Impact Investing. Neokoloniale Landnahme oder ein Beitrag zur Ernährungssouveränität?


Masterarbeit, 2013

66 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Gesellschaftliche Relevanz
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Methodische Vorgehensweise

2. Allgemeine Grundlagen und Definitionen
2.1 Ernährungssouveränität contra Ernährungssicherheit
2.2 Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

3. Formen der Landnahme
3.1 Impact Investing - Gewinn für Investoren und Gesellschaft?
3.1.1 Financial First Investors und Impact First Investors
3.1.2 Ausgangslage im Agrarsektor
3.1.3 Erfolgsmessung von Impact Investing
3.1.3.1 Die Struktur des Global Impact Investing Rating Systems
3.1.3.2 Die Impact Reporting and Investment Standards
3.2. Land Grabbing - Das Geschäft mit Land
3.2.1 Faktoren die Land Grabbing begünstigen
3.2.2 Die Rolle des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank
3.2.3 Kriterien zur Regulierung von Land Grabbing: Prinzipien für verantwortliche Agrarinvestitionen

4. Beispiel eines Impact-Investing-Fonds
4.1 Root Capital - Vorstellung des Investmentfonds
4.2 Kriterien der Kreditvergabe
4.3 SumakLife - Productos Orgánicos Chimborazo Cía. Ltda
4.4 Der Einfluss von „Pachamama“ und „Buen Vivir“

5. Diskussion

6. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Visualisierung der Typen von Impact Investoren

Abbildung 2: Verifizierungsprozess von GIIRS-bewerteten Unternehmen

Abbildung 3: Feld mit Quinoapflanzen

Abbildung 4: Quinoasaat

Abbildung 5: Kaffeepulver aus Quinoa

Abbildung 6: Flakes aus Quinoa

Abbildung 7: Pralinen aus Quinoa

Abbildung 8: Schokopulver aus Quinoa

1. Einführung

1.1 Gesellschaftliche Relevanz

Nach neuesten Erkenntnissen des United Nations Department of Economic and Social Affairs (UN DESA) wird bereits um das Jahr 2034 die Weltbevölkerung bei konstantem Wachstum von derzeit rund sieben auf über neun Milliarden Menschen anwachsen (vgl. UN DESA 2010). Das hat nicht nur weitreichende ökologische Auswirkungen, sondern auch einen steigenden Nahrungsmittelbedarf zur Folge1 (vgl. LIBERTI 2012, S. 100). Schon seit einigen Jahrzehnten werden von gewinnorientierten Konzernen Feldfrüchte wie Kaffee, Kakao oder Bananen, sogenannte „cash crops“, für den Export angebaut. Mittlerweile sind allerdings neue Motive, Akteure und Geschäftsmodelle hinzugekommen. Es werden auf den Agrarflächen nicht mehr ausschließlich Luxusgüter wie Kaffee, sondern auch Grundnahrungsmittel wie Reis, Weizen und Mais2 für die Ausfuhr angepflanzt. Während vor einigen Jahren noch ausschließlich die Maximierung des Profits im Vordergrund stand, gilt es heute immer mehr, die Versorgung des eigenen Volkes mit Nahrungsmitteln zu sichern. Besorgniserregende Preisanstiege, wie zuletzt in den Jahren 2005 bis 20083, sind Folge der gesteigerten Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln sowie Biokraftstoffen, der internationalen Reduktion von Getreidereserven, des fallenden Dollarkurses und der Kostenexplosion bei Dünger, Pflanzenschutzmitteln sowie Transportkosten (vgl. FRITZ 2010, S. 8f). Nach einer kurzzeitigen Erholung haben die Preise für Lebensmittel auf den

Weltmärkten erneut die bisherigen Höchststände überschritten (vgl. LIEBERT 2012, S. 9).

Die Landwirtschaft weist global den größten Flächenverbrauch aus und hat zudem einen sehr hohen Bedarf an Wasser. Hinzu kommen die gravierenden Folgen durch die Umwandlung von natürlichen in künstliche Landschaften für den Lebensmittelanbau (vgl. GRUNWALD 2006, S. 93f). Seit Biosprit als großer Hoffnungsträger eines neuen Energiezeitalters gilt, treten der Anbau von Feldfrüchten zum Verzehr und zur Erzeugung von Kraftstoff in Konkurrenz. Unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse hat sich jedoch diese Ausrichtung in letzter Zeit geändert. Nach wie vor hält die kontrovers geführte Debatte zwischen den Befürwortern, die für „Tank und Teller“ stehen, sowie den Gegnern, deren Vorwurf „Tank statt Teller“ lautet, an. Letztere behaupten, die Einführung des umstrittenen „Bio“-Sprits E104 trage zur Verschlimmerung der Hungersnot in der Welt bei und somit auch maßgeblich zur Verschärfung der Landkonflikte in den Anbauländern (vgl. MATONDI et al. 2011, S. 10). Für Energiefelder werden beispielsweise Weizen oder gar tropischer Regenwald geopfert, um zusätzliche Anbauflächen zu gewinnen (vgl. PAPACEK 2009, S. 3). Darüber hinaus bleibt umstritten, ob und in welcher Höhe dabei ein Mehrwert für die Umwelt erzielt werden kann, denn die monokulturelle Anbauweise laugt nicht nur Böden aus, sondern trägt auch zur Versalzung bei5 (vgl. PAPACEK 2009, S. 3f). Investitionen in Raps, Soja oder Palmöl zur Herstellung von Biodiesel, die Verwendung von Weizen, Rüben, Zuckerrohr und Mais für Bio-Ethanol (E10) oder für Bioplastik6, sowie die Verdrängung einheimischer Pflanzen und

