Die Rolle des IWF bei der Lösung des Verschuldungsproblems am Beispiel der Türkei


Diplomarbeit, 1994

166 Seiten, Note: 2,00 und 1


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

VERZEICHNIS DER TABELLEN

VERZEICHNIS DER SCHAUBILDER

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG
1.1. Aufbau der Arbeit
1.2. Einführung in die Problematik

2. VERSCHULDUNG
2.1. Gründe der Kreditaufnahme im Ausland
2.2. Zur Verschuldung führende Arten des Kapitals
2.3. Empirischer Überblick

3. URSACHEN DER VERSCHULDUNGSKRISE
3.1. Externe Ursachen
3.1.1. Ölpreisschocks und Rezession
3.1.2. Zinsanstieg und verkürztze Kreditlaufzeiten
3.1.3 Der Verfall der Rohstoffpreise
3.1.4. Verhalten der Gläubiger bzw. der Banken
3.1.5. Verhalten der Industrieländer
3.2. Interne Ursachen
3.2.1. Verschuldete Industrialisierung
3.2.2. Kapitalflucht und Korruption
3.2.3. Militärausgaben und fehlende Agrarreformen
3.2.4. Sozialreformen

4. DIE ROLLE DES IWF IN DER INTERNATIONALEN VERSCHULDUNGSKRISE
4.1. Gründung des IWF und der Weltbank
4.2. Aufgaben und Ziele des IWF
4.3. Bisherige Maßnahmen des IWF
4.3.1. Auflagenpolitik des IWF und der Weltbank
4.3.2. Umschuldungsverhandlungen (Pariser Club, Londoner Club)
4.3.3. Strukturanpassungsprogramme

5. LÖSUNGSANSÄTZE
5.1. Bisher diskutierte Lösungsansätze
5.1.1. Baker-Plan
5.1.2. Brady-Plan
5.1.3. Schuldenerlaß - Schuldenerleichterungen
5.1.3.1. Die Determinanten der Transferfähigkeit
5.1.3.2. Determinanten der internen Aufbringungsfähigkeit
5.1.4. Bewertung marktorientierter Lösungsansätze privater Gläubiger
5.2. Das Krisenmanagement des IWF
5.2.1. Krisenmanagement
5.2.2. Vom Krisenmanagement zu dauerhaften Lösungen
5.3. Bewertung neuerer Lösungsvorschläge
5.4. Sonstige Lösungsansätze
5.4.1. Die Rolle der Direktinvestitionen
5.4.2. Die Aufgabe des Staates
5.5. Schlußfolgerungen zu den Lösungsansätzen

6. INTERNATIONALE VERSCHULDUNGSKRISE AM BEISPIEL DER TÜRKEI
6.1. VERSCHULDUNGSPROBLEME VON 1946-1960
6.1.1. Die zur Wirtschaftskrise von 1954-1960 führenden Entwicklungen
6.1.1.1. Agrarische Exportökonomie
6.1.1.2. Importsubstituierende Industrialisierung
6.1.1.2.1. Die Theorie der importsubstituierende Industrialisierung
6.1.1.2.2. Importsubstituierende Industrialisierung und
die Wirtschaftskrise von 1954-1960“.
6.1.2. Sanierungsprogramm des IWF von 1958
6.1.3. Beurteilung der Eingriffe des IWF
6.2. VERSCHULDUNGSPROBLEME VON 1960-1979
6.2.1. Planmäßige (bewußte) Durchführung der Importsubstitution
6.2.1.1. Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Militärregierungen
6.2.1.2. Durch die Importsubstitution verursachte Krise
6.2.1.3. Entwicklung der Industrie
6.2.1.4. Entwicklung des inländischen Preisniveaus
6.2.1.5. Struktur des Außenhandels
6.2.1.5.1. Struktur des Imports
6.2.1.5.2. Struktur des Exports
6.2.2. Ausländische Kreditaufnahme und die Entwicklung der Auslandsschulden
6.3. WIRTSCHAFTSPOLITIK DER TÜRKEI NACH 24.01.1980
6.3.1. Die Beschlüsse von 24.01.1980
6.3.2. Die Exportdiversifikation nach 1980
6.3.2.1. Landwirtschaftliche Produktion
6.3.2.2. Industrielle Produktion
6.3.3. Entwicklung der Außenverschuldung

7. SCHLUßFOLGERUNG

ANHANG

LITERATURVERZEICHNIS

VERZEICHNIS DER TABELLEN

Tabelle 1: Auslandsverschuldung der Türkei (Mill. US-$)

Tabelle 2: Internationale Bankkredite Durchschnittlicher Zinssatz 1973-1987 (in Prozent)

Tabelle 3: Kapitalflucht und Brutto-Kapitalimporte in einigen Entwicklungsländer, 1979 bis 1982

Tabelle 4: Anteil des Hauptexportguts an den Gesamtexporten in den Jahren 1980/82

Tabelle 5: Der Außenhandel der Türkei (1946-1970) in Mill. US-$

Tabelle 6: Der Außenhandel der Türkei (1971-1987) in Mill. US-$

Tabelle 7: Einige Indikatoren der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung der Türkei in den Jahren 1923-1987 (Durchschnittswerte)

Tabelle 8: Exporte nach Sektoren 1965-1983

Tabelle 9: Die Zusammensetzung des Imports 1947-1960

Tabelle 10: Kredite des Türkei-Konsortiums und ihre Zusammensetzung (1963-1971) in Mill. US-$.

Tabelle 11: Die Zahlungsbilanz 1970-1979

Tabelle 12: Türkische Regierungen 1950-1975

Tabelle 13: Türkische Regierungen 1977-1983

Tabelle 14: Die Auslandsschulden der Türkei 1970-1985

Tabelle 15: Die wichtigsten makroökonomischen Probleme der Türkei.

VERZEICHNIS DER SCHAUBILDER

Schaubild 1: Indizes der realen Rohstoffpreise, 1965 bis 1984

Schaubild 2: Langfristige Zinssätze in den Vereinigten Staaten, 1965 bis 1984

Schaubild 3: Reale Rohstoffpreise

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. EINLEITUNG

1.1 Aufbau der Arbeit

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit entstanden die Kapitel wie folgt:

Das einführende 1. Kapitel gibt eine Einführung in die Problemstellung sowie einen Überblick über die Situation in der Türkei.

Das 2. Kapitel gibt einen ersten Überblick über die Verschuldung. Es werden Entstehungsgründe für die Aufnahme von Auslandskrediten erläutert und welche Kapitalarten zur Verschuldung führen bzw. wie die Veschuldung der Entwicklungsländer entsteht.

