Wer als Laie an Theologie denkt, hat in unserer Gesellschaft zumeist wohl die christliche Theologie, die unsere Kultur so maßgeblich geprägt hat, vor Augen. Wer in der deutschen Öffentlichkeit nur den Namen Adolf Hitlers in den Mund nimmt, läuft zu Recht Gefahr, kritisch beäugt zu werden. Geradezu grotesk wirkt dann die Vorstellung einer Synthese von christlicher Theologie mit ihren Grundsätzen sowie dem Diktator Adolf Hitler, Urheber der Vernichtung unzähliger unschuldiger Menschen.
Wer an Hitler denkt, denkt vielleicht an Weltkrieg, Massenvernichtung und Judenverfolgung, aber sicherlich nicht an Nächstenliebe und Vergebung.
Ebenso ist die eingebürgerte Verwendung des Begriffes „Holocaust“, d.h. die von den Nationalsozialisten genannte „Endlösung der Judenfrage“, also die industrielle Vernichtung der Juden, problematisch, da dieser Ausdruck aus der griechischen Opfermythologie kommt und ursprünglich die rituelle Verbrennung eines religiösen Opfers bezeichnete.
Aus diesem Grund bevorzugen viele Juden den hebräischen Begriff „Shoa“, der soviel wie „Untergang, Zerstörung“ bedeutet.
Doch sehr bewusst habe ich die Bezeichnung „Holocaust“ im Sinne eines „vollständig verbrannten“ Opfers gewählt. Denn ich möchte genau diese Frage klären: Handelt es sich bei der „Endlösung der Judenfrage“ in Hitlers Theologie um ein religiöses Opfer, also einen „Holocaust“, oder war die Vernichtung der Juden schlicht das politische Ziel eines Wahnsinnigen?
Zur Klärung dieser Frage werde ich mich der Theorie des Kulturanthropologen René Girards und seiner Schriften zur Entstehung des Opfers bedienen.
Schon die einzelnen Ausdrücke „Theologie Hitlers“ und „Holocaust“ haben offensichtlich eine gewisse Spannung in sich und ihre Verbindung muss zwangsläufig provozieren. In diesem Aufsatz möchte ich sie zusammenführen und gleich der gegenstrebigen Fügung von Saite und Bogen im Moment der Entspannung erklingen lassen.
Zunächst gilt es, zu erläutern, was mit der „Theologie“ Hitlers gemeint sein könnte und hier gemeint ist.
Selbstverständlich hat Adolf Hitler keine akademische Theologie betrieben. Am wenigsten ist hier von der christlich konnotierten Theologie die Rede - auch wenn Hitler in dem Christentum „eine gute Lehrmeisterin“ in Bezug auf dessen Struktur gesehen hat, trennte er sich doch immer sehr entschieden von deren Lehren ab, da er sie als wissenschaftlich widerlegt sah.[...]
Inhaltsverzeichnis
- Was mit „Theologie“ gemeint ist
- Struktur der Theologie Hitlers
- Die Bedeutung des Holocaust in der Theologie Hitlers
- Der Opfermechanismus nach René Girard
- Fazit: Ist der Holocaust als religiöses Opfer in Hitlers Theologie zu bezeichnen?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Aufsatz untersucht die kontroverse Frage, ob der Holocaust in Adolf Hitlers Theologie als religiöses Opfer, ein "Holocaust", verstanden werden kann, oder ob die Vernichtung der Juden lediglich das politische Ziel eines Wahnsinnigen war. Die Arbeit analysiert Hitlers Gottesbegriff und dessen Funktion innerhalb seines politischen Projekts. Die Theorie des Kulturanthropologen René Girard über Opfermechanismen dient als analytisches Werkzeug.
- Hitlers Gottesbegriff und seine Funktion als Legitimationsinstanz
- Die Rolle des Holocaust im Kontext von Hitlers Theologie
- Analyse von Hitlers Reden und Schriften im Hinblick auf religiöse Motive
- Anwendung der Opfermechanismus-Theorie von René Girard
- Die Problematik der Terminologie "Holocaust" in diesem Zusammenhang
Zusammenfassung der Kapitel
Was mit „Theologie“ gemeint ist: Dieser Abschnitt klärt die Bedeutung des Begriffs "Theologie Hitlers". Es wird betont, dass es sich nicht um eine akademische oder christlich konnotierte Theologie handelt, sondern um Hitlers politische Verkündigung im Namen eines Gottes. Hitlers Ablehnung christlicher Lehren und seine Instrumentalisierung des Gottesbegriffes zur Legitimation seiner rassistischen Politik werden herausgestellt. Der Abschnitt verweist auf die Arbeit von Rainer Bucher, der Hitlers Äußerungen über Gott systematisiert.