Getreidesorten zum Anbau von exotischen Feldfrüchten für den Export haben dem Wettlauf um Agrarflächen und -ressourcen weiteren Auftrieb gegeben7 (vgl. LIBERTI 2012, S. 9, 107; vgl. FRITZ 2010, S. 10f). Der Bedarf an landwirtschaftlichen Erzeugnissen wächst, bei gleichzeitiger Abnahme von fruchtbarer Agrarfläche (vgl. BOMMERT 2012, S. 183). Die Nachfrage nach Biosprit und die Befriedigung der Bedürfnisse vor allem westlicher Konsumenten führen zu verstärktem Druck, der zunehmend gewaltsame Übergriffe8 auf einheimische Kleinbauern zur Folge hat (vgl. FRITZ 2010, S. 111 ff). Sabotageakte, wie illegale Sperrungen von Straßen oder Bewässerungskanälen, erzwingen die Herausgabe von Land an exportorientierte Unternehmen. Die immer kleiner werdenden Felder machen einen kostendeckenden Anbau nicht mehr möglich (vgl. BRASSEL 2010, S. 44). Es entsteht ein Teufelskreis aus Vertreibung und Zwangsenteignung9 der von Subsistenzwirtschaft10 11 lebenden Kleinbauern, bei gleichzeitig steigenden Lebensmittelpreisen durch den stetig wachsenden Anbau von Energiepflanzen (vgl. CACELES 2012, S. 17). Dieser führt zur essentiellen Bedrohung der Existenzgrundlage der Betroffenen (vgl. LIEBRICH 2012a, S. 17; vgl. BÖRNECKE et al. 2012, S.4). Das Phänomen des Landraubs, in der Literatur auch als Land Grabbing bezeichnet, findet in Afrika77 (vgl. MATONDI et al. 2011, S. xif), Asien, Lateinamerika12 und neuerdings auch vermehrt in Osteuropa statt (vgl. FRITZ 2010, S. 7; vgl. LIEBRICH 2012a, S.17). Es betrifft somit Regionen, in denen die Bevölkerung mehrheitlich selbst in unterschiedlichster Ausprägung an Hunger leidet und nicht ausreichend mit Grundnahrungsmitteln versorgt ist (vgl. BPB 2005, S. 98f).

Aufgrund ausstehender Landreformen beziehungsweise deren schleppender Umsetzung in den jeweiligen Investitionsländern, besitzt die Mehrheit der dortigen Bevölkerung keine Landrechte.13 Sie lebt in ständiger Angst, von ihrem meist jahrzehntelang bewirtschafteten Grund in der Regel entschädigungslos vertrieben zu werden (vgl. LIEBRICH 2012a, S.17; LIEBRICH 2012b, S. 23; vgl. LAMBERT 2011, S. 7; vgl. FRITZ 2010, S. 12f, 38). Der mangelnde rechtliche Schutz bildet den Nährboden für das gesteigerte Interesse an fruchtbarer Agrarfläche seitens der Unternehmen des Agrobusiness' sowie von international tätigen Investmentgesellschaften mit oftmals kaum nachvollziehbaren Besitzstrukturen (vgl. PAPACEK 2009, S. 4f). In Lateinamerika existiert noch heute die im höchsten Maße ungleiche Landverteilung weltweit. „Ein modernes Agrobusiness, das kaum Leute beschäftigt, steht einem marginalisierten kleinbäuerlichen Sektor gegenüber“ (LAMBERT 2011, S.11). Während Finanzinstitute „renditesichere“ Agrarfonds versprechen14, übernehmen die Unternehmen die Produktion (vgl. FRITZ 2010, S. 10ff, 52). Das zur Verfügung gestellte Kapital heizt die Spekulationen auf Lebensmittel weiter an und kann daher für steigende Ausgaben für Grundnahrungsmittel mitverantwortlich gemacht werden (vgl. LIBERTI 2012, S. 100; vgl. PAPACEK 2009, S. 4). Allerdings ist das „Agropoly“, das Spiel mit Agrarressourcen sowohl wegen der Existenzgefährdung der Kleinbauern, als auch aufgrund gravierender Umweltzerstörung in Verruf geraten (vgl. LIEBRICH 2012a, S.17). Bevor demnach in derartige Geldanlagen investiert wird, sollten sich sowohl Groß- als auch Kleininvestoren vergegenwärtigen, welche Auswirkungen diese Einlage nach sich zieht. Die Mehrheit der derzeitigen Anlagemöglichkeiten zielt meist auf eine alleinige

Renditemaximierung ab, wie zum Beispiel die zur Deutsche Bank Gruppe gehörende DWS Finanz-Service GmbH mit ihrem DWS Invest Global Agribusiness Fonds15, der eine „Aussicht auf gute Ernte“ verspricht und dem Anleger versichert, „[i]n einen globalen Megatrend [zu] investieren“ (vgl. DWS INVEST GLOBAL AGRIBUSINESS 7/12, Anlageinformation, 2012). Allerdings existieren auch Alternativen, wie die sogenannten Impact-Investing-Fonds, die neben einer alleinigen Ertragserwirtschaftung auch einen gesellschaftlichen und/oder ökologischen Mehrwert versprechen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird daher untersucht, ob Impact Investing speziell im Agrarsektor tatsächlich zur

Ernährungssouveränität eines Landes und seiner Bevölkerung beitragen kann oder ob sich dahinter nicht verschleiertes Land Grabbing verbirgt und somit zur weiteren Verarmung sowie zu einer Intensivierung der Abhängigkeiten fährt.

1.2 Aufbau der Arbeit

Es erscheint als wichtig, zunächst den elementaren Begriff Ernährungssouveränität von dem der Ernährungssicherheit abzugrenzen und die Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft zu definieren.

Darauf aufbauend werden die potenziellen Formen der Landnahme vorgestellt. Begonnen wird mit der positiven Variante von Investitionen in den Agrarsektor. Dazu folgt die Erklärung des sogenannten Impact Investing, inklusive dessen Investortypen und der derzeitigen Situation im landwirtschaftlichen Bereich. Schließlich werden ausgewählte Standards dargestellt, die eine Erfolgsmessung ermöglichen.

