Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandels für die deutsche Versicherungswirtschaft. Die private Kompositversicherung


Bachelor Thesis, 2015

67 Pages, Grade: 1,5


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise

2 Hauptteil
2.1 Darstellung der Schlüsselbegriffe
2.1.1 Versicherungswirtschaft und -markt in Deutschland
2.1.2 Megatrend Digitalisierung als Treiber des digitalen Wandels
2.1.3 Veränderungen im Konsumentenverhalten
2.2 Die allgemeine Bedeutung des digitalen Wandels
2.2.1 Der digitale Wandel im gesamtwirtschaftlichen Kontext
2.2.2 Der digitale Wandel am Beispiel ausgewählter Branchen
2.3 Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandels in der Versicherungswirtschaft im Kontext der privaten Kompositversicherung
2.3.1 Versicherungsvertrieb im digitalen Wandel
2.3.2 Kommunikation mit Geschäftspartnern im digitalen Wandel
2.3.3 Prozesse und Informationstechnologie im digitalen Wandel
2.3.4 Weitere Unternehmensbereiche im digitalen Wandel
2.4 Empirische Untersuchung zur Erwartungshaltung von Privatkunden an einen Versicherer im digitalen Wandel
2.4.1 Konzeption der Befragung
2.4.2 Darstellung der Befragungsergebnisse
2.4.3 Schlussfolgerungen aus den Befragungsergebnissen
2.5 Ableitung von Handlungsempfehlungen für das Management
2.5.1 Innovationsmanagement als theoretischer Management-Ansatz zum Umgang mit dem digitalen Wandel
2.5.2 Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen theoretischen Positionen und empirischen Befunden
2.5.3 Handlungsempfehlungen

3 Schlussteil
3.1 Fazit
3.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Traditionelles Modell vs. Multikanal-Modell im Versicherungsvertrieb

Abbildung 2: Kybernetisches System Versicherer im Kontext des digitalen Wandels

Abbildung 3: Demografische Informationen der Befragungsteilnehmer

Abbildung 4: Getätigte Online-Abschlüsse der Befragungsteilnehmer

Abbildung 5: Genutzte Geräte für Online-Aktivitäten der Befragungsteilnehmer

Abbildung 6: Stellenwert von Vergleichsportalen für Befragungsteilnehmer

1 Einleitung

1.1 Ausgangssituation

„Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert.“ 1

Dieses Zitat von der ehemaligen Hewlett Packard Vorstandsvorsitzenden Carly Fiorina beschreibt die zukünftige Entwicklung auf allen Weltmärkten und der Gesellschaft insgesamt sehr treffend. Und sie meinte damit auch, dass immer mehr zu digitalisieren ist, als es aktuell den Anschein hat.2 Ohne die Details dieser Arbeit vorwegnehmen zu wollen, so kann man guten Gewissens sagen: Dies gilt auch für die Versicherungswirtschaft in Deutschland.

Der digitale Wandel ist bereits heute ein Megatrend. Ein Megatrend deshalb, weil von ihm besonders tiefgreifende Veränderungen in allen Lebensbereichen mit globaler Gültig- und Beständigkeit ausgehen.3 Seit einigen Jahren schreitet die technologische Entwicklung und damit die Grundlage des digitalen Wandels unaufhaltsam voran. Betrachtet man nur die deutsche Bevölkerung, so sind über 76 % im Besitz eines Internetzugangs. Viele davon besitzen dazu auch einen mobilen Zugang und können so zu jeder Zeit und an fast jedem Ort online sein. Die zunehmende Verbreitung von Smartphones und Tablets verändert das Kommunikations- und Konsumverhalten der Menschen immens. Mittlerweile dienen diese Möglichkeiten nicht mehr nur der Informationsbeschaffung, sondern sind ein etablierter Kanal zum Einkauf jeglicher Waren und Dienstleistungen. Der Umsatz aus dem Onlinegeschäft hat sich seit 2006, mit ca. 33 Mrd. Euro im Jahr 2013, in Deutschland annähernd verdoppelt.4

Einige Branchen wie Banken, Handel und Andere haben diesen Wandel bereits für sich erkannt und genutzt. Denkt man an große Versandhändler wie Amazon, so ist deren konkretes Geschäftsmodell und deren heutige Stellung durch den digitalen Wandel und dessen richtigen Umgang damit erst ermöglicht worden. Andere Unternehmen haben den Kampf verloren und haben die Bedeutung des digitalen Wandels für ihr Geschäftsmodell nicht erkannt. Beispiele dafür sind die Musikindustrie, welche den Trend zu digitalen Titeln im Vergleich zu Apple mit dem Dienst iTunes nicht erkannt hat oder der Buchhandel der sich durch den Markteintritt von Amazon neu erfinden musste.5

Diese Entwicklung hat auch vor dem Geschäftsmodell der Versicherer keinen Halt gemacht und wird dies auch künftig nicht tun, auch wenn die Auswirkungen gegenüber anderen Branchen vielleicht noch nicht so ausgeprägt spürbar sind.

