"Shared Services". Voraussetzungen, Strategie, Steuerung und Erfolgsfaktoren


Akademische Arbeit, 2007

41 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Problemstellung und Zielsetzung

2. Darstellung des Shared Services Konzeptes
2.1 Voraussetzungen
2.2 Strategie
2.2.1 Ziele
2.2.1.1 Finanzielle Ziele
2.2.1.2 Prozessbezogene Ziele
2.2.1.3 Mitarbeiterbezogene Ziele
2.2.1.4 Kundenbezogene Ziele
2.2.2 Strategierelevante Aspekte bei der Realisierung des Shared
Services Ansatzes
2.2.2.1 Auswahl der Prozesse
2.2.2.2 Festlegung der Anzahl und Wahl des Standortes
2.3 Steuerung
2.3.1 Inhaltliche Steuerung eines Shared Service Centers
2.3.1.1 Inhalte des Service-Level-Agreements
2.3.1.2 Service-Level-Management und Service-Controlling
2.3.1.3 Chancen und Grenzen von Service-Level-Agreements
2.3.2 Monetäre Steuerung eines Shared Service Centers
2.4 Evaluation
2.5 Erfolgsfaktoren
2.6 Risiken und Grenzen des Shared Services Ansatzes

Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung und Zielsetzung

Ist die klassische Organisation einer Personalabteilung noch rentabel und zeitgemäß? Diese Frage wird auch in deutschen Unternehmen zunehmend gestellt.

Die Globalisierung und die daraus resultierende Verschärfung des Wettbewerbs setzen die Unternehmen unter einen hohen Kostendruck. In Folge dessen und aufgrund einer verstärkten Shareholder Value-Orientierung stellen viele Unternehmen ihren Personalbereich auf den Prüfstand, um dessen Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens festzustellen. Dieser entspricht meist nicht den Erwartungen und so werden vorhandene Strukturen und Abläufe in Frage gestellt und neue Ansätze gesucht, die zu einer Erhöhung der Wertschöpfung beitragen. Positive Wertbeiträge im Personalbereich können dabei entweder durch eine Senkung der Kosten bei gleich bleibender Qualität und Quantität der Leistungen erreicht werden oder durch eine Steigerung derselben bei unveränderter Kostenstruktur.[1] Vor diesem Hintergrund greifen viele Unternehmen auf ein Konzept zurück, das in den USA bereits seit längerem angewandt wird und nun auch in Europa wachsende Beachtung und Verbreitung findet, dem Shared Services Ansatz. Eine Studie der Unternehmensberatung Kienbaum aus dem letzten Jahr zeigt, dass bereits 41 Prozent der Großunternehmen aus dem deutschsprachigen Raum das Shared Services Konzept im Personalbereich einsetzen.[2] Ziel dieser Arbeit ist nun eine fundierte Analyse dieses Ansatzes aus betriebswirtschaftlicher Sicht, wobei der Fokus auf der konkreten Umsetzung im Bereich Human Resources liegt. Auf steuer- sowie arbeitsrechtliche Aspekte dieses Themas wird nicht eingegangen.

Die vorliegende Arbeit umfasst die Darstellung des Shared Services Konzeptes. Nachdem die Voraussetzungen dargelegt werden, befasst sich der folgende Punkt mit der Strategie, die mit dem Konzept verfolgt wird. Hier werden zunächst die Ziele aufgezeigt, die zugleich auch die Chancen des Ansatzes sind, um danach die strategierelevanten Aspekte bei der Realisierung des Konzeptes darzustellen. Weiterhin wird die inhaltliche, sowie die monetäre Steuerung eines Shared Service Centers beschrieben. Der nächste Abschnitt geht auf die Evaluation der Leistungen des Shared Service Centers nach seiner Einführung ein, bevor in im letzten Punkt die Erfolgsfaktoren vorgestellt werden. Die Arbeit schließt mit der Darstellung der Risiken und Grenzen des Shared Services Ansatzes.