Im Anschluss daran wird die Kehrseite, das Phänomen Land Grabbing, beleuchtet. Nach einer kurzen Einführung in die Ausgangslage werden Faktoren aufgezeigt, welche die illegale Landnahme begünstigen. Dabei wird auch der maßgebliche Anteil des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbankgruppe untersucht, bevor auf Kriterien zur Regulierung von Land Grabbing eingegangen wird.

Im vierten Kapitel wird der Fonds Root Capital und die ecuadorianische Kooperation SumakLife vorgestellt. Die Bedeutung von „Pachamama“, der „Mutter Erde“. sowie die Philosophie des „Buen Vivir“, des „guten Lebens“, werden für eine ganzheitliche Beurteilung gleichfalls berücksichtigt. Abschließend wird auf Grundlage der Theorie und des Anwendungsbeispiels eine Diskussion vorgenommen, ehe ein Gesamtfazit gezogen wird.

1.3 Methodische Vorgehensweise

Zur Bearbeitung der Fragestellung, ob Impact Investing eine tatsächliche Alternative zu klassischen Anlagemöglichkeiten darstellt, wird auf Primär- und Sekundärliteratur zurückgegriffen. Dabei lassen sich relativ viele Quellen zu Land Grabbing in Afrika finden, auch im Zusammenhang mit Ernährung. Es existiert jedoch bislang kaum Literatur zur illegalen Landnahme in Lateinamerika oder zu Investitionen in die Landwirtschaft durch Impact Investing. Bestätigt wird dies unter anderem durch die Nachforschung am Ibero- Amerikanischen Institut (IAI) in Berlin, wo die größte europäische Spezialbibliothek für den ibero-amerikanischen Kulturraum zu finden ist.

Zu Rate gezogen werden daher die Inhalte von Homepages, Zeitungsartikeln, öffentlich zugänglichen Studien und Berichten.

Die Auswahl des Anwendungsbeispiels erfolgt anhand von Recherchen im Internet sowie durch Ausschlusskriterien. Dabei wird als wichtig erachtet, dass es sich um einen Impact- Investing-Fonds handelt, der als solcher vom Global Impact Investing Network (GIIN) anerkannt ist. Damit ist gleichzeitig die Einhaltung der Kriterien der Organisation gewährleistet. Darüber hinaus erscheint es relevant, dass der Fonds in Lateinamerika investiert. Root Capital scheint all diese Voraussetzungen zu erfüllen und wird aus diesem Grund näher untersucht. Das Investitionsprojekt von Root Capital, SumakLife, ist eine Kooperation von Kleinbauern, die in Ecuador16 unter anderem Quinoa anbauen.

Die vorliegende Arbeit erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, da es sich hierbei um globale Phänomene handelt (vgl. ROSERO GARCÉS 2011, S. 7f). Wirtschaftliche Daten inklusive Kennzahlen können nicht als Hauptargumente, sondern lediglich als Ergänzung angesehen werden. Aufgrund einer notwendigen Eingrenzung richtet sich der Länderfokus auf Lateinamerika, konkret Ecuador. Dem Leser sollen die wichtigsten Daten an die Hand gegeben werden, um die Ausführungen nachvollziehen zu können und gegebenenfalls zum Selbststudium anzuregen.

2. Allgemeine Grundlagen und Definitionen

2.1 Ernährungssouveränität contra Ernährungssicherheit

Auf den ersten Blick mögen Ernährungssouveränität und -sicherheit synonym erscheinen, was jedoch ein Trugschluss ist (vgl. PAASCH 2010, S. 24). Es bestehen gravierende Unterschiede im Grundverständnis. Das Konzept der Ernährungssouveränität (Food Sovereignty) geht auf die internationale Bewegung von Kleinbauern und Landarbeitern „La Via Campesina“11 („Der bäuerliche Weg“) zurück (vgl. ZUKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT o. J.; vgl. BRASSEL 2010, S. 37). Lokale Märkte sollen durch die Herstellung von Lebensmitteln vor Ort geschützt, statt mit subventionierten Importen der EU zunichte gemacht werden. Dabei steht den Kleinbauern frei, selbstbestimmt und demokratisch zu entscheiden, welches Ernährungssystem und Konsumverhalten sie unter Berücksichtigung der Kultur für sich als richtig erachten. Darüber hinaus wird Gentechnik ausgeschlossen, eine integrale Landreform sowie ein Recht auf gesunde Ernährung gefordert (vgl. LAMBERT 2011, S. 10). Auf dem ersten Weltforum für Ernährungssouveränität steht in der gemeinsam verabschiedeten17

Erklärung von Nyéléni (2007)18:

„Ernährungssouveränität ist das Recht der Völker auf gesunde und kulturell angepasste Nahrung, nachhaltig und unter Achtung der Umwelt hergestellt. Sie ist das Recht auf Schutz vor schädlicher Ernährung. Sie ist das Recht der Bevölkerung, ihre Ernährung und Landwirtschaft selbst zu bestimmen. Ernährungssouveränität stellt die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren, ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme, nicht die Interessen der Märkte und der transnationalen Konzerne“.

Die Begriffserklärung distanziert sich damit deutlich vom gegenteiligen Konzept der Ernährungssicherheit (Food Security), indem die derzeitige Lebensmittelproduktion durch Monokulturen und industrielle (Groß-)Landwirtschaft sowie die Biotechnologie indirekt kritisiert werden. Internationale Organisationen, wie die FAO, aber auch die EU19, halten jedoch nach wie vor an dieser Politik fest, die lediglich den Zugang zu Lebensmitteln regelt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Erzeugnisse billig importiert werden oder aus eigener Herstellung stammen (vgl. LAMBERT 2011, S. 10; vgl. PAASCH 2010, S. 18ff). Es zählt lediglich die vorhandene Menge an Nahrungsmitteln in einem bestimmten Land oder einer Region und nicht die Qualität der Programme und Maßnahmen mit ihren, unter Umständen, negativen Folgen fur die Kleinbauern (vgl. ZUKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT o. J.). Diese Haltung spiegelt sich in der Definition des Committe on World Food Security (CFS)20 wider:

“Food security exists when all people, at all times, have physical, social and economic access to sufficient safe and nutritious food that meets their dietary needs and food preferences for an active and healthy life”.

