Grundlagen der Tragwerkslehre. Mit Modellen für Architekten, Bautechniker, Studierende und Auszubildende


Fachbuch, 2015

71 Seiten


Leseprobe


INHALTSÜBERSICHT:

Vorwort 3

0. Stabwerke 4

1. Druckstab / Zugstab 5

Feststellung, welcher Stab Zugstab, welcher Druckstab ist

Ertüchtigung von Druckstäben durch Zwischenaussteifungen

Günstige Querschnitte für Druckstäbe

2. Biegestab 16

Momente und Momentenflächen

Stellen der stärksten Biegebeanspruchung

Momentenangepasste Formen

Minimierung der Momente

Unterspannte Konstruktionen

Überspannte Konstruktionen

3. Torsionsstab 35

Last- und Konstruktionsfälle mit Torsion

Torsionssteife Rohre

4. Seil- und Bogentragwerke 39

Lastabhängigkeit der Form der Seiltragwerke

Optimaler Bogen durch Umkehrung der Seilform (A. Gaudí)

Stabilisierung der Seiltragwerke gegen wechselnde Lasten

Stabilisierung der Bogentragwerke

Aufnahme der Horizontalschübe

5. Optimale Querschnitte des Biegeträgers 52

Gezogene/ gedrückte/ neutrale Faser, Spannungsdiagramm

„Ausmagerung“ des Trägers im Bereich geringer Spannungen

Methoden zur Vergrößerung der Biegemomentenaufnahme

Wirkungsweise des Stahlbetons und die gerissene Zugzone

Wirkungsweise des Spannbetons

Verdübelter Balken

6. Hinweis auf statisch unbestimmte Tragwerke 63

Beispiel Durchlaufträger,

Durchbiegung und ungünstigste Laststellungen

7. Gebäudeaussteifung 67

Zahl der erforderlichen Schubfelder/Windscheiben

Günstige und ungeeignete Anordnung der Schubfelder

8. Nachwort 71

Vorwort

Kann man Studierenden, Architekten und Bautechnikern das Tragverhalten von Konstruktionen anschaulich und mit einem minimalen Aufwand an Mathematik nahe bringen? So, dass sie nicht von Anfang an schon die „Stacheln stellen“, sondern daran sogar Spaß haben und ein Grundgefühl für richtiges Konstruieren gewinnen? Ich meine: Ja! Versuchen wir es anschaulich und mit Modellen!

Ich glaube - und hoffe - dass mein Vorgehen den Studierenden der Architektur (die ich zu unterrichten hatte) eben so viel Vergnügen gemacht hat, wie mir selbst, oder zumindest, dass sie einen Teil ihrer Vorurteile gegenüber dem als sperrig und unanschaulich denunzierten Fach Tragwerkslehre verloren haben.

Dabei vertrete ich die Auffassung, dass die Konstruktion ihr Tragverhalten möglichst offen zeigen sollte, oder zumindest, dass man nie gegen das Tagverhalten konstruieren darf.

Zwar weiß ich, das wird nicht überall so gesehen. Vor allem bei zeitgenössischen Architekturen findet man wieder häufig Beispiele des Konstruierens „gegen die Statik“. Aber selbst wenn man den Mut hat, gewissermaßen „unvernünftig“ zu sein, so sollte man doch wissen, gegen welche Gesetze man beabsichtigt, zu verstoßen.

In meinem Lehrbetrieb habe ich den Einsatz der Modelle (nicht wie das hier jetzt geschieht, blockweise sondern) jeweils an der entsprechenden Stelle in die Systematik des Lehrablaufs eingebaut.

Rolf Nill

0. STABWERKE

Die Fülle realisierter Konstruktionen ist für den Studienanfänger zunächst chaotisch. Es zeigt sich aber, dass alle komplexen Stabwerke sich aus vier Stab- bzw. Beanspruchungstypen zusammensetzen lassen:

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

1. DRUCKSTAB / ZUGSTAB

Mit einer dünnen Holzlatte lässt sich der Unterschied des Tragverhaltens von Zug- und Druckstäben anschaulich machen. Keiner der Seminarteilnehmer wird imstande sein , die Latte durch bloße Zugbeanspruchung zu zerreißen, während bereits geringe Druckkräfte ausreichen, den Stab zum Ausknicken zu bringen, sodass der Stab dann letztlich versagt.

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Konsequenzen aus diesem einfachen Sachverhalt: Zugstäbe müssen keine Steifigkeit besitzen. Sie können Drahtseile, dünne Rund- oder Flachstäbe, ja sogar Ketten sein. Demgegenüber müssen Druckstäbe offenbar „dick“ bzw. gedrungen ausgebildet werden, damit sie nicht knicken können:

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Man kann daraufhin mit den Teilnehmern Stabwerke behandeln, bei denen diese beiden Typen von Stäben verwendet worden sind, und an denen sich das Tragverhalten besonders gut ablesen lässt:

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Wer solche Konstruktionen entwerfen will, sollte von Anfang an, d.h. bereits beim Vorentwurf wissen, welche Stäbe unter der äußeren Belastung Zug- und welche Druckstäbe sein werden.

Um den Seminarteilnehmern die dazu nötige Anschauung zu vermitteln, lässt man sie am besten selbst mit Modellen hantieren. Man kann dazu ein gängiges Baukastensystem verwenden:

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Möglichkeit a

Ersetzt man den Stab, von dem man wissen will, ob er Zug- oder Druckstab ist, durch einen dünnen Draht, so beantwortet sich die Frage sogleich, wenn man dieses veränderte Modell belastet: War die Vermutung richtig, so strafft sich der Draht:

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War sie falsch, so bricht das System zusammen:

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Möglichkeit b

Man baut zunächst das Modell mit allen erforderlichen Stäben.