Im 3. Kapitel werden die externen und internen Ursachen der Verschuldungskrisen behandelt.

Gegenstand vom 4. Kapitel ist die Rolle des IWF bei der Lösung der internationalen Verschuldungskrise, wobei auch die Gründung sowie Aufgaben und Ziele des IWF dargestellt werden.

Das 5. Kapitel beschäftigt sich mit Lösungsansätzen zur Verschuldungskrise. Dabei werden die bisher diskutierten Lösungsansätze, das Krisenmanagement des IWF sowie neuere Lösungsansätze, vorgestellt.

Ausführlich wird im 6. Kapitel die internationale Verschuldungskrise am Beispiel der Türkei erläutert. Dabei wird dieser anhand von drei Zeitabschnitten dargestellt. Der Zeitraum von 1946-1960 beschreibt die Entwicklung der Verschuldung sowie die Rolle des IWF und der USA im Hinblick auf dei Türkei. Anschließend werden die Jahre 1960-1979 mit der größten sozialen und wirtschaftlichen Krise der Türkei dargestellt.

Die Wirtschaftspolitik der Türkei nach den Beschlüssen vom 24.01.1980 mit ihren Lösungversuchen wird im letzten Abschnitt dieses Kapitels diskutiert.

1.2. Einführung in die Problematik

Der Aufbau der Arbeit ist auf der Definition des Begriffes vom Entwicklungsland aufgebaut. Der Begriff Entwicklungsländer umfaßt alle Länder, deren Wirschaft nur einen niedrigen Lebensstandart zuläßt und sich erst in den Anfangsstadien der Entwicklung befindet. Die Gesamtheit aller Entwicklungsländer wird Dritte Welt gennant, um diese Staatengruppe von der Gruppe der wirtschaftlichen kapitalistischen Erste Welt und sozialistischen Zweite Welt Länder abzugrenzen.[1]

Internationale Verschuldung ist generell nichts bedrohliches. Die Kreditaufnahme ist eine unentbehrliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Fortschritt. Es kann in jedem Land vorkommen, daß die Investitionen größer als die heimischen Ersparnisse, und Importe größer als die Exporte sind. Die Differenz zwischen Investitionen und Ersparnissen wird durch Kapitalimport gedeckt.[2]

Durch die Verschuldungskrise der Entwicklungsländer hat man angenommen, daß die zukünftige Entwicklung der Menschheit in hohem Maße davon abhängt, ob es gelingt, die Krise zu bewältigen.

Ihre ökonomischen Folgen sind eine dauerhafte Verschlechterung des Lebensstandards, insbesondere der ärmsten Bevölkerungsschichten, in den Entwicklungsländern und eine Reduzierung von Exporten, Beschäftigung und Wachstum in den Industrieländern.

Man kann feststellen, daß die Verschuldungskrise Teil einer umfassenden Entwicklungskrise und eine Herausforderung für das globale ökonomische System ist. Dabei spielt der IWF und die Weltbank eine wichtige Rolle. Dennoch spielt der IWF eine wichtige und gelegentlich aber auch eine zwiespältige Rolle, wobei er wie eine Art "Gottvater" den Entwicklungsländern Angebote macht.[3]

Für die Entwicklungsländer steht eine Lösung des Verschuldungsproblems noch aus. Die Lage hat sich in den Entwicklungsländern nicht verbessert sondern verschlechtert. Bei den meisten Entwicklungsländern ist inzwischen von einer tiefen Insolvenzkrise auszugehen. Aus diesem Grunde wurden einige Vorschläge von Brady zur Entlastung der reform- und anpassungsbereiten Entwicklungsländer unterbreitet. Der Schwerpunkt liegt auf Finanzhilfen von IWF und Weltbank zur Erleichterung und Beschleunigung von freiwilligen marktbezogenen Operationen der Schulden- und Schuldendienstreduzierung.[4]

Die Verschuldung der Türkei begann schon in der Zeit des Osmanischen Reiches 1858: 5,5 Mil., 1874 : 218 Mil. Türkische Pfund.[5]

2. VERSCHULDUNG

Wenn ein Land Kredite bei ausländischen Kapitalgebern aufnimmt, spricht man von Auslandsschulden dieses Landes. Unter Auslandsverschuldung wird die Summe der kumulierten Verbindlichkeiten eines Landes gegenüber ausländischen Gläubigern verstanden, deren Grundlage Zahlungsaufschübe für importierte Waren und Leistungen, aufgenommene Kredite oder Zinsen sind.[6] Wenn Regierungen oder nachgeordnete staatliche Institutionen bei ausländischen Geldgebern einen Kredit aufnehmen, ist von einer öffentlichen Auslandsverschuldung die Rede.[7]

Das Problem der modernen Staatsverschuldung liegt, wie im Falle der Türkei, darin, die Grenze zu bestimmen, die eine zumutbare Erfüllung von Staatsschulden von der unzumutbaren, weil selbstdestruktiven Erfüllung trennt. Nach Angaben des ständigen Schiedshofes sollte die Türkei verpflichtet sein, geringe Schulden zu Tilgungsraten zu leisten.[8] Nicht die Verschuldung der Entwicklungsländer ist das eigentliche Problem, denn Schulden sind in einer kapitalistischen Wirtschaft die Regel. Es handelt sich hierbei um Vorschußkapital für Investitionen.[9] Problematisch wird es erst, wenn der fristenkongruente Finanzierungsgrundsatz verletzt wird, d.h. zum einen Kapitalbindungsdauer und Kapitalüberlassung müssen kompatibel sein. Zum anderen müssen die Rückflüsse aus der Investition, das fristgerechte bedienen des Schadendienstes gewährleisten. Erst wenn dieser Grundsatz verletzt ist, ensteht eine einseitige Gläubiger-Schuldner-Struktur.[10]

2.1. Gründe der Kreditaufnahme im Ausland

Die Entwicklungsländer, die Auslandsverbindlichkeiten besitzen, haben i.d.R. auch beträchtliche Inlandsschulden. Der wesentliche Unterschied zwischen Auslands- und Inlandsschulden liegt darin, daß der Schuldendienst für die Inlandsschulden in Landeswährung bezahlt werden muß. Für die Entwicklungsländer kann ein Transformationsproblem entstehen, das den Schuldnern bei der Auslandsverschuldung ein großes Problem bereitet. Es entsteht genau dann, wenn durch die Investitionen nicht genug Devisen erwirtschaftet werden können, um den fälligen Schuldendienst (Tilgung und Zinsverpflichtungen) leisten zu können.[11] Die wesentlichen Fragen der Auslandsverbindlichkeiten sind, ob die aufgenommenen Kredite zur Finanzierung von volkswirtschaftlich zweckmäßigen und rentablen Investitionen verwendet werden und ob die Kreditkonditionen unter den gegebenen Bedingungen erfüllt werden können.[12]