2.2 Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

Die Idee der Nachhaltigkeit21 findet sich bereits Anfang des 18. Jahrhunderts und hat ihren Ursprung in der Forstwirtschaft22 (vgl. GRUNWALD 2006, S.14). In der Literatur finden sich auch Synonyme für nachhaltige Entwicklung, wie zum Beispiel Sustainable Development, dauerhafte, zukunftsfähige oder auch tragfähige Entwicklung (vgl. KARNOPP 2006, S. 40). Gemeint ist damit allgemein der Prozess gesellschaftlicher Veränderung, wahrend Nachhaltigkeit an sich das Ergebnis eines solchen Prozesses darstellt. Allerdings betonen vor allem Entwicklungsländer den Vorwurf des Eurozentrismus, da es sich hierbei um eine Idee der europäische Aufklärung handle (vgl. GRUNWALD 2006, S. 7).

Der britische Ökonom Th. R. Malthus hat als einer der ersten Wissenschaftler eine prinzipielle Diskrepanz zwischen den in einem bestimmten Umfeld zur Verfügung stehenden Rohstoffen und der Anzahl der Menschen, die diese beanspruchen, erkannt. Zur Zeit der ersten Industriellen Revolution in England entwickelt er seine viel kritisierte Bevölkerungstheorie23, die er in seinem “An Essay on the Principle of Population, as it Affects the Future Improvement of Society“ (1798) veröffentlicht. Darin beschreibt er konkret das Problem der Überbevölkerung und drückt dies in einem Axiom aus, wonach die Anzahl der Menschen in geometrischer, die der Nahrungsmittel dagegen nur in arithmetischer Progression wachsen.24 Da das Wachstum nicht nachhaltig erfolge, reichten zu einem bestimmten Zeitpunkt die Bestände nicht mehr aus, um die Weltbevölkerung ausreichend zu ernähren (vgl. HARBORTH 1993, S. 18).

In Bezug auf Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft spielen drei zentrale Komponenten eine Rolle, die sich gegenseitig bedingen: das Triumvirat aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem. Im Grundsatz verbergen sich dahinter eine bewusste Steigerung der Produktivität auf Basis ressourcenschonender Technologien, lokaler Wertschöpfung, einer arbeits- statt kapitalintensiven Produktion, Erhaltung der Artenvielfalt25, Schutz weltweiter Ökosysteme, Reduktion des Energieverbrauchs und Begrenzung des Bevölkerungswachstums (vgl. KARNOPP 2006, S. 47ff). Darüber hinaus geht es um „eine den lokalen Gegebenheiten angemessene, rationale Nutzung der vorhandenen, natürlichen und menschlichen Ressourcen und keine strukturelle Abhängigkeit von anderen Ländern“ (KARNOPP 2006, S. 49). Zur Intensivierung nachhaltiger Landwirtschaft existieren grundsätzlich zwei Wege. Erstens der ökologische Landbau, der für eine naturschonende, anstelle einer industrialisierten Produktionsweise steht, sowie das sogennante Precision Farming.26 Dabei wird unter Einsatz neuester Erkenntnisse und Technologien versucht, die Umwelt minimal zu belasten und Rücksicht auf zukünftige Generationen zu nehmen (vgl. GRUNWALD 2006, S.93f).

3. Formen der Landnahme

3.1 Impact Investing - Gewinn für Investoren und Gesellschaft?

Der durchschnittliche Kapitalanleger möchte mit seinem Kapitaleinsatz hauptsächlich Zinserträge erwirtschaften. Für soziale Belange sieht er Regierungen und Wohltätigkeits­organisationen in der Verantwortung. Die Weltwirtschafts- und Finanzkrise hat allerdings einen Teil der Gesellschaft in den letzten Jahren zum Nach- und Umdenken veranlasst. Einige

Profiteure des freien Markts haben vermehrt Zweifel an dem gewählten System, das zu Lasten Schwächerer geht, und die Schere zwischen Arm und Reich stetig weiter auseinandergehen lässt. Die finanziell Privilegierten versuchen durch ihre Spendenbereitschaft diesen Missstand zu kompensieren, was bekanntermaßen nur kurzfristig den Menschen vor Ort hilft und primär der eigenen Gewissensberuhigung dient (vgl. BUGG-LEVINE; EMERSON 2011, S. 4f).

Die nachhaltige Methode des Impact Investing vereinbart Rendite und Wohltätigkeit und sorgt somit für ein wenig mehr Chancengleichheit in der Welt (vgl. SILBY 2011, S. 4). Als Prinzip gilt: „Investiere gewinnbringend, aber tue Gutes dabei“. Es handelt sich um keine neue Modeerscheinung, sondern geht auf die Jahrhunderte alte Tradition zurück, dass Wohlhabende für die Gesellschaft Mitverantwortung übernehmen.27 Allerdings gestaltet sich dies heute schwieriger, da teils hochkomplexe Anlageinstrumente die Ausgangsbasis bilden. Neu ist auch die prinzipiell positive Einstellung der Impact Investoren gegenüber sozial eingestellten Unternehmen, denen mit Hilfe ihrer Finanztransaktionen28 ein deutlich höherer Beitrag zur Steigerung des Allgemeinwohls gelingt (vgl. BUGG-LEVINE; EMERSON 2011, S. 5ff). Als Vorläufer können Kapitalanlagen in sogenannte „grüne“ Technologien und in Mikrokredit­Fonds betrachtet werden, bevor erstmals der Begriff Impact Investing im Jahr 2004 durch die amerikanische Rockefeller-Stiftung29 geprägt wurde. Darunter verstehen die Initiatoren Investitionen, die Rendite erwirtschaften und zugleich positive Spuren in der Gesellschaft hinterlassen, „[...] indem sie Armut verringern, Gesundheit fördern, Bildung stärken, Mitarbeiter fair behandeln, ehrlich ihre Steuern bezahlen, Lieferanten nicht ausquetschen, die Umwelt schützen und die Menschenrechte achten“ (ZYDRA 2012, S. 17). Das Global Impact Investing Network definiert wie folgt:

