Kendrick Lamar. Eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf die musikalische Narrative des Rappers

"Dreams of living like rappers do"


Bachelorarbeit, 2015

39 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Die Grundlagen des Rassismus und der Diskriminierung in den USA
2.1 Der Sklavenhandel zwischen Afrika und Europa als historische Grundlage von Ungleichheit innerhalb der menschlichen Geschichte.
2.2 Die Ideen und Auswirkungen der Rassenlehre während des Kolonialzeitalters in Europa
2.3 Die USA als Rassenstaat. Die Geschichte einer fortgesetzten Diskriminierung
2.4 Black Power und nationale Eigenbestimmung. Der radikale Weg der amerikanischen Ghettos und ihre Folgen

3. Die staatliche Armuts- und Sozialpolitik und ihre Entwicklung nach der Bürgerrechtsbewegung
3.1 Lyndon Johnsons Armutspolitik und seine Ziele. Der Ansatz einer gerechteren Sozialpolitik
3.2 Ronald Reagans finanzpolitische Entscheidungen und deren Folgen für die Sozialpolitik der Ghettos in den USA
3.3 Der Rückgang der Sozialausgaben und deren Folgen für die Entwicklung der amerikanischen Ghettos

4. Das Ghetto als Lebensort. Eine Betrachtung des alltäglichen sozialen Lebens aus der Sicht von Kendrick Lamar
4.1. Die Auswirkungen der Crackepidemie in den 80ern auf Kendricks Wohnort Compton
4.1.1. Von Südamerika in die USA. Die Geschichte von Kokain und die Entstehung von Crack
4.1.2. Der direkte Einfluss von Crack auf die Umwelt in den Ghettos
4.2. Die sozialen Gruppierung innerhalb der Ghettos und ihre Auswirkungen auf das alltägliche Leben
4.3. Der Versuch einer zusammenhängenden Analyse der Raptexte von Kendrick Lamar in Bezug zu seiner Umwelt

5. Zusammenfassung und Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einführung

„Zwischen Mensch und Umwelt bestehen komplexe Wechselwirkungen, die Sozialisationsvorgänge ausrichten. Umwelterfahrungen wirken in den Menschen und Menschen verändern wiederum durch ihr Handeln die Umwelt. (...) Im Zentrum des Erkenntnisinteresses steht die Frage, welche Bedeutung die konkrete Beschaffenheit der menschlichen Umwelt für die Persönlichkeitsentwicklung einnimmt. Der Mensch eignet sich die Umwelt handelnd an, da aber die Umwelt ebenfalls Einflüsse ausübt wird ein Prozess gegenseitiger Anpassung nötig. (...) Persönlichkeitsentwicklung lässt sich (...) nur adäquat verstehen, wenn sie in ihrem Umweltkontext begriffen wird.“ (Zimmermann 2006 #14D: S.45)

Um die Werte, Normen, Einstellungen und Verhaltensmuster eines Menschen nachzuvollziehen, muss die Umwelt der Person untersucht und analysiert werden. Da Menschen von ihrer Umwelt beeinflusst werden, muss dieser Einfluss auch in ihrer Arbeit und in ihren Aussagen zu finden sein. Dies beschreibt Kendrick Lamar mit der Aussage zu seinem Musikalbum „good kid maad city“ ausführlich.

„It's really just a self portrait. I feel like everything that people have asked me in interviews should be explained in this one album. How I'm able to think the way I think now– it had to come from a negative place first. Family issues, morals. All that is in one debut. I feel like its's a whole new market of people that's listening to me now, so it's almost like a reintroduction to who I am furthering that longevity.“ (DUNCAN COOPER OCTOBER 17, 2012 #11D)