Die Versicherungswirtschaft steht aktuell einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber. Dazu zählt neben der anhaltenden Niedrigzinsphase, regulatorischen Rahmenbedingungen aus Berlin und Brüssel eben auch der digitale Wandel. Der Deutschland-Chef des Versicherungskonzerns Axa hat in einem Interview darauf hingewiesen, dass die Versicherungswirtschaft hinsichtlich der Digitalisierung anderen Branchen massiv hinterherhinkt.6 Eine aktuelle Studie der VersicherungsforenLeipzig bescheinigt der Assekuranz eine geringe Innovationsfähigkeit gegenüber anderen Branchen, worin möglicherweise eine Ursache für diese Situation liegt.7

Doch im digitalen Zeitalter stehen die Versicherer nicht nur im Wettbewerb mit Unternehmen aus der Branche. Der digitale Wandel ermöglicht insbesondere branchenfremden, aber hoch innovativen Unternehmen den Markteintritt und bedroht damit das Geschäftsmodell der Versicherer. Unternehmen aus dem Silicon Valley wie Google oder Amazon können auf Basis ihrer umfangreichen Nutzerdaten, ihrem digitalen Know-How und ihrer Finanzkraft schnell in diesen Markt eindringen.8 9 Erste Aktionen, wie die Gründung von Aggregatoren in Form von Vergleichsportalen in europäischen Ländern durch Google, zeigen, welche Möglichkeiten für diese Unternehmen bestehen, die etablierten Unternehmen und Märkte anzugreifen.10

Doch neben den beschriebenen Risiken bestehen auch Chancen. Die Digitalisierung ist auch durch die Industrialisierung bzw. Automatisierung der unternehmensinternen Prozesse geprägt, die durch die technologischen Entwicklungen möglich sind und hohe Effizienzsteigerungen ermöglichen.11 Der digitale Wandel bietet zudem die Chance das Serviceniveau und damit die Loyalität der Kunden nachhaltig zu erhöhen.12 Darüber hinaus stellen sich auch Fragen hinsichtlich der Versicherbarkeit von neuartigen Risiken. Die Versicherungswirtschaft wird sich damit beschäftigen müssen, wie jemand sein Tablet und Smartphone versichern kann und wie seine Daten, welche auf den Geräten oder in der Cloud liegen, versichert sind. Das Internet der Dinge, welches die komplette Vernetzung von Gegenständen aller Art beschreibt, wird neue Risiken hervorbringen.13 Die ersten fahrerlosen Fahrzeuge werden in nicht allzu ferner Zukunft auch auf deutschen Straßen zu sehen sein.14 Geht man davon aus, dass diese noch Unfälle erzeugen, müssen auch hier entsprechende Deckungen angeboten werden.

Diese Arbeit wird auf den folgenden Seiten die Bedeutung des digitalen Wandels und die damit verbundenen Auswirkungen für die deutsche Versicherungswirtschaft näher betrachten. Sie wird zeigen, wie der digitale Wandel sich gesamtwirtschaftlich bemerkbar macht, welche Branchen im Umgang mit dem digitalen Wandel gescheitert sind und wie sich im Besonderen die Digitalisierung und das veränderte Kundenverhalten auf die wichtigsten Bereiche eines Kompositversicherers auswirken. Durch die anschließende Ableitung von konkreten Handlungsempfehlungen, auf Basis theoretischer Quellen und einer eigenen empirischen Befragung, werden dem Leser dieser Arbeit Informationen und konkrete Anstöße für den richtigen Umgang mit dem digitalen Wandel in der Versicherungswirtschaft gegeben.

1.2 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, auf Basis einschlägiger Literatur und der Ergebnisse einer quantitativen empirischen Befragung, zu untersuchen, welche Bedeutung und Auswirkungen der digitale Wandel für die deutsche Versicherungswirtschaft am Beispiel der privaten Kompositversicherung hat.

Die Arbeit soll dazu dienen, die dargestellte Ausgangssituation wissenschaftlich zu untersuchen und verwertbare Ergebnisse zu erlangen, um konkrete Handlungsempfehlungen für die deutsche Versicherungswirtschaft abzuleiten. Die Arbeit richtet sich daher insbesondere an das Management von Kompositversicherern, sowie an alle Menschen die in der oder für die Versicherungsbranche arbeiten und die Zukunft der Branche mitgestalten.

Um das umfangreiche Themenfeld im Sinne der Erreichung der Zielsetzung einzugrenzen, werden sich die folgenden Ausführungen im Wesentlichen auf den privaten Kompositversicherungsbereich beschränken.

1.3 Vorgehensweise

Nachdem dem Leser die Ausgangssituation und die Zielsetzung der Arbeit dargestellt worden sind, erfolgt in einem nächsten Schritt eine Einführung in die Thematik durch die entsprechende Darstellung der wichtigsten Schlüsselbegriffe. Dabei sollen dem Leser kurz die wichtigsten Fakten der Versicherungswirtschaft bzw. -marktes in Deutschland, der Megatrend Digitalisierung und das veränderte Konsumentenverhalten näher gebracht werden. Diese Begrifflichkeiten und Inhalte sind für den weiteren Verlauf der Arbeit von hoher Bedeutung, um die Implikationen auf die Versicherungswirtschaft darzustellen und einordnen zu können. Somit trägt dieses Vorgehen auch zur Sicherstellung eines einheitlichen Verständnisses beim Leser bei.

Anschließend wird die allgemeine Bedeutung des digitalen Wandels für den gesamtwirtschaftlichen Kontext und konkret am Beispiel von verschiedenen Branchen dargestellt, um anschließend eine Verbindung zur Versicherungswirtschaft herzustellen. Damit soll dem Leser gezeigt werden, welche hohe Bedeutung vom digitalen Wandel für die Gesamtwirtschaft sowie einzelnen Branchen ausgeht und welche Auswirkungen damit einhergehen. So findet mit diesem deduktiven Vorgehen zunächst eine allgemeine Betrachtung der Ausgangssituation statt, bevor auf die Versicherungsbranche detailliert eingegangen wird.