Der Kapitalmangel in den Entwicklungsländern, die sich in ständig steigender Kreditaufnahme und defizitären Zahlungsbilanzen befindet, hat unterschiedliche Ursachen. Sie gliedern sich wie folgt:

- Zunächst ist eine Devisenlücke feststellbar, d.h. die wertmäßige Differenz zwischen Import und Export wirkt sich importlastig auf die Handelsbilanz.
- Weiterhin ist der Kapitalexport verantwortlich. Dieser entsteht durch Kapitalflucht und Kapitaltransfer.[13]

Folglich besteht die wesentliche Funktion des Auslandskapitals darin, die inländischen Ersparnisse zu ergänzen. Die Türkei erhöhte die Auslandskreditaufnahme in verschiedenen Zeiträumen der Periode von 1972 bis 1978.[14]

Es gibt vier Perioden der Kreditaufnahme:

- Von Mitte der 60er bis Anfang der 70er Jahre überwog die Finanzierung bestimmter Investitionsvorhaben aus öffentlichen Quellen. Das Wirtschaftswachstum beschleunigte sich.
- Von 1973 bis 1978 floß weiterhin ein großer Teil der aufgenommenen Mittel in die Investitionen. Die Wirtschaft wuchs rasch.
- In den Jahren von 1979 bis 1982 nahm die Nachfrage nach Zahlungsbilanz- und Haushaltsfinanzierungen stark zu.
- Seit 1982 hat sich der Nettozufluß von Auslandsgeldern wesentlich verringert.[15]

Daher entstehen die Probleme, wenn die Ausgaben oft schneller wachsen. Steigende Investitionsausgaben haben Folgekosten. Unter einem Folgekostenproblem ist der Zustand zu verstehen, daß die finanziellen und realen Ressourcen nicht ausreichen, um die Folgekosten aller Investitionen abdecken zu können. Daraus erwächst die Notwendigkeit einer zusätzlichen Kreditaufnahme.[16]

Die verschuldeten Entwicklungsländer weisen seit 1984 Netto-Kapitalabflüsse auf. Das bedeutet, daß sie weniger Kapital bekommen als sie für ihren Schuldendienst zurückzahlen und als Gewinne der ausländischen Investoren ins Ausland transferieren müssen.[17]

Zusammenfassend können folgende Gründe für eine Kreditaufnahme im Ausland genannt werden:[18]

- Eine verfehlte Agrarpolitik, die die Landbevölkerung in Armut und Arbeitslosigkeit und in die Städte führte,
- überhöhte Wechselkurse,
- Machtmißbrauch,
- Inkompetenz.

Auslandskapital kann einen wertvollen Beitrag leisten, wenn es die Zeit bis zum Wirksamwerden von Reformen überbrückt.

2.2. Zur Verschuldung führende Arten des Kapitals

Das Kapital kann aus offiziellen oder privaten Quellen stammen. Offizielle Quellen sind Regierungen und öffentliche Stellen und internationale Organisationen. Zu den privaten Quellen gehören kommerzielle Lieferanten und Hersteller, die Exportkredite zum Ankauf ihrer Güter anbieten. Geschäftsbanken, die Exportkredite oder Barkredite vergeben.[19]

Von den wichtigsten multilateralen öffentlichen Organisationen, die neben dem internationalen Währungsfonds und der Weltbankgruppe finanzielle Ressourcen für Entwicklungsländer zur Verfügung stellten, sind zu nennen:

- die drei internationalen Entwicklungsbanken mit größeren regionalen Tätigkeitsbereichen (Interamerikanische Entwicklungsbank, Afrikanische Entwicklungsbank, Asiatische Entwicklungsbank),
- die Vereinten Nationen und
- die Europäische Gemeinschaft (jetzt: Europäische Union, EU).

Diese Institutionen spielten im Rahmen der internationalen Verschuldung jedoch nur eine unwesentliche Rolle.[20]

Wenn man die Nettoleistungen in der Periode von 1956 bis 1972 betrachtet, stellt man fest, daß durchschnittlich 40% des jährlichen Aufkommens finanzieller Ressourcen aus privaten Quellen stammt. Hierbei handelte es sich bis zum Ende der 60er Jahre überwiegend um Direktinvestitionen, die keine Erhöhung der Außenverschuldung der Entwicklungsländer bedeuteten.[21] Anleiheemmissionen waren im Rahmen der externen Verschuldung der Entwicklungsländer von 1946 bis 1972 nahezu ohne Bedeutung. Zwischen 1960 und 1972 machten Anleihefinanzierungen nur rund 1% des gesamten externen Netto-Mittelaufkommens der Entwicklungsländer aus. Bis zum Anfang der 60er Jahre war die wichtigste Quelle externer Anleihefinanzierungen von Entwicklungsländern US-amerikanisches Kapital. Anfang der 70er Jahre besaßen die Schweiz, die Bundesrepublik Deutschland und die Niederlande große Anteile an Anleihemärkten.[22]

Insbesondere ab 1973 wurden die Offshore-Banking-Centers (auch Eurofinanzmärkte genannt) zu der bedeutendsten Quelle der Kreditmittelbeschaffung der Entwicklungsländer.[23]

Nach Angaben der OECD über die Vergabe von Eurokrediten an Entwicklungsländer (ohne OPEC) ergibt sich folgende Verteilung (Verwendungsstruktur der aufgenommenen Kredite):[24]

Energie 28%

Kreditwesen 21,2%

Öffentliche HH 21,1%

Verarbeitende Industrie 10,1%

Verkehrs- und

Nachrichtenwesen 8,7%

Andere 10,4%

Bei dem Betrag der Gesamtschulden ist außerdem mit hohen unausgewiesenen Beträgen für militärische Zwecke zu rechnen. Schätzungen geben den Anteil der Rüstungsimporte an den bereits ausgewiesenen Schulden mit 10% bis 20% an.[25]

Das Verschuldungskapital steigert die Konsumquote wie folgt:

- Traditioneller feudaler Lebensstil der Landoligarchie mit hohen Ausgaben für rein konsumative Zwecke (z.B. Reisen)
- Nationaler Demonstrationseffekt der Landoligarchie auf die städtischen „Neureichen“.
- Internationaler Demonstrationseffekt durch die Übernahme der Konsummuster hochentwickelter Staaten.[26]

Das entscheidende ist, daß dieses Konsumverhalten nicht dazu geeignet ist, die inländliche Wirtschaft anzukurbeln, indem positive Impulse auf den produktiven Sektor ausgelöst werden. Denn in dieser Konsumstruktur spiegelt sich vor allem die Erhöhung des nicht-produktiv verwerteten Imports wieder.