"Impact investments aim to solve social or environmental challenges while generating financial profit. Impact Investing includes investments that range fimm producing a return ofiprincipal capital (capital preservation) to offering market-rate or even market- beating financial returns. Although impact investing could be categorized as a type ofi 'socially responsible investing,' it contrasts with negative screening, which focuses primarily on avoiding investments in 'bad' or 'harmful' companies - impact investors actively seek to place capital in businesses and funds that can harness the positive power ofi enterprise ” (vgl. GIIRS o. J. a)

Anhand der Definitionen wird ersichtlich, dass das Zusammenspiel von sowohl wirtschaftlichen, vor allem aber auch ökologischen und sozialen Aspekten für das Konzept entscheidend ist. Klassischerweise werden entweder ökonomische (gewinnorientierte Unternehmen) oder soziale (gemeinnützige Organisationen) Wertsteigerungen für realistisch erachtet. Die Finanzanlagen, die über eine rein finanzielle Rekapitalisierung hinausgehen, werden oftmals als unattraktiv bewertet, weil es sich hierbei um Investitionen mit einer Rendite unterhalb des üblichen Marktzinssatzes (below-market-rate investments) handelt. Obwohl auch diese Art von Investitionen zum Portfolio des Impact Investing gehören, liegt der Kern des Organisationsprinzips in der erneuten Orientierung am blended value, also an einer vielseitigen hybriden sowie zu maximierenden Wertsteigerung und ist somit das Resultat des Handelns (vgl. BUGG-LEVINE; EMERSON 2011, S. 9f).

Skeptiker monieren, dass dies nur eine weitere leere Worthülse sei und es schon ausreichend Termini gebe30. Zudem trage der Begriff ,,Impact Investing" zu einer unnötigen Komplizierung bei. Hierzu erklären BUGG-LEVINE; EMERSON (2011, S.8):

"Socially responsible investing and ethical investing seemed burdened with moral obligation or personal, normative judgement and a history ofi negative screening that focused on what type ofifirms to avoid. Sustainable finance seemed narrowly focused on environmental concerns rather than the full array ofi social justice and development issues and seemed also to muffle the excitement these investors felt regarding their possibilities. And although community development finance resonated with some Americans, it did not capture the breadth ofi global investing in which these actors engaged, did not connect with locally focused investors outside the United States, and did not reflect the premium many place on environmental issues or investment opportunities "

Den Autoren zufolge ist ein neuer Fachbegriff deshalb notwendig, weil die bis dahin existierenden Bezeichnungen nicht alle relevanten Aspekte erfassen oder entsprechend negativ belegt sind, um etwa den Mikrokreditgeber, den Risikokapitalgeber in „grüne“ Technologien und den einkommensschwachen Hauskreditgeber zusammenzuführen (vgl. BUGG-LEVINE; EMERSON 2011, S. 7f).

Der Anspruch besteht darin, den Menschen dauerhaft durch Partizipation am Wirtschaftskreislauf zu helfen und zu einer Verbesserung ihres Lebensstandards beizutragen.31 Doch längst nicht alle Risiko- oder Privatkapitalinvestitionen sind Impact Investments, da das alleinige Bereitstellen von Kapital für arme Länder nicht ausreicht.32 Die Betroffenen dürfen nicht ausgebeutet, ihre Lebensgrundlage nicht bedroht oder gar zerstört werden. Der Rechenschaftsbericht über die Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft darf nicht im Nachhinein für die externe Berichterstattung oder für Marketingzwecke missbraucht werden (vgl. BUGG-LEVINE; EMERSON 2011, S. 10, 16). Des Weiteren sind nicht durchgehend alle Impact Investing-Projekte erfolgreich und benötigen im Vergleich zu gewöhnlichen Anlagemodellen länger, um Gewinne zu erzielen. Zu hoch gegriffene Erwartungen der Kapitalgeber an unrealistisch hohe finanzielle Erträge und fehlende Geduld lassen oftmals ein solches Vorhaben scheitern. Folglich verlieren Anleger ihr Geld und die hoffnungsvoll gesteckten Ziele werden zur Enttäuschung der Betroffenen nicht erreicht. Viel Geld in kurzer Zeit lässt sich durch die Investition in sogenannte “social enterprises” ebenso wenig verdienen (vgl. BUGG-LEVINE; EMERSON 2011, S. 74).

Innerhalb von Impact-Investing-Fonds bestehen allgemein unterschiedliche Aufteilungen nach Regionen, Produkten oder Themenbereichen. Aufgrund des Themas der vorliegenden Arbeit wird in diesem Zusammenhang ausschließlich auf den Agrarsektor eingegangen, um positive Investitionsmöglichkeiten in Ackerland aufzuzeigen.

3.1.1 Financial First Investors und Impact First Investors

Im nachfolgenden Schaubild werden durch die Kombination der Zielvorstellungen „finanzieller Ertrag“ und „Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt“, die beiden möglichen Typen von Impact Investoren sowie gleichzeitig eine Mischform aus beiden Anlagemöglichkeiten visualisiert (vgl. MONITOR INSTITUTE 2009, S. 4f):

Target Social and/or Environmental Impact

Abbildung 1: Visualisierung der Typen von Impact investoren Quelle: Monitor Institute 2009, S.5.

