Der Severusbogen im Kontext der Kaiserlichen Propaganda. Funktion, Repräsentation und Programmatik


Akademische Arbeit, 2008

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Der Severusbogen im Kontext der kaiserlichen Propaganda: Funktion, Repräsentation und Programmatik
1. 1. Dynastische Propaganda am Severusbogen: Felicitas temporum
1. 2. Herrschaftsideal und Herrscherbild am Severusbogen
1. 3. Historische und ideologische Einbettung

Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

1. Der Severusbogen im Kontext der kaiserlichen Propaganda: Funktion, Repräsentation und Programmatik

Als ein Werk der offiziellen Repräsentationskunst vermitteln die Reliefs des Severusbogens ein politisches Programm, das sich im Sinne mehrerer Stoßrichtungen entschlüsseln lässt. Unterschiedliche Themenkreise und Schwerpunkte der severischen Regierung werden in den Bildern des Monuments verbunden und zu einer umfassenden historischen, politischen und dynastischen Botschaft zusammengeschmolzen. Auf diese Weise feiert der Triumphbogen am Forum Romanum nicht nur die Erfolge des parthicus maximus im Orient, sondern auch die severische Dynastie und die Erneuerung römischer Herrschaft an der Schwelle eines neuen saeculum.

Die vorliegende Arbeit behandelt das Thema der dynastischen Propaganda am Severusbogen und behandelt das Herrschaftsideal und –bild der damaligen Zeit. Zuletzt soll eine historische und ideologische Einbettung veranschaulicht werden.

1. 1. Dynastische Propaganda am Severusbogen: Felicitas temporum

Dass der Severusbogen in seiner Reliefauswahl eine ideologische Verbindung zwischen den Parthersiegen, dem Gedeihen des römischen Imperiums und der severischen Dynastie herzustellen sucht, wurde in der Forschung seit Brilliant erkannt[1]. Einen ersten Hinweis auf diese gedankliche Verknüpfung von Parthertriumph und dynastischer Propaganda lässt sich bereits in der Inschrift der Attika greifen, die das Monument nicht nur Septimius Severus, sondern auch seinen Söhne Caracalla und Geta widmet[2]. Bekanntlich wurde Caracalla nach

der Eroberung Ktesiphons (198 n. Chr.) in den Rang eines Augustus erhoben, was ein deutliches Zeichen für die Bemühungen des Severus ist, seine Erfolge gegen die Parther in dynastischer Hinsicht zu nutzen. Die Nachfolge der Söhne war auf diese Weise vorbereitet, der Grundstein zu einer severischen Dynastie gelegt und die Partherkriege lieferten die entsprechende Rechtfertigung und Ausgangsbasis. Eine ähnliche Argumentationsstrategie scheint auch das Reliefprogramm des Triumphbogens zu verfolgen, indem militärischer Erfolg und Wohlstand aufs Engste mit den Severern verknüpft werden, sodass im Betrachter nicht nur eine gedankliche Assoziation, sondern eine Art Folgerungsbeziehung entsteht: Die Severer erscheinen als Retter der res publica gegen innere und äußere Feinde, sie sind Garanten für Prosperität und Kontinuität im römischen Reich.

Eine derartige Anspielung auf die glückliche und segensreiche Regentschaft der Severer findet sich im allegorischen Reliefprogramm des Triumphbogens wieder und hier vor allem in den Figuren der Jahreszeiten. Nicht nur, dass die Jahreszeitenpersonifikationen in direkter Korrespondenz mit den historischen Reliefs stehen, sie scheinen auch deren innere Systematik und Erzählstruktur aufzugreifen, um sie in einen allegorisch-metaphorischen Rahmen zu heben: Das Kriegsgeschehen ereignet sich mit derselben Notwendigkeit wie der Wechsel der Jahreszeiten, um am Ende immer den römischen Triumph herbei zu führen. Auf einer metaphorischen Ebene erweist sich die Sieghaftigkeit der Römer also zu „jeder Zeit“ und immer unter dem Vorzeichen severischer Herrschaft. In diese Metaphorik der Jahreszeiten-Figuren fügen sich auch die Decennalien des Jahres 202 n. Chr. und die Saekularfeiern des Jahres 204 n. Chr. ein, die als ideologischer Rahmen für die Weihung des Bogens 203 n. Chr. zu werten sind: Zu beiden Anlässen wurde die Stabilität der severischen Regierung und das Wohlergehen des römischen Imperiums rituell bekräftigt, ein neues glückliches saeculum sollte eingeleitet und mit dem Stempel severischer Politik versehen werden. Eine vergleichbare propagandistische Ausprägung findet sich auch in den allegorischen Figuren am Severusbogen, die als Sinnbild eines glücklichen Zeitalters, einer felicitas temporum aufzufassen sind[3]. Die Jahreszeiten sind ein allgemeines Zeichen für Fruchtbarkeit, Fülle, Wohlstand und Dauer, im Kontext des Severusbogens nehmen sie aber zusätzlich eine dynastische und politische Konnotation an. Eine ähnliche Verknüpfung mit dem severischen Kaiserhaus erkannte Brilliant im Hercules-Schlussstein des linken Seitenbogens und in der Kombination der Flussgötter: Während Hercules der Schutzgott von Lepcis Magna und somit ein Patron der kaiserlichen Familie war, könnten der alte und der junge Flussgott auf die Kontinuität des severischen Kaiserhauses verweisen, wo Vater und Sohn als Garanten einer dauernden Herrschaft erscheinen[4].