2.3. Empirischer Überblick

Die Verschuldung der Dritten Welt betrug im Jahr 1960 18 Mrd. US-$, bis 1970 75 Mrd. US-$, Anfang 1973 knapp 100 Mrd. US-$, im Jahre 1979 mehr als 380 Mrd. US-$, Anfang der 80er Jahre über 600 Mrd. US-$, 1990 ca. 1.265,2 Mrd. US-$ (nach einer Schätzung des IWF), 1992 über 1,32 Billionen US-$. Zwischen 1980 (580 Mrd. US-$) gab es jährliche Erhöhungen um jeweils ca. 60 Mrd. US-$.[27]

Tabelle 1: Auslandsverschuldung der Türkei (Mill. US-$)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hatiboglu, Z., Die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Türkischen Volkswirtschaft, Istanbul 1993; Hermann, R. T., Bundesstelle für Außenhandelsinformation, Türkei zur Jahresmitte 7/1994, S. 7; F.A.Z. von 11.11.1993, S. 2; Sparkasse, Fachbeilage, Außenwirtschaft, Ländermerkblatt Türkei, 6/93, S. 2; Eigene Berechnungen.

1992 betrug die durchschnittliche Schuldendienstquote in den afrikanischen Ländern 31%. Die geringste Schuldendienstquote weisen die asiatischen Entwicklungsländer mit höchstens 15% im Rekordjahr 1986 und 8% in den Jahren 1991 und 1992 aus. Lateinamerika und die Karibik wiesen 1986 ein Quote von 46% aus, welche 1990 mit 27% am tiefsten lag und 1992 wieder 34% erreichte.[28]

Der Nettobetrag der finanziellen Gesamtleistungen an die Entwicklungsländer erhöhte sich um 3% auf über 131 Mrd. US-$. Die Struktur der wichtigsten Leistungskategorien blieb unverändert, doch ist auf folgende Trends und Verlaufsmuster hinzuweisen:

- Die privaten Leistungen erhöhten sich 1991 um 5% auf mehr als 55 Mrd. US-$.
- Die öffentlichen Mittel zur Entwicklungsfinanzierung stiegen um 4% auf 73 Mrd.US-$.
- Die Exportkredite gingen zurück, nämlich von 4,7 auf 3,1 Mrd.
US-$.[29]

Das Wachstum der Auslandsverschuldung hat sich in den Entwicklungsländern 1980-86 stark beschleunigt. Die Gesamtverschuldung aller Entwicklungsländer erreichte einen Wert von 1100 Mrd. US-$ und hat sich damit gegenüber dem 1980 beobachteten Wert von 634 Mrd. US-$ fast verdoppelt. Die Schuldenquote stieg von 82% (1980) auf 169% (1986), die Schuldendienstquote (Zins- und Tilgungszahlungen in v.H. der Exporterlöse) von 13% (1980) auf 25% (1986). Zum anderen werden die in den Entwicklungsländern entstandenen Liquiditätsengpässe durch die gesunkene Kreditwürdigkeit verschärft; der Zufluß neuer privater Kredite hat ein Rekordtief erreicht, nachdem die Geschäftsbanken ihr Kreditengagement in den hochverschuldeten Entwicklungsländern mittleren Einkommens stark eingeschränkt haben.[30]

Die Auszahlungen des IWF 1992/93 stagnierten mit insgesamt 5,9 Mrd. SZR auf dem Vorjahresniveau. Die Rückzahlungen an den IWF machten 4,1 Mrd. SZR aus. Damit ergibt sich ein positiver Nettotransfer von 1,8 Mrd. SZR. Die IWF-Auszahlungen verteilten sich wie folgt: Afrika 0,4 Mrd. SZR (Vorjahr 0,7); Asien 1,8 (1,5); Europa 1,3 (1,5) und Lateinamerika 2,3 (1,8). Gründe für die Zurückhaltung der Mittelvergabe - die Zusagen für Bereitschaftskredite sind von 8,1 Mrd. SZR im Vorjahr auf 3,2 Mrd. SZR verringert. Als weiteren Grund sieht der IWF die seiner Einschätzung nach mangelnden Voraussetzungen für IWF-Kredite in den osteuropäischen- Ländern an. Osteuropäische-Länder können in Zukunft 10% mehr IWF-Kredite beanspruchen.[31]

3. URSACHEN DER VERSCHULDUNGSKRISE

Der Verschuldungsboom, der in der zweiten Hälfte der 70er Jahre zu Problemen führte und in die so berechnete Schuldenkrise Anfang der 80er Jahre mündete, beginnt Anfang der 70er Jahre dieses Jahrhunderts. Die Kreditinstitute sahen sich aufgrund rezessionsbedingten Rückgangs der Kreditnachfrage in den Industrieländern selbst, bei gleichzeitig steigenden Einlagen aus den Mehreinnahmen der erdölproduzierenden Ländern mit dem Problem eines Liquiditätsüberhangs konfrontiert. Um den Zins auf die überlassenen Einlagen zahlen zu können, waren die Banken ihrerseits gezwungen, diese Gelder Zinstragend als Kredite auszureichen. In Ermangelung der Kreditnachfrage in den Industrieländern wurden die Kreditmittel über den s.g. Eurokreditmarkt (Off-shore-market) in die Enwicklungsländer transportiert.

Während sich die Geschäftsbanken in den 50er Jahren auf die kurzfristige Finanzierung des Außenhandels beschränkten und in den 60er Jahren bilaterale Entwicklungshilfe sowie der Ausbau von Exportfinanzierung an Bedeutung gewann, expandierten in den 70er Jahren die mittelfristigen Roll-over Kredite der off-shore Finanzplätze. In den 60er Jahren begann die bilaterale Entwicklungshilfe und der Ausbau der Exportfinanzierung. In den 70er Jahren begann die Expansion mittelfristiger Rollover-Kredite aus dem Eurokreditmarkt. Dadurch erreichte man in den Entwicklungsländern vorübergehend wirtschaftliches Wachstum.[32]

Die Kredite, die die Entwicklungsländer für sich aufnahmen, um gestiegene Leistungsbilanzdefizite zu decken, wurden nicht häufig planmäßig verwendet, wodurch die Probleme verschärft und rechtzeitige Anpassungsreaktionen erheblich erschwert wurden.[33]

Die Verschuldungskrise hängt erheblich vom Einkommensniveau und der Produktionsstruktur der betroffenen Länder ab. Dabei geht es insbesondere um verschlechterte Terms-of-Trade, eine zurückgehende Weltmarktnachfrage und international stark gestiegene reale Zinssätze. Zum offenen Ausbruch der Krise kam es zusätzlich, als in Folge der expansiven Politik der 70er Jahre die stark gestiegene Rezession durch eine restriktive Geldpolitik der USA weltweit bekämpft wurde. Daraus folgte Ende der 70er Jahre ein starker Zinsanstieg.