Um die Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandels für die Versicherungswirtschaft zu betrachten, wurden die Bereiche Versicherungsvertrieb, Kommunikation mit Geschäftspartnern, Prozesse und IT sowie weitere Unternehmensbereiche als Untersuchungsobjekte ausgewählt. Sie wurden deshalb ausgewählt, weil der digitale Wandel bei diesen Aspekten besondere Bedeutung erfährt und die Auswirkungen anschaulich darstellbar sind. Um die Auswirkungen des digitalen Wandels in der Versicherungswirtschaft, für ein komplexes und offenes System wie es ein Kompositversicherer darstellt, strukturiert zu erfassen, wird ein kybernetischer Ansatz gewählt. Dieses Vorgehen lässt es zu, mit bestimmten beeinflussbaren Stellschrauben – in diesem Fall der Vertrieb, die Kommunikation mit Geschäftspartnern, Prozesse und IT sowie Weiteren – über bestimmte Wirkungsgefüge Zustände und Kennzahlen im System darzustellen und zu verändern. Es werden somit bei der Argumentation zu den Auswirkungen des digitalen Wandels auch eine Auswahl an Ursache-Wirkungs-Beziehungen auf die jeweiligen Zustände und Kennzahlen eines Versicherers dargestellt. Auf diese Weise werden einzelne Auswirkungen veranschaulicht und bieten beispielsweise dem Management von Versicherungsunternehmen konkrete Ansatzpunkte. Ein Schaubild am Ende des Kapitels 2.3 zeigt diese Zusammenhänge schematisch auf.

Als Ergänzung der theoretischen Erarbeitung des Themas kommt mit Hilfe einer quantitativen Befragung auch eine empirische Untersuchung und damit eigene Studie zur Anwendung. Im Rahmen einer onlinegestützten Befragung wurden zwischen Ende Januar und Ende Februar 2015 158 Personen zu ihren Online-Aktivitäten und ihren Erwartungen an einen Versicherer im Hinblick auf den digitalen Wandel befragt. Die Umfrage hat im Wesentlichen das Ziel, die Kundenperspektive auf die Thematik zu ermitteln und diese Befragungsergebnisse bei der Ableitung von Handlungsempfehlungen einfließen zu lassen. Detaillierte Informationen zur empirischen Befragung werden in Kapitel 2.4 dargstellt.

In Kapitel 2.5 folgt die Ableitung von konkreten Handlungsempfehlungen zum Umgang mit dem digitalen Wandel für das Management von Kompositversicherern, um der Zielsetzung und Forschungsfrage dieser Arbeit gerecht zu werden. Dabei wird dem Leser der Arbeit zunächst mit dem Innovationsmanagement ein konkreter Management-Ansatz vorgestellt, mit dessen Hilfe dem digitalen Wandel in den Versicherungsunternehmen begegnet werden kann. Damit wird ein erster Ansatz zum Umgang mit der Ausgangssituation dargestellt. Anschließend werden die Erkenntnisse aus der theoretischen Erarbeitung des Themas insgesamt und den empirischen Befunden auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht, um daraus im Anschluss konkrete Handlungsempfehlungen für das Management abzuleiten.

Der theoretische Teil der Arbeit wird dabei auf Grundlage der im Literaturverzeichnis aufgeführten Quellen erarbeitet, welche aus Literatur verschiedener Bereiche und auf Grund der Aktualität des Themas insbesondere auch aus aktuellen Studien bestehen.

Abschließend erfolgen ein Fazit in dem die Ergebnisse der Arbeit reflektiert werden und ein kurzer Ausblick auf weiteren möglichen Forschungsbedarf.

2 Hauptteil

2.1 Darstellung der Schlüsselbegriffe

2.1.1 Versicherungswirtschaft und -markt in Deutschland

Um dem Leser für den weiteren Verlauf dieser Arbeit einen Überblick über die Versicherungswirtschaft in Deutschland zu geben, sollen in diesem Kapitel die wesentlichen Aspekte und Besonderheiten dieser Branche kurz dargestellt werden. Um die Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandels für die Branche darstellen zu können, ist es erforderlich auch die Bedeutung der Versicherungsindustrie selbst zu kennen. Außerdem wird auch der private Kompositversicherungsbereich näher dargestellt.

Die Geschichte der Versicherungswirtschaft in Deutschland reicht mit der Gründung der ersten Transportversicherer und Brandgilden bis in das 18. Jahrhundert zurück und kann seit dem als Treiber für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands betrachtet werden.15 Der Hauptzweck einer Versicherung, nämlich die entsprechende Verlagerung von individuellen wirtschaftlichen Risiken eines Wirtschaftssubjektes auf das Versichertenkollektiv, repräsentiert durch den Versicherer, gegen eine Prämie, stellt früher wie heute einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor dar. Durch den Transfer des Risikos auf die Versicherungswirtschaft wird beispielsweise die öffentliche Hand finanziell entlastet, da die Menschen nicht dem Staat zur Last fallen. Unternehmen könnten ohne entsprechende Versicherungen, bestimmte Risiken ihrer Geschäftstätigkeit nicht eingehen. Die Versicherungsbranche fördert mit ihren Angeboten somit die Investitionen der Unternehmen und sichert damit auch den technischen Fortschritt und das wirtschaftliche Wachstum des Staates.16 17 Eine Zunahme des Versicherungsschutzes bei Privatpersonen und Unternehmen führt zu einem stärkeren Wirtschaftswachstum. Die Versicherungswirtschaft in Deutschland zählt damit zur kritischen Infrastruktur des Landes.18 19

Heute besitzt die deutsche Versicherungswirtschaft mit 187,2 Mrd. Euro Beitragseinnahmen in 2013 einen Anteil von 5,3 % am weltweiten Beitragsaufkommen. Damit liegt der Versicherungsmarkt Deutschland weltweit auf Platz sechs. Die Branche bezahlte im Jahr 2013 Schäden in Höhe von 153,3 Mrd. Euro und bildet mit ca. 1,4 Billionen Euro Kapitalanlagen neben den Banken die größte Kapitalsammelstelle unserer Volkswirtschaft.20 21 Auf die Kompositversicherung entfallen ca. 61 Mrd. Euro Beitragseinnahmen in 2013. Knapp 50 Mrd. Euro wurden in Form von Leistungszahlungen an die Versicherten ausgezahlt.22 Ein Kompositversicherer bezeichnet einen Versicherer, welcher mehrere Versicherungszweige betreibt. In der Regel wird eine Kombination aus Haftpflicht-, Unfall-, Kraftfahrt- und Sachversicherung betrieben. Auf Grund der geltenden Spartentrennung müssen Lebens- und substitutive Krankenversicherung getrennt betrieben werden und sind damit nicht Bestandteil der Kompositversicherungssparten.23