Eine explizit dynastische Ausdeutung des allegorischen Figurenprogramms ist zwar möglich und denkbar, die Interpretation bei Brilliant scheint aber zu forciert und ausschließlich. Gerade die allegorischen Figuren, - die Jahreszeiten, Victorien und Flussgötter, - entstammen einer geläufigen und traditionellen Ikonographie, mit ebenso geläufigen und allgemeinen Aussagen. Zwar können die allegorischen Gestalten im Kontext eines neuen Monuments auch spezifiziert und angepasst werden, - am Beispiel der Victoria mit dem tropaeum parthicum wird dies deutlich, - aber der generelle Gehalt dieser Figuren bleibt zu einem gewissen Grad bestehen. Victoria erscheint als Manifestation des Sieges, Mars als siegreicher Kriegsgott und Friedensbringer, die Flussgötter als Zeichen von Fülle und Überfluss, die Jahreszeiten als Symbole für Prosperität und Dauer. Sie dienen als ikonographische Formeln allgemeiner Aussagen, als bildliche Untermalungen eines errungenen Sieges und nicht als Medium der zentralen, neuartigen Botschaft. Der dynastische und spezifisch severische Kontext mag in diesen standardisierten Figuren zwar anklingen, steht aber nicht im Mittelpunkt – dafür ist die Ikonographie zu geläufig und unverbindlich.

Anders verhält es sich mit den historischen Schlachtenbildern, denen weit eher eine explizit dynastische Absicht zu entnehmen ist. Hier erscheint Severus stets im Kreise seiner Offiziere und Berater, wenngleich sich im Original kein Porträt des Kaisers erhalten hat. Durch die exponierte Lage in der vordersten Bildebene und die beinahe vollplastische Ausgestaltung ging die Figur des Kaisers an allen Reliefs verloren. Das Zeugnis der Inschrift sowie die erhaltenen Stiche und Zeichnungen von Bartoli und Dal Pozzo legen jedoch nahe, dass Severus vermutlich auf allen Panelen von Caracalla und Geta begleitet wurde[5]. Severus zeigte sich auf den Bildern der Partherkriege also stets von seinen Söhnen umgeben, wobei die Kaiserfamilie eine Art hieratische Dreiergruppe bildete[6]. Im Hinblick auf die Ernennung Caracallas zum Augustus bekommt diese charakteristische Dreierformation einen ausgesprochen dynastischen Aspekt: Severus präsentiert sich inmitten seiner Nachfolger und nimmt damit den Fortgang des Imperiums gemäß seiner Vorstellungen vorweg. Die dynastischen Linien sind vorgezeichnet, die militärischen Triumphe und Erfolge der Partherkriege werden zur Legitimierung der severischen Dynastie benutzt. Caracalla und Geta werden als unmittelbare Beteiligte am Kriegsgeschehen geschildert, sie profilieren sich erstmals am Schlachtfeld und werden auf diese Weise als geeignete Thronfolger propagiert. Gerade die historischen Reliefs der Partherkriege machen also deutlich, mit welcher Rechtfertigung die Etablierung eines severischen Kaiserhauses vor der römischen Öffentlichkeit bewerkstelligt werden sollte: Ausschlaggebend sind die Leistungen der Severer auf dem Schlachtfeld und ihre Siege gegen den parthischen Erzfeind, die dem Imperium Sicherheit und Stabilität bringen sollten[7]. Mit dieser Begründungs- und Legitimationsstrategie wird aber gleichzeitig ein Herrschaftsideal propagiert, dass sich zwar an traditionellen Werten und Normen orientiert, am Anfang des 3. Jh. n. Chr. aber unter veränderten Vorzeichen steht.

