“The precondition of any modern political thinking” is recognition of the “incalculable evil that men are capable of bringing about.” (Arendt, 1994, 132)
Die politische Theoretikerin (sie selbst wollte nie politische Philosophin genannt werden) Hannah Arendt hat am eigenen Leib erfahren, was dieses unberechenbare Böse ganz „normaler Menschen“ bedeutet. Die Verfolgung von Menschen jüdischer Abstammung im Deutschland der 1930er Jahre zwang sie nicht nur 1933 zur Emigration, sondern wurde ihr zudem vom nationalsozialistischen Regime 1937 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, was eine 14-jährige Staatenlosigkeit für sie zur Folge hatte. Diese Erfahrung prägte ihre Sicht auf die (politische) Welt, im Folgenden soll diese teilweise erläutert werden. Die Frage, was das Böse ist, beschäftigte sie lange und ihre Erkenntnisse auf diesem Gebiet sind nicht nur einzigartig, sondern auch weitsichtig in Bezug auf ihre Relevanz für die heutige Zeit, denn das Problem der Staatenlosigkeit (großer Gruppen von Menschen) ist heute so aktuell wie damals, was in dieser Arbeit gezeigt werden soll.
Erst im Mai 2013 prangerte Amnesty International in dessen jährlichem Bericht zum Stand der globalen Menschenrechtssituation die Asylpolitik der Europäischen Union auf das Schärfste an und kritisierte, die Staaten hätten scheinbar "mehr Interesse am Schutz ihrer eigenen Grenzen" als am Schicksal hilfsbedürftiger Menschen. (Amnesty International, 2013)
Menschen überflüssig zu machen, indem ihnen der Status der Staaten- und (damit einhergehenden) Identitätslosigkeit zugesprochen wird, ist die beängstigendste Möglichkeit, den Menschen ihr Existenzrecht abzusprechen. „Whereas murder destroys a life, superfluity destroys reality, the fact of existence itself. “ (Hayden, 2010, S. 456)
Demgegenüber steht nach Arendt das andere große Böse der Menschheit, die tatsächliche Auslöschung von Existenzen; der Genozid. Zu ihrer Zeit, dem 20. Jahrhundert, handelte es sich dabei um die geplante und perfekt effizient durchgeführte Vernichtung von Millionen von Leben in Konzentrations- oder Arbeitslagern durch die Hand „ganz normaler Menschen“.
Meine These zu ihrer Einschätzung ist, dass dieser Vorgang der Ausrottung menschlichen Lebens in großer Zahl heutzutage, in der Welt des globalisierten 21. Jahrhunderts, sehr viel einfacher geschehen kann als damals. Man muss keinen Menschen mehr töten, um seine Existenz auszulöschen...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung zur Thematik
- Die Flüchtlingssituation nach Arendt
- Das Konzept des Bösen nach Arendt und Hayden
- Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Weiterentwicklung der Konzeptualisierung des Bösen durch Hannah Arendt im Kontext der politischen Ausgrenzung Einzelner aus der Gesellschaft. Sie untersucht die Flüchtlingssituation im Lichte von Arendts Gedanken und analysiert die Problematik der Staatenlosigkeit als Form der Auslöschung von Existenz.
- Das Konzept des Bösen nach Hannah Arendt
- Die Bedeutung der Staatenlosigkeit für die Ausgrenzung von Menschen
- Die Flüchtlingssituation im Kontext der Arendtschen Gedanken
- Die Problematik der Asylpolitik und die Rolle von Hilfsorganisationen
- Mögliche Ansätze zur Lösung der Problematik der Ausgrenzung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung zur Thematik
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor und erläutert die Bedeutung von Hannah Arendts Denken für die heutige Zeit. Sie zeigt die Aktualität des Problems der Staatenlosigkeit auf und verweist auf die Notwendigkeit, die Konzepte des Bösen und der Ausgrenzung zu reflektieren.
Die Flüchtlingssituation nach Arendt
Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der Flüchtlingssituation, ausgehend von der Emigration nach dem Ersten Weltkrieg. Es analysiert die Ohnmacht der europäischen Staaten im Umgang mit den Staatenlosen und die Entstehung des Begriffs „Flüchtling“. Zudem werden die Gründe für den Verlust des Rechts auf Asyl und die daraus resultierenden Handlungsmöglichkeiten der Staaten diskutiert.
Das Konzept des Bösen nach Arendt und Hayden
Das Konzept des Bösen nach Hannah Arendt und Patrick Hayden wird in diesem Kapitel näher beleuchtet. Die Arbeit zeigt auf, wie die Auslöschung von Existenzen durch die Staatenlosigkeit mit dem Konzept des Bösen in Verbindung steht. Sie analysiert die verschiedenen Formen der Ausgrenzung und die Auswirkungen auf die betroffenen Menschen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Hannah Arendt, Politische Ausgrenzung, Staatenlosigkeit, Flüchtlingssituation, Konzept des Bösen, Existenzberechtigung, Asylpolitik, Hilfsorganisationen, und die Bedeutung von Identität und Zugehörigkeit in der heutigen Zeit.
- Quote paper
- Stephanie Kupke (Author), 2014, Zur Weiterentwicklung der Konzeptualisierung des Bösen durch Hannah Arendt. Zur politischen Ausgrenzung Einzelner aus der Gesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295396