Die Forschungsfrage bezieht sich auf den Einfluss der Umwelt von Kendrick Lamar und wie er diese Eindrücke in seiner Kunst als Rapper und Mensch ausdrückt und wiedergibt. Bei der Herausarbeitung der thematischen Schwerpunkte von Kendricks Sozialisationsschwerpunkten bin ich auf die Aussagen in seinen Interviews und Raptexten aus seinem Musikalbum „good kid maad city“ eingegangen. Diese bestehen sehr grob ausgearbeitet aus Armut, Gewalt, Drogenmissbrauch im Verkauf, sowie Konsum, Prostitution, Sexismus und Jugendkriminialität. Dabei habe ich mich verstärkt auf die Entstehung von Gewalt, Gangkriminalität, Drogenverkauf und -missbrauch in Kendricks Umgebung konzentriert. Bei den Ergebnissen meiner Forschungen stachen diese Aspekte in seinen Texten und in seinen Interviews am größten hervor. Des Weiteren werde ich die Gründe für die Entstehung der Armut in Kendricks Umwelt ausführlich erläutern, da diese ein treibender Faktor in der Entstehung von Kriminalität und Gewalt sind. Zu diesem Zweck sind die politischen und geschichtlichen Entwicklung in die Analyse von Kendrick als übergeordnetes Makrosystem miteinzubeziehen und als Erklärungsansatz für die Sozialisation seiner Umwelt heranzuführen. Darauf aufbauend soll der stetige Rückzug staatlicher Institutionen aus sozialen Brennpunkten erklärt werden und welche Folgen die politische Umorientierung des Staates auf die Gesamtentwicklung der Ghettos gehabt hat.

Für die Erforschung von Kendricks Lebensumwelt orientiere ich mich zunächst am sozialökologischen Ansatz der Sozialisationsforschung. Als methodischer Ansatz soll das Bronfenbrenners Mehrebenenmodell dienen. Dieses unterteilt die Umwelt eines Individuums in Makro-, Exo-, Chrono-, Meso- und Mirkoebene. Die Mikrosysteme beschäftigen sich mit der Beziehung zu dem Elternhaus, den Freunden, der Schule und welche Erfahrungen das Kind oder der Jugendliche dort gesammelt hat. Die Mesoebene schaut auf die Wechselwirkungen der einzelnen Mikrosysteme, mit denen das Individuum interagiert. Das Exosystem beschäftigt sich mit den Aspekten der Umwelt, auf die das Individuum kaum einen Einfluss hat. Dies können Ereignisse sein, welche die Eltern betreffen oder die Freunde. Ein Freund kann z.B. von der Schule fliegen oder die Mutter wechselt die Arbeitsstelle. Diese Dingen können einen indirekten bis direkten Einfluss auf einen Menschen haben. Mein Ziel ist es zu versuchen, die Auswirkungen des Chrono- und Makrosystems, Exo- und Mesosystem auf das Mikrosystem herunterzubrechen. Zu diesem Zweck werde ich zunächst eine empirisch deskriptive Beschreibung des Makro- und Exosystems vornehmen und im späteren Verlauf der Bachelorarbeit Verweise auf die Auswirkungen auf die Meso- und die Mikroebene vornehmen. Zu diesem Zweck werde ich einen direkten Sozialisationsbezug zu den Aussagen des Künstlers Kendrick herstellen. (vgl. Zimmermann 2006 #14D)

2. Die Grundlagen des Rassismus und der Diskriminierung in den USA

Die U.S.A. kennzeichnet sich selbst als einen Rassenstaat, welcher bürokratische Diskriminierung an der Bevölkerung aufgrund ihrer Ethnizität ausübt. Durch den Aufbau symbolischer und sozialer Grenzen in der Geschichte der USA und die Zeit der Sklaverei sind Kluften zwischen der weißen und schwarzen Bevölkerung entstanden, die bis heute nicht überwunden wurden. Diese Kluften spiegeln sich deutlich in der Bildung der Ghettos wieder. Die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft geht vollkommen konträr mit dem uneingeschränkten Naturrecht des Individuums, das sich frei entfalten darf. (vgl. Wacquant, Loïc J. D. 2009 #1I: S.66 – 67)

Die Fragestellung, welche für die Entstehung der Ghettos und der sozialen Umgebung von Kendrick Lamar am wichtigsten erscheint, ist die extreme Unterscheidung der beiden, nach amerikanischer Sichtweise, Rassen.