Einfirmen- und Mehrfirmenvertreter, Makler, Kreditinstitute sowie Direktvertriebe, wie das Internet, bilden die gängigen Vertriebswege der deutschen Versicherungswirtschaft. Hinzu kommen sonstige Vertriebswege wie z. B. Reisebüros oder Autohäuser. Es ist zu beobachten, dass in den letzten Jahren der Anteil der Vertriebswege Direkt und Sonstige im Neugeschäft zunimmt. Dies ist insbesondere in den Kompositversicherungssparten zu erkennen. Der Anteil des Direktvertriebs ist in 2013 ähnlich groß wie die Vertriebswege Mehrfachvertreter, Kreditinstitute und Sonstige zusammen.24 25 Der höhere Anteil des Direktvertriebs im Kompositversicherungsbereich ist auch mit der erhöhten Beratungsintensität bei Lebens- und privaten Krankenversicherungen zu erklären in der eher ein Vertriebsweg wie Einfirmenvertreter gewählt wird.26

Die steigende Bedeutung und Verbreitung des Internets, wie noch in Kapitel 2.1.2 näher dargestellt wird, begünstigt die Entwicklung des Direktvertriebes seit einigen Jahren zusätzlich. Der Direktvertrieb bzw. Verkauf über Aggregatoren, sprich Vergleichsportalen, gewinnt weiter an Bedeutung. Die klassischen Strukturvertriebe verlieren hingegen an Bedeutung.27

Die Branche steht aktuell einer Reihe von Herausforderungen gegenüber. Dazu zählt das anhaltende Niedrigzinsumfeld, welches insbesondere Lebensversicherer Schwierigkeiten bereitet die garantierten Zinsen älterer Verträge zu erwirtschaften. Doch auch Schadenversicherer müssen ihre Erträge heute verstärkt durch die Versicherungstechnik erwirtschaften, da die Kapitalanlagen, nicht wie in der Vergangenheit, im großen Stil zur Ergebnisverbesserung beitragen können. Weitere Herausforderungen stellen die regulatorischen Rahmenbedingungen aus Berlin und Brüssel dar. Dazu zählen Vorhaben wie Solvency II und das Lebensversicherungsreformgesetzt (LVRG).

Diese Themen sind ggf. auch der Grund warum die Herausforderungen des digitalen Wandels bei vielen Versicherern noch nicht so stark im Fokus stehen. Was der digitale Wandel mit sich bringt und wie es zu dieser Entwicklung gekommen ist, wird im folgenden Kapitel beschrieben.

2.1.2 Megatrend Digitalisierung als Treiber des digitalen Wandels

In diesem Kapitel sollen die wesentlichen Aspekte des digitalen Wandels dargestellt werden, um für ein einheitliches Verständnis dieses Aspektes im weiteren Verlauf der Arbeit zu sorgen. Das Kapitel dient damit auch der Definition dieses Schlüsselbegriffes.

Die Digitalisierung gehört zu den Megatrends unserer Gesellschaft. Ein solcher Trend ist dadurch gekennzeichnet, dass von ihm besonders tiefgreifende Auswirkungen auf alle Lebensbereiche ausgehen. Das Zukunftsinstitut, eines der einflussreichsten ThinkTanks der europäischen Trend- und Zukunftsforschung, definiert Megatrends als Veränderungsprozesse, welche mindestens 30 bis 50 Jahre dauern und grundsätzlich globalen Charakter haben, sprich überall spürbar sind. Andere Megatrends sind beispielsweise die Globalisierung, Individualisierung oder Mobilität.28

Der Begriff der Digitalisierung ist in der Literatur nicht eindeutig definiert. Grundsätzlich beschreibt der Begriff Digitalisierung, technisch betrachtet, die Transformation von Schrift, Bild und Ton von analoger in digitale Form. Im gesellschaftlichen Kontext wird der Begriff jedoch wesentlich umfassender gesehen. Es handelt sich dabei um die Verbreitung von Technologien in allen Lebensbereichen.29 Daher wird der Begriff heute vorwiegend in Verbindung mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten über die globalen Netze zum Austausch von Informationen und Transaktionen in Verbindung mit Kommunikationsprozessen verstanden. Dabei werden digitale Informationstechnologien verwendet, um z. B. Geschäftsprozesse zu unterstützen, weshalb im wirtschaftlichen Bereich auch zunehmend der Begriff Electronic Business Anwendung findet.30 31

Ein Merkmal der Digitalisierung ist die fortschreitende Verbreitung und Nutzung des Internets. Internetanschlüsse gehören mittlerweile zum Standard in privaten Haushalten und mobile Zugangsmöglichkeiten über Smartphones und Tablets verbreiten sich immer mehr.32 Im Jahr 2013 nutzten über 76 % der Deutschen das Internet. In der Altersgruppe der 14- bis 39-Jährigen liegt der Anteil zwischen 94 % und knapp 98 %. Der Anteil derjenigen die auch das mobile Internet nutzen liegt insgesamt bei 51 %. Im Jahr 2012 lag dieser Wert noch bei 37 %. Insbesondere in der Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen ist die Nutzung des mobilen Internets mit 81 % stark verbreitet.33 69 % der Teilnehmer einer Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) zum Digitalisierungsgrad der deutschen Bevölkerung gaben an ein Smartphone zu nutzen.34 Diese Zahlen zeigen die hohe Bedeutung des Internets und bilden die Basis für die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft.

