Die deutsche Frauenbewegung und die Stimmrechtsfrage


Dossier / Travail, 2004

31 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Barrieren für die Frauenbewegung bis um 1900
2.2. Durchbruch der organisierten Frauenbewegung und ihre unterschiedlichen Schwerpunkte
2.2.1. Entstehung der unterschiedlichen Bewegungen und deren Ursachen
2.2.2. Die bürgerliche Frauenbewegung
2.2.2.1. Schwerpunkte der gemäßigten bürgerlichen Frauenbewegung
2.2.2.2. Schwerpunkte der radikalen bürgerlichen Frauenbewegung
2.2.3. Schwerpunkte der sozialdemokratischen Frauenbewegung und ihr Verhältnis zur SPD
2.3. Die Frauenstimmrechtsbewegung im Krieg
2.4. Gewährung des Frauenstimmrechts und die unmittelbaren Reaktionen
2.5. Die Entwicklung der Frauenbewegung nach dem Erringen des Stimmrechts
2.5.1. Auswirkungen des Frauenstimmrechts auf die soziale und ökonomische Lage der Frau
2.5.2. Ausblick auf den Bedeutungsverlust der Frauenbewegung in der Weimarer Republik

3. Zusammenfassung

4. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Folgenden werde ich mich mit der deutschen Frauenbewegung und der Stimmrechtsfrage beschäftigen. Der Begriff Frauenbewegung wird heute in der deutschen Bevölkerung oft kritisch gesehen, da er oft mit trivialen Themen wie z.B. „gemeinsame Hausarbeit“ assoziiert wird. Jedoch wird oft vergessen, dass die eigentliche Frage der Frauenbewegung tiefer geht – bis an die Grund- und Wahlrechte der Frauen. Ich werde mich daher vor allem auf die Zeit zwischen 1894 und 1918/19 beziehen, denn in den 1890er Jahren entstanden aus einer bis zu diesem Zeitpunkt kleinen, politisch relativ homogenen Gruppe, die ersten klar von einander abgrenzbaren Organisationsformen der Frauenbewegung[1] und 1918/19 wurde mit dem Erringen des Frauenstimmrechts und dem Einzug der ersten Frauen in die Nationalversammlung der Höhepunkt der bisherigen Frauenbewegung erreicht.

Den Schwerpunkt meiner Arbeit stellen die bürgerliche und die demokratische Frauenbewegung dar, da diese die einflussreichsten Gruppen im Kampf um das Frauenstimmrecht waren.

Die Frage, die ich im Folgenden klären möchte, lautet: Welche Bedeutung hatte der Kampf um das Frauenstimmrecht für die Frauenbewegung und warum hatte der Kampf für das Stimmrecht der Frauen gerade zu dieser Zeit (1918/19) Erfolg?

Ich beziehe mich bei der Erörterung dieser Frage vor allem auf das Werk „Heraus mit dem Frauenwahlrecht“, herausgegeben von Christl Wickert und auf das Werk „Geschichte der deutschen Frauenbewegung“ von Florence Hervé. Des Weiteren werde ich aber auch Aufzeichnungen wichtiger Kämpferinnen der Frauenbewegung wie beispielsweise Minna Cauer, Anita Augspurg oder Helene Lange sowie Biografien zu diesen Personen in meine Arbeit einbeziehen.

Ich möchte zunächst zu klären versuchen, warum die deutsche Frauenbewegung vor den 1890er Jahren kaum Beachtung in der breiten Bevölkerung fand und warum der Durchbruch der emanzipatorischen Bestrebungen dann schließlich aber um die Jahrhundertwende doch möglich war. Daraufhin möchte ich auf die, mit dem breiten Durchbruch verbundenen, unterschiedlichen Richtungen der Bewegung eingehen; bevor ich mich mit der Frauenstimmrechtsbewegung im Krieg befasse. Daran anschließend werde ich auf das Gewähren des Stimmrechts an sich eingehen und abschließend wird zu klären sein, ob die Hoffnungen, welche die Frauen an das Erringen des Stimmrechts geknüpft hatten, sich in der Realität erfüllen konnten. In diesem Zusammenhang werde ich auch einen Ausblick auf die Frauenbewegung in der Weimarer Republik geben.

