Die Kultivierungsthese George Gerbners am Beispiel einer Studie über Täter- und Opferdarstellungen im amerikanischen Fernsehen


Trabajo Escrito, 2000

18 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Eingrenzung des Themas

2. Die Kultivierungsthese George Gerbners
2.1 Überblick über die US-Studie „Race and the Misrepresentation of Victimization on Local Television News“
2.2 Von „Violence Index“ bis „Mainstreaming“ - ein Überblick über Gerbners Vorgehen
2.3 Die Kultivierungsthese in der Kritik

3. Ergebnisse

4. Literatur

1. Eingrenzung des Themas

„Man stelle sich einen Einsiedler vor, der in einer Höhle lebt und mit der Außenwelt lediglich über einen Fernsehapparat verbunden ist, welcher nur zur Hauptsendezeit funktioniert. Seine Kenntnisse von der Welt würden sich ausschließlich aus den Bildern und Fakten zusammensetzen, die er den im Fernsehen vorkommenden fiktiven Ereignissen, Personen, Objekten und Orten entnimmt.“[1]

George Gerbner von der Annenberg School of Communications in Philadelphia greift das Höhlengleichnis Platons auf, um den Lesern seiner Studie „Die angsterregende Welt des Vielsehers“[2] den Kern seiner sogenannten Kultivierungsthese zu veranschaulichen.

Menschen, die relativ viel fernsehen, neigen demnach eher dazu, die im Fernsehen dargestellte Realität als wahr anzusehen als solche, die vergleichsweise wenig fernsehen.[3] Insbesondere die sog. Vielseher[4] „kultivieren“ auf diese Weise bestimmte im Fernsehen vermittelte Sichtweisen, Vorstellungen und Meinungen, welche jedoch - wie Gerbner gezeigt hat - meist nichts mit der Realität zu tun haben.

Beispielsweise lassen die Antworten von Vielsehern auf Fragen hinsichtlich ihres Sicherheits­bedürfnisses darauf schließen, dass sie die Welt für bedrohlicher halten, als sie tatsächlich ist (gemessen z.B. an Polizeiberichten). Als es darum ging, einzuschätzen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, in einer x-beliebigen Woche in irgendeine Art von Gewalttätigkeit verwickelt zu werden, lag eine auffällig große Anzahl von Vielsehern mit ihrer Schätzung von 50:50 deutlich über dem realen Wert von etwa 1:100; Wenigseher hingegen entschieden sich zu 33 % weniger für die nicht der Realität entsprechende Antwort.[5] Gerbner sieht darin die obige Kultivierungsthese bestätigt.

Das Ziel dieser Arbeit soll sein, einen Überblick über den Teil der Forschungsarbeit Gerbners zu verschaffen, den man unter dem Begriff „Kultivierungsthese“ zusammenfassen kann.

Eine amerikanische Studie darüber, inwieweit die Fernseh-Berichterstattung über Schwarze, Weiße und Latinos als Täter und Opfer der Kriminalstatistik entspricht, soll veranschaulichen, in welcher Form man als Fernsehzuschauer möglicherweise vom Fernsehen beeinflusst wird und so (Fehl-)Einschätzungen seiner Umwelt „kultiviert“. Etwa wenn man Schwarze (evtl. unterbewusst) von vornherein eher mit Kategorien wie „Täter“ oder „Verbrecher“ assoziiert als z.B. Weiße, was gerechtfertigt wäre, wenn man wirklich nur die in der Studie untersuchten Fernsehnachrichten als Informationsquelle nutzen würde, da in den untersuchten Nachrichtensendungen Weiße in einem zu hohen Maß als Opfer und Schwarze in einem zu hohen Maß als Täter dargestellt werden - verglichen mit der Kriminalstatistik (vgl. dazu das folgende Kapitel).

Im Anschluss an den Überblick über diese Studie aus dem Jahr 2000, gehe ich dann genauer ein auf die Kultivierungsthese und das Vorgehen Gerbners bei seinem Versuch, die „angsterregende Welt des Fernsehens“ zu analysieren und zu beobachten, um welche Inhalte es sich handelt, denen sich Fernsehzuschauer zur Hauptsendezeit (20-23 Uhr) aussetzen. Auch sollen Begriffe, die Gerbner geprägt hat, geklärt werden (z.B. „Mainstreaming“).

In welchen wesentlichen Punkten Gerbners Ansatz problematisch und in heftige Kritik geraten ist, soll abschließend deutlich werden.

2. Die Kultivierungsthese George Gerbners

2.1 Überblick über die US-Studie

„Race and the Misrepresentation of Victimization

on Local Television News“

Gerade bei Nachrichtensendungen, denen man im Allgemeinen einen relativ hohen „Realitätswert“ beimisst, kann man davon ausgehen, dass George Gerbner im Fall einer Berichterstattung, die ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit wiedergibt, mit seiner Kultivierungsthese in weiten Teilen Recht behält.