Doch wie bereits die Definition eines Megatrends zeigte, so ist die Digitalisierung mehr als ein technologischer Megatrend und ein Vertriebsweg Internet. Vielmehr führt sie zu weltweiten gesellschaftlichen Veränderungen.35 Die Digitalisierung ermöglicht es, dass nahezu Jeder an jedem Ort kommunizieren, Informationen abrufen oder im Internet Produkte und Dienstleistungen erwerben und bezahlen kann. Sie bietet die Möglichkeit, das Lernen und Arbeiten ortsunabhängig wird.36 Der Datenaustausch ermöglicht in verschiedenen Branchen hohe Effizienzsteigerungen und Fortschritte in der Produktivität. Auch die Arbeitswelt verändert sich grundlegend durch die Digitalisierung. Telearbeit und fehlende Präsenzkultur in den Unternehmen erleichtern zwar die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, doch eine Studie der Universität Oxford zeigt auch, dass durch die Digitalisierung in den kommenden 20 Jahren die Hälfte aller Arbeitsplätze in den USA wegfallen könnte.37

Durch diese Veränderungen in nahezu allen Wirtschaftsbereichen, vollzieht sich ein Wandel der alle Bereiche einer Gesellschaft und damit auch eines Unternehmens betrifft, das Geschäftsmodell ganzer Branchen auf den Kopf stellt und gleichzeitig Möglichkeiten bietet neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Diese Entwicklung lässt sich mit dem Begriff des digitalen Wandels beschreiben, da es sich um einen nachhaltig andauernden Veränderungsprozess handelt.

Der Digitale Wandel kann damit als ähnlicher Einschnitt wie die industrielle Revolution betrachtet werden, da die Gesellschaft ebenso nachhaltig verändert wird.38 39

Wie dargestellt wurde, sind alle Bereiche der Gesellschaft und damit auch alle Branchen vom digitalen Wandel in unterschiedlichen Aspekten betroffen. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des digitalen Wandels werden in Kapitel 2.2.1 näher beschrieben und werden die Bedeutung der einzelnen Aspekte dieses Megatrends noch deutlicher und konkreter machen.

Hinsichtlich der Versicherungsbranche lässt sich an dieser Stelle bereits festhalten, dass die Digitalisierung eine besondere Bedeutung mit entsprechenden Auswirkungen für diese Branche hat. Denn Versicherungsprodukte sind per se ein digitales Gut und lassen sich somit auch leicht digitalisieren.40

2.1.3 Veränderungen im Konsumentenverhalten

Um die Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandels im Allgemeinen und im zweiten Schritt auf die Versicherungswirtschaft darzustellen, ist es erforderlich auf das veränderte Konsumentenverhalten einzugehen. Es soll im Folgenden gezeigt werden, wie sich der Kunde von Heute insbesondere in seinem Kommunikations- und Einkaufsverhalten im Kontext des digitalen Wandels darstellt. Die Veränderungen betreffen dabei nicht nur die Versicherungsbranche, sondern sind eine generell zu beobachtende Entwicklung. Einhergehend mit den in Kapitel 2.1.2 dargestellten Veränderungen aus der fortschreitenden Digitalisierung hat sich auch das Verhalten von Kunden in verschiedenen Aspekten entscheidend verändert.

Eine grundsätzliche Veränderung liegt in der Tatsache, dass der Kunde im digitalen Zeitalter nicht mehr zwischen Online- und Offline-Welt unterscheidet. Kunden wollen unabhängig vom Produkt entscheiden, wann und über welchen Kanal sie in Kontakt mit dem Unternehmen treten. Es wird erwartet, dass online die selben Informationen zur Verfügung stehen, wie in der Offline-Welt.41 Somit gibt es also nicht den eindeutigen Online-Kunden, welcher seine Waren nur im Internet einkauft. Jeder Online-Kunde ist immer auch ein Offline-Kunde.

Insbesondere das Einkaufsverhalten hat sich mit der Verbreitung des Internets stark verändert. 76 % der Internetnutzer in Deutschland ab zehn Jahren kaufen online ein. Damit ist die Zahl der Online-Einkäufer zwischen 2006 und 2013 um 11 Prozentpunkte gestiegen.42 Allein in Deutschland wurde für das Jahr 2014 ein Umsatz aus dem On-line-Geschäft von ca. 39 Mrd. Euro prognostiziert. Zehn Jahre zuvor, sprich im Jahr 2004, lag der Umsatz noch bei 13 Mrd. Euro. Dass die Online-Umsätze wachsen, zeigt sich auch dadurch, dass dieses Geschäft im Jahr 2013 bereits einen Anteil von 14 % am Gesamtumsatz deutscher Unternehmen ausmachte.43 Diese Zahlen verdeutlichen, wie sich das Einkaufsverhalten der Kunden in den letzten Jahren unter Berücksichtigung des digitalen Wandels verändert hat und welche Bedeutung der digitale Wandel für die Unternehmen jeglicher Branche hat.

Grundsätzlich sind Konsumenten heute auch wesentlich aufgeklärter und informierter über Produkte und Dienstleistungen. Über Aggregatoren in Form von Vergleichsportalen, können Kunden das Preis-/Leistungsverhältnis verschiedener Anbieter unkompliziert vergleichen und sich für das optimale Angebot entscheiden. Dies wird dadurch belegt, dass in 2013 bereits 57 % der Befragten Vergleichsportale für den Vergleich von Produkten und Dienstleistungen aus den Bereichen Reisen, Energieversorgung, Elektronik oder auch Versicherungen nutzten.44 45 Auf die vertriebliche Bedeutung von Aggregatoren für die Versicherungswirtschaft wird im Kapitel 2.3.1 näher eingegangen.