Abschließend werde ich die Ergebnisse meiner Arbeit zusammenfassen.

2. Hauptteil

2.1. Barrieren für die Frauenbewegung bis um 1900

Es ist unumstritten, dass die deutsche Frauenbewegung im September 1896, als sich in Berlin Frauen aus aller Welt zum Internationalen Kongress für Frauenwerke und Frauenbestrebungen trafen, bezüglich der Frage der politischen Gleichberechtigung der Frau und dem Frauenstimmrecht weit entfernt vom internationalen Stand war.[2] 1918/19 erhielten die deutschen Frauen dann jedoch noch lange vor den Französinnen und anderen europäischen Nationen das Stimmrecht. Es stellt sich also die Frage, wie die „Verspätung“ der deutschen Frauenbewegung in den 1890er Jahren und in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts zu erklären ist und warum auch die europäische Frauenbewegung bzgl. des Stimmrechts überhaupt erst in dieser Zeit erste nennenswerte Erfolge erzielte.

Unter den Auswirkungen der Französischen Revolution von 1789 waren beispielsweise in Frankreich und England Frauenrechte proklamiert worden. Die Forderungen der Französischen Revolution nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit waren Ursprung und Hoffnung der Frauenbewegung in Europa. In der Februarrevolution von 1848 in Frankreich wurden revolutionäre Frauenclubs und eine Union der Arbeiterinnen gegründet.[3] Im März griff die revolutionäre Bewegung dann auch auf Deutschland über. An dieser revolutionären Bewegung nahmen auch Frauen teil. Ab diesem Zeitpunkt bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts kämpfte jedoch zunächst nur eine kleine Gruppe für die Rechte der Frauen.[4] Dass der Frauenbewegung in Deutschland erst ab etwa 1908 eine größere Zahl an Frauen angehörte, hat verschiedene Ursachen.

Hier ist zum einen das bürgerliche Frauen- und Familienideal zu nennen[5]. Die Frau bekam durch dieses die Rolle zugewiesen, die häusliche Idylle zu garantieren, ihren Mann zu unterhalten, sich jedoch nicht in Wirtschaft, Recht und Politik zu bilden. Diese Rollenzuteilung wurde nicht nur von den Männern als gut erachtet, sondern von vielen Frauen noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hingenommen. Somit akzeptierten die meisten bürgerlichen Frauen „ihren Ausschluss aus der Politik als Teil der naturgemäßen Bestimmung der Frau“[6].

Dieses bürgerliche Frauenideal stellte für die sozialdemokratische Frauenbewegung weniger einen Hinderungsgrund dar und so setzten sich manche ihrer Mitglieder auch schon vor der Jahrhundertwende öffentlich für das Frauenstimmrecht ein.[7]

Die proletarische Frau hatte jedoch stattdessen mit anderen Problemen zu kämpfen, denn für sie bestand eine Mehrfachbelastung. Sie hatte nicht nur ihrer außerhäuslichen Erwerbstätigkeit, die sie meist in der Textil-, Reinigungs- oder Genussmittelindustrie ausübte,[8] nachzugehen, sondern außerdem musste sie den Haushalt führen. Unter diesen Umständen blieb für die aktive Beteiligung in einem Frauenverein oft weder Zeit noch Kraft.

Eine weitere Schwierigkeit für die proletarische Frau stellte oftmals ihre finanzielle Lage dar. Auf der einen Seite fehlten ihr oft die finanziellen Möglichkeiten, um der Gewerkschaft beitreten zu können, mit denen die proletarische Frauenbewegung kooperierte, auf der anderen Seite waren aber auch die Finanzmittel für die Organisation der sozialdemokratische Frauenbewegung selbst schwer aufzubringen.