2. Darstellung des Shared Services Konzeptes

2.1 Voraussetzungen

Ein SSC setzt bestimmte Kriterien voraus, die vor dem Aufbau geprüft werden müssen. Grundsätzlich müssen die Leistungen und Prozesse, die ausgelagert werden sollen, hierfür überhaupt geeignet sein. Deren Auswahl stellt eine der wichtigsten strategischen Fragestellungen im Rahmen des Shared Services Ansatzes dar.

Eine weitere Voraussetzung ist die Auslagerungswilligkeit des Managements. Es ist in der Praxis oft zu beobachten, dass beim Management selbst die Bereitschaft fehlt, bestimmte Prozesse auszulagern. Vorschläge in dieser Richtung werden mit verschiedenen Argumenten im Keim erstickt, z.B. mit dem Verweis auf Misserfolge anderer Unternehmen oder dem zu großen Risikopotenzial.[3] Häufig wird eine Auslagerung auch deshalb abgelehnt, weil ein zu großen Widerstand der Mitarbeiter und Führungskräfte erwartet wird. Für eine erfolgreiche Einführung eines SSC ist es aber unabdingbar, dass das Management von der Auslagerung überzeugt ist und diese nachhaltig unterstützt.

Ein nicht zu vernachlässigender Faktor bei der Einführung von Shared Services sind auch die zu erwartenden Kosten. Hier sind zum einen die Kosten zu berücksichtigen, die bei der Harmonisierung der IT-Systeme anfallen. Zum anderen sollten die Kosten, die aufgrund einer möglicherweise anwachsenden Komplexität entstehen gegen das Einsparpotenzial, das aus den Skaleneffekten resultiert, abgewogen werden.[4]

2.2 Strategie

Die Umsetzung des Shared Services Konzeptes bedarf einer bestimmten Strategie. Strategien werden in diesem Zusammenhang als „grundlegende Weichenstellungen des unternehmerischen Handelns verstanden.“[5] Die Strategie sollte an den Zielen die erreicht werden sollen, ausgerichtet werden.

2.2.1 Ziele

„Ziele bezeichnen als erstrebenswert angesehene Zustände, die als Ergebnis von bestimmten Verhaltensweisen eintreten sollen. (Schmidt 1987)“.[6] Ziele stellen ein wesentliches Element von Unternehmensstrategien dar und deren Festlegung steht am Anfang des Strategieprozesses.[7]

Die Autoren Kaplan und Norton[8] ordnen einzelne Ziele bestimmten Zielkategorien zu. In Anlehnung an diese Einteilung wird im Folgenden zwischen finanziellen, prozessbezogenen, mitarbeiterbezogenen, kundenbezogenen und weiteren Zielen unterschieden und die Ziele des Shared Services Konzeptes mit diesen Zielkategorien beschrieben.

2.2.1.1 Finanzielle Ziele

Das wichtigste finanzielle Ziel des Shared Services Ansatzes stellt die Reduzierung der Kosten dar. Das jährliche Kosteneinsparpotenzial, das in der Literatur als realisierbar angesehen wird, bewegt sich zwischen 25 Prozent und 40 Prozent.[9]

Diese Kosteneinsparung soll zum einen durch das Erreichen von Skaleneffekten, zum anderen durch die Konzentration von Ressourcen erzielt werden. Beim SSC-Konzept werden Prozesse und Leistungen aus den Geschäftseinheiten in das SSC verlagert und dort gebündelt. Die Zahl der Standorte, an denen die Leistungen bisher erbracht wurden, sinkt. Die Prozessstandardisierung und –optimierung führt zu einer effizienteren Erstellung der Dienstleistungen, dadurch kann auch die Zahl der Mitarbeiter verringert werden.[10]