Auf Grund der steigenden Nutzung von sozialen Medien im Alltag der Konsumenten, verlagern sich auch Aspekte wie Weiterempfehlung und Bewertung von Produkten und Dienstleistungen in das Internet. Kaufentscheidungen werden vermehrt auf Grundlage von Bewertungen anderer Konsumenten getroffen und die Wechselbereitschaft wächst, weil ein neuer Anbieter mit Hilfe weniger Klicks ausgewählt ist.46 47 Bereits über 60 % der Deutschen nutzen Netzwerke und Foren, um sich über Themen oder Produkte auszutauschen.48 Der Konsument von heute ist damit wesentlich informierter und in seiner Kaufentscheidung autonomer. Er mischt sich damit auch aktiv in den Herstellungsprozess ein und ist dadurch auch mächtiger als früher.49

Es zeigt sich, dass sich das Verhalten der Konsumenten im Zeitalter des digitalen Wandels stark verändert hat. Für die nachfolgenden Argumentationen ist es daher wichtig, den Kunden im Zeitalter des digitalen Wandels entsprechend zu kennen, da die Bedeutungen und Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und damit auch auf die Versicherungswirtschaft maßgeblich von diesem Umstand geprägt sind.

2.2 Die allgemeine Bedeutung des digitalen Wandels

2.2.1 Der digitale Wandel im gesamtwirtschaftlichen Kontext

Bevor in den folgenden Kapiteln Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandels im Kontext der Versicherungswirtschaft am Beispiel der privaten Kompositversicherung detailliert betrachtet werden, soll zunächst dargestellt werden, welche Bedeutung vom digitalen Wandel unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten in Deutschland ausgeht. Da- mit soll gezeigt werden, dass es sich beim digitalen Wandel um einen weitreichenden Veränderungsprozess von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung handelt. Darüber hinaus soll dieses deduktive Vorgehen dazu beitragen die Bedeutung und Auswirkungen für die deutsche Versicherungswirtschaft besser in den Gesamtkontext dieses Megatrends einordnen zu können.

Welch hohe Bedeutung der digitale Wandel für die Gesellschaft in Deutschland hat, zeigt sich an Hand der Tatsache, dass die Bundesregierung im August 2014 eine Digitale Agenda verfasst und beschlossen hat. Sie gibt darüber Auskunft, wie die Politik in den Jahren 2014 bis 2017 den digitalen Wandel in Deutschland mitgestalten möchte. Es wurde erkannt, dass die Gestaltung des digitalen Wandels eine der zentralen Aufgaben für u. a. Wirtschaft und Politik ist. So wird sich eindeutig dafür ausgesprochen, dass eine starke digitale Wirtschaft eine wichtige Basis für eine wettbewerbsfähige Industrienation und Dienstleistungsgesellschaft, wie Deutschland es ist, darstellt.50 Dies zeigt bereits auf qualitative Weise die hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung des digitalen Wandels für Deutschland.

Es sollen nun aber auch konkrete Zahlen die Bedeutung für die Gesamtwirtschaft aufzeigen. Eine Studie des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) und der Beratungsgesellschaft Prognos hat die gesamtwirtschaftlichen Effekte und damit die Bedeutung der zunehmenden Digitalisierung betrachtet. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die Digitalisierung im Betrachtungszeitraum zwischen 1998 und 2012 auf die deutsche Gesamtwirtschaft einen Wertschöpfungseffekt von ca. 145 Mrd. Euro erzielt hat. Betrachtet man die gesamte Wertschöpfung in Deutschland des Jahres 2012 von ca. 2.364 Mrd. Euro, so macht die durch die Digitalisierung erzielte Wertschöpfung rund sechs Prozent aus. Im Jahresdurchschnitt hat damit die Digitalisierung mit 0,5 Prozentpunkten zum Wachstum beigetragen. Einzelne Wirtschaftsbereiche mit besonders hohen Digitalisierungsanteilen, wie beispielsweise Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, haben durch die Digitalisierung ein Wachstum von 0,4 bis 0,6 Prozentpunkten ihrer Wertschöpfung erzielt.51

Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des digitalen Wandels zeigt sich auch an der Bedeutung des Internets für Unternehmen in Deutschland. Einer Studie zur Folge spielt das Internet in 50 % der deutschen Unternehmen eine wichtige oder gar zentrale Rolle. Dies gilt insbesondere für die Erzielung von Umsätzen. Die Studie verdeutlicht auch, dass sich dies nicht auf bestimmte Branchen bezieht, sondern über alle Branchen hinweg beobachtbar ist.52 Das Internet ist somit für viele Unternehmen ein wichtiger Teil ihres Geschäftsmodells, auf den ohne Einbußen beim Umsatz nicht verzichtet werden kann.

Neben dem wirtschaftlichen Wachstum, führt die Digitalisierung auch zu einem positiven Wachstumseffekt bei der Beschäftigung in Deutschland. Die BITKOM-Studie hat ergeben, dass der durch die Digitalisierung verursachte Wertschöpfungseffekt auf die Beschäftigung derart positiv wirkt, dass daraus 1,46 Mio. Erwerbstätige in 2012 resultieren. Betrachtet man alle Erwerbstätigen in Deutschland, so entspricht dies einem Anteil von ca. vier Prozent.53 Die Digitalisierung führt somit nicht wie oft dargestellt zum reinen Abbau von Arbeitsplätzen, weil Technologie die Aufgaben von Mitarbeitern übernimmt, sie schafft auch neue Arbeitsplätze.

Festzustellen ist, dass der Megatrend Digitalisierung hohe Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft in Deutschland hat. Daraus kann an dieser Stelle bereits abgeleitet werden, dass er somit auch für spezielle Branchen, wie der systemrelevanten Versicherungswirtschaft, enorm bedeutsam ist.