Vor allem hemmend auf die Organisation der sozialdemokratischen Frauenbewegung wirkte jedoch das Sozialistengesetz, das 1878 vom Reichstag verabschiedet wurde und bis 1890 in Kraft war. Dieses Gesetz richtete sich gegen „die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“[9]. Es verbot sozialdemokratische Organisationen, Presse und Versammlungen, darunter auch die Gewerkschaften. In der Zeit des Sozialistengesetzes konnten auch die proletarischen Frauenorganisationen, die zum Teil schon vorher gegründet worden waren (die Gründung der „Internationalen Genossenschaft der Manufaktur-, Fabrik- und Handarbeiter beiderlei Geschlechts“ 1869 hatte die Bildung vieler Frauenorganisationen nach sich gezogen[10] ), nur illegal existieren.

Eine weitere Gesetzesschranke, die jedoch bürgerliche und sozialdemokratische Frauenbewegung fast gleichermaßen betraf, war das Vereinsgesetz, welches von 1850 bis 1908 in den meisten Ländern des Deutschen Reiches rechtskräftig war. Der §8 des preußischen Vereinsgesetzes lautete folgendermaßen: „Für Vereine, welche bezwecken, politische Gegenstände in Versammlungen zu erörtern, gelten außer vorstehenden Bestimmungen nachfolgende Beschränkungen: a) sie dürfen keine Frauenpersonen, Schüler und Lehrlinge als Mitglieder aufnehmen ... Werden diese Beschränkungen überschritten, so ist die Ortspolizeibehörde berechtigt, vorbehaltlich des gegen die Beteiligten gesetzlich einzuleitenden Strafverfahrens, den Verein bis zur ergehenden richterlichen Entscheidung (§16) zu schließen. Frauenpersonen, Schüler und Lehrlinge dürfen den Versammlungen und Sitzungen solcher politischen Vereine nicht beiwohnen.“[11]

Hier muss man sehen, dass auch das Vereinsgesetz wohl vor allem gegen die sozialdemokratische Frauenbewegung eingesetzt wurde, „im Sinn einer ausgesprochenen Klassenjustiz“[12]. Diese gesetzliche Schranke dürfte jedoch auch viele bürgerliche Frauen schon allein aus Angst vor politischer Verfolgung von Frauenorganisationen ferngehalten haben.

Der Hintergrund des Vereinsgesetzes ist eine patriarchale Vorstellung, die keinen Gesellschaftsvertrag und Bürgerrechte als Beteiligungs- und Abwehrrechte gegenüber dem Staat kennt, und wonach der Staat von Grund auf männlich ist. Nach ihr fordert der Patriarch von seinen Vasallen Lehndienste und gibt als Gegenleistung Partizipationsrechte und materielle Sicherheit. Die Leistungen, die erfordert werden, sind jedoch exklusiv männlich: Waffendienst, ziviler Staatsdienst und die an Besitz geknüpfte Steuerpflicht; von diesen Bereichen ist die Frau aufgrund ihres Geschlechts ausgenommen und somit hat sie auch kein Anrecht auf politische Partizipation.[13]

Doch hier gibt es durchaus Ausnahmen. Hierzu ist nämlich anzumerken, dass oft die Partizipationsrechte, die die Frauen in manchen Ländern des Deutschen Reiches bereits besaßen, vergessen werden. In manchen Ländern war das Kommunalwahlrecht an Besitz gebunden und somit waren auch Besitzerinnen und Erbinnen davon nicht ausgenommen, wenn sie sich entsprechend registrieren ließen; so beispielsweise in Bayern, in München waren 821 Grundbesitzerinnen wahlberechtigt.[14] Manche Kommunalverfassungen boten den Frauen auch Mitspracherecht in einzelnen Belangen, wie beispielsweise der Armenverwaltung. Für manche selbstständige Geschäftsfrauen bestand ebenfalls ein Wahlrecht und zwar beispielsweise für Selbstverwaltungsgremien von Berufsverbänden o.ä. Diese Partizipationsrechte bildeten jedoch bis ins 20. Jahrhundert hinein die Ausnahme.[15]