Tabelle 2: Internationale Bankkredite Durchschnittlicher Zinssatz 1973-1987 (in %)

Quelle: Yenal, A., IWF, Weltbank und Entwicklungsländer, Das

Damoklesschwert der internationalen Verschuldung, S. 125-186, in: Czada, P. u.a., Internationale Währungsprobleme, Berlin 1988, S. 146. Die Verschuldungskrise ist aus der Sicht der Entwicklungsländer dadurch zustande gekommen, daß Strukturprobleme der Wirtschaftsbeziehungen im Nord-Süd-Verhältnis verschärft wurden. Im Ergebnis sind dies die Auslastungsprobleme der vorhandenen Produktionskapazitäten, die Engpässe in der Versorgung der Bevölkerung und die Arbeitslosigkeit.

Um die Ursachen des Verschuldungsproblems angehen zu können, bedarf es auch eines ausführlichen politischen Dialogs mit denen, die sich als Opfer der Krise verstehen.[34] Die Ursachen des gegenwärtigen Verschuldungsproblems sind verschieden, so daß frühere Schuldenregelungen nicht ohne weiteres zur Lösung des heutigen Schuldenproblems herangezogen werden können. Mit Schuldenerleichterungen allein ist eine dauerhafte Lösung des Verschuldungsproblems nicht möglich.

Die Ursachen der Verschuldungskrise sind sowohl im Verhalten der Schuldnerländer als auch in dem der Gläubigerländer zu suchen. Hierzu gehören leichtfertige Kredite, Protektionismus sowie eine Hochzinspolitik, die in erster Linie von den Industrieländer zu verantworten sind.[35]

Der Nettokapitaltransfer vom Süden nach Norden beträgt heute 30 Mrd. US-$ jährlich, was umgekehrt sein müßte. Nach der Schätzung der Weltbank kehrte etwa die Hälfte der Brutto-Kapitalimporte ins Ausland als Kapitalflucht zurück.[36]

Die Verschlechterung der Terms-of-Trade, d.h. die Verschlechterung des Preisverhältnisses zwischen Einfuhren und Ausfuhren, verringert die Transferkapazitäten der Schuldnerländer.[37] Die gesamte Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer hat 1987 den Betrag von 1.2 Billionen US-$ erreicht. Davon waren ca. 40% für Lateinamerika und 15% für Afrika.

Dies entspricht einer bestimmten Verschuldungsquote von 349% bzw. 231% und einer Schuldendienstquote von 50% bzw. 35%.[38] Im Jahre 1986 stieg die Schuldendienstquote bezogen auf das BSP der Türkei von 32% auf 44%. Hierbei ist zu beachten, daß die kurzfristigen Kredite steigende Tendenz hatten.[39]

Als die Entwicklungsländer am Anfang der 80er Jahre nicht mehr in der Lage waren, den Schuldendienst zu leisten, wurde dieses Problem vom IWF unter Kontrolle gebracht. Der IWF verfolgte das Ziel, die Zinszahlungsfähigkeit der Entwicklungsländer wiederherzustellen. Voraussetzung dafür war eine positive Handelsbilanz der verschuldeten Länder, d.h. der IWF drängte die betroffenen Entwicklungsländer dazu, ihren Export zu steigern und den Inlandsverbrauch durch Lohnkürzungen, den Abbau von Sozialleistungen und Importrestriktionen zu senken.[40] Die IWF-Auflagenpolitik dient der Aufrecherhaltung des Weltfinanzsystems. Dabei werden die Anpassungsmaßnahmen einzig den Entwicklungsländern aufgebürdet. Hieraus resultierend erweisen sich die den monetaristischen Wirtschaftkonzepten folgenden Strukturanpassungsprogramme als dem Profitinteresse der Geschäftsbanken orientiert, humanitäre Gesichtspunkte und langfristige entwicklungsfordernde Maßnahmen bleiben außen vor.

3.1. Externe Ursachen

3.1.1. Ölpreisschocks und Rezession

Eine gängige These ist, daß die Ölpreisentwicklung sowohl als Hauptursache für den 1973/74 einsetzenden Verschuldungsboom als auch für die 1979/80 einsetzenden Zahlungsschwierigkeiten anzusehen ist. Gemäß dieser These führte die Steigerung der Erdölpreise zu Zahlungsbilanzproblemen.

Die Leistungsbilanzdefizite der ölimportierenden Entwicklungsländer betrugen in den 60er Jahren durchschnittlich 2% ihres BSP, im Jahre 1973 0,8% ihres BSP. Infolge der ersten Ölpreisexplosion auf 3,5% ihres BSP im Jahre 1974 und 4,0% ihres BSP im Jahre 1975.[41]

Schaubild 1: Indizes der realen Rohstoffpreise, 1965 bis 1984

Quelle: Weltbank, 1985, 1. Aufl., Washington D.C. 1985, S. 45

Diese Leistungsbilanzdefizite werden auf die durch die Erdölpreisentwicklung verursachten negativen Handelsbilanzen zurückgeführt. Der Anteil der Importausgaben für Erdöl an den gesamten Wareneinfuhren der ölimportierenden Entwicklungsländer stieg wertmäßig wegen der Preissteigerungen von 5,9% 1973 auf 21,0% 1981, trotz Einsparungs- und Substitutionseffekten.[42] Der Ölpreisschock hat die nichtöl- produzierenden Entwicklungsländer in den Jahren 1973 und 1979/80 besonders stark getroffen.[43]

Zusätzlich ist auf die erhöhten Belastungen für Importgüter aus den Industrieländern hinzuweisen. Den Industrieländern ist es nämlich gelungen, ihre aufgrund der Erdölpreissteigerung gestiegenen Produktionskosten ihrer Exportgüter auf die Entwicklungsländern abzuwälzen. Nach Angaben des GATT stieg der Fehlbetrag im Handel mit Brennstoff im Zeitraum 1973 bis 1979 von 27 Mrd. US-$ auf 71 Mrd. US-$.[44] Demnach stiegen die Defizite der Entwicklungsländer aus dem Handel mit den Industrieländern um mehr als das dreifache der wertmäßigen Erdölimportsteigerungen. Zu Beginn der Erdölpreissteigerung wiesen die Industrieländer insgesamt Ausgaben für Erdöl i.H.v. 818 Mrd. US-$ aus. Dem gegenüber standen Einnahmen für den Export von Fertigwaren i.H.v. 828 Mrd. US-$.[45] Die Handelsbilanzdefizite waren allerdings nicht in gleichem Umfang.