2.2.2 Der digitale Wandel am Beispiel ausgewählter Branchen

Nach dem Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandels in Verbindung mit dem veränderten Kundenverhalten im Allgemeinen und im gesamtwirtschaftlichen Kontext dargestellt wurden, sollen in diesem Kapitel die konkreten Auswirkungen auf ausgewählte Branchen betrachtet werden. Dem Leser sollen vor der näheren Betrachtung der deutschen Versicherungswirtschaft in Kapitel 2.3 entsprechende Beispiele anderer Branchen dargestellt werden, um damit zwei Aspekte aufzuzeigen. Zum Einen, wie mit den Herausforderungen der Digitalisierung nicht umgegangen werden sollte. Dazu werden ausgewählte Branchen bzw. Unternehmen dargestellt, welche an den Herausforderungen der Digitalisierung gescheitert sind. Zum Anderen wird gezeigt, wie Unternehmen die Chancen aus der Digitalisierung genutzt haben. Dieses Vorgehen soll dabei helfen, dass Bewusstsein für die hohe Bedeutung und den damit verbundenen Auswirkungen beim Leser, mit Hilfe von konkreten und anschaulichen Beispielen, zu schärfen, um anschließend die Darstellungen im Kontext der Versicherungsbranche besser nachvollziehen zu können.

Ein besonders anschauliches Beispiel für den digitalen Wandel in der Wirtschaft ist die Musikindustrie. In der Vergangenheit wurden Musiktitel ausschließlich über klassische Vertriebswege auf physischen Tonträgern verkauft. Dieses Geschäftsmodell funktionierte bis Ende der 1990er Jahre bis zu jenem Zeitpunkt, als Konsumenten die Idee hatten digitalisierte Titel über das Internet zu tauschen. Natürlich war dieses Vorgehen gepaart mit dem physischen Kopieren von CD’s eindeutig illegal. Doch die neu entstandenen Tauschportale stillten eine Nachfrage, die auf legalem Wege nicht gedeckt werden konnte. Diese Tatsache rief diverse branchenfremde Unternehmen auf den Plan, auf das veränderte Konsumentenverhalten im Kontext des digitalen Wandels einzugehen.54 55 Die Musikindustrie selbst konnte diese veränderte Nachfrage lange Zeit nicht bedienen, weil die Möglichkeiten, die das Internet bot, womöglich eher als Gefahr und nicht als Chance gesehen wurden. Dies zeigt sich eindrucksvoll an den Umsatzzahlen der Musikindustrie, welche zwischen 1998 und 2012 von ca. 2,7 Mrd. Euro auf ca. 1,4 Mrd. Euro zurückgegangen sind.56 57 Eines der Unternehmen, welches die Chancen der Digitalisierung und damit die Bedürfnisse der Kunden erkannt hat, heißt Apple. Apple hat mit seinem für diesen Zweck gegründeten Dienst iTunes, einen Markt angesprochen, den die Musikindustrie lange Zeit nicht erkannt hat. Die Umsatzzahlen von Apple iTunes belegen dies eindrucksvoll. So haben sich die Umsätze mit 0,45 Mrd. Dollar in 2006 und rund 4,6 Mrd. Dollar in 2014 mehr als verzehnfacht. Darin enthalten sind allerdings auch Umsätze aus Software und E-Books.58 Dieses Beispiel zeigt, welche Risiken aber auch Chancen der digitale Wandel bietet. Auch bzw. gerade im Zeitalter der Digitalisierung gilt es die Kundenbedürfnisse zu erkennen und zu befriedigen.

Ein weiteres Branchenbeispiel, welches den Umgang mit dem digitalen Wandel beschreibt, ist der Buchhandel. Die Buchbranche, sprich Verlage und Buchhandlungen, befinden sich in Mitten des digitalen Wandels, weil die traditionellen Strukturen der Buchbranche durch branchenfremde Unternehmen aufgebrochen werden. Die Branche musste sich auf Grund des Markteintritts von Amazon sehr früh mit dem digitalen Wandel befassen und mittlerweile gibt es auch einige Erfolgsgeschichten dieser Branche. So konnte man in einem Zusammenschluss mehrerer großer Buchhändler einen E-Book-Reader mit dem Namen Tolino auf den Markt bringen, um ein Gegengewicht zum Kindle von Amazon zu etablieren. Mittlerweile bieten auch vier von fünf Buchhandlungen E-Books über ihre Internetpräsenz an und insgesamt verfügen mittlerweile 80 % Prozent der Buchhandlungen über einen Internet-Auftritt und einen Online-Shop. Auch Google ist mittlerweile ein großer Anbieter von elektronischen Buchtiteln.59 60 Doch die Marktmacht von Amazon ist weiterhin ungebrochen. Amazon ist der weltweit größte Buchhändler und besitzt dazu eigene Verlage. In den USA bietet Amazon für umgerechnet 9,99 Euro im Monat Zugriff auf 600.000 E-Books an. Autoren werden ermuntert ihre Werke als E-Book direkt, ohne Verlag, über Amazon anzubieten. Mittlerweile beschäftigt sich sogar die EU-Kommission mit Fällen in denen Amazon seine Marktstellung ausnutzte, indem es Verlagen drohte die über Amazon angebotenen Bücher verzögert auszuliefern, um so höhere Rabatte beim Einkauf zu bewirken. Auf diese Weise versucht das Unternehmen die gesamte Branche in den Griff zu bekommen. Die Buchbranche versucht gegenzuhalten, indem sie die Beratung und das Einkaufserlebnis durch neue Ladenkonzepte in den Fokus rückt und weiter an ihrer Online-Strategie arbeitet.61

Diese beiden Beispiele zeigen deutlich, dass in ein und derselben Branche, je nach Umgang mit dem digitalen Wandel über Erfolg und Misserfolg des Unternehmens entschieden wird. Der Bedarf nach Musik und Büchern besteht weiterhin, doch das Geschäftsmodell musste zum Teil stark angepasst werden, um im Wettbewerb bestehen und insbesondere die Kundenbedürfnisse erfüllen zu können.