Die Vereinigten Staaten führten viele Diskussionen über die politischen, rechtlichen und sozialen Grundlagen, auf die das neue Land gegründet werden sollte. In der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten vom 4 Juli 1776 ist folgendes festgelegt worden. „We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.--That to secure these rights, Governments are instituted among Men, deriving their just powers from the consent of the governed, --That whenever any Form of Government becomes destructive of these ends, it is the Right of the People to alter or to abolish it, and to institute new Government, laying its foundation on such principles and organizing its powers in such form, as to them shall seem most likely to effect their Safety and Happiness“ (The Charters of Freedom 05.12.14 #47)

Diese Grundlage sollte allen Bürgern der Vereinigten Staaten ein gerechtes und faires Leben im Schutz der Regierung ermöglichen. Die freiheitlichen Bestimmungen galten aber nicht für die von 1619 bis 1830 importierten Sklaven aus Afrika. Ein Grund dafür ist die soziale und ökonomische Orientierung des Südens der USA gewesen, die sich gegen die Befreiung der Sklaven ausgesprochen hat. Die wirtschaftliche Basis des Südens der Vereinigten Staaten baute auf Sklaverei auf. „Long before the nineteenth-century's third decade, slavery had become a significant determinant of southern social values and an important ingredient in interregional political relationships.“ (VanDeburg 1984 #46D: S.3 )

Die Frage der Diskriminierung ist jedoch viel tiefgreifender als der Konflikt zwischen Süd- und Nordstaaten in Amerika. Die rassistischen und diskriminierenden Gedanken haben ihren Ursprung in der Geschichte wirtschaftlicher Handelsbeziehungen zwischen Afrika, der neuen Welt und Europa. Die Erklärung zu diesem Gegenstand liegt in der Geschichte der Sklaverei und deren damaliger Normalität, die sich gemeinsam mit der aufkommenden Rassenlehre in der Kolonialzeit vermischte. Der Rassismus ist damit sozusagen die Weiterentwicklung einer Struktur, welche vorerst auf Klassen innerhalb der afrikanischen Gesellschaft beschränkt gewesen ist.

2.1 Der Sklavenhandel zwischen Afrika und Europa als historische Grundlage von Ungleichheit innerhalb der menschlichen Geschichte.

Die Sklaverei ist eine Institution in Westafrika gewesen, welche von Generation zu Generation ebenso sozialisiert und weitergegeben worden ist. Es galt während des 14th Jahrhunderts und darüber hinaus in Staaten wie Ägypten, Ghana und dem großen Königreich Mali als Zeichen von Wohlstand und Überlegenheit. Hier zeigen sich die Strukturen der Sklavenhaltung, wie sie in den späteren Jahrhunderten in den Vereinigten Staaten gepflegt und ausgebaut worden sind: Nur wohlhabende und reiche Menschen konnten sich Sklaven leisten und sahen diese als persönliche Waren an. Darüber hinaus ist zu sagen, dass sich Misshandlungen und geringe Rechte nicht von der Sklavenhaltung in den Vereinigten Staaten unterschieden. (vgl. Horton 2006 #49I: S.21 – 24)

Deshalb war die Beschaffung der Sklaven durch die Europäer anfangs kein gewaltsamer barbarischer Akt, sondern ein angesehenes Geschäft, welches Afrika wie auch Europa, Handelswohlstand sicherten.

Die Entwicklung des Sklavenhandels in Afrika ging einher mit der Eroberung Konstantinopels durch die Türken im Jahre 1453. Mit der Besetzung des schwarzen Meeres konnte die Nachfrage billiger, slavischer Arbeitskräfte für die damals aufkommende Nachfrage von Zucker nicht gedeckt werden. Die europäischen Staaten wandten sich aus diesen Gründen an die westafrikanischen Staaten. (vgl. Horton 2006 #49I: S.13)

Mit dem Beginn der Handelsbeziehungen zwischen den Europäern und den westafrikanischen Staaten bekamen letztere für die Sklaven und das Gold unter anderem Textilien, Löffel und diverse andere Handelsutensilien. Dieser Handel wurde über 200 Jahre gepflegt und aufrechterhalten. Als im frühen 17. Jahrhundert die letzte große Handelsnation Songhay in Afrika unterging, fingen die europäischen Staaten an die ersten Festungen an den Küsten Westafrikas zu bauen. Dadurch sollte der Sklavenhandel und -verkauf für den Zuckerhandel aufrechterhalten werden. Um die regen Handelsbeziehungen zwischen Afrika und Europa zu pflegen, wurden Mischlinge mit europäischen und afrikanischen Hintergrund eingesetzt. Sie wurden als Mittelsmänner genutzt und bildeten eine eigene Subkultur. Sie galten nicht als schwarze, sondern als farbige Menschen. (vgl. Horton 2006 #49I: S.14 -15)