Die These, daß die Erdölpreissteigerungen als Hauptursache für die hohe Liquidität zu Beginn der 70er Jahre und das Hauptmotiv für die Kreditaufnahme der nicht-Erdöl-produzierenden Entwicklungsländer war, und das es die Erdölpreissteigerungen 1979/1980 waren, die die Zahlungsschwierigkeiten verursachten, die in die Krise führten, wird in der Fachliteratur kritisiert.[46]

Die genannten Autoren führen die Einlagenexpansion auf die Rezession in den Industrieländern zurück. Schubert beziffert die Einlagen der OPEC lediglich auf 1/3 des Gesamtvolumens.[47] Bortz weist aus, daß die Einlagen bereits zwischen 1970 und 1973, also vor der Verwirklichung des OPEC-Kartells, um 190% gestiegen sind.[48]

Die Krise der frühen 70er Jahre wird als typische Überproduktionskrise beschrieben.[49] Aufgrund der Anspannung auf den Absatzmärkten sinken die Investitionen. Infolge der gesunkenen Investitionsbereitschaft muß die Investitionskreditnachfrage sinken. Hierdurch entsteht eine Situation, in der trotz niedriger Zinsen ein Kreditüberangebot entsteht, weil die Gelder in den entsprechenden Ländern nicht rentabel investiert werden können.[50]

In Ermangelung heimischer Anlagesphären, transferierten die Geschäftsbanken der Industrieländer die ihnen überlassenen Einlagen als Kredite in die Entwicklungsländer. Anfangs herrschte allgemein ein Optimismus über die Kreditwürdigkeit vieler Länder der Dritten Welt vor, besonders bei solchen, mit reichen Ressourcen wie Brasilien und Mexiko. Hätten die Kreditmittel ausschließlich zur Finanzierung des Handelsbilanzdefizits durch direkte und indirekte Erdölpreiserhöhungen verwendet werden müssen, wäre der Optimismus der Geschäftsbanken nicht gerechtfertigt gewesen. Denn die bloße Deckung einer Finanzierungslücke ist nicht geeignet, die notwendigen Erträge für Tilgung und Zinsverpflichtungen zu erwirtschaften.[51]

Zweifel sind auch geboten, das es einzig die Erdölpreiserhöhungen von 1979/80 waren, die die Zahlungsschwierigkeiten, die in die Schuldenkrise mündeten. Mexiko und Venezuela (beide Erdölexporteure) zählten 1983 zu den höchst verschuldeten Ländern. Mexiko ist mit einem Schuldendienstquotienten von 129% zweitgrößter Schuldner hinter Argentinien.

Der prozentuale Anteil der Zinszahlungen an den Ausfuhren betrug im gleichen Jahr 37%. Venezuela ist 1983 das sechst größte Schuldnerland, mit einem Schuldendienstquotienten von 95% und einem Anteil der Zinszahlungen an den Exporten gemessen i. H. v. 14%. Nach dieser Statistik nimmt die Türkei als nicht-Erdöl-produzierendes Land erst den 10. Rang ein. Der Schuldendienstquotient der Türkei lag 1983 bei 68% der Anteil der Zinszahlungen an den wertmäßigen Exporten betrug 13%.[52]

Angesichts dieser Zahlen ist wahrscheinlicher, daß es sich um einen rezessionsbedingten Rückgang der Importnachfrage der Industrieländer handelt, der einerseits die Exporteinnahmen der Entwicklungsländer absolut schmälert. Andererseits sich verschärfend auf die relativen Preise (Verschlechterung der Terms-of-Trade) auswirkte. Ein Beispiel für die absolute Einnahmeminderung läßt sich am Mexiko verdeutlichen. Hier schlug die Rezession der Industrieländer ab April 1981 auf den mexikanischen Markt nieder. Viele westliche Konzerne stornierten ihre Erdölkaufverträge, so daß sich die geschätzten Mindereinnahmen aus dem Nachfragerückgang auf schätzungsweise ca. 5 Mrd. US-$ beliefen.[53] Dadurch wurde eine negative Handelsbilanz - allerdings nur - i.H.v. 4,1 Mrd. US-$ bewirkt.[54]

Die Rezession Anfang der 80er Jahre war nicht wie die der frühen 70er Jahre von einem Liquiditätsüberhang begleitet. Vielmehr verfolgten die USA eine rezessive Geldpolitik, sie versuchten durch eine Hochzinspolitik die Finanzmarkteinlagen auf sich zu ziehen.

3.1.2. Zinsanstieg und verkürzte Kreditlaufzeiten

Die Entwicklung der Zinsen zwischen 1973 und 1982 ist eine wesentliche Ursache für den starken Anstieg der Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer. Wegen der expansiven Geldpolitik der Vereinigten Staaten stiegen die Inflationsraten der USA. Bis Ende der 70er Jahre sind auch die Nominalzinsen in den USA angestiegen. Die Realzinsen befanden sich zeitweise im negativen Bereich. Im Jahre 1975 erreichte der Realzinssatz das Minimum.[55] Die negative Realverzinsung stellte einen Anreiz dar, verstärkt internationale Kredite aufzunehmen.[56]

Westliche Industrieländer (insbesondere auch die USA) wollten Ende 1979 nach den beiden Ölkrisen gegen die inflationären Tendenzen mit Zinsanstieg reagieren. Das führte dazu, daß die Zinsen weltweit anstiegen. Danach, seit 1979/80, änderte sich die amerikanische Geldpolitik. Sie war nun geldmengenorientiert. Durch diese Politik wurde die Liquidität knapper, so daß die Zinsen weiterstiegen.[57] Der Zinsanstieg des Dollarkurses spielt eine große Rolle. Durch ihn wurde der Schuldendienst für die Entwicklungsländer zusätzlich vergrößert.[58] Die höheren realen Zinssätze, die kürzeren Laufzeiten und die variable Verzinsung der privaten Kredite führten dazu, daß die Last der Schuldendienstzahlungen problematisch wurde.[59]

