob ihnen das Debütalbum gefällt. Der Pioneerkünstler könnte, wie in Abb. I anhand der oberen Gerade dargestellt, zum Preis die Menge absetzen und den Gewinn verbuchen. Jeder Konsument würde entsprechend seiner Zahlungsbereitschaft das Debütalbum kaufen, solange . Allerdings handelt es sich bei Musikprodukten um Erfahrungsgüter, so dass sich die Nachfrager erst vom Talent eines Künstlers überzeugen müssen. Diese Unsicherheit führt zu einer reduzierten Zahlungsbereitschaft, wie sie in der Abbildung mit Hilfe der unteren Gerade dargestellt wird. Entsprechend kann der Künstler wegen (2) mit zu einem Preis auf dem unvollständigen Markt nur die geringere Menge absetzen und Gewinne von generieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. I: Nachfragefunktion mit/ohne Käuferunsicherheit

Quelle: In Anlehnung an Schmalensee 1982, S. 353.

Um seinen Profit zu maximieren und die Preisbereitschaft potentieller Kunden auszuschöpfen, bietet es sich für den Künstler an, eine sog. Penetrationsstrategie zu verfolgen. In der ersten Periode verlangt er deshalb nur einen niedrigeren Einführungspreis , der bei liegt, um potentielle Käufer zu gewinnen. Durch den ersten Kauf wird ein akquisitorisches Potential geschaffen, welches zu Folgekäufen und damit zu Markentreue führt, da alle Konsumenten, die seine Musik gehört haben, von ihrem Nutzengewinn überzeugt werden können (vgl. Diller 2000, S. 375). Weil es keine Konkurrenzbeziehung zu anderen Künstlern in der relevanten Repertoiresegmentierung gibt, erhöht der Künstler den Preis seiner Alben in nachfolgenden Perioden auf ein Vollpreisniveau , solange gilt (vgl. Kulle 1998, S. 174). Es ergibt sich eine Situation, wie sie in Abb. II dargestellt wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. II: Ein-Perioden-Nachfrage nach Alben des Pioneerkünstlers

Quelle: Schmalensee 1982, S. 353.

Der Preis , welcher zum Punkt B führt, ist der niedrigste Preis, den der Künstler bisher gesetzt hat. In der Periode der Albumveröffentlichung entspricht er und damit . Die Käufer auf der rechten Seite von B könnte er nur überzeugen, wenn er in einer der Folgeperioden seine Alben zu einem Preis anbietet, der mit geringer als der Einführungspreis ist. Dann entspräche sein Gewinn in der Periode . In allen anderen Fällen links von B, kann er seinen Gewinn durch einen Preis maximieren. Seine entsprechende Gewinnfunktion lautet dann . Ein Preis im Bereich von , also zwischen den Punkten A und B, wäre suboptimal. Wegen der preisunelastischen Nachfrage in diesem Bereich könnte der Musiker mit einer Preiserhöhung seinen Umsatz maximieren, ohne Nachfrager zu verlieren. Die optimalen Werte von und ergeben sich aus der Maximierung von . Der resultierende Profit des Künstlers ist aufgrund des Einnahmeverlustes durch den niedrigeren Einführungspreis in jedem Fall geringer als der eines Monopolisten in einem vollkommenen Markt, aber die einzige Möglichkeit die Käuferunsicherheit zu überwinden und Fans zu gewinnen.

