Raumentwicklung und Raumplanung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1970. Leitbilder in ihrer Funktion und Wirkungsweise


Hausarbeit, 2013

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Leitbilder in der Raumplanung

2. Der Begriff des Leitbilds

3. Funktionen und Aufgaben von Leitbildern

4. Leitbilder der Raumentwicklung seit 1970
4.1 Das Bundesraumordnungsprogramm
4.2 Raumordnungspolitischer Orientierungs- und Handlungsrahmen
4.3 Die Leitbilder von 2006
4.3.1 Die Entstehung des Leitbilddokuments
4.3.2 Leitbild 1: Wachstum und Innovation
4.3.3 Leitbild 2: Daseinsvorsorge sichern
4.3.4 Leitbild 3: Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften stärken

5. Aktualisierung der Leitbilder

6. Wirksamkeit von Leitbildern und Kritik

7. Leitbilder – Planungsinstrument der Zukunft?

Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Karte zum Leitbild 1

Abbildung 2: Karte zum Leitbild 2

Abbildung 3: Karte zum Leitbild 3

1. Leitbilder in der Raumplanung

Leitbilder und Leitvorstellungen bilden eines der außergewöhnlichsten Planungsinstrumente. Trotz ihrer nicht vorhandenen Rechtsverbindlichkeit legen sie häufig den Grund-stock oder die Idee für raumplanerische Entscheidungen. Sie sind dabei so alt, wie die räumliche Planung selbst und finden inzwischen auf allen Planungsebenen Verwendung (vgl. Scholles/Putschky 2008, 285).

Mit ihren in die Zukunft gerichteten Zielvorgaben erfüllen sie heute eine zentrale Aufgabe innerhalb der Raumplanung. Im Rahmen des 1997 novellierten Raumordnungsgesetzes wurden Leitbilder sogar als Abstimmungsinstrument zwischen Bund und Ländern in Bezug auf die räumliche Entwicklung präferiert (vgl. Aring 2006, 613). Aber auch im Bereich der Regionalentwicklung spielen sie eine immer größere Rolle, dadurch dass sie alle Akteure, die an raumbedeutsamen Entwicklungen beteiligt sind, mit einzubinden versuchen.

Dennoch sind Leitbilder und -vorstellungen in erster Linie informelle Planungsinstrumente, weshalb ihre Wirksamkeit häufig relativ schnell an ihre Grenzen stoßen kann. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, Leitvorstellungen und Leitbilder in die Prozesse der Raumplanung und Raumentwicklung mit aufzunehmen, und ob dieses Instrument letztlich erfolgreich sein kann.

Ziel dieser Arbeit ist es daher, Leitbilder in ihrer Funktion und Wirkungsweise genauer zu untersuchen und ihre historische Entwicklung innerhalb der Raumentwicklung und Raumplanung in der Bundesrepublik Deutschland seit den 1970er Jahren zeitlich aufzuarbeiten. Dabei wird besonderer Wert auf eine kritische Betrachtung dieses Hilfsmittels, sowie auf dessen Einbettung in das jeweils übergeordnete Planungsverständnis gelegt. Zudem werden die jüngsten Leitbilder der Raumordnung in Deutschland in Hinblick auf ihre konkrete Ausgestaltung und Umsetzbarkeit analysiert. Dadurch soll das Instrument des Leitbilds nicht nur in seiner zeitlichen Genese, sondern vor allem auch in seiner inhaltlichen Dimension erfasst werden.

2. Der Begriff des Leitbilds

So komplex wie seine inhaltliche Ebene aufgestellt ist, so schwierig ist es, den Begriff des Leitbilds zu definieren. Eine der gängigsten Definitionen, die sich vor allem auf die Raum-entwicklung bezieht, wurde von Dehne aufgestellt. Demnach stellt ein Leitbild im Kontext der räumlichen Planung „eine anschauliche, übergeordnete Zielvorstellung von einem Raum, die von der Mehrheit der angesprochenen Menschen und Institutionen mitgetragen werden soll, das raumbedeutsame Handeln Einzelner leiten und so die räumliche Entwicklung lenken soll“ (Dehne 2005, 608) dar. Es handelt sich also in erster Linie um die Vorstellung eines zukünftigen (Raum-)Zustands. Darüber hinaus soll es einen gesellschaftlichen Konsens herstellen bzw. kann nur dann wirksam werden, wenn dieser Konsens bei seiner Aufstellung erreicht wurde. Schließlich geht es noch darum, die räumliche Entwicklung eines Gebiets – stets mit Blick auf das zu erreichende Ziel – zu steuern. Diese Vorstellung des Leitbildbegriffs ist bereits stark von einem Umdenken geprägt, welches zu Beginn der 1990er Jahre stattgefunden hat und dem Leitbild als „weichem“, d. h. informellen Planungsinstrument wieder ein stärkeres Gewicht innerhalb der Raumordnung beimaß (vgl. Dehne 2005, 609).