Gegen Ende des 18. Jahrhundert Jahrhunderts setzte sich eine neue Waffengattung in Europa durch. Die Gewehre, Kanonen und Pistolen beschafften den Europäern einen militärischen Vorteil, den sie nutzten um mehr Land innerhalb der westafrikanischen Länder zu erlangen. Dadurch konnte die Nachfrage für Sklaven gedeckt werden, ohne weitere Handelsbeziehungen mit den afrikanischen Staaten einzugehen. ( vgl. Horton 2006 #49I: S.16 – 17)

2.2 Die Ideen und Auswirkungen der Rassenlehre während des Kolonialzeitalters in Europa

Parallel zu dieser Entwicklung fand ein anderer Prozess im Denken der Europäer statt. Die Idee der Rassenlehre. Die rassistische Beurteilung und die Konstruktion eines Stereotypes geht weit in die menschliche Geschichte zurück. Bei der Besichtigung der afrikanischen Länder, die bis ins 16 Jahrhundert zurückgreifen, konzentrierten sich die Entdecker der europäischen Länder auf die offensichtlichen Unterschiede zwischen ihrer eigenen und der fremden Kultur. Hierbei wurde die weiße Haut als eine schönere und ästhetisch herausragende Farbe betrachtet. Diese Annahmen entspringen der religiösen und kulturellen Betrachtung der europäischen Länder und festigten sich im 18th Jahrhundert. Diese ausgeprägte, koloniale Betrachtungsweise der Europäer hat andere Nationen und Völker von vornherein als minderwertig stigmatisiert. (vgl. Smith 2006 #39I: S. 11 – 12)

Diese Stigmatisierung wurde zu einem kollektiven Bewusstsein, welche mit den Siedlern aus Europa mit in die neue Welt getragen wurde. Da die Vereinigten Staaten eine europäische Tochterkolonie auf der Grundlage Großbritanniens sind, ist die Denkweise der Bevölkerung ein fester Bestandteil ihres Normen und Wertesystems gewesen. „American colonist were possed of a seldom articulated but apparently preconceived notion of African difference and inferiority – and this contributed t–o an "unthinkable decision to enslave blacks – it becomes possible to explain certain judgements made by seventeeth-, eighteenth-, and early ninteenth-century writers regarding the slaves' place in history.“ {VanDeburg 1984 #46D: S.5}

Diese Annahmen wurden von bekannten Wissenschaftlern und Philosophen weiter verstärkt und unterstrichen. Das koloniale Denken wurde sozusagen ausgebaut und fest in das soziale Bewusstsein integriert. Beispielsweise beschreibt der schottische Philosoph Lord Kames im Jahr 1770, dass der Geruch und das Aussehen der afrikanischen Sklaven sich komplett von jeder bekannten menschlichen Rasse unterscheiden. Die Vergleiche zu bekannten Tierarten wurden ebenfalls vorgenommen. (vgl. Smith 2006 #39I: S. 14)

Die vorherrschende Meinung, dass die Sklaverei eine gottgegebene Institution ist, stieß im 18th Jahrhundert auch auf Gegenargumente. Eine populäre Theorie war die, dass die Entwicklung der schwarzen Hautfarbe nicht auf einem rassischen Unterschied basiert, sondern auf den Umweltbedingungen, denen die Menschen in den afrikanischen Ländern ausgesetzt gewesen sind. So argumentiert Dr. Benjamin Rush am Ende des 18th Jahrhundert, dass die schwarze Hautfarbe durch Lepra entstanden ist und diese behandelbar ist, indem die schwarze Bevölkerung weiß erzogen wird. Diese Aussage wurde wiederum nicht als eine Aussage gegen die Sklaverei betrachtet, obwohl Dr. Benjamin Rush ein Gegner dieser Institution gewesen ist. Rush's Betrachtung stärkte sogar die Annahme, dass die afrikanischen Sklaven einer anderen menschlichen Rasse angehörten, welche sich von der weißen Bevölkerung grundsätzlich unterschieden. (Smith 2006 #39I: S. 17 – 19)

Diese Denkweise hat es ermöglicht eine strukturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Benachteiligung gegenüber den Sklaven zu begünstigen. Diese Benachteiligungen wurden auch nach dem Bürgerkrieg fortgesetzt. Die Trennung zwischen der weißen und der schwarzen Bevölkerung ist ein Erbe des kolonialen Denkens aus Europa. Das die sterotypischen und rassistischen Denkweise lange nach dem amerikanischen Bürgerkrieg weiter herrschten, zeigen soziale, gerichtliche und politische Diskriminierungen durch Gesetze.

