Die Pflegedienstleitung (PDL) als Führungskraft: Wie kann ich authentisch führen?

Führungsstile und Persönlichkeitsmanagement


Research Paper (undergraduate), 2012

43 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhalt

Einleitung: Weshalb ich dieses Thema wählte

Hauptteil
1 Führungsverhalten
1.1 Definition von Führung
1.2 Verständnis von Führungsverhalten: Historie und Gegenwart
1.3 Thesen nach Max Weber und Kurt Lewin
1.4 Situatives Führungsverhalten:
1.5 Analyse: Stärken und Schwächen/ mögliche Konsequenzen (unter kritischer Betrachtungsweise)
2. Persönlichkeitsmanagement
2.1 Reflektion der eigenen Persönlichkeit
2.2 Entwicklung zur Führungspersönlichkeit
2.3 Allgemeine Erwartungshaltungen an die PDL
2.4 Nutzung von Ressourcen und Führungsinstrumente zur Erhöhung der Führungskompetenz
3. Authentizität als PDL erzielen
3.1 Vernetzung der eigenen Persönlichkeitsstruktur mit dem passenden Führungsverhalten
3.2 Führungserfolge durch Authentizität erreichen

Schlusswort

Literatur- und Quellenverzeichnis

Einleitung: Weshalb ich dieses Thema wählte

Im Rahmen meiner Facharbeit stelle ich mir die Frage, was muss eine Pflegedienstleitung an Fähigkeiten mitbringen, um gut führen zu können?

Welche Führungsstile gibt es und welchen kann ich wann anwenden? Ist es eher sinnvoll autoritär, kooperativ, laissez fair oder situativ zu führen? Gibt es Möglichkeiten ein Team zu leiten, in denen mehrere Elemente von Führungsstilen angewandt werden, die aber im gesamten ein stimmiges Führungsverhalten darstellen? Welche Führungsinstrumente stehen mir zur Verfügung? Diesen Fragen möchte ich auf den „Grund“ gehen.

Aus eigenem Interesse befragte ich schon vor dieser Weiterbildung in meinem persönlichen Umfeld, Vorgesetzte zu diesem Thema und erhielt immer unterschiedliche, aber keine befriedigenden Antworten. Zusammenfassend hatte jeder Befragte seinen persönlich kreierten Stil, den er aber nicht in Worte fassen konnte.

Welches Führungsverhalten ist nun das „Richtige“? Mit dieser Frage werde ich mich in meiner Facharbeit beschäftigen.

Gleichzeitig möchte ich mich mit meinem eigenen Führungsverhalten auseinandersetzen, um in meiner zukünftig angestrebten Führungsposition als PDL kompetent und authentisch führen zu können.

Zu Beginn möchte ich aufzeigen, für was im Allgemeinen das Wort Führung im heutigen Sinn steht, damit sie gleich im Ausschluss davon sehen können, wie die Auslegung von Führung sich in der Geschichte gestaltete, wie sie noch bis Anfang des 20ten Jahrhunderts war und welchen Wandel sie bis heute vollzogen hat.

Der Lesbarkeit halber verzichte ich bewusst auf die weibliche oder auch auf die männliche Anrede.

Hauptteil

1 Führungsverhalten

1.1 Definition von Führung

Das Führen von Menschen also Mitarbeitern in einem Unternehmen oder einer Organisation bedeutet, die Geführten unter konkreten Rahmenbedingungen zu bewegen, die Mitarbeiter Aufgaben übernehmen und ausführen zu lassen.

Unter Führungsverhalten versteht man das „wie“, also in welcher Art und Weise das oben genannte umgesetzt wird.

Um die Richtung des Führens zu benennen bedarf es unterschiedlicher Führungsinstrumente, die ein Führungsverhalten ergeben.

1.2 Verständnis von Führungsverhalten: Historie und Gegenwart

Nachfolgend wird aufgezeigt, was unter Führungsverhalten noch bis Anfang des 20ten Jahrhunderts verstanden wurde. Hiermit wird der Wandlungsprozess von Führung bis zum heutigen Tag verdeutlicht.