Weiterhin soll auch eine Zunahme des Kostenbewusstseins erzielt werden. Die Einführung der Leistungsverrechnung über Verrechnungspreise soll die entstehenden Kosten transparenter machen, so dass nur noch die Leistungen beansprucht werden, die faktisch auch benötigt werden.[11] Ziel ist aber nicht nur das Kostenbewusstsein des Leistungsabnehmers zu schärfen, auch der Leistungsbereitsteller soll dazu angehalten werden, bewusster und ökonomischer mit den Ressourcen umzugehen.[12]

Die Einrichtung eines SSC führt auf mittel- und langfristige Sicht zu einer Verringerung der Infrastrukturkosten. Durch die Verlagerung in das SSC fallen die Kosten für die Hard- und Software, Bürofläche und –ausstattung, welche die Geschäftsbereiche zur Leistungs­erstellung benötigen, weg. Das SSC benötigt aufgrund der verminderten Anzahl der Mitarbeiter eine geringere Ausstattung und die Nutzung einer einheitlichen Software erspart Lizenzgebühren. Des Weiteren sinkt der Systemmigrations- und Wartungsaufwand.[13]

Auch der Aufbau eines SSC an einem Standort mit niedrigeren Lohnkosten, Steuervorteilen oder mit Aussicht auf Subventionen kann zu einer Kostensenkung beitragen.[14]

Ein anderes finanzielles Ziel kann die Erzeugung von zusätzlichen Umsätzen durch das Angebot der Leistungen des SSC am Markt sein.[15] Voraussetzung dafür ist, dass das SSC über einen externen Marktzugang verfügt. Dies ist abhängig von der Ausgestaltung des SSC im Unternehmen.

2.2.1.2 Prozessbezogene Ziele

Der Shared Services Ansatz verfolgt neben den finanziellen auch prozessbezogene Ziele. Prozessbezogene Ziele sind solche Ziele, „die sich auf die Prozesse selbst oder deren unmittelbare In- und Outputfaktoren beziehen.“[16]

Eine Zielsetzung, die in diese Zielkategorie fällt, ist die Konzentration auf das Kerngeschäft und somit auf die Kernkompetenzen.[17] Durch die Bündelung bestimmter unterstützender Aufgaben im SSC, die nicht zum Kerngeschäft gehören, werden die Mitarbeiter und das Management von diesen Aufgaben entlastet. Sie können sich nun völlig auf die Durchführung der Kernprozesse konzentrieren. Dies führt zu einer beiderseitigen Erhöhung der Wertschöpfung, welche, wie schon beschrieben, eines der Kernelemente des Shared Services Konzeptes darstellt.

Ein weiteres Ziel das verfolgt wird, ist die Steigerung der Qualität in der Leistungserstellung. Im Zuge des SSC-Aufbaus kommt es zu einer Prozessstandardisierung und –optimierung sowie zu einer Verbesserung in der Technologieunterstützung, die im Ergebnis zu einer Qualitätssteigerung führen soll.[18] Daneben soll auch die Verfügbarkeit der Dienstleistungen verbessert werden. Diese Intention knüpft sich auch an die Verringerung der Prozessdurchlaufzeiten. Die Prozessstandardisierung und –konsolidierung soll die Durchlaufzeit senken und dadurch eine zügigere Bereitstellung der Leistungen ermöglichen. Darüber hinaus soll die zeitliche Verfügbarkeit im Konzern harmonisiert werden.[19]

2.2.1.3 Mitarbeiterbezogene Ziele

Der Shared Services Ansatz verfolgt im Hinblick auf die Mitarbeiter im Wesentlichen zwei Zielstellungen, die Steigerung der Mitarbeitermotivation und die Verbesserung des Wissensmanagement.