Die Studie „Race and the Misrepresentation of Victimization on Local Television News“[6], die sich mit eben diesem Thema Realitätstreue der Berichterstattung (über Kriminalität) befasst, liefert einerseits Argumente für die Gültigkeit von Gerbners Ansatz, andererseits zeigt sie mögliche Ansatzpunkte für Kritik an der Kultivierungsthese.

Travis L. Dixon und Daniel Linz formulieren das Ziel ihrer Studie wie folgt: „Distorted portrayals might have an influence on White viewers. If Whites are portrayed as victims, whereas Blacks and Latinos are portrayed as perpetrators, it might have the effect of increasing fear among White consumers of news programs. (...) We speculate on the potential psychological effects of these portrayals.“[7]

Um über „mögliche psychologische Effekte dieser Portraits“ (Darstellungen) spekulieren zu können, wurden Nachrichtensendungen im Zeitraum von 1995 bis 1997 aufgezeichnet, wobei sich die Studie auf bedeutende englisch­sprachige Fernseh-Stationen im Raum Los Angeles beschränkt.[8]

Die sich anschließende Inhaltsanalyse des aufgezeichneten Materials erfolgte nach drei Kategorien: „intergroup measures“ (z.B. Vergleich zwischen Schwarzen als Opfer und Weißen als Opfer), „interrole measures“ (z.B. Schwarze, Weiße und Latinos als Täter im Vergleich mit Schwarzen, Weißen und Latinos als Opfer) und „interreality measures“ (z.B. der Vergleich zwischen der Anzahl der Opfer in den Nachrichten und der Anzahl der Opfer in der Kriminalstatistik).[9] Durch die letzte Kategorie „interreality measures“ unterscheidet sich diese Studie von ähnlich angelegten, vorangegangenen Arbeiten zum Thema „ethnische Gruppen und ihre Repräsentation im Fernsehen“. Dixon und Linz sehen gerade darin eine Stärke ihrer Arbeit, die Kriminalstatistik des Bundestaates Kalifornien, also vom Fernsehen un­abhängige Vergleichsdaten, nutzen zu können.

[...]


[1] zit. nach: Gerbner, George et al.: Die „angsterregende Welt“ des Vielsehers. In: Fernsehen und Bildung, 1-3, 1981, S. 18

[2] ebd., S. 17-23

[3] vgl. Gerbner, George: Über die Ängstlichkeit von Vielsehern. In: Fernsehen und Bildung, 1-3, 1981, S. 24 f.

[4] zu den Begriffen „Vielseher“ (durchschnittlicher Fernsehkonsum pro Tag mehr als sechs Stunden) und „Wenigseher“ (täglich im Durchschnitt weniger als zwei Stunden): vgl. Kap. 2.2

[5] vgl. Gerbner, George et al.: Die „angsterregende Welt“ des Vielsehers. 1981, S. 20

[6] Dixon, Travis L. / Linz, Daniel: Race and the Misrepresentation of Victimization on Local Television News. In: Communication Research, 5, Oktober 2000, S. 547-573

[7] zit. nach: Dixon, Travis L. / Linz, Daniel: Race and the Misrepresentation of Victimization. 2000, S. 548; Übersetzung: „Verzerrte Darstellungen könnten einen Einfluss auf weiße Zuschauer haben. Wenn Weiße als Opfer, Schwarze und Latinos hingegen als Täter dargestellt werden, könnte das eine anwachsende Angst unter weißen Konsumenten von Nachrichtensendungen zur Folge haben. Wir spekulieren über die möglichen psychologischen Auswirkungen dieser Darstellungen.“

[8] zur Methodik vgl. u.a.: Dixon, Travis L. / Linz, Daniel: Race and the Misrepresentation of Victimization. 2000, S. 554 ff.

[9] vgl. ebd., S. 549

Final del extracto de 18 páginas

Detalles

Título
Die Kultivierungsthese George Gerbners am Beispiel einer Studie über Täter- und Opferdarstellungen im amerikanischen Fernsehen
Universidad
LMU Munich  (Institut für Kommunikationswissenschaft)
Calificación
1,0
Autor
Año
2000
Páginas
18
No. de catálogo
V296
ISBN (Ebook)
9783638102179
ISBN (Libro)
9783638786560
Tamaño de fichero
501 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Kultivierungsthese George Gerbner
Citar trabajo
David Berndt (Autor), 2000, Die Kultivierungsthese George Gerbners am Beispiel einer Studie über Täter- und Opferdarstellungen im amerikanischen Fernsehen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/296

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