Im Jahre 1982 überstiegen die Zinszahlungen aller Entwicklungsländer, mit 56,3 Mrd. US-$ das gesamte Handelsbilanzdefizit (aller Entwicklungsländer) von 53,3 Mrd. US-$.[60]

Anfang der 70er Jahre wurden die Kredite langfristig gewährt und der Anteil der Neukredite zur Refinanzierung war gering. Schätzungen aus Bankkreisen gehen davon aus, daß der Anteil von Neukrediten zur Refinanzierung 1977 bei nur 27% lag. 1980 ist dieser Anteil schon auf 50% gestiegen.[61]

1986 hatten die Entwicklungsländer als Gesamtsumme einen Schuldendienst von 170 Mrd. US-$. Davon waren ca. 115 Mrd. US-$ Zinsen.[62] Die langfristigen Zinssätze stiegen in den Vereinigten Staaten 1981 bis zu 15%.[63] Eine Schätzung geht davon aus, daß die von den nicht-Erdöl-produzierenden Entwicklungsländern aufzubringenden Realzinsen im Zeitraum 1981-1982 auf über 20% gestiegen sind.[64]

Schaubild 2: Langfristige Zinssätze in den Vereinigten Staaten, 1965 bis 1984

Quelle: Weltbank, Weltentwicklungsberichte 1985, 1. Aufl., Washington, D.C. 1985, S. 5.

Das hohe Zinsniveau Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre erhöhte nicht nur die Schuldendienstzahlungen. Weil die Zinszahlungsverpflichtungen meistens nur durch die Neukreditaufnahme erfüllt werden konnten, erhöhte sich zusätzlich auch das Volumen ihrer ausstehenden Auslandsschulden.[65]

Dramatisch verschärfte sich die Zahlungsschwierigkeit, als die Bänker nur noch zu kurzfristigen Ausreichungen übergingen.

3.1.3 Der Verfall der Rohstoffpreise

Unter Rohstoffen versteht man alle agrarischen und mineralischen Erzeugnisse und Güter, die entweder nicht oder nur in einem für den Transport und Handel notwendigen und üblichen Ausmaß verarbeitet sind.[66]

Weil der Verfall der Rohstoffpreise im Jahre 1974 zu sinkenden Exporterlösen führte, war er ein weiterer bedeutender Grund für die hohe Kreditaufnahme.[67] Die Rohstoffproduzenten der Entwicklungsländer in den 70er Jahren mußten eine Verschlechterung ihrer Terms-of-Trade[68] hinnehmen.[69] Besonders betroffen waren die Länder mit Bevölkerungsexplosion in Afrika und Südamerika.[70]

Wegen der Weltrezession fragten die Industrieländer Rohstoffe weniger nach, was die Leistungsbilanzen der Entwicklungsländer verschlechterte. Die Abnahme der Rohstoffnachfrage auf dem Weltmarkt führte zum Verfall der Rohstoffpreise, wodurch sich die Devisenzugänge weiterhin verringerten. Diese Entwicklung war deshalb so extrem, weil der Anteil der Rohstoffe an den gesamten Exporten in vielen Entwicklungsländern zu hoch war und sie die Möglichkeit der Risikostreuung wegen fehlender Exportdiversifikation nicht hatten. Als Beispiel hierzu können einige Entwicklungsländer genannt werden. Rohstoffexporte dieser Länder hatten folgende Anteile an den gesamten Exporterlösen: Guinea 98% Bauxit, Sambia 85% Kupfer und Bolivien 40% Zinssatz.[71] Die Abnahme der Devisenzugänge führte dazu, daß sich die Schuldendienstfähigkeit dieser Länder rapide verschlechterte.

Schaubild 3: Reale Rohstoffpreise

Quelle: Yenal, A., IWF, Weltbank und Entwicklungsländer. Das

Damoklesschwert der internationalen Verschuldung, S. 149, in: Czada,P./ Tolksdorf, M./Yenal, A., Internationale Währungsprobleme, S125-186, Berlin 1988.

Die Rohstoffpreise werden i.d.R. ohne Produzenten festgelegt; sie werden in den internationalen Börsen bestimmt.[72] Der Verfall der Preise hat fast immer die Ursachen in den Entwicklungsländern. Es besteht die Ausnahme - nämlich die durch die Lagerhaltung beeinflußte Aufkaufs- und Verkaufspolitik wirkte sich recht entscheidend auf die Preise aus. Viele Landprodukte müssen teilweise unmittelbar vermarktet und verbraucht werden. Dies trifft insbesondere für Früchte zu, aber auch Kakao, Kaffee und Zucker sind nur begrenzt haltbar.[73] Es ist zu beachten, daß heutzutage die Preise bestimmter Rohstoffe vergleichsweise niedrig sind und tendenziös sinken.[74]

3.1.4. Verhalten der Gläubiger bzw. der Banken

In den 70er Jahren überwogen die Kredite der Geschäftsbanken, bis 1982 war der kumulierte Förderungsbestand der privaten Geschäftsbanken auf ein Volumen von 586,2% aufgelaufen. Zum gleichen Zeitpunkt beliefen sich die öffentlichen Kredite nur auf 249,9 Mrd. US-$. Von 1982 bis 1990 hat sich dieses Verhältnis jedoch verkehrt. Von 1982 bis 1990 erhöhte sich das Forderungsvolumen der Geschäftsbanken nur noch um ca. 23%, auf 723,2 Mrd. US-$ in allen Entwicklungsländer. Im genannten Zeitraum stieg die Kreditmittelvergabe durch die öffentlichen Institutionen auf 542,1 Mrd. US-$.[75] Der des Geschäftsbankensektors ist von 1982 = 70% auf 1990 = 57% gesunken.[76]

Das veränderte Engagement der Geschäftsbanken ist den verminderten Profitaussichten in den Entwicklungsländern geschuldet. Die Vergabe der offiziellen Kredite, vor allem die Weltbank und IWF-Mittel, dient letztlich der Wiedererlangung bzw. der Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit der Entwicklungsländer. Damit hat die Mittelvergabe letztendlich die Funktion, die Tilgungs- und Zinsverpflichtungen der Entwicklungsländer, gegenüber den Geschäftsbanken zu sichern. Für die Geschäftsbanken bedeutet das Engagement der supranationalen Organisationen faktisch die Sozialisierung ihres Risikos. Der Anteil der Gläubigerbanken an den Verbindlichkeiten der Entwicklungsländer beläuft sich auf etwa ein Drittel der gesamten Verbindlichkeitensumme von 1,2 Billionen US-$. Die weltwirtschaftliche Verbindlichkeitensituation ist dadurch gekennzeichnet, wie die Zahlen des IWF zeigen, daß die Verbindlichkeiten gegenüber öffentlichen Institutionen schneller steigt als gegenüber den Gläubigerbanken. Bei den öffentlichen Institutionen steigen die Verbindlichkeiten geringer, da sich die Rückzahlungen schneller vermehren als die neuen Ausleihungen.[77]

[...]