1. 2. Herrschaftsideal und Herrscherbild am Severusbogen

Als ein eminent politisches Monument steht der Severusbogen am Forum Romanum nicht im luftleeren Raum, sondern in einer langen Traditionsreihe römischer Staats- und Repräsentationskunst. Dementsprechend kann sich die Programmatik des Severusbogens nur in Auseinandersetzung mit vorangehenden Monumenten und vorangehenden Kaisern erschließen, wobei zu prüfen ist, welche Denkmäler für den Severusbogen als besondere Bezugspunkte von Bedeutung sind.

Als einer der wichtigsten Bauten im Sinne der ideologischen Anbindung darf der benachbarte Augustusbogen auf dem Forum Romanum gelten. Dem Severusbogen quer gegenüber neben dem Tempel des Divus Iulius platziert, wurde der dreitorige Bogen anlässlich des diplomatischen Parthererfolges von Augustus und der Rückgabe der verlorenen Feldzeichen von Carrhae 19 v. Chr. geweiht[8]. Dass sich Severus mit seinem eigenen Parthermonument am Vorbild des Augustus orientierte, um seine persönlichen Leistungen mit dem Glanz des ersten Princeps zu verbinden, ist aus mehreren Gründen sinnfällig und wurde in der Forschung von Brilliant und Lusnia betont[9]:

- Es handelt sich um Denkmäler im selben topographischen Zusammenhang des Forum Romanum. Der Partherbogen des Augustus am süd-östlichen Ende des Forums und der Partherbogen des Severus am nord-westlichen Ende des Forums konnten vom antiken Betrachter gleichzeitig und im selben Kontext wahrgenommen werden. Der direkte Vergleich war also gegeben und eine inhaltliche Verbindung der beiden Monumente konnte leicht hergestellt werden.
- In beiden Fällen ist ein ähnlicher Errichtungsanlass gegeben. Beide Monumente standen im Zusammenhang mit einem Erfolg gegen die parthische Großmacht im Osten. Damit ist nicht nur eine topographische, sondern auch eine historisch-inhaltliche Verbindung der beiden Denkmäler gegeben. Während der Augustusbogen eine diplomatische Leistung feierte, standen am Severusbogen die militärischen Siege im Vordergrund.
- Eine weitere Parallele der beiden Monumente war in der architektonischen Gestaltung gegeben. Nicht nur, dass es sich jeweils um Triumphbögen handelte, beide Partherbögen waren auch als dreitorige Anlagen konzipiert. Damit könnte der Severusbogen als eine Art architektonisches Spiegelbild oder bauliches „Echo“ des Augustusbogen fungiert haben – um eine Formulierung von Brilliant aufzugreifen[10]. Allerdings ist zu bemerken, dass mit der Dreitorigkeit zwar eine grundlegende Übereinstimmung der beiden Bögen bestand, inwieweit diese Parallelführung aber reichte, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Die Rekonstruktion des dreitorigen Partherbogens ist umstritten, eine axial-symmetrische Lösung mit flankierenden Seitenbögen wie am Severusbogen ist aber unwahrscheinlich. Obwohl also eine architektonische Verbindung gegeben war, reichte sie vermutlich nicht besonders weit.
- Auf die Errichtung beider Monumente folgte im Abstand weniger Jahre die Abhaltung einer rituellen Feierlichkeit mit historischer Bedeutung: Die ludi saeculares. Die berühmten Saecularfeiern des Augustus wurden 17 v. Chr. abgehalten, das severische Pendant ereignete sich 204 n. Chr. Da beide Saecularfeste in die Zeit nach der Dedikation der Bögen fallen, wurde diese Parallele in der Forschung weitgehend vernachlässigt, obwohl sich hier ein weitreichender Anknüpfungspunkt für die severische Politik an das augusteische Vorbild bieten könnte. Da die ludi saeculares bei der Einweihung des Severusbogens 203 n. Chr. kurz bevorstanden, liegt der Vergleich mit Augustus und der Einleitung eines neuen Weltenjahres, eines saeculum aureum aber durchaus nahe. Die ideelle Verknüpfung der beiden Parthersieger Augustus und Severus durch ihre Monumente am Forum Romanum, könnte damit noch über den Parthersieg hinausweisen und auf die Propagierung eines epochemachenden Herrscherideals abzielen: Augustus und Severus als Bringer und Begründer eines neuen und gesegneten Zeitalters.