[...]


1 Keese, C. (2014), S. 179.

2 Vgl. Keese, C. (2014), S. 179.

3 Vgl. Birnbach, K., Bucholz, A. (2011), S. 275.

4 Vgl. Müller-Gora, S., Wagenknecht, K. (2014), S. 2-3.

5 Vgl. Wagenknecht, K. (2014), S. 11.

6 Vgl. Versicherungswirtschaft (2013), S. 43.

7 Vgl. Zwack, T. (2014), S. 7.

8 Vgl. Wagenknecht, K. (2014), S. 13.

9 Vgl. Kühner, A. (2014), S. 18.

10 Vgl. PwC (2013), S. 11 u. 13.

11 Vgl. Accenture (2014), S. 7.

12 Vgl. Naujoks, H., Schwarz, G., Brettel, T. (2014), S. 16-17.

13 Vgl. Andelfinger, V. P., Hänisch, T. (2015), S. 9.

14 Vgl. Wagenknecht, K., Dröse, M. (2015), S. 26.

15 Vgl. Swiss Re (2014), S. 3-9.

16 Vgl. Führer, C., Grimmer, A. (2009), S. 20.

17 Vgl. Kerst, A., Jäckel, H. (2010), S. 1-2.

18 Vgl. Prognos (2013), S. 4 u. 6.

19 Vgl. Farny, D. (2011), S. 96.

20 Vgl. Wagenknecht, K. (2014), S. 2 u. 14.

21 Vgl. Kerst, A., Jäckel, H. (2010), S. 1.

22 Vgl. Wagenknecht, K., Dröse, M. (2015), S. 4.

23 Vgl. Fürstenwerth, F. von, Weiß, A. (2001), S. 376.

24 Vgl. Führer, C., Grimmer, A. (2009), S. 216.

25 Vgl. GDV (2014), S. 13.

26 Vgl. Kunz, A. (2014), S. 15.

27 Vgl. Wagenknecht, K., Dröse, M. (2015), S. 22.

28 Vgl. Horx, M., Huber, J., Steinle, A., Wenzel, E. (2009), S. 31-36.

29 Vgl. Petersen, T. (2014), S. 987.

30 Vgl. IT-Wissen (2014)

31 Vgl. Kollmann, T. (2014)

32 Vgl. Röckemann, C., Krauel, M. (2010), S. 2.

33 Vgl. Müller-Gora, S., Wagenknecht, K. (2014), S. 2.

34 Vgl. PwC (2014), S. 9.

35 Vgl. Nyhuis, C., Wulf, J. (2014), S. 1.

36 Vgl. Die Bundesregierung (2014), S. 4.

37 Vgl. Siems, D. (2014), S. 10.

38 Vgl. Denkwerk (2014), S. 2.

39 Vgl. Beckert, B., Schuhmacher, J. (2013), S. 5.

40 Vgl. Wagenknecht, K. (2014), S. 13.

41 Vgl. Naujoks, H., Schwarz, G., Matouschek, G., Hülsen, B. von (2013), S. 5 u. 9.

42 Vgl. Thenen, S. von (2014), S. 452-453.

43 Vgl. Wagenknecht, K. (2014), S. 6.

44 Vgl. Müller-Gora, S., Wagenknecht, K. (2014), S. 9.

45 Vgl. PwC (2014), S. 15.

46 Vgl. Wagenknecht, K. (2014), S. 6.

47 Vgl. Naujoks, H., Schwarz, G., Matouschek, G., Hülsen, B. von (2013), S. 9.

48 Vgl. PwC (2014), S. 16.

49 Vgl. Lewis, D., Bridger, D. (2001), S. 34-37.

50 Vgl. Die Bundesregierung (2014), S. 4-5.

51 Vgl. BITKOM (2013), S. 9-10.

52 Vgl. Schiffer, M., Arnold, R. C. G. (2011), S. 48.

53 Vgl. BITKOM (2013), S. 15-16.

54 Vgl. Wagenknecht, K. (2014), S. 11-12.

55 Vgl. Gellert, A., Zwack, T. (2014), S. 3.

56 Vgl. Müller-Gora, S., Wagenknecht, K. (2014), S. 5.

57 Vgl. Emes, J. (2004), S. 1-2.

58 Vgl. Statista (2015)

59 Vgl. Skipis, A. (2014), S. 933-934.

60 Vgl. Clement, M., Blömeke, E., Sambeth, F. (2009), S. 11-12.

61 Vgl. Haucap, J. (2014), S. 965.

Excerpt out of 67 pages

Details

Title
Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandels für die deutsche Versicherungswirtschaft. Die private Kompositversicherung
College
University of Applied Sciences Hannover
Course
Versicherungsbetriebslehre
Grade
1,5
Author
Year
2015
Pages
67
Catalog Number
V299757
ISBN (eBook)
9783656965879
ISBN (Book)
9783656965886
File size
1665 KB
Language
German
Keywords
Versicherung, Digitalisierung, Digiter Wandel, Vertrieb, Versicherungswirtschaft, Innovationen, Innovationsmanagement, Onlinevertrieb, Social Media, Prozessoptimierung, Geschäftsprozesse, Konsumentenverhalten, Digitale Revolution, Trend
Quote paper
Daniel Roemer (Author), 2015, Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandels für die deutsche Versicherungswirtschaft. Die private Kompositversicherung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299757

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