2.3 Die USA als Rassenstaat. Die Geschichte einer fortgesetzten Diskriminierung

Die gerichtlich festgelegten Bestimmungen, an die sich ehemalige Sklaven halten sollen, zeigen, dass die Amerikaner der schwarzen Bevölkerung auch nach dem Bürgerkrieg keine gleichwertigen Rechte einräumten. Der „Supreme Court“ legte in der „Plessy Era“ von 1815 bis 1910 mehrere Gesetzesentwürfe fest, die zu einer Trennung zwischen den Rassen führen sollte. Unter die Gesetzeslage, die sich auf „seperate but equal“ bezieht, fallen Beschränkungen im Wahlrecht, Aufteilungen in verschiedene Schulen, sowie einer ungleicheren Finanzierung und Förderung der Schulbildung. „By 1900 northern whites were generally willing to accommodate the racial preferences of southern whites, and most did not believe southern blacks needed or deserved equal education“ (Klarman 2004 #40D: S.57)

Die besonders massive, rassistische Unterdrückung der ehemaligen Sklavenhalter im Süden führte zu einem Exodus der schwarzen Bevölkerung. In den 10ern und 20ern des 20 Jahrhundert wanderten zirka 1,5 Millionen Schwarze in den Norden der Vereinigten Staaten aus. Diese Auswanderung wurde durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges begünstigt. Es wurden billige Arbeitskräfte für die Kriegsindustrie gesucht. In der Hoffnung auf bessere Bildung, Arbeits- und Lebensbedingungen ließen sich die ehemaligen Sklaven in den Städten des Nordens nieder. Auch im Norden ist die Repression im Norden gegenüber Schwarzen vorhanden gewesen. Allerdings war diese nicht so extrem ausgeprägt wie im Süden. Die mildere Form der Diskriminierung führte zu einer Entwicklung erster nationaler und politischer Organisationen , sowie erste Annäherungen an kommunistische Grundideen. Trotz der besseren Bedingungen führten die Rassengesetze der USA zur einer systematischen Benachteiligung der Arbeitskräfte bei der Wahl der Arbeitsplätze. Dies führte schon 1917 – 1919 zu den ersten Rassenaufständen. Die Teilnahme der schwarzen Bevölkerung am ersten Weltkrieg führte bis weilen zu einer ersten militanten Einstellung gegenüber der Politik der USA, welche auf Rassendiskriminierung basierte. Der zweite Weltkrieg führte zu einer weiteren Auswanderung der Schwarzen aus dem Süden der USA, um sich ein weiteres Mal an der Rüstungsarbeit zu beteiligen. Diese Beteiligung führte zum Aufstieg einer schwarzen Mittelklasse, die sich im späteren Verlauf maßgeblich an der Civil Rights Bewegung beteiligte. Die Arbeitslosigkeit fiel 1940 von 937,000 Arbeitslosen auf 151,000.

Während des zweiten Weltkrieges wurden auch die schwarzen Soldaten, schlechter ausgebildet, schlechter bewaffnet und teilweise schlechter behandelt als die Kriegsgefangenen. Nach der Rückkehr aus dem zweiten Weltkrieg formte sich eine militante, politische und wirtschaftliche Front, um die Werte für die schwarze Bevölkerung durchzusetzen, welche sie im zweiten Weltkrieg verteidigt haben. Des Weiteren führte die verbesserte Bildung in den 40ern im Süden und Norden dazu, dass jüngere Generationen der weißen Siedler die diskriminierende Gesetzeslage hinterfragten. Parallel dazu kam es zu einer erhöhten Mitgliedschaft im radikalen, christlichen und gewaltbereiten Ku Klux Klan, der die weiße Vorherrschaft durch die Schwarzen als Bedrohung ansah. (vgl. Klarman 2004 #40I:)

Den ersten Höhepunkt des „Civil Rights Movement“ erreichte der Busboykott in Montgomery von 1955 bis 1956. Erste Erfolge wurden bereits in der Schulbildung vollzogen, welche 1954 die Trennung zwischen Schwarz und Weiß durch das höchste Gericht aufhob. (vgl. Hill 1993 #38I: S.46 – 47). Die Bewegung, die aus dem Geist der beiden Weltkriege und dem verbundenen Wohlstand der schwarzen Mittelschicht entstanden ist, kämpfte unter Martin Luther King für die Aufhebung der Ungleichheit zwischen den Rassen. Zu diesem Zweck nutzte King die hohe politische und wirtschaftliche Kraft der gestiegenen Mittelschicht, die eigene Protestmärsche und -demonstrationen organisierte. Die rassistischen Segregrationsgesetze wurden unter dem Druck der Bewegung 1964 im Civil Rights Act und 1965 durch den Voting Rights Act juristisch aufgelöst (vgl. Hill 1993 #38I: S.46 – 50 ).