Historie

Mit Beginn der Industrialisierung bis in die 1940er Jahre, wurde die Ansicht vertreten, dass Menschen geführt werden müssen, weil sie „Schutzsuchende“, und somit „hilflos“ seien und deshalb eine „starke Hand“ bräuchten. Aus heutiger Sicht wurde damals patriarchalisch aber auch charismatisch geführt. Man vertrat noch bis zum 20ten Jahrhundert die Meinung, dass Menschen unermüdlich arbeiten können und sich unterordnen. Man glaubte, dass die richtige Person, die die Führungskraft sein sollte, sich schon von alleine durchsetzen könne, ohne wirkliche Führungsqualitäten zu besitzen. Der Mensch wurde rein sachlich an seiner Produktivität im Betrieb gemessen, seine Persönlichkeit war dabei nicht relevant. Mit Aussagen wie: „Aufgrund ihrer grundsätzlichen Abneigung gegen Arbeit müssen die meisten Menschen kontrolliert werden, damit sie hart genug arbeiten.“ (Johannes Sattler, Lars Förster, Thomas Saller, Thomas Studer, 2010, Führen Die erfolgreichsten Instrumente und Techniken, Haufe, Seite12, 13) wurde diese Führungseinstellung unterstrichen. In den 1920er bis 1930er Jahren kam es zum ersten Überdenken der Führungsperson. Man kam von der patriarchalischen also von der alleinigen Führungskraft, die eine väterliche Figur darstellte, ab. Jedoch wurden die Mitarbeiter weiterhin nicht integriert, das alleinige „Sagen“ hatte weiterhin die Führungskraft. Die Einstellung, dass Menschen von einer „starken Hand“ geführt werden müssen, blieb. „Orientierungslose Mitarbeiter“ (Johannes Sattler, Lars Förster, Thomas Saller, Thomas Studer, 2010, Führen Die erfolgreichsten Instrumente und Techniken, Haufe, Seite12, 13) im Unternehmen zu haben, war damals die Befürchtung. Es bildeten sich statt einer Person, elitäre Kreise, die die Führung von Mitarbeitern übernahmen. Die Mitarbeiter von Unternehmen sollten sich den Führungsriegen unterwerfen.

Man glaubte damals an charismatische Persönlichkeiten, die die besten Voraussetzungen als Führungsperson hatten. Da ja die Einstellung vertreten wurde, dass die „richtige“ Person sich bei den Mitarbeitern durchsetzen würde und Führung ein unerklärliches Phänomen ist, dass durch die „Begabung“ charismatischer Persönlichkeiten am besten umgesetzt wird.

Erst Mitte der 1950er Jahre begriff man, dass für eine gute Führung von Mitarbeitern, nicht allein die Persönlichkeit, oder die Begabung durch eine bestimmte Persönlichkeit, verantwortlich ist, sondern Konzepte zur Führung und berufliche Kompetenzen der Führungskraft eine entscheidende Rolle spielen müssen, um ein Unternehmen erfolgreich führen zu können.

Zunehmend wuchs die Erkenntnis, dass Führung nicht die Zielsetzung von Interessen mittels Macht ist, sondern vielmehr die Fähigkeit Menschen zu motivieren.

Führung heute

Das Führungsverhalten hat bis zum heutigen Zeitpunkt einen großen Wandlungsprozess durchlaufen. Es zielt nicht mehr auf starre, einseitige und diktatorische Vorgesetzte ab, vielmehr wird sie als ein partnerschaftliches Miteinander in heutigen Betrieben gesehen. (vgl. Thomas Daigeler, Führungstechniken, 2006, Haufe, Seite 8) In Wirtschafts- sowie in sozialen Unternehmen wie beispielsweise in Heimen, ambulanten Diensten, Wohngruppen, als auch in Krankenhäuser, werden Ziele nur mit Hilfe der Mitarbeiter erreicht. Insofern orientiert sich Führung nicht allein an den Aufgaben, sondern auch an den Bedürfnissen und Anforderungen der Mitarbeiter. (vgl. Thomas Daigeler, Führungstechniken, 2006, Haufe, Seite 8). Die Führungskraft bezieht heute immer häufiger ihre Mitarbeiter in Entscheidungen, die früher nur sie alleine traf, mit ein. Dieses Verhalten hat zu Folge, dass gute Ergebnisse nicht mehr allein ihrem Erfolg zugeschrieben werden, sondern die Aufmerksamkeit auch den Mitarbeitern gilt. Diese Entwicklung beruht auf der Kenntnis, dass Organisationen ab einer bestimmten Komplexitätsstufe nicht mehr von einem Einzelnen allein geführt werden können. (vgl. Thomas Daigeler, Führungstechniken, 2006, Haufe, Seite 8)

