In den letzten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zeichnete sich weltweit ein Trend der Zunahme im Gebrauch von Volksentscheiden ab. Auch wenn man den Beitrag mit in Betracht zieht, den die Demokratisierungswelle in Zentral- und Osteuropa sowie in Lateinamerika zu dieser steigenden Tendenz beiträgt, lässt sich feststellen, dass auch der Gebrauch von direkter Demokratie in Westeuropa zu diesem Anstieg beigesteuert hat.
Innerhalb des Zeitraumes von 1985-1989 betrug die Anzahl von Abstimmungen auf nationaler Ebene in den Mitgliedstaaten der EU 11, im Zeitraum von 1995-1999 bereits 29. Untersuchungen weisen darauf hin, dass der Gebrauch direkter Demokratie in Westeuropa in Zukunft eher zunehmen als abnehmen wird.
Die Diskussion in Deutschland über die Einführung von direktdemokratischen Elementen ist beispielhaft, denn die Gegner stützen sich hier häufig auf Argumente, die sich durch Beobachtungen der Praxis derjenigen Staaten widerlegen (oder auch stützen) lassen, in denen diese Elemente schon länger eine die Politik beeinflussende und auch mitbestimmende Rolle spielen.
Im Rahmen der Vorbereitung dieser Arbeit stellte sich also nicht nur die Frage, in welchen Staaten Instrumente direkter Demokratie häufig genutzt werden, sondern auch, in welchen Staaten es vor der Einführung der direkten Demokratie Diskussionen gegeben hatte, die mit denen in der Bundesrepublik zumindest teilweise vergleichbar waren. Was die Schweiz sowie einige der Bundesstaaten der USA betrifft, so ist hier im Lauf der Zeit ein Überfluss an Literatur zum Themenbereich der direkten Demokratie entstanden; die plebiszitären Elemente wurden hier in vielerlei Hinsicht erforscht.
Jedoch ergibt sich hier ein Problem in der Vergleichbarkeit: Die Schweiz wird in der Literatur zwar ausgiebig analysiert, aber dann nicht nur bei der Diskussion um die Einführung direktdemokratischer Prozesse in Deutschland auf der Bundesebene als „Sonderfall“ betrachtet. Obwohl ein US-Bundesstaat wie Kalifornien, was beispielsweise die Größe und Einwohnerzahl betrifft, durchaus Zahlen erreicht, die denen von unabhängigen Staaten in nichts nachstehen, so handelt es sich doch „nur“ um Abstimmungen auf Bundesstaatsebene und nicht auf nationaler Ebene.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Diskussion über die direkte Demokratie in Deutschland
- Das Grundgesetz und die direkte Demokratie
- Direkte Demokratie auf Bundesebene?
- Die vergleichende Analyse direkter Demokratie
- Typologie der Regierungssysteme
- Typologie direkter Demokratie
- Das abrogative Referendum in Italien
- Normative Bestimmungen der italienischen Verfassung
- Das Ausführungsgesetz von 1970
- Die Praxis und Auswirkungen des abrogativen Referendums
- Öffnung der Machtstrukturen
- Umgestaltung des politischen Systems
- Gefährdung der Demokratie durch Missbrauch?
- Die Diskussion über die Reform des Referendums
- Ausblick: Das abrogative Referendum in der Bundesrepublik?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das abrogative Referendum in Italien und untersucht seine Relevanz als mögliches Modell für die Bundesrepublik Deutschland. Die Arbeit beleuchtet die historische Entwicklung der direkten Demokratie in Italien, untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen und die praktische Umsetzung des Referendums sowie seine Auswirkungen auf das politische System.
- Die Entwicklung und Verbreitung von direktdemokratischen Elementen in Westeuropa
- Die Rolle des abrogativen Referendums im italienischen politischen System
- Die Auswirkungen des Referendums auf die Machtstrukturen und das politische System Italiens
- Die Relevanz des italienischen Modells für die Bundesrepublik Deutschland
- Die Chancen und Risiken der Einführung direktdemokratischer Elemente in Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Dieses Kapitel führt in das Thema der direkten Demokratie in Westeuropa ein und beleuchtet den wachsenden Gebrauch von Volksentscheiden. Es wird zudem die Relevanz des italienischen abrogativen Referendums für Deutschland hervorgehoben.
- Die Diskussion über die direkte Demokratie in Deutschland: Dieses Kapitel analysiert die Diskussion über die direkte Demokratie in Deutschland im Kontext des Grundgesetzes und diskutiert mögliche Szenarien der Einführung direkter Demokratie auf Bundesebene.
- Die vergleichende Analyse direkter Demokratie: Dieses Kapitel stellt eine Typologie der Regierungssysteme und direkter Demokratieformen vor, die als Grundlage für die anschließende Analyse des italienischen Systems dienen soll.
- Das abrogative Referendum in Italien: Dieses Kapitel untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen des abrogativen Referendums in Italien, basierend auf den normativen Bestimmungen der italienischen Verfassung und dem Ausführungsgesetz von 1970.
- Die Praxis und Auswirkungen des abrogativen Referendums: Dieses Kapitel analysiert die praktische Umsetzung des Referendums in Italien und untersucht seine Auswirkungen auf die Machtstrukturen, das politische System und die Demokratie. Es werden auch mögliche Gefahren durch Missbrauch und die Diskussion über eine Reform des Referendums beleuchtet.
Schlüsselwörter
Direkte Demokratie, abrogatives Referendum, Italien, Bundesrepublik Deutschland, Volksentscheid, politische Partizipation, Machtstrukturen, politisches System, Verfassung, Ausführungsgesetz, Reform, Demokratie, Missbrauch.
- Arbeit zitieren
- Silvia Willems (Autor:in), 2004, Das abrogative Referendum in Italien. Ein Modell für die Bundesrepublik?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29637