- Impact First-Investoren legen die Priorität auf die Optimierung sozialer oder ökologischer Belange. Innerhalb eines gewissen Spielraums sind sie oftmals bereit, auf einen Teil der Verzinsung zu verzichten. Diese Art von Investoren ist experimentierfreudig, indem sie sich der vorhandenen Marktmechanismen bedient, und ihre Vorgehensweise variiert.
- Für Financial First-Investoren dagegen steht die Optimierung der Finanzen im Vordergrund, bevor soziale und ökologische Belange tiefgehender berücksichtigt werden. Es handelt sich bei diesem Typus in der Regel um kommerzielle Geldgeber, die in Subsektoren mit marktüblichen Renditen investieren, bei denen allerdings soziale und ökologische Werttreiber für Investitionsentscheidungen mit ausschlaggebend sind.
- Ab und an kommt es zu einer Synthese der beiden Ausprägungen, die als “Yin-Yang“- Deals bezeichnet werden. Diese hybride Art führt Kapital von Impact First- und Financial First-Investoren zusammen. Die Deals ermöglichen Investitionen, welche ohne die Verschmelzung von verschiedenen Kapitalarten mit ihren unterschiedlichen Anforderungen und Motivationen nicht möglich wären. Die Bezeichnung leitet sich aus der chinesischen Philosophie ab und beschreibt zwei Elemente, die eigentlich verschieden, doch beim Zusammenlegen komplementär sind.

3.1.2 Ausgangslage im Agrarsektor

Die bereits erwähnte globale Nahrungsmittelkrise in den Jahren 2005 bis 2008 gipfelte in Hungeraufständen.33 Diese führten nur zu einem kurzen Abflauen der Spannungen, bevor sich vergangenes Jahr die Preise für Grundnahrungsmittel erneut erhöhten. Aufgrund hoher Renditeaussichten interessieren sich zunehmend mehr Spekulanten für den Agrarsektor und fördern somit das Prinzip des großangelegten kommerziellen Anbauens unter Verwendung giftiger, gesundheitsschädlicher Chemikalien. Impact Investoren versuchen dem unersättlichen Hunger auf landwirtschaftliche Flächen Einhalt zu gebieten, indem sie diesem gefährlichen Trend mit alternativen Geschäftsmodellen und Investitionsstrukturen entgegenwirken (vgl. BUGG-LEVINE; EMERSON 2011, S. 99).

In Bezug auf Lateinamerika kommt dem Ackerbau und der Ernte bei den mehr als 400 indigenen Völkern34, wie den Maya in Guatemala und Mexiko, oder den Quechua und Aymara

[...]


1 Laut Welternährungsorganisation (Food and Agriculture Organisation - FAO) müsste in den kommenden vierzig Jahren die weltweite Agrarproduktion um siebzig Prozent steigen, damit 2050 die Ernährung der Weltbevölkerung gesichert ist (vgl. FAO 2010a, S.1).

2 Aufgrund der vielfachen Nutzung von Mais in der Industrie sowie als Futtermittel, handelt es sich um eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel der Welt. Allein 2007 wurden weltweit 791,8 Millionen Tonnen Mais, gefolgt von 659,6 Tonnen Reis und 606 Millionen Tonnen Weizen geerntet (vgl. SCHÜREN 2010, S. 83). Nach neuesten Erkenntnissen der Forschergruppe des internationalen Beratungsgremiums für Agrarforschung (CGIAR) wird der Klimawandel einschneidende Veränderungen bei der Nahrungsmittelherstellung nach sich ziehen: Schätzungsweise werden Erträge von Mais, Reis und Weizen bis 2050 in vielen Entwicklungsländern um 13% bis 20% fallen (vgl. CCAFS 2012; vgl. BPB 2005, S. 99).

3 Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen De Schutter übernahm sein Amt für das Recht auf Nahrung mitten in der Ernährungskrise von 2008. „Vor jedem Forum, das sich ihm bot, prangerte er die Hauptursachen der Katastrophe an: die Subventionierung von Biokraftstoffen und die damit verbundenen Finanzspekulationen.“ (LIBERTI 2012, S. 112). Denn die willkürlichen Landverpachtungen an internationale Investoren untergraben eine gesicherte Ernährung der lokalen Bevölkerung (vgl. LIBERTI 2012, S. 114).

4 MATONDI et al (2011, S. 7) zeigen die unterschiedlichen Argumentationsmuster der jeweiligen Regierungen zur Begründung und Rechtfertigung für die Biospritproduktion auf: “At the same time, some governments support biofuels because they are regarded as 'strategic' in terms of energy security and of reducing the cost of oil imports. [...] In developing countries, it is argued that biofuel production is likely to lead to income generation, to the creation ofjobs, the promotion of trade and industry and to alternative domestic uses for crops that may not be absorbed by global market competition. “

5 Die Europäische Union verschärft die Vorschriften für die Biokraftstoffe, da nach neuesten wissenschaftlichen Studien dem Klima und der Umwelt teils mehr Schaden hinzugefügt wird, als Nutzen gestiftet werden kann. Das ambitionierte Ziel aus dem Jahr 2009, den Transportsektor bis 2020 zu zehn Prozent auf „grüne Quellen“ umzustellen, wird aufgegeben. Denn die Klimaziele würden hauptsächlich mit landwirtschaftlich hergestelltem Sprit und nicht zum Beispiel auch durch „grünen Strom“ erreicht. Der Gesetzentwurf sieht vor, die zur Verfügung gestellte Menge an erzeugtem Biosprit, zum Beispiel aus Rapsöl oder Weizen, auf fünf Prozent zu begrenzen. Um die vorgesehenen Klimaziele dennoch nicht zu verfehlen, will die Europäische Kommission nun verstärkt die Biokraftstoffe der sogenannten „zweiten Generation“ (zum Beispiel aus Algen, Kompost und anderen Abfällen) fördern (vgl. CÁCERES 2012, S. 17).