Beispiele hierzu finden sich in der Praxis. Immer häufiger werden Arbeitskreise zu bestimmten Projekten gebildet, z.B. Standardgruppen, die auch die Implementierung im Team umsetzen, und andere Aufgabengebiete, die nicht mehr allein von der Führungskraft durchzuführen sind. Die Pflegedienstleitung hat zwar weiterhin als Leitung die Gesamtverantwortung, allerdings werden Kompetenzen und Teilverantwortlichkeiten, fortgebildeten Fachkräften, delegiert. Der Mitarbeiter soll sich als Teil eines Ganzen sehen, sich seiner Wichtigkeit als Mensch und der Bedeutung seiner Fachkompetenz bewusst sein. Als unverzichtbares Mitglied im Team fühlt er sich akzeptiert und ernstgenommen. Motivation und Arbeitsleistung steigen somit, welches sich positiv auf die Leitung und das Unternehmen auswirkt.

Aber welche Führungsstile gab und gibt es weiterhin?

Betrachtet man nochmals die Entstehung bzw. Benennung von Führungsverhalten, zeigt die Geschichte zwei wesentliche Vertreter nämlich Max Weber und Kurt Lewin. Weil sich auch weiterhin einige ihrer Führungsstile in der Gegenwart wiederfinden, möchte ich sie ihnen nun im nächsten Kapitel vorstellen. Denn wenn sie heutzutage noch vorzufinden sind, könnten sie dann zu mir als PDL im Führungsverhalten passen, um authentisch führen zu können?

1.3 Thesen nach Max Weber und Kurt Lewin

Die wesentlichen Vertreter von Führungsstilen waren Max Weber und Kurt Lewin.

Max Weber (1864 – 1920, Nationalökonom und Soziologe) vertrat die Meinung, dass Führung als Herrschaft zu verstehen ist und ging dabei der Frage nach, warum sich Menschen beherrschen lassen. Seiner Erkenntnis nach gibt es dafür drei Gründe. Menschen lassen sich beherrschen durch Vertreter von traditioneller, charismatischer und bürokratischer (Glaube an Gesetz und Legitimität) Herrschaft. (vgl. Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft, Kapitel III, Die Typen der Herrschaft, 1922)

Benennung der Führungsstile nach Max Weber:

Autokratischer Führungsstil/ patriarchalischer Führungsstil

Charismatischer Führungsstil

Bürokratischer Führungsstil

Da ich die Thesen von Max Weber für Führungsverhalten in der Position für veraltet ansehe, möchte ich mich zunächst auf den autoritären, kooperativen bzw. demokratischen und den laissez- fairen Führungsstil konzentrieren und analysieren, denn diese sind heutzutage in den PDL- Funktionen überwiegend vorzufinden.

Kurt Lewin ( 1890 – 1947, Psychologe ) untersuchte Führungsstile in Bezug auf ihren Einfluss auf Produktivität und Effizienz. Somit teilte er sie in drei Gruppen ein und nannte sie klassische Führungsstile. (vgl. http://www.berufsstrategie.de/bewerbung-karriere-soft-skills/fuehrungsstile.php, 28.08.2012)

Autoritärer Führungsstil

Kooperativer bzw. demokratischer Führungsstil

Laissez-fairer Führungsstil

Da ich in meiner beruflichen Laufbahn meistens autoritäre Führungskräfte erlebt habe, möchte ich ihnen diesen Führungsstil als erstes erläutern.

Autoritärer Führungsstil:

autoritär= herrisch, unumschränkt, absolut, bestimmend

Der autoritäre Führungsstil gibt dem Führenden uneingeschränkte Machtfülle und verpflichtet die Mitarbeiter zu Gehorsam. Die Führungskraft ist autoritär und hat weitgehend die Kontrolle. (vgl. http://www.berufsstrategie.de/bewerbung-karriere-soft-skills/fuehrungsstile.php, 28.08.2012)

Das heißt in der Praxis, dass Mitarbeiter klare Anweisungen von der PDL empfangen und diese ausführen, ohne Mitspracherecht, ohne Spielräume oder Entscheidungskompetenz. Sie lässt wenige Diskussionen zu. Das gesamtheitliche Verständnis für die Aufgaben, die die Mitarbeiter ausführen, haben sie nicht.