Um die Motivation der Mitarbeiter zu steigern, werden Maßnahmen, wie die Erweiterung des Aufgaben- und Verantwortungsbereiches oder die Einführung neuer Anreizsysteme durchgeführt. Die Arbeit der Mitarbeiter eines SSC wird im Gegensatz zur Arbeit von Mitarbeitern einer Zentraleinheit häufig höher geschätzt, denn die abnehmenden Konzerneinheiten müssen für die Leistungen einen festgelegten Preis bezahlen. Die Einrichtung eines SSC kann auch auf die Führungskräfte eine motivierende Wirkung haben. Durch die rechtlich und/oder wirtschaftliche Selbstständigkeit haben sie zum Beispiel die Möglichkeit autonomer handeln zu können.[20]

Das Shared Services Konzept ermöglicht den Unternehmen eine Verbesserung ihres Wissensmanagements. Die Geschäftseinheiten verfügen häufig über einen unterschiedlichen Wissensstand und Erfahrungsschatz. Neben den Prozessen und Leistungen wird auch das dazugehörige Wissen im SSC zusammengefasst. Dies führt zu einer breiteren Wissensbasis insgesamt und bei dem einzelnen Mitarbeiter selbst. Die Konzentration in einer Organisationseinheit erleichtert auch den Wissensaustausch der Mitarbeiter untereinander.[21]

2.2.1.4 Kundenbezogene Ziele

Wie schon beschrieben, können SSC grundsätzlich zwei verschiedene Kundentypen haben, interne und externe Kunden. Die Grundidee des Shared Services Konzeptes ist allerdings die Bereitstellung von Dienstleistungen für interne Kunden. Da diese Arbeit schwerpunktmäßig von diesem Grundkonzept ausgeht, werden nachfolgende Ziele nur auf die internen Kunden bezogen.

Eine der wichtigsten Zielsetzungen ist die Schaffung einer internen Kunden-Lieferanten-Beziehung. Diese entsteht durch die Schaffung einer neuen Organisationseinheit. Wie schon erwähnt, werden aus den ehemaligen Kollegen nun interne Kunden bzw. Lieferanten, deren Leistungsbeziehungen in einem SLA vertraglich geregelt werden. Die Einführung von Markt- und Wettbewerbselementen erhöhen die Kunden- und Serviceorientierung.[22] Die Verhandlungen über das SLA geben dem SSC die Möglichkeit die Bedürfnisse und Erwartungen des Kunden zu erkennen und somit besser auf diese eingehen zu können. Der interne Kunde muss zudem seine Anfragen nur noch an eine zentrale Stelle richten. Diese Stelle entscheidet, an wen die Anfrage zur Bearbeitung weitergeleitet werden kann, wenn sie nicht schon direkt von ihr beantwortet werden kann.[23] Der Kunde muss also nicht selbst nach einem Ansprechpartner suchen. Dies und die Beschleunigung der einzelnen Arbeitsschritte, die Prozessstandardisierung und die Ressourcenbündelung führt zu einer Verbesserung der Servicequalität.[24] Die daraus resultierende höhere Zufriedenheit des Kunden und die Verbesserung der Service- und Kundenorientierung stellt ein bedeutendes Ziel des Shared Services Konzeptes dar.[25] Eine wichtige Voraussetzung zur Erreichung dieses Zieles ist die Erhöhung der Kunden- und Serviceorientierung bei den Mitarbeitern im SSC selbst. Diese ist oftmals nur schwach ausgeprägt. Es bedarf daher im Vorfeld einer sorgfältigen Auswahl der Mitarbeiter und umfassenden Trainingsmaßnahmen.

2.2.2 Strategierelevante Aspekte bei der Realisierung des Shared Services Ansatzes

Vor der Einführung von Shared Services müssen einige strategierelevante Aspekte geklärt werden. Zunächst werden die zur Ausgliederung geeigneten Prozesse bestimmt. In einem zweiten Schritt ist die Anzahl der SSC und deren Standort festzulegen. Auch über die juristische Form des SSCs ist im Rahmen der Planungsphase zu entscheiden. Da in dieser Arbeit aber nur die betriebswirtschaftliche Seite des Shared Services Ansatzes betrachtet wird, wird dieses Thema hier nicht näher behandelt. Ein weiterer strategischer Aspekt ist die Steuerung des SSCs.