Ein weiterer Hinderungsgrund zur Mitarbeit in Frauenorganisationen, welcher die Frauen aller Schichten betraf, war die wirtschaftliche Lage Deutschlands. Deutschland betrieb eine imperialistische Politik, die mit Rüstungsausgaben, Heeresverstärkungen und dem Bau der größten Handels- und Schlachtflotte der Welt verbunden war. Dies brachte zunächst einen wirtschaftlichen Aufschwung; in den Jahren 1902/03 und 1907/08 führte diese Politik jedoch auch zu wirtschaftlichen Krisen. Dies führte dazu, dass jede Frau ihre Energie primär in das Sichern der Existenz ihrer Familie investieren musste und das Kämpfen für Emanzipation und Frauenstimmrecht somit für viele, zumindest zeitweilig, in den Hintergrund trat.

Doch trotz dieser äußeren Umstände, die die Ausbreitung der Frauen- und Stimmrechtsbewegung oft stark behinderten, kam es dazu, dass sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine größere Zahl von Frauen in der Frauenbewegung engagierte. Sowohl in der bürgerlichen, als auch in der proletarischen Schicht nahm die Zahl der Anhänger der Frauenbewegung zu.

Für die sozialdemokratische Frauenbewegung belegen dies beispielsweise die Zahlen der Abonnenten der Zeitschrift „Die Gleichheit“, der sozialdemokratischen Frauenzeitschrift, deren Redakteurin seit 1892 Clara Zetkin, die einflussreichste Agitatorin, Schriftstellerin und Rednerin der sozialistischen Frauenbewegung, war. Lag die Zahl der Abonnenten dieser Zeitschrift 1905 noch bei 28 700, waren es 1908 bereits 75 000 Abonnenten und bis 1914 kam es zu einem weiteren Anstieg auf 125 000 Abonnenten.[16]

Für die bürgerliche Frauenbewegung ist dieser Aufschwung u.a. mit der schon im Jahre 1894 gegründeten Organisation „Bund Deutscher Frauenvereine“ (BDF) und mit der Gründung einer bürgerlichen Stimmrechtsorganisation zu belegen, dem „Deutschen Verein für Frauenstimmrecht“ am 1.1.1902 in Hamburg (hier konnte dem Vereinsgesetz entgangen werden), deren Gründerinnen Lida Gustava Heymann, Anita Augsburg und Minna Cauer waren, und der „große Resonanz“[17] fand.

Es kann also gesagt werden, dass die Frauenbewegung allgemein und die Frauenstimmrechtsbewegung im Speziellen, erst um die Jahrhundertwende eine breite Anhängerschaft fand. In den 1870er Jahren hatten zwar bereits einige wenige bürgerliche Frauen das Frauenstimmrecht gefordert, so beispielsweise Hedwig Dohm 1876, die die untergeordnete Stellung der Frau nicht als naturgegeben betrachtete, sondern als historische Entwicklung erkannte. Sie schrieb in einer ihrer zahlreichen Publikationen, „Der Frau Natur und Recht“, 1876, folgenden abschließenden Appell: „Werft ab den konventionellen Charakter, den man euch aufgezwungen! Erhebt euch und fordert das Stimmrecht ... Rafft euch empor! Organisiert euch ... Die Menschenrechte haben kein Geschlecht!“[18] Schon zu dieser Zeit rief sie also zur Organisation der Frauenstimmrechtsbewegung auf. Einige Jahre zuvor, in den 40er und 50er Jahren des 19. Jahrhunderts, hatte auch bereits Louise Otto-Peters Versuche unternommen, die Frauen zu mehr politischer Aktivität zu bewegen, doch ihre seit 1849 herausgegebene „Frauen-Zeitung“ mit dem Motto „Dem Reich werb´ ich Bürgerinnen“ wurde schließlich 1852 durch das preußische Pressegesetz verboten.[19] Hieran kann man erkennen, wie sich die Versuche des Staates zur Unterdrückung der Frauenbewegung in der Praxis auswirkten. Dies führte dazu, dass die Bewegungen der Frauen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts meist im Keim erstickt wurden.