Aufgrund ihrer vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten werden Leitbilder in allen hierarchischen Ebenen der Raumordnung zur Zielvorgabe herangezogen, allerdings mit zunehmender Unschärfe in der Formulierung, sobald sich der räumliche Planungsbereich vergrößert (vgl. Scholles/Putschky 2008, 289). Aber nicht nur in Bezug auf die Maßstabsebene lassen sich Leitbilder voneinander abgrenzen. Auch andere Aspekte wie der angesprochene Personenkreis oder auch die zeitliche Entwicklung lassen weitere Differenzierungen zu (vgl. Dehne 2005, 609). Dennoch beinhalten alle Leitbilder stets die übergeordneten Zielvorstellungen, welche durch sie erreicht werden sollen und sind damit ihr wichtigstes Merkmal.

Im Zusammenhang mit überörtlichen Planungen wird im Allgemeinen auch von sogenannten Leitvorstellungen der Raumordnung gesprochen. Diese sind vor allem im Raumordnungsgesetz (ROG), sowie verschiedenen Raumentwicklungsprogrammen, insbesondere seit den 1970er Jahren festgelegt worden (vgl. Domhardt et a. 2011, 204). Auf eine exakte Unterscheidung zwischen den Begriffen Leitvorstellung und Leitbild soll im weiteren Verlauf dieser Arbeit verzichtet werden.

3. Funktionen und Aufgaben von Leitbildern

Sowohl übergeordnete Leitvorstellungen, als auch kleinräumigere Leitbilder erfüllen im Rahmen der Raumentwicklung wichtige Funktionen. Mithilfe dieser lässt sich auch das Leitbild vom eng verwandten Begriff des Konzepts genauer abgrenzen. Während dieses vor allem Methoden und konkrete Planungsschritte vorgibt, verlässt das Leitbild hier kaum eine allgemeine Formulierungsebene. Lediglich im Bereich der Stadtentwicklung können durch Leitbilder exakte Zielvorstellungen erarbeitet werden (vgl. Domhardt et a. 2011, 203). Leitbilder können als Instrumente der strategischen Planung angesehen werden. Sie sollen mit möglichst geringem Einsatz möglichst hohe Erfolge erzielen (vgl. Knieling 2006, 477). Aus diesem Grund besteht eine wesentliche Eigenschaft des Leitbilds in ihrer Kommunikationsfunktion. Schließlich steht die Raumplanung häufig vor dem Problem, komplexe und teils auch abstrakte Vorstellungen an die letztlich für raumwirksame Entscheidungen verantwortliche politische Öffentlichkeit zu übertragen. An dieser Stelle können Leitbilder als geeignetes Mittel ansetzen, da sie diese Distanz zwischen allgemeinen Zielsetzungen einerseits und konkreten Handlungsschritten andererseits verringern sollen (vgl. Blotevogel 2006, 462). Hierbei können vor allem Visualisierungen, z. B. in Form von Karten oder Diagrammen sinnvoll eingesetzt werden. Mit ihrer Hilfe werden die angestrebten Raumziele in meist stark generalisierter Form dargestellt und gleichzeitig erläutert (vgl. Scholles/Putschky 2008, 291).

Darüber hinaus hat Knieling fünf weitere Funktionen von Leitbildern aufgezeigt: Orientierungs-, Koordinations-, Reflexions-, Innovations-, sowie Aktivierungsfunktion (vgl. Knieling 2006, 479ff.). Innerhalb dieser fünf Aspekte übernehmen besonders die Koordinations- und die Aktivierungsfunktion wichtige Aufgaben eines räumlichen Leitbilds. Diese sollen schließlich die bedeutendsten Interessen- und Akteursgruppen unter sich vereinen und in einem finalen Schritt zum gemeinsamen Agieren anregen.