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Lässt man den fraglichen Fachwerkstab ganz weg, so wird die Konstruktion labil. Die beiden Knotenpunkte, von denen man den Stab wegmontiert hatte, wandern unter der Belastung entweder auseinander oder zusammen.

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Auseinanderwandern bedeutet Verlängerung des Abstandes . Der weggelassene Stab war also ein Zugstab. Verringert sich der Knotenabstand, so ist der weggelassene Stab ein Druckstab:

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Solche Modellspiele erscheinen dem Fachkundigen vielleicht. trivial. Man sollte aber nicht glauben, wie schwer es Studienanfängern mitunter fällt, sich Kräfteverläufe von zusammengesetzten Konstruktionen vorzustellen. Sie sind deshalb regelmäßig für solche Hilfen dankbar.

Verwendet man in der Praxis für die Druckstäbe ein Material, das eine geringere Festigkeit hat als das der Zugstäbe (also indem man z.B. Druckstäbe aus Holz, Zugstäbe aus Stahl fertigt), so erhalten die Druckstäbe automatisch eine gedrungene Form, was die Knicksteifigkeit verbessert.

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Frage an die Seminarteilnehmer: Wie kann man Druckstäbe ohne wesentlichen Material-Mehraufwand knicksteif machen?

Wiederum zeigen Modelle die zwei möglichen Lösungen:

Zwischenaussteifungen

Befestigt man die auf Druck beanspruchte Latte z.B. in der Mitte, so kann sie dort nicht mehr ausweichen. Die Knicklänge Sk halbiert sich dabei, was die Knickgefährdung entsprechend reduziert:

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In der Praxis führt das zu folgenden Lösungen:

a beim Einzelstab

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Hochspannungsmasten sind ein gutes Beispiel für solche Zwischenaussteifungen:

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Der russische Ingenieur Schuchov hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts stählerne Türme aus dünnen Stäben hergestellt, die durch Ringe ausgesteift sind und dadurch eine außerordentlich hohe Knicksteifigkeiten erhalten. Die Seminarteilnehmer haben diesen Effekt am Modell nachvollziehbar gemacht:

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b bei Doppelstabkonstruktionen

Dabei kann man die beiden Einzelstäbe gegeneinander aussteifen (hierzu wird man ein Modell aus zwei durchgehenden Holzstäben mit Verschraubungen verwenden):

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Es müssen aber mindestens zwei biegesteif angeschlossene Verbindungen sein. Verwendet man nur eine, so ist der Aussteifungseffekt gleich null:

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Ebenso unbrauchbar sind gelenkig angeschlossene Querstäbe:

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Günstige Querschnitte

Legt man einen Pappstreifen auf eine Tischplatte und beansprucht ihn durch Längs-Druckkräfte, so wölbt er sich hoch und zeigt keine nennenswerte Festigkeit:

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Ganz anders wird das Verhalten, wenn man denselben Streifen zu Hohlprofilen oder Faltwerken formt:

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

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Ohne zusätzlichen Materialaufwand , allein durch geänderte Querschnittsgeometrie, tritt dadurch eine beachtliche Knicksteifigkeit ein.

Am besten fordert man hier die Seminarteilnehmer auf, mit einer vorgegebenen Pappscheibe durch Faltung möglichst knicksteife Profile herzustellen. In der anschließenden Diskussion sollte man die Ergebnisse verbalisieren.

Danach erweisen sich solche Profile als besonders knicksteif, bei denen möglichst große Querschnittsanteile möglichst weit vom Schwerpunkt entfernt liegen (Faltwerke mit tiefen Sicken, Hohlprofile):

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2. BIEGESTAB

Durch die Art seiner Belastung, nämlich quer zur Achse, erhält der Stab Biegebeanspruchungen, unter denen er sich durchbiegt. Da die Belastung in der Regel nur in einer Richtung stattfindet, wird man vornehmlich aufrecht-hochkantige Profile wählen. Das ist der in der Praxis übliche Normalfall und deshalb jedermann plausibel:

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Am Schaummodell übertrieben dargestellt, erkennt man das Verformungsbild:

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Demgegenüber werden Stäbe, die vorwiegend horizontale Kräfte (z.B. aus Dachstreben, Gewölben, dünnen Flächentragwerken) aufnehmen müssen, konsequenterweise als liegender Träger ausgebildet:

[Dies ist eine Leseprobe. Grafiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Ermittlung der Stelle mit der stärksten Beanspruchung

Man wird zunächst etwa folgende Verständnisfrage an die Seminarteilnehmer stellen:

An welcher Stelle werden die abgebildeten Biegestäbe bei Überlastung abbrechen?

[...]


Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Grundlagen der Tragwerkslehre. Mit Modellen für Architekten, Bautechniker, Studierende und Auszubildende
Autor
Jahr
2015
Seiten
71
Katalognummer
V299443
ISBN (eBook)
9783668018327
ISBN (Buch)
9783668018334
Dateigröße
4740 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
tragwerkslehre, statik, architektur, tragwerke, brücken, bogen, grundwissen
Arbeit zitieren
Prof. Dr. Rolf Nill (Autor:in), 2015, Grundlagen der Tragwerkslehre. Mit Modellen für Architekten, Bautechniker, Studierende und Auszubildende, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299443

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