Die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen des Deutschen Reiches waren neben den bürgerlichen Idealvorstellungen also die Gründe, warum eine organisierte Stimmrechtsbewegung erst um die Wende zum 20. Jahrhundert entstehen konnte. Zum Durchbruch verhalfen ihr schließlich, neben anderen gesellschaftlichen Faktoren, vor allem die sozialdemokratischen Bestrebungen.

Für die sozialdemokratische Frauenbewegung war vor allem die Arbeiterbewegung von großer Bedeutung, die auch das Sozialistengesetz nicht aufzuhalten vermochte. Die sozialdemokratische Frauenbewegung kooperierte nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes 1890 auch mit der SPD. Mit Verabschiedung eines neuen Reichsvereinsgesetzes 1908, das die Versammlungen politisch aktiver Frauen nicht mehr verbat, konnten dann sowohl die bürgerliche als auch die sozialdemokratische Frauenbewegung legal an die Frauenbestrebungen, die auf bürgerlicher Seite bereits eine lange Vorgeschichte hatten (siehe Hedwig Dohm und Luise Otto-Peters), angeknüpft werden.

2.2. Durchbruch der organisierten Frauenbewegung und ihre unterschiedlichen Schwerpunkte

2.2.1. Entstehung der unterschiedlichen Bewegungen und deren Ursachen

Aufgrund der zahlreichen, bereits genannten, gesellschaftlichen Hindernisse, denen die politische Frauenbewegung ausgesetzt war, wäre sicherlich ein gemeinsames Kämpfen der bürgerlichen und der sozialdemokratischen Frauenbewegung für das Frauenstimmrecht förderlich gewesen. Bis 1890 hatten die beiden Richtungen der Frauenbewegung schließlich auch noch gemeinsam gearbeitet, denn bis zu diesem Zeitpunkt setzten sich bürgerliche und sozialdemokratische Frauen gemeinsam dafür ein, das Elend der arbeitenden Frauen zu lindern und viele Frauen waren sowohl auf sozialdemokratischer als auch auf bürgerlicher Seite aktiv. So brachte Gertrud Guillaume-Schack beispielsweise die Zeitschrift „Die Staatsbürgerin“ heraus, während sie gleichzeitig 1885 in Berlin einen „Verein zur Wahrung der Interessen der Arbeiterinnen“ gründete.[20]

Bald brach diese „Koalition“ der bürgerlichen und sozialdemokratischen Frauenbewegung jedoch. Dies ist sicherlich auch mit dem bereits angesprochenen zahlenmäßigen Anstieg der Mitglieder der Frauenbewegung zu erklären. Denn in der Anfangsphase dieser Bewegung, bis etwa zum Ende des 19. Jahrhunderts, hatte eine zahlenmäßig recht kleine, politisch aber homogene Gruppe von Frauen, zumindest auf bürgerlicher Seite eine gefestigte Organisation der Frauenrechtsbewegung aufbauen können. Aber, wie auch Maria Lischnewska sagte, schloss mit dem Jahr 1907 endgültig die erste, heroische Epoche der deutschen Stimmrechtsbewegung.[21] Denn je mehr Mitstreiter die Frauenstimmrechtsbewegung gewann und je mehr sich die Organisationsformen festigten, desto unterschiedlichere Interessen wurden deutlich und desto mehr verfestigte sich auch das Klassenbewusstsein. So verhärteten sich schließlich die Fronten zwischen der bürgerlichen und der sozialdemokratischen Frauenbewegung. Dies wurde schon 1899 sichtbar, als sich beispielsweise Clara Zetkin, Mitglied der sozialdemokratischen Frauenbewegung, zur sozialdemokratischen und bürgerlichen Frauenbewegung folgendermaßen äußerte: „Während die proletarische Frauenbewegung in erster Linie zum Klassenkampf gegen die kapitalistische Gesellschaftsordnung gezwungen ist, muss die bürgerliche Frauenbewegung einen Klassenkampf führen gegen die sozialen Vorrechte und die soziale Herrscherstellung des männlichen Geschlechts Ihre [die Proletarierin] soziale Befreiung erringt sie nicht wie die bürgerliche Frau und zusammen mit ihr im Kampf gegen den Mann ihrer Klasse, sie erobert sie viel mehr zusammen mit dem Mann ihrer Klasse im Kampf gegen die sogenannte bürgerliche Gesellschaft, das Gros der Damen der Bourgeoisie davon nicht ausgenommen.“[22]