Insgesamt können Leitbilder also sehr viele unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Dennoch muss dabei stets betont werden, dass all diese Funktionen Bestandteile eines Idealtyps sind, welcher in der Realität oft nicht umgesetzt werden kann. Allein die Koordinationsfunktion scheitert häufig an zu starken Interessens- oder Kompetenzunterschieden zwischen den beteiligten Entscheidungsträgern. Daher ist es bei der Aufstellung von Leitbildern von Anfang an wichtig, die wesentlichen Funktionen dieses Instruments zu berücksichtigen. Es handelt sich deshalb auch um keine statischen Gebilde, da sie einem stetigem Wandel aufgrund von gesellschaftlichen und ökonomischen Prozessen unterworfen sind (vgl. Scholles/Putschky 2008, 291).

4. Leitbilder der Raumentwicklung seit 1970

Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Leitbildprogramme der Bundesrepublik Deutschland seit den 1970er Jahren vorgestellt.

4.1 Das Bundesraumordnungsprogramm

Als der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands der ersten zwei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg zu Beginn der 1970er Jahre deutlich nachließ, führte dies auch innerhalb der Raumplanung zu einem starken inhaltlichen Wandel. Durch diese Veränderung von einer gewissen Planungseuphorie hin zu kleineren Planungsschritten erhielten Leitbilder und Leitlinien wieder vermehrte Aufmerksamkeit. Ein wesentliches Merkmal dieses Prozesses bestand im Zurücktreten von formellen Planungsinstrumenten zugunsten von informellen, welche private Akteure verstärkt einzubinden versuchten. Zu diesen neuen Instrumenten zählten auch die Leitbilder.

Mit dem Bundesraumordnungsprogramm (BROP) von 1975 wurde erstmals ein die gesamte Bundesrepublik umfassendes Leitprogramm zur räumlichen Entwicklung von Bund und Ländern aufgestellt. Dieses enthielt noch sehr allgemeine Formulierungen von damals aktuellen Handlungsfeldern in den Bereichen Siedlungs-, Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur (vgl. Langhagen-Rohrbach 2005, 33). Das Programm wurde als gesamt-räumlicher und fachübergreifender Orientierungsrahmen der räumlichen Entwicklung gestaltet und sollte u.a. zu einer Verbesserung der Lebensqualität und mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt beitragen. Auch Umweltaspekte wurden hierin erstmals beachtet (vgl. Weiland/Wohlleber-Feller 2007, 60). Es handelte sich also um sehr grobe, dafür aber essenzielle raumbedeutsame Zielvorgaben, die mit dem BROP verfolgt werden sollten. Dennoch muss das BROP rückblickend vor allem in Bezug auf seine Wirksamkeit als weitgehend gescheitert angesehen werden. Nicht nur der Mangel an Bestandskraft, sondern besonders die unausgewogene, auf quantitativen Methoden gestützte Datenlage waren hierfür verantwortlich. Allerdings konnte das Programm die Grundlage für eine laufende Raumbeobachtung legen, welche durch Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) erfolgt (vgl. Langhagen-Rohrbach 2005, 33). Zudem wurde mit dem BROP „erstmalig eine programmatische Darstellung mit dem Anspruch der Anpassung der raumbedeutsamen Planungen des Bundes vorgenommen“ (Weiland/Wohlleber-Feller 2007, 60), wodurch dessen besondere Rolle bei der Entwicklung großräumiger Leitvorstellungen unterstrichen wird.

Somit waren die weitreichenden und teilweise innovativen Zielvorstellungen dieses Leit-bilds nicht vergeblich und trugen so viel zum wachsenden Bedarf an ähnlichen Rahmen-programmen bei.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Raumentwicklung und Raumplanung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1970. Leitbilder in ihrer Funktion und Wirkungsweise
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Geographie und Geologie)
Veranstaltung
Raumforschung und Regionalentwicklung
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
21
Katalognummer
V300153
ISBN (eBook)
9783656964858
ISBN (Buch)
9783656964865
Dateigröße
1334 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
raumentwicklung, raumplanung, bundesrepublik, deutschland, leitbilder, funktion, wirkungsweise
Arbeit zitieren
Philipp Sacher (Autor:in), 2013, Raumentwicklung und Raumplanung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1970. Leitbilder in ihrer Funktion und Wirkungsweise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300153

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