6 Da die Kunststoffe der Zukunft nicht mehr auf Basis von Erdöl, sondern aus Pflanzen gewonnen werden, stellt die Chemieindustrie einen weiteren Interessenten für Agrarflächen dar (vgl. LIEBRICH 2012b, S. 23).

7 Der international bekannte amerikanische Investor Warren Buffet bezeichnet fruchtbares Ackerland als das Gold der Zukunft (vgl. CNBC 2011).

8 Die Welternährungsorganisation und Hilfsorganisationen rechnen damit, dass gewaltsame Ausschreitungen um Nahrung und Wasser weltweit zunehmen werden (vgl. LIEBRICH 2012b, S.23).

9 Beispielhaft sei hier der Anbau von Palmöl und seine Folgen für die Bewohner in Kolumbien genannt (vgl. HUCK 2011).

10 Darunter wird der Anbau von Nahrungsmitteln zum Eigenverzehr verstanden und ist in der Regel in einer der

drei folgenden Formen vorzufinden: Wanderfeldbau, intensive Subsistenzlandwirtschaft oder

Weidewirtschaft (vgl. KNOX et al. 2008, S. 520ff).

11 Die aus Südkorea stammende Daewoo Logistics und die damalige madagassische Regierung scheiterten nach Protesten in der Bevölkerung 2009 an dem Versuch, 1,3 Millionen Hektar Agrarland - ein Gebiet fast halb so groß wie Belgien - für den Anbau von Mais und Ölpalmen für den Export zu verpachten (vgl. FRITZ 2010, S. 7f; 38f; vgl. PAPACEK 2009, S. 3).

12 Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf Lateinamerika. Ebenso werden Beispiele aus anderen Ländern, hauptsächlich afrikanischen Staaten, mit einbezogen, da ein Großteil der illegalen Landnahme dort stattfindet. Aus diesem Grund ist eine vielfältigere Literaturauswahl zu finden, dennoch sind eindeutige Parallelen zu lateinamerikanischen Ländern erkennbar. Darüber hinaus investiert der ausgewählte Fonds in Kapitel 4 sowohl in Afrika als auch in Lateinamerika, womit sich der Bezug auf die Daten besonders eignet.

13 Ein erheblicher Teil der Kleinbauern in Lateinamerika wirtschaftet in kollektiver Form, daher widersprechen individuelle Landrechte ihrer indigenen Kultur. Ein Stück Boden ist für sie „[...]der Ort, wo die Ahnen begraben liegen, wo die Gottheiten und Geister erscheinen, es ist das Land, das Nahrung hervorbringt und der Gemeinschaft ein Zuhause gibt“ (KOPSHOFF-MÜLLER 2005, S.93). Ausführlichere Informationen erfolgen in Kapitel 4.4.

14 Verlockend erscheint beispielsweise das Angebot der Agrofinanz GmbH, die bei Investierung in Palmölplantagen in Ecuador 9 % jährliche Verzinsung verspricht. Das Unternehmen wirbt auf seiner Homepage damit, dass Ölpalmen auf Plantagen erworben werden können, die „nachhaltig unterhalten und bewirtschaftet werden“ (vgl. AGROFINANZ o. J.).

15 Die zur Deutsche Bank Gruppe gehörende DWS Finanz-Service GmbH wirbt in ihrer Anlageinformation für ihren DWS Invest Global Agribusiness Fonds wie folgt: „Die Agrarwirtschaft hat sich weltweit zu einem dynamischen Wachstumsmarkt entwickelt. Denn eine wachsende Weltbevölkerung [...] will mit ausreichend Nahrung versorgt werden. Bei rückläufiger Pro-Kopf-Anbaufläche, zu der auch Faktoren wie die zunehmende Verwüstung beitragen. Durch die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln in immer besserer Qualität könnten sich interessante Anlagemöglichkeiten entlang der Nahrungsmittel-Wertschöpfungskette ergeben.“ (vgl. DWSINVEST GLOBAL AGRIBUSINESS 7/12, Anlageinformation, 2012).

16 Ausführliches Datenmaterial liefert das ecuadorianische Statistikinstitut INECunter „Ecuador en cifras“.

17 „Im vergangenen Jahrzehnt haben die Ideen von La Via Campesina sogar Anklang bei lateinamerikanischen Linksregierungen gefunden. Das Konzept der Ernährungssouveränität wird in den Verfassungen von Venezuela, Bolivien und Ecuador explizit als Ziel benannt“ (LAMBERT 2011, S. 10). Nähere Informationen zum Recht auf Nahrung in der Verfassung von Ecuador (2008, S. 24, Art. 13) sowie auf der Homepage von La Via Campesina (vgl. LA VIA CAMPESINA o.J.).

18 Im Februar 2007 versammelten sich im Dorf Nyéléni in Mali mehr als 500 Delegierte aus über 80 Ländern, um die weltweite Bewegung für Ernährungssouveränität zu unterstützen. Der Ort ist benannt nach einer im Land allseits bekannten Frau. Einer Legende nach erarbeitete sie sich nach schwerer Kindheit, die von Häme gekennzeichnet war, Anerkennung und Respekt durch ihr Geschick in der Landwirtschaft und wurde so zur Symbolfigur. Die Erklärung erhielt ihren Namen, damit sich die Bauern mit dem Vorhaben leichter identifizieren konnten (vgl. NYÉLÉNI o. J.; vgl. NYÉLÉNI 2007).

19 Die EU verfolgt mit ihrer sogenannten „Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP) das gleiche Ziel: Ungefähr 40% der Steuereinnahmen fließen in die Subventionierung der Landwirtschaft, wovon wiederum 80% die Großbauern beziehungsweise die Agroindustrie und lediglich 20% die Kleinbauern erhalten (vgl. GRUNWALD 2006, S. 95).