In der zweiten Stufe des Modells veröffentlicht ein nachfolgender, bis dato unbekannter, Künstler sein stilistisch vergleichbares Debütalbum. Die Nachfrage lässt sich aufgrund der Penetrationsstrategie des jetzigen Stars mit und in zwei Gruppen einteilen. Die eine Gruppe hat wegen ihrer niedrigen Zahlungsbereitschaft noch kein Album des Stars gehört. Ihnen gegenüber sieht sich der nachfolgende Künstler in derselben Situation wie der Star in der ersten Periode. Entsprechend gilt für den Künstler hinsichtlich dieser Konsumentengruppe auch (2) mit :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auf der anderen Seite befindet sich dieGruppe der Käufer der Tonträger des Stars mit . Ihnen entsteht durch seine Musik ein Nutzen von , der Differenz aus ihrer Zahlungsbereitschaft und dem Preis der Alben. Der Kauf von Alben eines anderen Musikers würde ihnen entsprechende Opportunitätskosten verursachen, welche es durch einen niedrigen Einführungspreis zu kompensieren gilt. Folglich muss der Preis umso niedriger sein je höher die Zahlungsbereitschaft des jeweiligen Konsumenten ist. Alle bisherigen Anhänger des Stars kaufen das Debütalbum des Newcomers daher nur,wenn sein Einführungspreis gemäß (2) die folgende Bedingung erfüllt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

durch Einsetzen von erhält man

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

und damit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Abb. III wird die sich aus (7) ergebende Bedingung an durch den Punkt B ersichtlich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. III: Bedingungen an den Einführungspreis des unbekannten Künstlers

Quelle: In Anlehnung an Schmalensee 1982, S. 354.

Diese Bedingung zeigt, warum die herrschende Käuferunsicherheit auf dem Musikmarkt den Markteintritt von unbekannten Künstlern erschwert und bereits etablierte Künstler über einen temporären Vorteil verfügen.In einem Markt vollkommener Qualitätstransparenz wissen die Konsumenten um die Qualität der Künstler. Infolgedessen kann der talentierte Newcomer die Nachfrage des anderen Künstlers für sich gewinnen, indem er dessenTonträgerpreis marginal unterbietet und den Nutzen der Konsumenten aus steigert. Weil der Musikmarkt allerdings eine hohe Qualitätsunsicherheit aufweist, sind Musikinteressente sich der Qualität des unbekannten Künstlers nicht eindeutig sicher und bereit für einen Künstler, dessen Talent sie kennen, mehr zu zahlen. Folglich kann der Newcomer auch dann keine Alben absetzen, wenn er den aktuellen Preis des Stars unterbietet und in Punkt A sein Debütalbum mit zum selben Einführungspreis wie der jetzige Star anbietet. Um alle Hörer des Stars von sich überzeugen zu können, müsste er einen Einführungspreis in der Höhe von Punkt B wählen, welcher vermutlich unter den Grenzkosten läge und mit hohen Verlusten einherginge. Um diese zu vermeiden und sich trotzdem am Markt zu etablieren, wählt er stattdessen einen Preis zwischen und mit einem entsprechenden Absatz von . Unter Einbeziehung der Bedingung aus (4), ergibt sich eine mit der Darstellung in Abb. IV vergleichbare Situation:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. IV: Absatz des unbekannten Künstlersbei

Quelle: In Anlehnung an Schmalensee 1982, S. 354.

Der Erfolg dieser Preisstrategie wird allerdings in vielen Fällen durch die Preispolitik des Handels konterkariert. Auf dem Musikmarkt findet auf der Stufe der Tonträgerhersteller aufgrund der Heterogenität der Produkte weitestgehend kein Preiswettbewerb und somit auch nur eine geringe Preisdifferenzierung zwischen bekannteren und unbekannteren Künstlern statt. Anders ist dagegen die Situation auf der Handelsebene, auf der die Bedeutung von Facheinzelhändlern und Filialunternehmen zugunsten von Großhandelsbetrieben wie Supermärkten und Elektrohandelsketten abnimmt. Diese kämpfen mit Preisreduzierungen bei populären Titeln um Kunden(vgl. Caspar/Mucha/Wustlich 2008, S. 177f.;vgl. Gazibegović 2007, S. 40). Allein WalMart hatte 2004 in den USA einen Anteil von 20% an den Verkäufen der Majorlabels, der sich zusammen mit den Anteilen von BestBuy und Target auf 50% summiert (vgl. Scully 2008, S. 176). Die Produkte des Tonträger-Sortiments dieser Händler werden teilweise sogar unter dem Selbstkostenpreis verkauft, um als sog. FrequenzbringerKunden anderer Produkte zu akquirieren. Diese aggressive Preispolitik lockt hauptsächlich Intensivkäufer an, die aufgrund ihrer höheren Kauffrequenz, welche sich in niedrigeren Werten von und größeren Werten von bemerkbar macht, am ehesten zum Musikalbum eines unbekannten Künstlers greifen würden (vgl. Mahlmann 1999, S. 178). Für die unbekannten Künstler der betroffenen Musikrichtungen ergeben sich dadurch veränderte Bedingungen an den Einführungspreis, welche in Abb. V dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. V: Notwendiger Einführungspreis des unbekannten Künstlers bei aggressiver Preispolitik des Großhandels