Struktur der Theologie Hitlers: Dieses Kapitel analysiert die Struktur von Hitlers Reden über Gott, die in drei Kategorien eingeteilt werden: seine direkten Äußerungen über Gott, seine Reden über den Glauben und vor allem seine Reden über die göttliche Vorsehung. Gott dient Hitler primär als Legitimationsinstanz für seine rassistische Politik, indem er die Schöpfung der Völker durch Gott postuliert. Hitlers Gottesbegriff wird als "transzendente Appellationsinstanz" interpretiert, die seinem rassistischen Konzept Sicherheit verleiht. Der Abschnitt differenziert zwischen Hitlers Gottesbegriff und dem der allgemeinen Bevölkerung.
Schlüsselwörter
Adolf Hitler, Theologie, Holocaust, Shoa, Opfermechanismus, René Girard, Rassistische Ideologie, Göttliche Vorsehung, Legitimationsinstanz, Politische Religion.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse der "Theologie" Hitlers und des Holocaust
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die kontroverse Frage, ob der Holocaust in Adolf Hitlers Weltbild als religiöses Opfer verstanden werden kann oder lediglich ein politisches Ziel darstellte. Sie analysiert Hitlers Gottesbegriff und dessen Funktion innerhalb seines politischen Projekts, wobei die Opfermechanismus-Theorie von René Girard als analytisches Werkzeug dient.
Was wird unter "Theologie Hitlers" verstanden?
Es wird betont, dass es sich nicht um eine akademische oder christlich konnotierte Theologie handelt, sondern um Hitlers politische Verkündigung im Namen eines Gottes. Hitlers Ablehnung christlicher Lehren und seine Instrumentalisierung des Gottesbegriffes zur Legitimation seiner rassistischen Politik stehen im Mittelpunkt. Die Arbeit bezieht sich auf die Systematisierung von Hitlers Äußerungen über Gott durch Rainer Bucher.
Wie ist die Struktur von Hitlers "Theologie"?
Hitlers Reden über Gott werden in drei Kategorien eingeteilt: direkte Äußerungen über Gott, Reden über den Glauben und Reden über die göttliche Vorsehung. Gott dient ihm primär als Legitimationsinstanz für seine rassistische Politik, indem er die Schöpfung der Völker durch Gott postuliert. Sein Gottesbegriff wird als "transzendente Appellationsinstanz" interpretiert, die seinem rassistischen Konzept Sicherheit verleiht. Die Arbeit differenziert zwischen Hitlers Gottesbegriff und dem der allgemeinen Bevölkerung.
Welche Rolle spielt der Holocaust in Hitlers "Theologie"?
Die zentrale Frage ist, ob der Holocaust als religiöses Opfer im Sinne von Hitlers Weltbild zu interpretieren ist. Die Arbeit analysiert Hitlers Reden und Schriften auf religiöse Motive und wendet die Opfermechanismus-Theorie von René Girard an, um diese Frage zu untersuchen. Die Problematik der Terminologie "Holocaust" in diesem Zusammenhang wird ebenfalls diskutiert.
Welche Methoden werden in dieser Arbeit angewendet?
Die Arbeit analysiert Hitlers Reden und Schriften im Hinblick auf religiöse Motive und verwendet die Opfermechanismus-Theorie von René Girard als analytisches Werkzeug. Der Begriff "Theologie Hitlers" wird genau definiert und die Funktion des Gottesbegriffs in Hitlers politischem Projekt wird untersucht.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Adolf Hitler, Theologie, Holocaust, Shoa, Opfermechanismus, René Girard, Rassistische Ideologie, Göttliche Vorsehung, Legitimationsinstanz, Politische Religion.
Welche Kapitel beinhaltet die Arbeit?
Die Arbeit umfasst Kapitel zu: Was mit „Theologie“ gemeint ist; Struktur der Theologie Hitlers; Die Bedeutung des Holocaust in der Theologie Hitlers; Der Opfermechanismus nach René Girard; Fazit: Ist der Holocaust als religiöses Opfer in Hitlers Theologie zu bezeichnen?
- Arbeit zitieren
- Wilhelm Krüger (Autor:in), 2012, Die Bedeutung des Holocaust in der Theologie Adolf Hitlers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300807