Erbrecht der orientalischen Christen. Syrische Texte des Johannes bar Abgare zum islamischen Erbrecht


Seminararbeit, 2015

14 Seiten, Note: 11


Leseprobe

Gliederung

I. Entstehung des Islam

II. Entstehung des islamischen Rechts

III. Einfluss des islamischen Rechts auf das christliche Recht im Orient

IV. Islamisches Erbrecht
1. Rechtsbuch des Johannes bar Abgare
2. Intestaterbrecht
a) agnatische Erbfolge
b) Erbrecht der koranischen Erben
c) Erbfähigkeit von Angehörigen anderer Religionen und keine Erbschaft für denjenigen, der den Erblasser tötet
3. Testamentsrecht
a) Testierfreiheit: Vermächtnis
b) Auslegung von Vermächtnissen
c) Eingeschränkte Testierfreiheit Kranker

I. Entstehung des Islam

Der Islam hat seinen Ursprung beim Propheten Mohammed (571-632 n. Chr.) und ist das jüngste der drei monotheistischen Religionen. Mohammed begann in Mekka ab seinem 40. Lebensjahr die Offenbarungen des einen und einzigen Gottes Allah zu verbreiten. Diese seien ihm durch den Erzengel Gabriel überliefert worden. Nachdem er in damals polytheistischem Mekka zunächst kein Erfolg hatte, wanderte er 622 nach Medina aus, welches heute als Hidschra bezeichnet wird. Dies gilt auch als Anfang der muslimischen Zeitrechnung.

Dort konnte Mohammed eine große Anhängerschaft dazugewinnen und kehrte anschließend nach Mekka zurück. In kurzer Zeit verbreitete sich der Islam auf der ganzen arabischen Halbinsel und noch weiter.

II. Entstehung des Islamischen Rechts

Das Islamische Recht gründet zum einen auf dem Koran, welches als Buch der Offenbarungen Allahs an den Propheten Mohammed gilt und zum anderen auf der Sunna, die Lebensweise und Handlungen des Propheten Mohammed. Jedoch gehört zum Islamischen Recht auch weitgehend vorislamisches Recht der Araber. Ergänzt wurde das Recht jedoch zu weiten Teilen auch durch äußere Einflüsse, denn die Muslime waren offen gegenüber Ergänzungen ihres Rechts durch Rechtssysteme der eroberten Kulturen. Grund hierfür könnten die Einfachheit des arabischen Rechts und die zu allgemeinen und zahlenmäßig geringen Anordnungen des Koran sein.

So geht man davon aus, dass das islamische Recht Einflüsse des römischen, christlichkanonischen, jüdischen und persischen Rechts aufweist.1

III. Einfluss des islamischen Rechts auf das christliche Recht im Orient

Es wird davon ausgegangen, dass genauso wie die Muslime bei ihrer Expansion fremdes Recht aufgenommen haben, ebenso auch die eroberten Völker in ihrem Recht beeinflusst haben. Insbesondere gilt dies für die Nestorianer.

Auch wenn es streitig ist inwieweit das islamische Recht das Recht der Nestorianer anfangs beeinflusst hat, so ist sicher, dass zu Zeiten des Katholikos Johannes bar Abgare (900-905), ein stärkerer Einfluss zu sehen ist. So ist überliefert, dass er in einer Synode vorallem bzgl. des Erbrechts Annäherungen zum islamischen Recht vornahm.

Begründet wurde dies damit, dass die Nestorianer unter Muslimen leben und sich fürchten von ihnen abzuweichen.

Auch spricht man von Einflüssen des islamischen Rechts auf das Nomokanon des Jakobiten Barhebraeus.2

IV. Das Islamische Erbrecht

1. Rechtsbuch des Johannes bar Abgare

Der nestorianische Katholikos Johannes bar Abgare ordnete zu seiner Amtszeit die innerkirchliche Anwendung des islamischen Rechts an und verfasste das Rechtsbuch. Über die Beweggründe des Katholikos herrscht Unklarheit. U.a. wird vermutet, dass Johannes bar Abgare aus dem Grund das islamische Erbrecht übernahm, weil sein Volk unter Muslimen lebte und es naheliegend war von ihren Richtern und ihrem Recht gerichtet zu werden.3

Zum Aufbau:

Das Rechtsbuch des Johannes bar Abgare ist aufgeteilt in 3 Teile: Teil 1 §§ 1-50, Teil 2 §§ 51-163 und Teil 3 §§ 164-185

Teil 1 enthält Aufzählungen der Resterben (§§ 2-6), Quoten für koranische Erben (§§ 6- 35), Sonderfälle/Kürzungen d. Quoten (§§ 36-40), Vorschriften zum Erbrecht des Großvaters (§§ 41-47), Regelungen zum Vermächtnis (§§ 48-49) und zuletzt über die Schulden d. Erblassers in § 50.