Quelle: In Anlehnung an Schmalensee 1982, S. 354.

Aufgrund seines nachfragebedingten Starstatus eignen sich die Alben des Pionierkünstlers als Frequenzbringer des Großhandels. Entsprechend bieten sie seine Tonträger in den Folgeperioden zu einem wesentlich geringeren Preis als der Fachhandel zuvor an. Im Extremfall sogar zum Selbstkostenpreis, welcher der bislang niedrigste Preis sei. Der unbekannte Künstler müsste folglich in der Einführungsperiode einen Preis wählen, der unter dem Selbstkostenpreis liegt und könnte trotzdem in den Folgeperioden mit der exemplarisch dargestellten Strecke AB nur einen kleinen Teil der Nachfrage auf sich vereinen. Um einen vergleichbaren Marktanteil wie der Star erreichen zu können, müsste der Preis des Debütalbums gegen Null tendieren und er das Album kostenlos verteilen. Diese Strategie, im traditionellen Einzelhandel „Sampling“ genannt, ist für die Musikindustrie aufgrund der hohen Kosten der Vervielfältigung nur bedingt anwendbar. In Deutschland beläuft sich dieser Anteil an den Gesamtkosten mit ca. 1,50 € auf 9-10% des Verkaufspreises einer CD (vgl. Steinel 1992, S. 200; vgl. Doglio/Richeri 1996, S.33). Weil die kostenlose Verteilung wahrscheinlich auch hohe Streuverluste zur Folge hätte, entstünden dem Künstler durch eine flächendeckende Anwendung und die Produktionskosten Initialverluste, die er in Folgeperioden erst einmal amortisieren müsste. Im Zweifelsfall müsste er nachfolgend einen Preis wählen, der mit über dem niedrigen Händlerabgabepreis des Staralbums bei den Großhändlern liegt. Weil die Konsumenten nun die Qualität beider Künstler kennen, wäre ihre Wahl bei vergleichbarer Übereinstimmung mit ihren Präferenzen nur vom Preis abhängig, wodurch sich eine geringere Nachfrage einstellen würde. Aufgrund der fehlenden Aussicht auf Amortisation ist diese Strategie folglich ökonomisch nicht sinnvoll, weswegen ein Markteinstieg zu einem höheren Preis und den damit verbundenen Konsequenzen eines evtl. ausbleibenden Absatzes erfolgt. Die Chancen von unbekannten Künstlern auf Musikmärkten werden also maßgeblich von der Käuferunsicherheit und der Preispolitik der Großhändler bestimmt.

Nachdem in diesem Kapitel gezeigt wurde, wie die herrschende Käuferunsicherheit den Markteintritt unbekannter Künstler auf dem traditionellen Musikmarkt erschwert, wird folgenden Kapitel gezeigt, wie sich die Situation durch die Digitalisierung verändert.