Beispiel: Die verantwortliche Pflegefachkraft (PDL) führt die Arztvisite allein durch und arbeitet sie anschließend, ohne die betreuende Pflegefachkraft des Bewohners mit einzubeziehen, aus.

Der nächste Führungsstil ist der kooperative bzw. demokratische Führungsstil. Er ist ebenso häufig in der Praxis vertreten, wie der autoritäre Führungsstil.

Kooperativer bzw. demokratischer Führungsstil:

kooperativ/ demokratisch= gemeinsam, geschlossen, miteinander

Bei diesem Führungsstil bezieht der Vorgesetzte seine Mitarbeiter ins betriebliche Geschehen mit ein. Er erlaubt Diskussionen und erwartet sachliche Unterstützung. Fehler werden in der Regel nicht bestraft, sondern dem Mitarbeiter wird Beistand geleistet. Der Führungskraft ist ein kooperativer Umgang miteinander wichtig. Der kooperative Führungsstil führt zu einer hohen Motivation der Mitarbeiter durch Entfaltung der Kreativität, Förderung der Leistungsfähigkeit und höheren Selbstständigkeit. Es entsteht somit eine Entlastung des Vorgesetzten und zudem eine Reduzierung des Risikos einer Fehlentscheidung im Unternehmen. Ebenso kann eine höhere Identifikation mit dem Betrieb erfolgen. Offene Kommunikationsstrukturen führen zu einem angenehmen Arbeitsklima. (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Führungssstil, 04.10.12)

In der Praxis sieht das so aus, dass die PDL Entscheidungen nicht allein trifft, sondern ihre Mitarbeiter mit einbezieht.

Beispiel: In Teambesprechungen werden die Mitarbeiter nach ihrer persönlichen Meinung gefragt und ihre Vorschläge, zum beispielsweise effektiveren Gestalten des Tagesablaufes der Bewohner, eingeholt.

Weniger vertreten, aber dennoch vorhanden, ist der laissez- faire Führungsstil.

Laissez-faire – Führungsstil:

Der laissez- faire Führungsstil wird oft von Pflegekräften, Vorgesetzten, aber auch von Fachbüchern für Führungsverhalten verwechselt mit, gar keiner Führung. Wörtlich übersetzt heißt laissez- fair: „machen lassen“. Dieses „machen lassen“ ist zwar die Übersetzung des Wortes laissez- fair, doch beschreibt es nicht die korrekte Art der Führung. Führungskräfte müssen sehr kompetent in ihrem Führungsverhalten sein, um diesen Führungsstil richtig anzuwenden. Einer der Hauptaufgaben der Führungskraft ist bei diesem Stil das Delegieren von Aufgaben und Zuständigkeiten der Mitarbeiter. Voraussetzung hierfür ist, dass die Mitarbeiter, denen delegiert wird, die höchste Form von Fachkompetenz erreicht haben und die Führungskraft ein großes Vertrauen zu ihnen hat. Überwiegend findet sich der laissez- faire Führungsstil im hohem Führungsmanagement (Beispiel: Vorstand zum Geschäftsführer). Die Führungskraft vereinbart Gesamtziele mit den Mitarbeitern und verlässt sich darauf, dass diese bei Problemen die notwendige Initiative ergreifen und folgerichtig selbstständig handeln (ohne die Führungskraft mit einzubeziehen). Sie vertraut darauf, dass die Mitarbeiter unter Einbezug von Ressourcen die vereinbarten Ziele erreichen. Die Führungskraft kümmert sich ausschließlich um strategische Aufgaben im Betrieb. Das operative „Geschäft“ überlässt sie ihren Mitarbeitern, denn sie sind dazu in der Lage und motiviert, eigenverantwortlich zu arbeiten. (vgl. Führungsstile gezielt einsetzten, Mitarbeiterorientiert, situativ und authentisch führen, Regina Mahlmann. Beltz Verlag, 2011)

Beispiel: Die PDL überprüft keine Pflegeplanungen und Arbeitsweisen der Mitarbeiter, weil sie sich auf deren Kompetenzen so verlassen kann, dass eine Kontrolle nicht mehr notwendig ist.