[...]


[1] vgl. Barbara Greven-Aschoff: Die bürgerliche Frauenbewegung in Deutschland 1894-1933 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 46), Göttingen 1981, (künftig zitiert als: Barbara Greven-Aschoff), S. 71

[2] vgl. Christl Wickert (Hrsg.): Heraus mit dem Frauenwahlrecht. Die Kämpfe der Frauen in Deutschland und England um die politische Gleichberechtigung (Frauen in Geschichte und Gesellschaft, Bd. 17), Pfaffenweiler 1990, (künftig zitiert als: Christl Wickert), S. 51

[3] vgl. Florence Hervé (Hrsg.): Geschichte der deutschen Frauenbewegung, Köln 1987, (3., überarb. u. erw. Auflage), (künftig zitiert als: Florence Hervé, 1987), S. 17

[4] vgl. Christl Wickert, S. 86

[5] vgl. Barbara Greven-Aschoff, S. 32

[6] s. Christl Wickert, S. 53

[7] vgl. ebd.

[8] vgl. Florence Hervé, 1987, S. 13,14

[9] s. Frank Deppe, Georg Fülberth, Jürgen Harrer (Hrsg.): Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung, Köln 1977, S. 46

[10] vgl. Florence Hervé: Frauenbewegung und revolutionäre Arbeiterbewegung. Texte zur Frauenemanzipation in Deutschland von 1848 bis 1980, Frankfurt/M. 1981, (künftig zitiert als: Florence Hervé, 1981), S. 11

[11] s. Heinz Niggemann (Hrsg.): Frauenemanzipation und Sozialdemokratie (Die Frau in der Gesellschaft. Frühe Texte), Frankfurt/M. 1981, (künftig zitiert als: Heinz Niggemann), S. 57

[12] s. Florence Hervé, 1987, S. 45

[13] vgl. Christl Wickert, S. 52

[14] vgl. Margit Twellmann (Hrsg.): Erlebtes – Erschautes.Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850 – 1940, Frankfurt/M. 1992, (künftig zitiert als: Margit Twellmann) S. 113

[15] vgl. ebd. S. 80

[16] vgl. Richard Evans: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich, Berlin 1979, (künftig zitiert als: Richard Evans), S. 188

[17] s. Christl Wickert, S. 53, 54

[18] s.: Heike Brandt: „Die Menschenrechte haben kein Geschlecht“. Die Lebensgeschichte der Hedwig Dohm, Weinheim 1989 (künftig zitiert als: Heike Brandt), S. 59

[19] vgl. ebd. S. 44

[20] vgl. Christl Wickert, S. 65

[21] vgl. ebd. S. 86

[22] s. Heinz Niggemann, S. 109

Fin de l'extrait de 31 pages

Résumé des informations

Titre
Die deutsche Frauenbewegung und die Stimmrechtsfrage
Université
University of Dusseldorf "Heinrich Heine"
Note
1,0
Auteur
Année
2004
Pages
31
N° de catalogue
V29998
ISBN (ebook)
9783638313674
Taille d'un fichier
517 KB
Langue
allemand
Mots clés
Frauenbewegung, Stimmrechtsfrage
Citation du texte
Eva Krosch (Auteur), 2004, Die deutsche Frauenbewegung und die Stimmrechtsfrage, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29998

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