2.2. Markteintritt mit Samplingmöglichkeit

Musik ist ein Informationsgut, daunabhängig von der Verwertungsform die Musik der zentrale Inhaltist (vgl. Brandtwein 2000, S.37; vgl. Shapiro/Varian 1999, S.5). Diese Charakteristik bietet den Künstlern und Tonträgerherstellern durch die Verbreitung des Internets und der damit einhergehenden weiterführenden Digitalisierung des Musikmarktes neue Möglichkeiten der Distribution von Musik. In digitaler Form kann Musik auf unternehmenseigenen, privaten oder den Webseiten von Intermediären wie iTunes online präsentiert und bestellt sowie per Download auch immateriell bei gleich bleibender Qualität ausgeliefert werden (vgl. Wirtz 2006, S. 356; vgl. Gazibegović 2007, S. 86). Eine entsprechende Investition in die Infrastruktur vorausgesetzt, verursacht die nicht-physische Verbreitung der Inhalte den Akteuren nur marginale Kosten. Online erworbene und übertragene Musikalben sind damit günstiger als ihre physischen Gegenstücke. Weil digitale Musikstückedurch Einzelkopien und –versand kaum Zusatzkosten verursachen, können Musikalben entbündelt und die Titel einzeln ver- und gekauft werden (vgl. Walter2007, S. 125f.). Konsumenten müssen daher nicht mehr das ganze Album erwerben, sondern sind in der Lage sich bei Onlinehändlern wie iTunes auch nur die Lieblingstitelheraussuchen, wodurch sie nur ca. ein Zwölftel des Albumpreises zahlen (vgl. Anderson 2006, S.25). Das Finden der Lieblingstitel wird ihnen, falls sie die Songs des Albums noch nicht kennen, durch die Bereitstellung kostenloser Hörproben, Samples genannt, ermöglicht. Manche Künstler, wie die ArcticMonkeys, bieten auf ihrer Homepage sogar ganze Alben zum kostenlosen Download an, um Konsumenten von ihrem Talent zu überzeugen (Künzler, H. 2006, o.S.). Welche Auswirkungen die Anwendung dieser Optionen auf die Chancen unbekannter Künstler im Gegensatz zur beschriebenen Situation im traditionellen Einzelhandel hat, wird im Folgenden wieder am Modell von Schmalensee dargestellt.

Als der unbekannte Musiker in der zweiten Stufe des Modells mit seinem Debütalbum den Musikmarkt betritt, ist dieser, wie im ersten Teil des Kapitels beschrieben, bereits vom Pioneerkünstler geprägt. Dieser kann, nicht zuletzt durch die in Abb. V dargestellte Preispolitik der Großhändler, einen Großteil der Nachfrage auf sich vereinen. Aufgrund der veränderten ökonomischen Bedingungen durch die Digitalisierung, stehen dem in diesem Kapitel betrachteten Nachfolger mit dem „Sampling“ und der kostenlosen Verbreitung seines Debütalbums zwei zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung, um potentielle Käufer von seinem Talent zu überzeugen. Weil es sich bei den beiden Optionen um unterschiedliche Anwendungsgrade des gleichen Prinzips handelt, werden sie im Folgenden in zwei getrennten Szenarien dargestellt. Das erste Szenario zeigt auf, wie sich die Käuferunsicherheit und die Chancen des unbekannten Künstlers durch das Angebot kostenloser Samples verändern. Anschließend zeigt das zweite Szenario, wie sich das kostenlose Angebot des ganzen Albums auf die Nachfrage und den Markt auswirkt. Die Konsequenzen der Entbündelung von Musikalben, der dritten durch die Digitalisierung entstandenen Möglichkeit, kann im Rahmen der verwendeten Theorie nicht dargestellt werden, da sich das Angebot einzelner Titel aufgrund der unterschiedlichen Größenordnung hinsichtlich der Preise, Zahlungsbereitschaft etc. nicht mit den Darstellungen der ersten Modellstufe aus dem ersten Kapitel vergleichen lässt.