20 Im Jahr 1974 als Beratungsorgan der UN gegründet, ist es für die Ausarbeitung von Strategien zur Lebensmittelversorgung der Menschen weltweit verantwortlich (vgl. CFS o. J.).

21 Eine ausführliche Thematisierung zu Nachhaltigkeit findet sich zum Beispiel bei GRUNWALD 2006.

22 Heute wird paradoxerweise die Abholzung der letzten Urwälder aufgrund volkswirtschaftlichen Wachstums und Wohlstands vorangetrieben. Die durch starke Regenfälle ausgelöste Erosion schwemmt den für Landwirtschaft und Viehzucht ungeeigneten Urwaldboden weg, und letzte im Regenwald lebende Völker werden mit dem Verlust der Artenvielfalt um ihre Existenz gebracht. „Mit ihnen stirbt dann auch das tradierte Wissen um die Heilkräfte der Natur und deren angemessenen Umgang aus. Der ihnen angebotene materielle Ausgleich entspricht weder ihren kulturellen Wertvorstellungen, noch kann er ihren Lebensraum ersetzen“ (KARNOPP 2006, S. 40f).

23 Es wurde unter anderem bemängelt, dass Malthus die Herstellung von Lebensmitteln und die Nachfrage danach als voneinander unabhängige Variablen sah (vgl. MONTGOMERY 2010, S. 144).

24 Die Aussage soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Wenn eine Frau vier Kinder zur Welt bringt und diese Kinder jeweils wieder vier Kinder haben, so steigt die Bevölkerungszahl in einem anderen Maß als die Nahrungsmittelproduktion, deren Produktivität nur einmalig, zum Beispiel durch gezieltere Bewässerung, Düngung etc. um 20 % gesteigert werden kann.

25 Artenvielfalt oder auch Biodiversität „bezeichnet die Vielfalt der belebten Natur. Sie umfasst Flora und Fauna, die Vielfalt zwischen lebenden Organismen und die ökologische Gemeinschaften, die von diesen gebildet werden. Dabei setzt sich Biodiversität aus zwei verschiedenen Komponenten zusammen: erstens aus der Anzahl unterschiedlicher Organismen (Vielfalt) und zweitens aus der relativen Häufigkeit der einzelnen Organismen (Dominanz)“ (VON HAHN 2004, S. 34).

26 Mit Hilfe modernster IT können unter anderem Daten vom Zustand der Pflanzen gesammelt, Bodenproben entnommen und die Nährstoffversorgung ermittelt werden. Anhand von Geodaten wird die optimale Düngerabgabe bestimmt. Außerdem können Dosiersysteme zur individuellen Fütterung für einen gezielteren Einsatz sorgen (vgl. JANNING 2012, S.V2/14; DIERMANN 2012, S. 16).

27 BUGG-LEVINE; EMERSON (2011, S.5f) nennen beispielhaft die religiösen Gemeinschaften der Quaker, die sich im 17. Jahrhundert in England bildeten oder die im 18. Jahrhundert in den USA entstandenen Shaker.

28 Hierzu zählen zum Beispiel öffentliche Aktienfonds oder Investitionen mit privatem Eigenkapital in Unternehmen, Projekte und Darlehen (vgl. BUGG-LEVINE; EMERSON 2011, S. 9).

29 Das Interesse an Impact Investing hat in den vergangenen Jahren zugenommen, nicht zuletzt dank Unterstützung der Rockefeller-Stiftung, die besonders den Begriff „impact‘ vorangetrieben hat (vgl. SILBY 2011, S.7f).

30 Hierzu zählen zum Beispiel Corporate Social Responsibility (CSR), der Begriff des ethischen oder nachhaltigen Banking (vgl. GIIRS o. J. a).

31 Forscher schätzen, dass in den kommenden zehn Jahren zwischen 500 Milliarden US-$ bis hin zu einer Billion US-$ in Impact Investing investiert werden wird (vgl. GIIRS o. J. b).

32 Es ist besonders wichtig, die Verwendung des Geldes zu hinterfragen, denn die Investition in sogenannte grüne, saubere Energie bei gleichzeitiger Zerstörung des Lebensraumes der einheimischen Bevölkerung durch beispielsweise Vertreibung oder Abholzung von Regenwald entspricht nicht dem Grundgedanken des Impact Investing.

33 Hier sei beispielhaft der sogenannte „Tortilla-Aufstand“ in Mexiko Anfang 2007 genannt. Der Preis für das Grundnahrungsmittel Mais stieg exorbitant an, was die Menschen zu Protestmärschen veranlasste. Die Demonstrationen gelten als Beginn für Hungeraufstände in weltweit 40 Ländern (vgl. PAASCH 2010, S. 17).

34 Die Bezeichnung „indigen“ bezieht sich hier auf die Nachfahren der präkolumbianischen Bevölkerung. In ganz Lateinamerika gibt es etwa 30 Millionen Indigene, wovon allein 90% auf die fünf Länder Bolivien, Guatemala, Ecuador, Mexiko und Peru verteilt leben. Aufgrund der sehr unterschiedlichen örtlichen Umweltbedingungen unterscheiden sich folglich auch die Lebens- und Wirtschaftsformen. Es kann daher nicht von den indigenen Völkern als Ganzes gesprochen werden (vgl. KOPSHOFF-MÜLLER 2005, S. 8f).

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Impact Investing. Neokoloniale Landnahme oder ein Beitrag zur Ernährungssouveränität?
Hochschule
Universität Passau
Veranstaltung
Impact Investing
Note
2,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
66
Katalognummer
V300266
ISBN (eBook)
9783656976004
ISBN (Buch)
9783656976011
Dateigröße
3742 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
impact, investing, neokoloniale, landnahme, beitrag, ernährungssouveränität
Arbeit zitieren
Michael Baur (Autor:in), 2013, Impact Investing. Neokoloniale Landnahme oder ein Beitrag zur Ernährungssouveränität?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300266

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