Teil 2 überschneidet sich in weiten Teilen inhaltlich mit Teil 1, beginnt jedoch im Aufbau anders als Teil 1 mit Regelungsvorschriften über die Anteile der koranischen

Erben (§§ 51-71) Dieses mal werden jedoch keine Beispielsfälle angeführt.

Anschließend werden erneut Sonderfälle genannt (§§ 72 -78), darauffolgend:

Aufzählung d. Resterben und nichterbberechtigten Verwandten(§§ 79-82), Erbrecht der Großmutter (§§ 83-85), das Erbrecht des Großvaters anhand von Beispielsfällen (§§ 86- 154) und zuletzt werden in den §§ 158-166 Anhang mit zusätzlichen Vorschriften ergänzt.

Teil 3 fügt abschließend weitere Vorschriften (nicht nur erbrechtlicher Natur) hinzu, wie u.a. zum: Erbrecht der Sklaven, Ausschluss der Erbrechts bei Tötung des Erblassers

1. Intestaterbrecht

Der Großteil der im Rechtsbuch enthaltenen Vorschriften sind zum islamischen Intestaterbrecht. Das islamische Erbfolgesystem basiert weitgehend auf vorislamischem Erbrecht der Araber. Aus dem Koran sind nur wenige Regelungen hervorgegangen.4

a) Agnatische Erbfolge: Resterben

Das Erbrecht der vorislamischen Araber aber bis zu bestimmten Teilen auch das islamische Erbrecht setzen eine agnatische Erbfolge voraus, sodass in erster Linie folgende Erben als agnatische Erben bzw. Resterben infrage kommen: Vater, Sohn, Sohnessohn, vollbürtiger Bruder, vollbürtiger Bruder des Vaters, Vetter und Vatersvater. Jedoch sind auch entfernte männliche Verwandte väterlicherseits erbberechtigt. Keine Agnaten und somit nicht erbberechtigt sind folglich weibliche Verwandte und männliche Verwandte mütterlicherseits des Erblassers.5 Es ist zu berücksichtigen, dass die agnatische Erbfolge nach Einführung des islamischen Erbrecht zweitrangig wurde, wonach die koranischen Erben zunächst ihren Quote am Nachlass erhalten und die Resterben somit den restlichen Anteil erben. Es erben nicht alle Erbberechtigten zu gleichen Teilen, sondern aus § 21 des Rechtsbuches ergeht die generelle Vorschrift, dass nähere Verwandte entferntere Verwandte von der Erbfolge ausschließen.

Im Rechtsbuch ist keine genaue erbrechtliche Systematik gegeben. Vielmehr handelt es sich um Beispiele, die jedoch nicht in der Lage sind alle Fälle abzudecken. Nichtsdestotrotz ist aus dem Rechtsbuch zu erkennen, das nach dem Parentelsystem geerbt wird.

Danach werden die Agnaten folgendermaßen in Ordnungen aufgeteilt:

1. Ordnung: männliche Abkömmlinge des Erblassers

2. Ordnung: Vater des Erblassers und dessen Abkömmlinge

[...]


1 Kaufhold -Syrische Texte zum islamischen Recht S. 31f.

2 Kaufhold -Syrische Texte zum islamischen Recht S. 32 ff

3 Kaufhold -Syrische Texte zum islamischen Recht S. 32 ff. 5

4 Kaufhold -Syrische Texte zum islamischen Recht S. 47

5 Kaufhold -Syrische Texte zum islamischen Recht S. 48 6

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Erbrecht der orientalischen Christen. Syrische Texte des Johannes bar Abgare zum islamischen Erbrecht
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Leopold-Wenger-Institut für Antike Rechtsgeschichte und Papyrusforschung)
Veranstaltung
Grundlagenseminar- Erbrecht der orientalischen Christen
Note
11
Autor
Jahr
2015
Seiten
14
Katalognummer
V300340
ISBN (eBook)
9783656966418
ISBN (Buch)
9783656966425
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erbrecht, Islam, Islamisches Erbrecht, Jura, Nestorianer, syrische Texte, Johannes bar Abgabe
Arbeit zitieren
Suat Oguz (Autor:in), 2015, Erbrecht der orientalischen Christen. Syrische Texte des Johannes bar Abgare zum islamischen Erbrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300340

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