[1] Vgl.Enders, D., (1986), S.1

[2] Vgl. Seipper, W., (1985), S. 49-71.

[3] Vgl. Holtz, U., (1988), S. 8-9.

[4] Vgl. Kampffmeyer, T., (1989), S. 1.

[5] Vgl. Körner, P. u.a., (1984), S .28.

[6] Vgl. Hoffmann, U., (1988), S. 19.

[7] Vgl. Yenal, A., ( 1988), S. 127.

[8] Vgl. Kübler V.F. u.a. , (1988) , S. 30.

[9] Vgl. Haase, U., Diplomarbeit an der FHW-Berlin 1993

[10] Vgl. Altvater, E., (18.04.1988), S.112

[11] Vgl., Weltbank, (1985), S. 60.

[12] Vgl. Yenal, A. u.a., (1988), S. 131.

[13] Vgl. Wagner, N., (1989), S. 164 -165.

[14] Vgl. Weltbank, (1985), S. 68.

[15] Vgl. Ebenda (1985), S. 81.

[16] Vgl. Müller, H. , (1990), S. 2.

[17] Vgl. Yenal, A., (1988), S. 135.

[18] Vgl. Opitz, P., (1993), S. 18.

[19] Vgl. Weltbank, (1985), S. 9.

[20] Vgl. Feldmann, H., (1991), S. 434.

[21] Vgl. Ebenda, S. 434.

[22] Vgl. Wielens, H., (1968), S. 168 ff.

[23] Vgl. Wagner, N., (1989), S. 46.

[24] Vgl. Hedström, H., ( 1985), S. 37.

[25] Vgl. Ebenda., S. 37.

[26] Vgl. Wagner, N., (1989), S. 48.

[27] Vgl. Sabet, H., (1992), S. 18.

[28] Vgl. Vallet, J., (1994), S. 14.

[29] Vgl. OECD, (1992), S. 103.

[30] Vgl. Sander, D., (1988), S. 3.

[31] Vgl. Vallet, J., (1994), S. 17.

[32] Vgl. Murtfeld, M., (29.03.1988), S.31.

[33] Vgl. Kampffmeyer T., (18.04.1988), S.38.

[34] Vgl. GKKE, (18.04.1988),S. 102.

[35] Vgl. Hauchler, I., (18.04.1988), S.160

[36] Vgl. Weltbank, (1985), S. 75.

[37] Vgl. Altvater, E., (18.04.1988),S. 113.

[38] Vgl. Folz-Steinacker, S., (18.04.1989), S. 165.

[39] Vgl. Bundesstelle für Au0enhandelsinformation (Bfai) von 19.03.1987

[40] Vgl. Hoffmann, L., (18.4.1988), S.104.

[41] Vgl. Weltbank, (1985), S. 20.

[42] Vgl. Feldmann, H., (1991), S. 439.

[43] Vgl. Sabet, H., (1992), S. 39.

[44] Vgl. GATT, (1979/80), S.9.

[45] Vgl. Ebenda, S.9.

[46] Vgl. Altvater, E. , (1987), S. 21.

[47] Vgl. Schubert, A., S. 39.

[48] Vgl. Bortz, J., S. 105.

[49] Vgl. Altvater, E., (1987), S. 240 ff, Krüger, S.,(1986), S. 669 ff.

[50] Vgl. Haase, U., (1993), S. 40.

[51] Vgl. Akyildiz, A. K., (1989), S. 154.

[52] Vgl. Schubert, A.,S. 135

[53] Vgl. Haase, U. M. (1993), S. 60.

[54] Vgl. Schubert, A.,o.J. , S. 177.

[55] Vgl. Schaubild 2.

[56] Vgl. Feldmann , H., (1991), S. 440.

[57] Vgl. Holtz, U., (1988), S. 53f.

[58] Vgl. Leutwiler, F., S. 126.

[59] Vgl. Yenal, A., u.a., (1988),S. 132.

[60] Vgl. Haase, U., M., (1993), S. 42.

[61] Vgl. Ebenda, S. 46.

[62] Vgl. Yenal, A.,(1988),S. 137.

[63] Vgl. Weltbank, (1985),S. 5.

[64] Vgl. Nyerere, J.¸ (1987),S. 143.

[65] Vgl. Holthus, M., (1987),S. 25.

[66] Vgl. Tietzel, M., (1977), S. 14.

[67] Siehe Schaubilder 1 und 3.

[68] Gans, O./ Evers, I., Definition Terms-of-Trade ergeben sich durch die Divison des Preisindex für Export durch den Preisindex für Import., (1990), S. 24.

[69] Vgl. Boris, D., (1987), S. 22.

[70] Vgl. Leutwiler, F., (18.04.1988), S. 126.

[71] Vgl. Mutter, T., (1993), S. 134.

[72] Vgl. Ebenda, S. 120

[73] Vgl. Mutter, T., (1993), S. 122.

[74] Vgl. Norbert, W., (1989), S. 119.

[75] Vgl. Sabet, H., (1992), S. 24.

[76] Vgl. Ebenda, S. 27.

[77] Vgl. Bombach, G., (1989), S. 161.

Ende der Leseprobe aus 166 Seiten

Details

Titel
Die Rolle des IWF bei der Lösung des Verschuldungsproblems am Beispiel der Türkei
Hochschule
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin  (Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen)
Note
2,00 und 1
Autoren
Jahr
1994
Seiten
166
Katalognummer
V301
ISBN (eBook)
9783638102193
ISBN (Buch)
9783656218098
Dateigröße
789 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der Arbeit fehlen teilweise die Schaubilder, die aber über die angegebenen Quellen gut aufgefunden werden können.
Schlagworte
IWF IMF Verschuldungsprobleme Verschuldungskrise Türkei Krise Verschuldung Krisenmanagement Krise
Arbeit zitieren
Davut Cizer (Autor:in)Ahmet Özbeg (Autor:in), 1994, Die Rolle des IWF bei der Lösung des Verschuldungsproblems am Beispiel der Türkei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Rolle des IWF bei der Lösung des Verschuldungsproblems am Beispiel der Türkei



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden