Der "Rational Choice"-Ansatz ist eine Handlungstheorie, die Handlungen so betrachtet, dass sie aus der Sicht der Akteure rational erscheinen. Sie unterstellt axiomatisch, dass die Entscheidungen, auf denen alle menschlichen Handlungen beruhen, auf dem Prinzip der egoistischen Nutzenmaximierung basie-ren. Vertreter des "Rational Choice"-Ansatzes als Bestandteil soziologischer Theorien argumentieren, dass für die Erklärung sozialer Phänomene, die aufgrund vieler individueller Verhaltensweisen zustande kommen, eine solche Erklärung individuellen Verhaltens hinreichend sei.
In „Struktur und Funktion der modernen Medizin“ zeigt Parsons am Beispiel des Arzt-Patientenverhältnisses, dass auch große soziale Strukturen von emotionalen Zuständen der Akteure abhängen können, die Erklärungen von daraus folgenden Handlungen mit dem "Rational Choice"-Ansatz problematisch machen. Auch Ärzte, deren Fachkenntnisse zunächst eine solide Grundlage für rationale Entscheidungen bieten, werden in ratlosen Situationen oft auf Hoffnungen und Verhaltens-weisen zurückgeworfen, die Parsons dem Bereich der Magie zuordnet.
Inhaltsverzeichnis
- Inwieweit macht Parsons Analyse des Arzt-Patientenverhältnisses die Grenzen des Rational Choice-Ansatzes deutlich?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text untersucht die Grenzen des Rational Choice-Ansatzes anhand der Analyse des Arzt-Patienten-Verhältnisses durch Talcott Parsons. Er hinterfragt, ob sich Parsons' Analyse mit der Behauptung Colemans, dass sich jedes Verhalten mit subjektiver Rationalität erklären lässt, in Einklang bringen lässt.
- Die Grenzen des Rational Choice-Ansatzes in der Analyse von Arzt-Patienten-Beziehungen
- Die Rolle von Emotionen und psychischen Reaktionen im Arzt-Patienten-Verhältnis
- Die Bedeutung von kulturellen Normen und Werten im medizinischen Kontext
- Die Schwierigkeiten, die irrationalen Verhaltensweisen von Patienten und Ärzten mit dem Rational Choice-Ansatz zu erklären
- Die Notwendigkeit komplexerer Handlungstheorien für die Analyse von sozialen Beziehungen mit hohen emotionalen Spannungen
Zusammenfassung der Kapitel
Der Text beginnt mit einer Einführung in den Rational Choice-Ansatz und den methodologischen Individualismus, der diesem zugrunde liegt. Anschließend wird Parsons' Kritik an dieser Handlungstheorie vorgestellt, die auf der Annahme basiert, dass willentliche Entscheidungen nur auf der Grundlage von Werten und Normen getroffen werden können. Im Zentrum der Analyse steht Parsons' Untersuchung des Arzt-Patienten-Verhältnisses in „Struktur und Funktion der modernen Medizin“. Anhand verschiedener Beispiele, wie Verdrängung, Übertragung und Angst, zeigt Parsons auf, dass schwerere Krankheit eine „Frustration der Erwartungen und Hoffnungen [des] normalen Lebens“ darstellt und zu emotionalen Reaktionen führt, die sich nicht mit dem Rational Choice-Ansatz erklären lassen. Der Text beleuchtet auch die Bedeutung der kulturellen Regelungen der Privat- und Intimsphäre sowie des Umgangs mit Körperlichkeit im Arzt-Patienten-Verhältnis. Abschließend wird argumentiert, dass der Rational Choice-Ansatz für die Analyse des Arzt-Patienten-Verhältnisses keine ausreichende Grundlage bietet, da er die Auswirkungen von irrationalen psychischen Reaktionen nicht ausreichend erklären kann.
Schlüsselwörter
Rational Choice-Ansatz, Arzt-Patienten-Verhältnis, Emotionen, psychische Reaktionen, Verdrängung, Übertragung, kulturelle Normen, Werte, Irrationalität, Handlungstheorie, soziale Beziehungen, Parsons, Coleman
- Citation du texte
- Ingmar Ehler (Auteur), 2011, Grenzen des "Rational Choice"-Ansatzes. Parsons Analyse des Arzt-Patienten-Verhältnisses, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298531