Eine moderne Form des Führens bietet der nächste und letzte Führungsstil, den ich ihnen in meiner Facharbeit präsentieren möchte. Er ist der situative Führungsstil, hat seinen Anfang Mitte der 70er Jahre und ist im Vergleich zum autoritären, kooperativen und laissez- fairen Führungsstil, der Modernste und findet immer mehr Anklang in Unternehmen der Pflegebranche. Dieser Führungsstil richtet sich nach den Kompetenzen der Mitarbeiter. Hier stehen die Mitarbeiter unter den von mir aufgeführten Führungsstilen am meisten im Mittelpunkt. Als ich noch in der Uniklinik Ulm arbeitete, hatte ich eine Stationsleitung, die ansatzweise situativ Mitarbeiter führte, ohne dieses Führungsverhalten benennen zu können.

1.4 Situatives Führungsverhalten:

Dirigieren, Trainieren, Sekundieren, Delegieren

Aus der Erkenntnis heraus, dass Mitarbeiter und ihre Persönlichkeiten sehr unterschiedlich sind, kam man von der Suche nach dem „einen, optimalen“ Führungsstil eher ab. Vielmehr entschloss man sich, Führungsmethoden auf die jeweilige Situation abzustimmen. Es entwickelte sich das situative Führungsverhalten. Wobei dieses Führungsmodell auf zwei Dimensionen des Führens aufgebaut ist, nämlich Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung und die Dimension der Situation. Hier geht man vom jeweiligen Reifegrad des Mitarbeiters aus, um dann bestimmte Führungsstile situationsgerecht anzuwenden.

Entwickelt wurde die „Situative Reifegrad- Theorie“ und das „Leadership Quadranten- Modell“ in den siebziger bis achtziger Jahren von Paul Hersey1 und Kenneth (Ken) H. Blanchard2.

Dabei werden zunächst zwei Situationsmerkmale und zwar die Fachkompetenz und das Engagement des Mitarbeiters analysiert. Aus diesen zwei Merkmalen bildet sich seine Qualifikation. Die Fachkompetenz stellt das Wissen, die Berufserfahrung und Fertigkeiten mit einer gestellten Aufgabe dar. Der Wille zur Leistung und das Selbstvertrauen, um die Aufgabe zu meistern, präsentieren hingegen sein Engagement. Seine Qualifikation für eine Aufgabe wird aus den beiden Situationsmerkmalen berechnet.

An der folgenden Graphik können sie sehen, in welchem Verhältnis die Qualifikationen (=Q) zur Fachkompetenz und zum Engagement (Motivation) stehen. Anhand des nachfolgenden Textes möchte ich ihnen erklären, wie die Reifegrade der Mitarbeiter bemessen werden und wie diese in der Praxis anhand von Beispielen aussehen.

Graphische Darstellung der Qualifikationsbildung

(http://blog.resource-people.de/2008/fuehrungsverhalten.php, 28.08.2012)

Q1= geringe Kompetenz und geringes Engagement

Im Reifegrad eins (= Q eins), ist die Fachkompetenz des Mitarbeiters gering, seine Motivation ist ebenso gering.

Beispiel:

Ein neuer Mitarbeiter wird eingestellt, seine Anfangsmotivation war groß, er fühlte sich zunehmend im neuen Arbeitsgebiet durch mangelnde Einarbeitung überfordert, dadurch sank seine Motivation. Oder ein Pflegehelfer, der wenig Motivation zeigt. Dieser Mitarbeiter braucht klare Strukturen, die bindend für ihn sind, mit wenig Entscheidungsfreiheit und Kontrolle, was dem autoritärer Führungsstil entspricht. Allerdings, wenn der Mitarbeiter keinerlei Motivation zeigt und diese auch nicht wächst, sollte ihm die Frage gestellt werden, ob er sich in der richtigen Position befindet und dementsprechend Konsequenzen gezogen werden.

Q2= geringe Kompetenz und hohes Engagement

Q2= Reifegrad zwei, sind Mitarbeiter mit niedriger Kompetenz und hoher Motivation. Beispielsweise in der Wohngemeinschaft, in der ich arbeite, werden Intensivpatienten betreut. Dort arbeiten viele Pflegefachkräfte, die sehr engagiert sind, Neues zu lernen, um sich in ihrer Fachkompetenz zu entwickeln. Diese Pflegefachkräfte haben aber keine intensivmedizinische Weiterbildung besucht und sind im Umgang mit diesem Patientenklientel noch unerfahren. Deshalb werden diesen Mitarbeitern klare Lernziele aufgezeigt und von der PDL verfolgt. Anleitungen und Aufgabenstellung zur Erhöhung der Fachkompetenz werden ihm ermöglicht. Hier kommen ganz klar autoritäre Anteile der Führung zum Einsatz.