2.2.2.1 Auswahl der Prozesse

Für die Ausgliederung in ein SSC sind prinzipiell alle Prozesse und Funktionen der Wertschöpfungskette geeignet, die nicht zu den Kernaufgaben der Konzerneinheiten zählen.[26] Kernaufgaben sind alle Funktionen und Prozesse, „die eine hohe strategische Relevanz für die Geschäftstätigkeit vor Ort besitzen und/oder eine große räumliche Nähe zum Kunden erfordern.“[27] Es werden demnach nur so genannte Supportprozesse und Ausführungsaufgaben in ein SSC ausgegliedert, keine operativ oder strategisch relevanten Entscheidungsaufgaben.[28]

Die Prozesse sollten von gleicher Art und standardisierbar sein. Transaktionsprozesse, wie z.B. die Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung oder die Engeltabrechnung, die sich durch häufige Wiederholungen und einen fast identischen Tätigkeitsablauf auszeichnen, eignen sich besonders gut zur Ausgliederung.[29] Weitere wichtige Kriterien sind die Marktfähigkeit der Leistungen und die unternehmensweite Nachfrage. Die Bündelung der Prozesse ist nur dann sinnvoll, wenn die Leistungen universal von allen Konzerneinheiten nachgefragt werden können und auch eine Nachfrage nach ihnen besteht.[30]

Kagelmann unterteilt die Prozesse zusätzlich in Center of Scale-Prozesse und Center of Expertice-Prozesse. Als Center of Scale-Prozesse werden diejenigen Prozesse bezeichnet, die hohe Mengenvolumina abwickeln und so Skaleneffekte erzielen. Sie weisen die gleichen Merkmale wie Transaktionsprozesse auf. Center of Expertice-Prozesse sind stark wissensorientiert und fallen nur vereinzelt an. Sie sind mit Beratungsleistungen, die von extern bezogen werden können, vergleichbar. Die Zusammenfassung dieser Prozesse birgt die Chance beträchtliche Spezialisierungsvorteile realisieren zu können.[31]

Die folgende Darstellung soll einen Überblick über die Funktionen geben, die für eine Ausgliederung in ein SSC grundsätzlich in Frage kommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Opportunities for Shared Services

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bergeron, Essentials, 2003, S. 8

Mithilfe einer Prozessanalyse kann festgestellt werden, ob ein Prozess überhaupt in ein SSC verlagert werden kann. Die Prozessanalyse wird anhand mehrerer Kriterien durchgeführt. Der Prozess sollte bisher an mehreren Standorten abgewickelt worden sein, denn nur dann macht eine Zusammenfassung Sinn. Des Weiteren sollte geprüft werden, ob eine Standardisierung möglich ist. Da die Prozesse in den verschiedenen Konzerneinheiten meist unterschiedlich durchgeführt werden, können sie nicht verglichen werden. Die Prüfung auf Standardisierbarkeit ist daher unabdingbar, denn nur standardisierbare Prozesse sind für die Ausgliederung geeignet. Ein weiteres Kriterium ist die wettbewerbsrelevante Kundenbeziehung. Hier sollte geprüft werden, ob die Verlagerung und die möglicherweise daraus folgende örtliche Distanz zum Kunden zu Nachteilen führt. Dies kann vor allem dann auftreten, wenn es sich um Prozesse handelt, die einen hohen Grad an Kunden- und Lieferservice beinhalten und bei denen die räumliche Nähe zum Kunden unverzichtbar ist.[32]

In der Praxis werden bisher überwiegend Transaktionsprozesse in SSC verlagert, da sich hier schneller Erfolge zeigen. Vorreiter waren die Finanzfunktionen und hier vor allem die Buchhaltung, doch es werden auch zunehmend andere Funktionen ausgegliedert. Laut der schon angesprochenen Studie von Deloitte werden zurzeit in Deutschland vorwiegend IT-Aufgaben verlagert. Dies lässt sich dadurch erklären, dass diese Funktionen zum einen keine Kundennähe erfordern und über große Entfernungen dem ganzen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden können. Zum anderen dadurch, dass diese Aufgaben unproblematisch standardisier- und zusammenfassbar sind.[33] Die nachfolgende Abbildung zeigt die prozentuale Häufigkeit der verlagerten Funktionen in deutschen Unternehmen im Vergleich zu anderen Ländern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: In Shared Service Centern zusammengefasste Funktionen

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Deloitte, Praxis-Studie, 2004, S. 10

Neben der deutlich höheren Ausgliederungsquote von IT-Funktionen im Vergleich zu internationalen Unternehmen, sind auch die Unterschiede im Bereich Auftragseingangs­bearbeitung und im Einkauf auffällig. Lediglich 10 Prozent der Unternehmen in Deutschland haben ihre Auftragseingangsbearbeitung in SSC organisiert, hingegen sind es international 32 Prozent der Unternehmen. Im Einkauf ist die Kluft sogar noch höher. Weltweit werden 44 Prozent dieser Funktionsbereiche über SSC abgewickelt, in Deutschland aber nur 15 Prozent. Auch im Bereich der Kreditorenbuchhaltung liegen die deutschen Unternehmen zurück. 55 Prozent der Teilnehmer dieser Studie haben sich hier für eine Verlagerung entschieden, im Vergleich dazu sind es auf internationaler Ebene 82 Prozent der Unternehmen. Bei der Ausgliederung der Personalverwaltung zögern die Unternehmen insgesamt noch etwas, die Zahl liegt hier bei 40 Prozent in Deutschland und bei 35 Prozent weltweit. Lediglich sieben Prozent der Unternehmen, die befragt wurden, planen eine Verlagerung dieses Funktionsbereiches in ein SSC.[34]

2.2.2.2 Festlegung der Anzahl und Wahl des Standortes

Die Entscheidung über die Anzahl der SSC und deren Standorte ist eine strategische Entscheidung, denn diese ist häufig mit hohen Investitionen verknüpft und längerfristig angelegt. Sie hängt von der Gesamtstrategie des Unternehmens ab und wird im Zuge der Globalisierung immer bedeutender.[35] Die Entscheidung über die Anzahl der SSC beruht auf den Anforderungen der zu versorgenden Kunden. Handelt es sich um einfache und gut standardisierte Transaktionsprozesse ohne kundenindividuelle Besonderheiten, ist normalerweise ein einziges zentrales SSC ausreichend. Bei komplexeren Prozessen, die je nach Kundenbedürfnis unterschiedlich abgewickelt werden, erhöht sich die Zahl der SSC, die benötigt werden.[36] Bei der Planung der Anzahl der SSC, sollten insbesondere in Europa noch andere Faktoren berücksichtigt werden, nämlich die Unterschiede in der Sprache, Kultur und der Gesetzgebung zwischen den einzelnen europäischen Ländern.[37]

Nach der Festlegung der Anzahl der SSC muss in einem zweiten Schritt der Standort des oder der SSC gewählt werden. Zum einen können SSC entweder an einem einzigen Standort im Inland oder Ausland eingerichtet werden. Diese Form der lokalen Konzentration im Inland wird als Stammland-Konzept bezeichnet. Bei der Konzentration an einem ausländischen Standort wird vom Schlüsselland-Konzept gesprochen.[38] Schlüsselland-Konzept bedeutet, dass „ein einzelner Standort eine Schlüsselfunktion für die Erbringung einer bestimmten Teilfunktion hat“.[39] Es können SSC aber auch an mehreren Standorten nur im Inland oder nur im Ausland oder sowohl im In- als auch im Ausland etabliert werden . Dieser Fall wird als Regionen-Konzept bezeichnet, „da die Leistungen des Centers hier tendenziell den übrigen Funktions- oder Geschäftsbereichen des Unternehmens in die Regionen folgen“.[40] Dies ist dann sinnvoll, wenn die Leistungserbringung die örtliche Nähe zum internen Kunden erfordert. Die räumliche Nähe vereinfacht die Kommunikation erheblich und das SSC kann sich schneller und flexibler an lokale Anforderungen anpassen. Die Anwendung des Regionen-Konzeptes beeinträchtigt aber die Ausnutzung von Synergieeffekten.[41]

