Die Gerechtigkeit gehört, neben Mut, Besonnenheit und Weisheit zu den vier Kardinalstugenden. Sie bildet aber bis heute auch einen zentralen Grundsatz der menschlichen Gesellschaft. Dabei ist es schwer eine allgemeingültige Definition zu geben, was Gerechtigkeit ist und wie sie sich am besten verwirklichen lässt. Die Auseinandersetzung mit Gerechtigkeit ist tief verwurzelt in der Geschichte menschlichen Zusammenlebens, doch genauso alt ist auch die Tatsache, dass es keine genaue Einigung darüber gibt, was Gerechtigkeit ist.
Ein Teil des Komplexes Gerechtigkeit ist die Existenz von Herrschaftsverhältnissen und politischen Systemen, die sich auf Gerechtigkeit berufen und sich darüber definieren diese zu schaffen. Dabei stößt man schnell auf die Begriffe gerechte und ungerechte Herrschaft, welche schon implizieren dass es selten eine allgemeine Vorstellung von Gerechtigkeit gibt und daneben oft divergierende Vorstellungen zu finden sind. Zusätzlich verstärkt wird dies noch durch die enge semantische Verbindung der Begriffe Recht und Gerechtigkeit.
Heutzutage geht die Forschung daher von dem Pluralismus der Gerechtigkeit aus, wonach Gerechtigkeit kein Idealzustand sein kann, sondern nur ein Ziel. Die herrschenden Verhältnisse die als gerecht benannt werden, können sich daher diesem Ziel nur annähern und müssen sich andauernd neu von der Gesellschaft bewerten lassen.
Auch im Russland Peters des Großen spielte die Gerechtigkeit eine große Rolle, insbesondere da der Zar als alleiniger Herrscher zur gerechten Herrschaft verpflichtet war. Der Monarch besaß also ein Monopol auf Gerechtigkeit. Im Rahmen dieser Arbeit soll daher anhand des Manifestes von Feofan Prokopovich „Das Recht des Monarchenwillens“ die Herrschaft von Peter dem Großen hinsichtlich des Aspektes der Gerechtigkeit und auch der gerechten, oder vielleicht ungerechten, Herrschaft untersucht werden.
Das Manifest als normative Quelle gibt dabei einen guten Einblick in die staatliche Gerechtigkeitsidee, wie sie von Seiten des Monarchen propagiert wurde. Zu Anfang steht daher eine Inhaltsangabe der wesentlichen Aspekte, bevor ich mich ausführlicher mit dem Aspekt der Gerechtigkeit, sowie Gerechtigkeit im Kontext der Herrschaft befasse. Mithilfe dieser Kenntnisse folgt eine explizite Charakterisierung der Gerechtigkeitsidee im Russland des frühen 18. Jahrhunderts anhand der Quelle.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Recht des Monarchenwillens
- 1.1 Die Vorrede an den aufrichtigen Leser
- 1.2 Das Recht derer Monarchen in willkühriger Bestellung der Reichs-Folge
- 1.3 Die Raisons oder Beweiẞthümer
- a) Punkt X
- b) Punkt XIII
- c) Punkt XIV
- d) Punkt XV
- e)Punkt XVI
- Allgemeines zu Gerechtigkeit
- Gerechtigkeit im Kontext der Herrschaft
- Grundlagen speziell für Russland im Bezug auf Gerechtigkeit
- Welche expliziten Gerechtigkeitsvorstellungen existierten im petrinischen Russland und lassen sich anhand des Textes von Feofan Prokopovich „Das Recht des Monarchenwillens“ belegen?
- Zur Begrifflichkeit von Gerechtigkeit („spravedlivost“ und „pravda“)
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, welche Gerechtigkeitsvorstellungen im petrinischen Russland existierten und sich anhand des Textes von Feofan Prokopovich „Das Recht des Monarchenwillens“ belegen lassen. Die Untersuchung fokussiert auf die staatliche Gerechtigkeitsvorstellung im Kontext der Herrschaft von Peter dem Großen.
- Gerechtigkeitsvorstellungen im petrinischen Russland
- Analyse des Textes „Das Recht des Monarchenwillens“ von Feofan Prokopovich
- Die Rolle von Gerechtigkeit in der Herrschaft von Peter dem Großen
- Die Verbindung von Recht und Gerechtigkeit in der petrinischen Staatsdoktrin
- Die Auseinandersetzung mit verschiedenen Gerechtigkeitskonzepten
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Bedeutung von Gerechtigkeit als Kardinaltugend und als grundlegenden Bestandteil der menschlichen Gesellschaft heraus. Sie betont den Pluralismus des Gerechtigkeitsbegriffs und die Herausforderung, eine allgemeingültige Definition zu finden. Der Fokus liegt auf der Rolle von Gerechtigkeit in Herrschaftsverhältnissen und der Unterscheidung zwischen gerechter und ungerechter Herrschaft.
- Das Recht des Monarchenwillens: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Manifest „Das Recht des Monarchenwillens“ von Feofan Prokopovich, das als eine der ersten Ausformulierungen der petrinischen Staatstheorie gilt. Der Text setzt sich mit der neuen Thronfolgeregelung von Peter dem Großen auseinander und beleuchtet die Argumente von Prokopovich für das Recht des Monarchen, seinen Nachfolger selbst zu bestimmen.
- Die Vorrede an den aufrichtigen Leser: Hier wird die Vorrede des Manifests analysiert, die den Zweck des Werkes erklärt und die Kritik an der neuen Thronfolgeregelung widerlegt. Prokopovich betont die Pflicht des Volkes, den Gesetzen des Monarchen zu gehorchen, und rechtfertigt die absolute Macht des Herrschers mit einer Gotteslehre.
- Das Recht derer Monarchen in willkühriger Bestellung der Reichs-Folge: Dieser Teil des Kapitels befasst sich mit der Argumentation von Prokopovich für die neue Thronfolgeregelung. Er argumentiert, dass diese Regel im Sinne des natürlichen Rechts sei und den Staat stärke. Gleichzeitig weist er die Kritiker der Reform als Verräter und Aufwiegler zurück.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich zentralen Begriffen wie Gerechtigkeit („spravedlivost“ und „pravda“), Monarchie, Macht, Thronfolge, Staatsreform, Herrschaft, Recht, natürliche Ordnung, Kritik, Widerspruch, und Feofan Prokopovich. Darüber hinaus werden die Reformen Peters des Großen und die Rolle der Kirche im petrinischen Russland relevant.
- Citation du texte
- Fabian Lukas (Auteur), 2013, Gerechtigkeit im petrinischen Russland anhand "Das Recht des Monarchenwillens", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300519