Beispiel:

Eine Wohnbereichsleitung ist neu in ihrer Leitungsfunktion. Sie hat eine Weiterbildung zur Wohnbereichsleitung absolviert und ist eine erfahrene Pflegefachkraft. Nun übt und trainiert sie ihren neuen Arbeitsbereich unter Anleitung der PDL, damit sie praktische Fachkompetenzen in der Leitungsfunktion erwirbt.

Q3= hohe Kompetenz und geringes Engagement

Q3= Reifegrad drei, Der Mitarbeiter verfügt über hohe Fachkompetenz, jedoch zeigt er wenig bis gar keine Motivation. Er erledigt gestellte Aufgaben fachlich korrekt, jedoch zeigt er kein Engagement, keine Innovation an neuen Aufgabengebieten. Eigene Ideen und Vorschläge zur Verbesserung von Strukturen bringt er nicht ins Team ein. Die Mitarbeiter in diesem Reifegrad, kündigen meiner Erfahrung nach, bald (wenn die Führungskraft da nicht rechtzeitig handelt).

Beispiel:

Eine Pflegefachkraft zeichnet sich beispielsweise durch jahrelange Berufserfahrung aus, besucht Pflichtfortbildungen, jedoch ist sie zu weiteren Aufgaben oder freiwilligen Weiterbildung nicht bereit, da ihr Interesse hierzu fehlt. Die Führungskraft befragt den Mitarbeiter, weshalb seine Motivation so nachlässt. Ist er unzufrieden mit betrieblichen Gegebenheiten? Gibt es private Probleme? Dies herauszufinden erfordert ein persönliches Gespräch mit ihm. Ein kooperativer Führungsstil zeigt hier die besten Erfolge, persönliches Interesse beim Mitarbeiter wecken, indem er in gewissem Maße selber entscheiden kann, welche Weiterbildung er besuchen darf oder wie sein Arbeitsumfeld besser gestaltet werden kann. Wichtig hierbei ist, Abmachungen mit dem Mitarbeiter müssen von der Führungskraft eingehalten werden, sonst sinkt seine Motivation schnell wieder.

Q4= hohe Kompetenz und hohes Engagement

Q4= Reifegrad vier entspricht dem höchsten Reifegrad, der Mitarbeiter hat ein hohes Fachwissen also verfügt er über eine hohe Fachkompetenz und besitzt gleichzeitig ein hohes Engagement. Dies ist der optimale Reifegrad des Mitarbeiters. Da er in diesem Reifegrad weniger Führung braucht, kann bezüglich der Fachkompetenz des Mitarbeiters, delegiert werden.

Beispiel:

Ein Pflegehelfer verfügt über ein sehr gutes Fachwissen und ist hoch motiviert. Auf seine gute Aufgabenerledigung ist Verlass. Er besucht mit regem Interesse Fortbildungen.

Wünschenswert ist es, dass sich alle Mitarbeiter in Phase: Q vier, also dem höchsten Reifegrad befinden. Leider entspricht dies nicht der Realität, deshalb muss situativ nach dem jeweiligen Reifegrad des Mitarbeiters geführt werden.

Welcher Führungsstil für den Mitarbeiter angemessen ist, beurteilt die Führungskraft (PDL) nach dem Reifegrad des Mitarbeiters. Er wird hinsichtlich des psychologischen Reifegrades und dem Arbeitsinhalte oder -reifegrad sprich der Fachkompetenz eingeteilt. Während der Fokus beim psychologischen Reifegrad vorzugsweise auf Bereitschaften und Potenzialen liegt, thematisiert der Arbeits- oder Aufgabenreifegrad die fachlich- sachliche Fähig- und Fertigkeiten des Mitarbeiters. Bestimmte Merkmale sind für beide charakteristisch:

Der psychologische Aspekt bezieht sich auf die Eigenschaften wie Engagement, die Verantwortungsübernahme, die Zuverlässig- und Verbindlichkeit, die Kooperationsbereitschaft, die Teamorientierung und der Entscheidungswille des Mitarbeiters. Beurteilt wird zudem die Belastungsfähigkeit in Stresssituationen, der Wille, die Lernbereitschaft (Neues zu lernen) und die Selbstreflektion, sein Durchsetzungsvermögen und der Umgang mit Konflikten.