Wenn sich Severus durch seinen Partherbogen am Forum Romanum also in die Tradition des ersten Princeps stellt, so geschieht dies ganz bewusst im Sinne einer programmatisch-ideologischen Anknüpfung: Severus und Augustus sollen in der Meinung der römischen Öffentlichkeit zueinander in Bezug gesetzt werden. Dieselben Konnotationen von Wohlstand, Stabilität und Reichserweiterung, die mit der Herrschaft des ersten Kaisers verbunden sind, sollen auch für Severus rekurriert werden. Mit dieser Anbindung an die römische Tradition und seinen ersten Vorgänger macht sich Severus aber gleichzeitig zum Ausgangspunkt einer neuen Ära und den Beginn eines neuen saeculum.

[...]


[1] Vgl. besonders: Brilliant 1967, 29f, 92, 99.

[2] Caracalla wird in der Inschrift als „Imperator Marcus Aurelius Antoninus Augustus“ bezeichnet, Geta vermutlich als Caesar. Sein Name wurde nach der damnatio memoriae unter Caracalla aus der Inschrift getilgt..

[3] Brilliant verwies darauf, dass die Beischrift „ felicitas temporum “ in antoninischer Zeit häufig auf Münzen und Medaillons auftaucht, auf denen Figuren der Jahreszeiten dargestellt sind. Vgl. Brilliant 1967, 118-120; Brilliant 1984, 116f; Lusnia 2006, 272.

[4] Brilliant 1967, 125f, 135. Dieser Auffassung Brilliants ist entgegen zu halten, dass Hercules als Schlusssteinfigur zwar eine wichtige Rolle in der Ikonographie des Bogens spielt, dass er aber nur an einem Seitenbogen auftritt. Hätte man den lokal-dynastischen Aspekt stärker betonen wollen, wäre nicht Mars, sondern Hercules am zentralen Schlussstein platziert worden. Dieselbe Abschwächung könnte auch für die Lebensalter der Flussgötter gemacht werden, die nicht unbedingt mit der severischen Thronfolge in Verbindung zu bringen sind: Bereits am Trajansbogen von Benevent sind die Flussgötter ein bekanntes Motiv, wobei hier ein bärtiger alter Flussgott und eine jugendlichen Quellnymphe kombiniert werden. Das Gegenüber von alten und jungen Flussgöttern war also bereits ikonographisch vorgeprägt.

[5] Bonanno 1976, 143f. Die beiden Söhne Caracalla und Geta flankierten den Kaiser meist direkt, die Köpfe der kaiserlichen Familie waren rundplastisch ausgearbeitet und nur durch einen Puntello mit dem Reliefgrund verbunden.

[6] Eine ähnliche Dreiergruppe mit dem Kaiser im Zentrum kennen bereits die Bilder der Markussäule.. Auf dem Severusbogen steht die Übernahme dieses ikonographischen Topos aber unter politisch-dynastischen Vorzeichen.

[7] In diesem Sinne ist der Einschätzung Lusnias Recht zu geben: „The Severan dynasty was, in effect, born on the battlfield.“ Lusnia 2006, 296. Bereits Brilliant hatte eine dynastische Interpretation der Reliefpanele erwogen: Vgl. Brilliant 92, 244; Lusnia 2006, 294-296.

[8] ; Künzl 1988, 52-57; Nedergaard, 224-231.

[9] Brilliant 1967, 87; Lusnia 2006, 275, 292.

[10] Brilliant 1967, 87.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Der Severusbogen im Kontext der Kaiserlichen Propaganda. Funktion, Repräsentation und Programmatik
Hochschule
Universität Salzburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V298273
ISBN (eBook)
9783656943334
ISBN (Buch)
9783668143166
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
severusbogen, kontext, kaiserlichen, propaganda, funktion, repräsentation, programmatik
Arbeit zitieren
Monika Hinterhöller (Autor:in), 2008, Der Severusbogen im Kontext der Kaiserlichen Propaganda. Funktion, Repräsentation und Programmatik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298273

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