[...]


[1] Vgl. Scherm/Kleiner, Shared-Personal, 2006, S. 247

[2] Vgl. Girbig/Heuer/Kötter, Auf dem Vormarsch, 2007, S. 18

[3] Vgl. Wißkirchen/Mertens, Organisationsform, 1999, S. 80

[4] Vgl. von Campenhausen/Rudolf, Vernetzte Unternehmen, 2001, S. 84

[5] Schmidt, Konzernführung, 1993, S. 77

[6] Macharzina, Unternehmensführung, 2003, S.189

[7] Vgl. Schmidt, Konzernführung, 1993, S. 77

[8] Vgl. Kaplan/Norton, Scorecard, 1997, S. 9

[9] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 74

[10] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 75

[11] Vgl. Wißkirchen, Alter Wein, o.J., S. 14

[12] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 75

[13] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 75

[14] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 75

[15] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 75

[16] Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 76

[17] Vgl. Wißkirchen, Alter Wein, o.J, S. 14

[18] Vgl. Wißkirchen, Alter Wein, o.J., S. 14

[19] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 77

[20] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 77

[21] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 79

[22] Vgl. Wißkirchen, Alter Wein, o.J., S. 14

[23] Vgl. Erbeldinger, Weg, 2006, S. 17

[24] Vgl. Lange, Personalarbeit, 2006. S. 47

[25] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 78-79

[26] Vgl. Wißkirchen/Mertens, Organisationsform, 1999, S. 94

[27] Hermes/Schwarz, Outsourcing, 2005, S. 47

[28] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 88

[29] Vgl. Hermes/Schwarz, Outsourcing, 2005, S. 49

[30] Vgl. von Campenhausen/Rudolf, Vernetzte Unternehmen, 2001, S. 84

[31] Vgl. Kagelmann, Shared Services, 2001, S. 89

[32] Vgl. Wißkirchen/Mertens, Organisationsform, 1999, S. 95

[33] Deloitte, Praxis-Studie, 2004, S. 9

[34] Vgl. Deloitte, Praxis-Studie, 2004, S. 9

[35] Vgl. Wißkirchen/Mertens, Organisationsform, 1999, S. 97

[36] Vgl. Hermes/Schwarz, Outsourcing, 2005, S. 108

[37] Vgl. Wißkirchen, Kosten senken, 2002, S. 5

[38] Vgl. von Werder/Grundei, Konzeptionelle Grundlagen, 2004, S. 23

[39] Hermes/Schwarz, Outsourcing, 2005, S. 108

[40] von Werder/Grundei, Konzeptionelle Grundlagen, 2004, S. 23

[41] Vgl. von Werder/Grundei, Konzeptionelle Grundlagen, 2004, S. 25

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
"Shared Services". Voraussetzungen, Strategie, Steuerung und Erfolgsfaktoren
Autor
Jahr
2007
Seiten
41
Katalognummer
V299566
ISBN (eBook)
9783656959991
Dateigröße
753 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
shared, services, voraussetzungen, strategie, steuerung, erfolgsfaktoren
Arbeit zitieren
Christine Rössler (Autor:in), 2007, "Shared Services". Voraussetzungen, Strategie, Steuerung und Erfolgsfaktoren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299566

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