Beim fachlichen Aspekt liegt der Schwerpunkt auf der Ausbildung des Mitarbeiters, ebenso wie auf der Fachkompetenz, der Berufserfahrung, dem selbstständigen Arbeiten, der Methodenanwendung bei verschiedenen Aufgaben, der Steuerung von Prozessen, der Selbstorganisation, dem Denken und Handeln in veränderten, neuen betrieblichen Strukturen. (vgl. Führungsstile gezielt einsetzten, Mitarbeiterorientiert, situativ und authentisch führen, Regina Mahlmann. Beltz Verlag, 2011)

Natürlich kann nicht jeder Mitarbeiter generell in eine Kategorie eingeteilt werden. Beispielsweise kann er sich in seiner Fachkompetenz im Umgang mit Auszubildenden im Reifegrad drei befinden, und trotzdem fachlich bzgl. Betreuung der Bewohner im Reifegrad vier befinden. Ziel ist es, bei diesem Mitarbeiter die Kompetenz hinsichtlich der Schüleranleitung auf Reifegrad vier zu steigern.

Ein anderes Beispiel für die verschiedenen Reifegrade zeigt, dass ein neuer Mitarbeiter, der eigentlich Reifegrad vier bisher war, im neuen Betrieb nur Reifegrad zwei ist. Ihm muss die Möglichkeit und die Zeit zur Einarbeitung gegeben werden, unterstützend hierzu erhält er ein gutes Einarbeitungskonzept. Anschließend wird er nach seinem Reifegrad beurteilt.

Ebenso ein Mitarbeiter, der Reifegrad vier war, kann momentan auf Reifegrad drei zurückfallen, da er sich beispielsweise mit neu eingeführten Strukturen im Betrieb nicht mehr identifizieren kann.

Oder ein neuer Mitarbeiter, der beim vorigen Betrieb Reifegrad eins war, kann plötzlich Reifegrad zwei oder vier sein, da er sich beim neuen Träger entfalten kann und in seiner Arbeitsumgebung wohlfühlt. Wurden seine Kompetenzen im alten Betrieb nicht erkannt? Oder spielten andere Faktoren im alten Betrieb eine Rolle, die bisher unbekannt waren. Dann gilt es durch offene Kommunikation mit ihm darüber zu sprechen, auf jeden Fall zu agieren, damit im neuen Betrieb der Kreislauf nicht von vorne beginnt.

Nun stellt sich dennoch die Frage, wie sich das Führungsverhalten für mich als PDL mit dem situativen Führungsstil gestaltet. Nachdem ich meine Mitarbeiter analysiert habe und sie in bestimmte Reifegrade eingeteilt habe, überlege ich mir, welcher Führungsstil zum jeweiligen Mitarbeiter passt, um ihn zu fördern.

[...]


1 Paul Hersey (* 1930) ist ein US-amerikanischer Verhaltensforscher und Unternehmer. Er ist vor allem für die Konzeption Situational Leadership bekannt. Hersey und Ken Blanchard veröffentlichten Management of Organization Behavior. (vgl. www.http://de.wikipedia.org/wiki/Führungsstil, 04.10.2012)

2 Kenneth (Ken) H. Blanchard (* 6. Mai 1939 in New Jersey) ist ein US-amerikanischer Unternehmer und Autor von Managementbüchern. (vgl. www.http://de.wikipedia.org/wiki/Führungsstil, 04.10.2012)

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Details

Title
Die Pflegedienstleitung (PDL) als Führungskraft: Wie kann ich authentisch führen?
Subtitle
Führungsstile und Persönlichkeitsmanagement
Grade
1,0
Author
Year
2012
Pages
43
Catalog Number
V298717
ISBN (eBook)
9783656965992
ISBN (Book)
9783656966005
File size
996 KB
Language
German
Keywords
Pflegedienstleitung, PDL, Führungskraft, Führungsstile, authentisch führen, Vorgesetzter, Pflegemanagement
Quote paper
Nadine Lange (Author), 2012, Die Pflegedienstleitung (PDL) als Führungskraft: Wie kann ich authentisch führen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298717

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