Hitler mag nach Ansicht vieler Historiker und Psychologen ein „Wahnsinniger“ gewesen sein.
Dies erklärt jedoch nicht, wie der grösste Teil der deutschen Bevölkerung hinter den Zielen und Plänen eines einzelnen „Irren“ stehen konnte. Tatsache ist, dass die Diktatur Hitlers ohne die bereitwillige Zustimmung der Deutschen weder zustande gekommen wäre noch funktioniert hätte. Dabei stellt sich allerdings die Frage, wie es möglich war, dass eine aus
geistig „gesunden“ und „gewöhnlichen“ Bürgern bestehende Gesellschaft sich schrittweise von ihrer Menschlichkeit abgewendet hat. Obwohl sie alle, wie Max Frisch gesagt hat, „eine gleiche Erziehung genossen haben wie ich, die gleichen Worte sprechen wie ich und gleiche Bücher, gleiche Musik, gleiche Gemälde lieben wie ich“, empfand die damalige Gesellschaft zunehmend das „Unmenschliche“ als moralisch richtig und notwendig. Wie war es möglich, dass in einer Gesellschaft Diskriminierung, Ausgrenzung, Enteignung und Beraubung von Minderheiten vom Gesetz legalisiert und als Norm angesehen und Tötungsbereitschaft am Schluss zur Pflicht wurde? Wie ist es möglich, dass aus Menschen „Unmenschen“ werden, von denen die meisten dachten, sie könnten nicht im Traum ein Verbrechen begehen?
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich lediglich auf das Beispiel Deutschland und versucht anhand der Erklärungsversuche ausgewählter Historiker und Soziologen zu erörtern, wie Menschen zu „Unmenschen“ werden. Es ist offensichtlich, dass in anderen Ländern wie Ruanda, Kambodscha oder dem ehemaligen Jugoslawien eine andere historische Entwicklung erfolgte und auch andere Ethnien von Massenmorden betroffen waren als in Deutschland. Bei
den Quellen musste ich einen Kompromiss eingehen und mich auf wenigere Autoren beschränken, um eine kompakte Antwort auf meine Forschungsfrage zu geben, da sonst
meine Arbeit bei Anwendung zu vieler Autoren zu unübersichtlich geworden wäre. Bei der Untersuchung des Umbruchprozesses wird der Fokus auf die Gesellschaft als Täter gelegt und nicht näher auf die Opfer eingegangen. Die Gesellschaft wird als ein gesamthafter Protagonist erfasst. Das Innenleben der Täter wird daher im Rahmen dieser Arbeit
vernachlässigt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Wertewandel von 1871 bis 1933
- Der Hierarchisierungsprozess
- Der „Gestaltwandel“
- Die destruktiven Energien
- Der Umbruchprozess
- Die kategoriale Ungleichheit
- Der Faktor „Zugehörigkeit“
- Die Entstehung der Tötungsbereitschaft
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie die deutsche Gesellschaft nach 1933 zu einem radikalen gesellschaftlichen Umbauprozess gelangen konnte. Der Fokus liegt auf der Analyse der Vorgeschichte, der Bedingungen und der Folgen dieses Prozesses. Dabei wird untersucht, unter welchen Bedingungen eine solche Transformation stattfinden kann und wie das Verständnis von Moral und Recht sich wandelt.
- Der Wertewandel in der deutschen Gesellschaft von 1871 bis 1933
- Die Rolle des Hierarchisierungsprozesses und der Stärkung aristokratisch-hierarchischer Vorstellungen
- Die Auswirkungen der Niederlage im Ersten Weltkrieg und die Verstärkung des Kaisergedankens
- Der Umbruchprozess und die Entstehung einer Tötungsbereitschaft
- Die Bedeutung des Faktors „Zugehörigkeit“ und die Rolle der Gesellschaft als Täter
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und erklärt die Absicht der Arbeit, anhand ausgewählter Historiker und Soziologen zu erörtern, wie Menschen zu „Unmenschen“ werden. Es wird betont, dass der Fokus auf Deutschland gelegt wird, aber auch andere Beispiele für Massenmorde in anderen Ländern erwähnt werden.
Der Wertewandel von 1871 bis 1933
Dieses Kapitel untersucht den Wandel der Wertevorstellungen in der deutschen Gesellschaft. Die Hierarchisierung der Gesellschaft, beginnend mit der Reichsgründung durch Otto von Bismarck, wird analysiert. Die Stärkung aristokratisch-hierarchischer Vorstellungen und die Abschwächung aufklärerischer und humanistischer Werte werden hervorgehoben. Das Kapitel beleuchtet außerdem, wie die Niederlage im Ersten Weltkrieg diese Entwicklungen verstärkte.
Der Umbruchprozess
Das Kapitel behandelt den Umbruchprozess, der zur „Unmenschlichkeit“ der Gesellschaft führte. Es analysiert die kategoriale Ungleichheit und die Bedeutung des Faktors „Zugehörigkeit“. Die Entstehung der Tötungsbereitschaft wird im Kontext des Umbruchprozesses untersucht.
Fazit
Das Fazit enthält die Hauptargumente und Ergebnisse der Arbeit. Es beantwortet die Forschungsfrage und zieht Schlussfolgerungen über die Ursachen und Folgen des Prozesses, der Menschen zu „Unmenschen“ werden ließ.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Moral, Recht, Gesellschaft, Hierarchie, Wertewandel, Tötungsbereitschaft, Umbruchsprozess, Massenmorde, Deutschland, Historiker, Soziologen.
- Citation du texte
- Robert Gregorio Lukacs (Auteur), 2012, Der Gesellschaftliche Umbauprozess in Deutschland nach der Machtergreifung Hitlers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295929