Auch wenn andere Treibstoffe mittlerweile immer höher im Kurs liegen, ist Öl auch heute noch der wichtigste Energieträger für moderne Gesellschaften, v.a. in den Bereichen Wirtschaft, Militär und Marine. Wie Gilpin bereits 1968 herausstellte, war und ist die Kontrolle über Ölressourcen „ (…) essential once naval ships shifted from sail to diesel, so today an independent aerospace and electronics industry, along with the supporting sciences, is seen to be crucial for a nation to enjoy diplomatic and military freedom of action.“ (nach Gilpin 1968, S.125 f.) Der sichere Zugang zu Öl ist also von bedeutendem strategischem Belang für den ökonomischen wie politischen Wettbewerb. Umso mehr rückt Venezuela in den Fokus US-amerikanischer Interessen, da das Land für die USA eine vergleichsweise zuverlässige und bezahlbare Quelle von Öl darstellt. Zudem trat Venezuela lange als Partner mit politischer und wirtschaftlicher Stabilität in einer oft instabilen südamerikanischen Nachbarschaft in Erscheinung.
Verbunden mit zeitweisen Demokratisierungsvorhaben auf Seiten Venezuelas und der Betonung einer gemeinsamen Wertebasis schien die Partnerschaft lange wie in Stein gemeißelt (nach Kelly u. Romero 2002, S.1 f.). Allerdings sollte das Jahr 1999 einen ersten Wendepunkt markieren: der neu gewählte venezolanische Präsident Hugo Chávez forcierte von diesem Zeitpunkt an eine neue außenpolitische Agenda, um der als bedrückend wahrgenommenen amerikanischen Dominanz in der Weltpolitik zu entfliehen und die Autonomie Venezuelas in den Vordergrund zu stellen (nach Kelly u. Romero 2002, S.4). Da die gegenseitige Abhängigkeit zu diesem Zeitpunkt aber immer noch groß war, wurden die latent anwachsenden Spannungen zunächst durch die Verfolgung der jeweiligen nationalen Interessen überlagert. Durch diverse Schlüsselereignisse wie z.B. den - letztlich gescheiterten - Putschversuch gegen Chávez 2002 oder schließlich der die US-amerikanische Abhängigkeit von Ölimporten reduzierenden Schiefer-Revolution drohte das Verhältnis Mitte der 2000er Jahre endgültig in Richtung ideologische Feindschaft zu kippen. In der vorliegenden Arbeit geht es nun darum, den oben beschriebenen Wandel in den Öl-ökonomischen Beziehungen zwischen Venezuela und den USA seit der ersten Amtszeit von Hugo Chávez zu analysieren. Wie der Untertitel andeutet, soll damit der Frage nachgegangen werden, welcher Faktor – Ideologie oder Interesse – die Neuausrichtung des bilateralen Ölliefer-Verhältnisses erklären kann.
Inhaltsverzeichnis
- A Einleitung
- 1. Einführung in die Thematik und politische Relevanz
- 2. Zielsetzung der Arbeit
- 3. Herangehensweise und wissenschaftliche Einordnung
- B Hauptteil
- 4. Theoretische Grundlagen
- Definition wichtiger Begriffe
- (Neo-)Realismus
- Konstruktivismus
- 5. Hypothesen
- Ölliefer-Beziehungen als Basis von Interessenpolitik
- Ideologische Konfrontation zwischen Venezuela und den USA
- 6. Ideologie und Interessen: Widerspruch oder zwei Seiten derselben Medaille?
- 1999-2004: strategisch-ökonomische Interessen im Fokus
- 2005-2014: US-amerikanische Selbstversorgung und Wandel der Öl-ökonomischen Beziehungen zu Venezuela
- 4. Theoretische Grundlagen
- C Schlussteil
- 7. Resümee
- Forschungsergebnisse
- Kritische Würdigung des Forschungskonzepts
- 8. Zur Zukunft der Ölliefer-Beziehungen zwischen Venezuela und den USA
- 7. Resümee
- D Zusätzliches
- 9. Abkürzungsverzeichnis
- 10. Vermerke
- 11. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit analysiert den Wandel in den Öl-ökonomischen Beziehungen zwischen Venezuela und den USA seit der ersten Amtszeit von Hugo Chávez. Dabei wird untersucht, ob Ideologie oder Interessen den Wandel in der bilateralen Ölliefer-Partnerschaft während des betrachteten Zeitraums erklären können. Die Arbeit vergleicht die beiden Theorien des ökonomischen Realismus nach Robert G. Gilpin und des staatszentrierten Konstruktivismus nach Alexander Wendt hinsichtlich ihrer Erklärungskraft für den Fall Venezuela-USA.
- Die Bedeutung von Öl für die strategischen und ökonomischen Interessen beider Staaten
- Die Entwicklung der ideologischen Spannungen zwischen Venezuela und den USA
- Die Rolle der US-amerikanischen Schiefer-Revolution für die Ölliefer-Beziehungen
- Der Einfluss von Wirtschaftsinteressen und politischer Ideologie auf die Beziehungen
- Die Bedeutung der geostrategischen Lage Venezuelas für die USA
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Ölliefer-Beziehungen zwischen Venezuela und den USA ein und erläutert die politische Relevanz des Themas. Sie definiert die Zielsetzung der Arbeit und stellt die Herangehensweise sowie die wissenschaftliche Einordnung dar.
Der Hauptteil der Arbeit widmet sich den theoretischen Grundlagen, indem er wichtige Begriffe wie (Neo-)Realismus und Konstruktivismus definiert. Anschließend werden Hypothesen aufgestellt, die die Ölliefer-Beziehungen als Basis von Interessenpolitik und die ideologische Konfrontation zwischen Venezuela und den USA erklären sollen.
Das sechste Kapitel analysiert die Wechselwirkungen von Ideologie und Interessen im Kontext der Ölliefer-Beziehungen, indem es den Zeitraum von 1999 bis 2004 und 2005 bis 2014 betrachtet. Es untersucht dabei die strategisch-ökonomischen Interessen in der ersten Phase und den Wandel der Öl-ökonomischen Beziehungen im Kontext der US-amerikanischen Selbstversorgung in der zweiten Phase.
Der Schlussteil der Arbeit fasst die Forschungsergebnisse zusammen und bietet eine kritische Würdigung des Forschungskonzepts. Abschließend werden Perspektiven auf die Zukunft der Ölliefer-Beziehungen zwischen Venezuela und den USA erörtert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen der Ölliefer-Beziehungen, Venezuela, USA, Ideologie, Interessen, (Neo-)Realismus, Konstruktivismus, strategische Interessen, ökonomische Interessen, geopolitische Lage, Schiefer-Revolution, US-amerikanische Selbstversorgung, Wandel der Beziehungen, und politische Spannungen.
- Arbeit zitieren
- Benjamin Weiser (Autor:in), 2015, Die Ölliefer-Beziehungen zwischen Venezuela und den USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299832