Ratingagenturen sind wichtige Finanzmarktteilnehmer und müssen einem geeigneten Rechtsrahmen unterworfen sein. Als Informationsintermediäre, die es übernehmen die Kreditwürdigkeit von einzelnen Unternehmen und Staaten sowie die Bonität einzelner Finanzprodukte zu analysieren und zu bewerten, kommt den Ratingagenturen auf den Kapitalmärkten eine nicht zu unterschätzende Machtposition zu. Durch den Abbau von Informationsasymmetrien sollen die von ihnen abgegebenen Ratings, die sich von „AAA“ bis „D“ erstrecken, dem Anleger dazu verhelfen, eine rationale Anlageentscheidung zu treffen, ohne dass dieser sich zuvor in einem langwierigen Prozess eigene Informationen verschaffen müsste.
Entsprechende Bemühungen gerichtet auf eine Regulierung von Ratingagenturen auf EU-Ebene wurden schon im Vorfeld der Finanzkrise angestimmt. Bankenpleiten, die massive Überschuldung von Staatshaushalten und die um sich greifende Euro-Panik haben den europäischen Gesetzgeber letztendlich zum Handeln bewogen. Die Ursachen für die Finanzkrise sind zwar undurchsichtig und zugleich vielschichtig, jedoch hinderte dies die politischen Gestalter nicht daran die Ratingagenturen als Mitschuldige zu identifizieren und an den Pranger zu stellen.
Angesichts der Fruchtlosigkeit freiwilliger Selbstregulierung der Ratingagenturen auf der Basis des „Code of Conduct Fundamentals for Credit Rating Agencies“ der „International Organization of Securities Commissions“ (IOSCO), wurde zum Schutz der Anleger, der Verbraucher, der Finanzmärkte und des Binnenmarktes vor fehlerhaften Ratings die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen erlassen. Zur Erreichung des Primärziels „ Schutz der Anleger, der Verbraucher, der Finanzmärkte und des Binnenmarktes vor fehlerhaften Ratings“ sind in der Verordnung fünf Zwischenziele enthalten – erstens „Vermeidung bzw. angemessene Handhabung von Interessenkonflikten im Ratingprozess, zweitens „Verbesserung der Qualität der abgegebenen Ratings“, drittens „Erhöhung der Transparenz“, viertens „Sonderschutz im Zusammenhang mit Ratings strukturierter Finanzinstrumente“ und fünftens „Schaffung eines wirksamen und effizienten Registrierungs- und Aufsichtsrahmens“.
I
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
I. Themenstellung und Problemaufriss
II. Zielsetzung und Aufbau
B. Die Rolle der Ratingagenturen
I. Definitorische Grundlagen
II. Funktionen und Bedeutung des Ratingwesens
1. Für Investoren
2. Für Emittenten
3. Aufsichtsrechtliche Verwendung von Ratings
III. Fehlentwicklungen und Defizite der aktuellen Ratingpraxis
1. Konzentration der Macht
2. Finanzierung des Ratingwesens
3. Rating und Consulting
4. Fehlende Transparenz und mangelnde Qualität
C. Erste Regulierungsansätze
I. Freiwilliger Verhaltenskodex der IOSCO
1. Inhaltsüberblick
2. Bewertung: Effektivität der Vorgaben
II. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben
1. Konsequenzen von Basel II für die Regulierung von Ratingagenturen
2. CEBS-Leitlinien
3. Bewertung
D. Ratingregulierung durch den europäischen Gesetzgeber
I. Rating - Verordnung 1060/2009/EG und die erste Änderungs-Verordnung 513/2011/EU
1. Paradigmenwechsel im europäischen Aufsichtsrecht
2. Anwendungsbereich
3. Registrierung
a) Registrierung auf nationaler Ebene
b) Registrierung durch die ESMA
4. Aufsicht
5. Materielle Anforderungen
a) Vermeidung bzw. angemessen Handhabung von Interessenkonflikten im Ratingprozess
b) Verbesserung der Qualität der abgegebenen Ratings
c) Erhöhung der Transparenz
6. Ausführung in Deutschland
7. Bewertung
II. Zweite Änderungs -Verordnung 462/2013/EU
1. Fortentwicklung durch zweite ÄnderungsVO
a) Verringerung des Rückgriffs auf externe Ratings
b) Länderratings
c) Rotationsprinzip
d) Strukturierte Finanzprodukte
e) Beteiligungsregeln
f) Änderung von Ratingmethoden
g) Schaffung einer europäischen Ratingplattform
h) Zivilrechtliche Haftung
E. Diskussion alternativer Modelle
I. Die „Europäische Ratingagentur“
II. Ein Europäischer Ratingfonds
F. Schlussbetrachtung
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