Fast alle kommerziellen Anbieter von Mp3-Titeln wie iTunes, Amazon, Mp3.de etc bieten dem Konsumenten die Option des kostenlosen Probehörens. Auf diese Weise soll der potentielle Kunde bereits vor dem Erwerb eines Titels einen ersten Eindruck des Musikstückes bekommen und seine Unsicherheit verringert werden (vgl. Emes 2004, S. 183). Je nach Intermediär besitzen die Samples unterschiedliche Länge und Qualität. Da der Song nicht in vollständiger Länge abgespielt wird und es sich bei Musik um ein Erfahrungsgut handelt, kann der Interessent den vollen Nutzen des Musikstückes nicht bestimmen. Stattdessen weist er dem Lied einen erwarteten Nutzen zu, den er unterbewusst anhand des wahrgenommenen Wertes bestimmt (vgl. Goering 1985, S. 79). Im Falle eines talentierten Künstlers ist anzunehmen, dass der Konsument durch das Sample die Qualität der Musik besser einschätzen kann und seine subjektive Erwartung , dass der Künstler nicht talentiert ist, abnimmt. Gemäß der bereits bekannten Bedingung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

führen kleinere Werte von ceteris-paribus zu kleineren Werten von , was wegen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

bei denjenigen zu einer höheren Zahlungsbereitschaft führt, die bisher noch kein Album gekauft haben. Für alle Einführungspreise ist anzunehmen, dass sich die Käufer des Stars aufgrund ihrer Opportunitätskosten nicht für das Album des unbekannten Künstlers interessieren und insofern auch nicht das Angebot der kostenlosen Hörprobe wahrnehmen. Für sie gilt nach wie vor eine unveränderte Zahlungsbereitschaft hinsichtlich des Newcomers und damit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Falls das digitale Debütalbum des unbekannten Künstlers mit zu einem Preis verkauft wird, der dem Selbstkostenpreis des Staralbums entspricht, ergibt sich die in Abb. VI dargestellte Situation.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. VI: Nachfragesituation bei digitaler Markteinführung mit Angebot kostenloser Hörproben

Quelle: In Anlehnung an Schmalensee 1982, S. 354.

[...]


[1] Die Darstellungen der vorliegenden Arbeit beziehen sich ausschließlich auf die Repertoireform des “Pop“ im Bereich der Unterhaltungsmusik, welcher ferner in „Pop national“ und „Pop International“ unterteilt wird (vgl. Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V. 2003, S.22). Die Möglichkeit zur Ausweitung der Ergebnisse dieser Arbeit auf andere Repertoireformen ist nicht zwangsläufig gegeben.

[2] Im Rahmen dieser Diplomarbeit werden der Begriff „Künstler“ und seineSynonyme stellvertretend für Solokünstler und Bands im Singular verwendet. Dies erfolgt unter der Annahme, dass die Ergebnisse davon nicht berührt werden.

[3] Im Folgenden wird die Perspektive des Künstlers als Preissetzer gewählt. Diese Darstellung entspricht nicht der Realität, da die Musiklabels die Preispolitik bestimmen, vereinfacht sie aber ohne die Ergebnisse zu verändern.

Final del extracto de 67 páginas

Detalles

Título
Auswirkungen der Digitalisierung des Musikmarktes auf die Chancen unbekannter Künstler
Universidad
University of Cologne  (Medienökonomie)
Calificación
1.0
Autor
Año
2009
Páginas
67
No. de catálogo
V295201
ISBN (Ebook)
9783656933434
ISBN (Libro)
9783656933441
Tamaño de fichero
1105 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Music, Musik, Musikmarkt, Music market, artist, Künstler, Sänger, Musikindustrie, A&R, Artist & Repertoir, Publishing
Citar trabajo
Dirk Kuritz (Autor), 2009, Auswirkungen der Digitalisierung des Musikmarktes auf die Chancen unbekannter Künstler, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295201

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