Profitieren konnten dadurch nur die in die Mittelschicht aufgestiegenen schwarzen Bürger, während ein großer Teil der schwarzen Bevölkerung ein Leben an der untersten Stufe des Wirtschaftssystems fristeten. Die erhoffte Verbesserung der Lage trat für die ärmsten der Armen nicht ein. Diese Tatsachen führten zu einer Radikalisierung der notleidenden Bevölkerung, welche die weiße Bevölkerung nun offen als Feinde betrachteten, die sie töteten, unterdrückten und einsperrten (vgl. Hill 1993 #38I: S.50 - 51 ).

2.4 Black Power und nationale Eigenbestimmung. Der radikale Weg der amerikanischen Ghettos und ihre Folgen

Neben den friedlichen Bestrebungen der Mittelschicht wählten andere einen gewaltbereiteren und radikaleren Weg, der zu einer Abspaltung zwischen Schwarzen und Weißen führen sollte. Die zunehmende Hoffnungslosigkeit durch eine ökonomische Gleichstellung, sowie die Ghettoisierung führten zur Black Power Bewegung. Hier formten sich die Ideen einer selbstbestimmten und eigenen Kultur innerhalb der Vereinigten Staaten, die das Recht auf Eigenbestimmung besitzen darf (vgl. Hill 1993 #38I: S.51 – 52). Die Zusage zu gewaltsamen Mitteln wurde zum ersten Mal von der Nation of Islam vorgenommen. Die zum Islam bekehrten Menschen in den Ghettos legten ihren Selbsthass, der zur Selbstzerstörung durch Drogen führte, ab und richteten ihn gegen die Unterdrücker. (vgl. Spichal 1974 #52I: S.35)

Zu einem politischen Instrument wurde die Gewalt unter Malcom X erhoben, der 1963 erklärte, dass die Strategie von Martin Luther King keinen langfristigen Erfolg verzeichnen wird. Er rief die schwarzen Gemeinden zum aggressiven Widerstand gegen Polizei, Staat und ökonomische Ausbeuter aus. (vgl. Spichal 1974 #52I: S.36 - 38)

Der brodelnde Hass zwischen den gesellschaftlich konstruierten Rassen entlud sich vollständig nach der Ermordung von Martin Luther King am 4 April 1968. Die von Huey P. Newton gegründete Black Panther Bewegung realisierte das Gedankenkonzept des gewaltsamen Widerstandes und erhoben die Worte von Malcom X zu ihrer Grundlinie im Kampf gegen die Ungerechtigkeit. Dabei orientierten sie sich an der sozialpsychologischen Begutachtung der schwarzen Minderheiten durch den Psychologen Frantz Fanon. Die jahrhundertelange Unterdrückung der Versklavten führt nach Fanon zu einer generationsübergreifenden Minderwertigkeitskomplexen, Selbsthass, Unterwürfigkeit, sexuellen Neurosen und einer Verdrängung schwarzer Identität. Die Abdeckungen dieser Thesen zeigen sich in den ausufernden Mordraten von Schwarzen gegenüber Schwarzen in den Zeitungen. Die Herrschaftsform der weißen Mehrheit wird als eine postkoloniale Regierungsform betrachtet, dessen gruppenpsychologische Befreiung nur durch Gegengewalt beendet werden kann. (vgl. Spichal 1974 #52I: S.46 - 51)

[...]

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Kendrick Lamar. Eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf die musikalische Narrative des Rappers
Untertitel
"Dreams of living like rappers do"
Hochschule
Universität Bielefeld
Note
2,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
39
Katalognummer
V300231
ISBN (eBook)
9783656972693
ISBN (Buch)
9783656972709
Dateigröße
653 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kendrick, lamar, eine, perspektive, narrative, rappers, dreams
Arbeit zitieren
Dominic Ajay (Autor:in), 2015, Kendrick Lamar. Eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf die musikalische Narrative des Rappers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300231

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