Interlingual Translation. Subtitling als Übersetzungsform am Beispiel japanischer Untertitel


Magisterarbeit, 2009

88 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung.

1.0 Die Gattung Untertitel und das Subtitling
1.1 Entwicklungsgeschichte und Herstellungsprozess
1.2 Vorgang und Ablauf des Untertitelns: das Subtitling
1.2.1 Räumliche und zeitliche Restriktionen
1.2.2 Standards des ‚Code of Good Subtitling Practice’

2.0 Umriss der japanischen Sprache und Schrift
2.1 Kurze Einführung in Schrift und Schriftsystem
2.2 Besondere Eigenschaften des Japanischen
2.2.1 Verschiedene Höflichkeitsstufen
2.2.2 Frauensprache vs. Männersprache
2.2.3 Personalpronomen und Anredeformen

3.0 Zum Subtitling ausländischer Filme in Japan
3.1 Entstehungsgeschichte des japanischen Subtitlings
3.2 Unterschiede in Standards und Restriktion.

4.0 Interlinguales Subtitling als Form des Übersetzens
4.1 Bedeutung und Beschreibung des Übersetzens
4.2 Schwierigkeiten und Nachteile des Subtitlings
4.3 Subtitling als Brücke des kulturellen Transfers

5.0 Untersuchung: japanische Untertitel im Film „I, Robot“
5.1 Auffälligkeiten im Transfer unter Berücksichtigung der Standards.
5.1.1 Höflichkeit, Genderlekt und Personalpronomina
5.2 Nähere Betrachtung weiterer sprachmentaler Transferunterschiede
5.2.1 Beleidigungen, Drohungen und Flüche
5.2.2 Slang und Umgangssprache..
5.2.3 Ironie, Sarkasmus und Wortwitz
5.3 Gesamtbeurteilung anhand der wesentlichen Gesichtspunkte.

6.0 Fazit: Subtitling – Übersetzung oder Zusammenfassung?

7.0 Literatur- und Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Gegenstand des Subtitlings als Form der interlingualen Übersetzung. Dabei soll unter anderem den Fragen nachgegangen werden, welche Besonderheiten und Restriktionen dabei eine bedeutende Rolle spielen und inwiefern eine solch interlinguale – im Gegensatz zur intralingualen – Untertitelung überhaupt als Form der Übersetzung zu verstehen ist. Anhand der westlichen Methoden und Standards werde ich zunächst eine Einführung in die Gattung und Entstehung von Untertiteln geben, um im weiteren Verlauf meiner Arbeit das Hauptaugenmerk auf den Bereich japanischer Untertitel in ausländischen Filmen zu legen. Dabei sollen ebenso Unterschiede zu den westlichen Konventionen sowie bedeutende Charakteristika der japanischen Sprache und Schrift einer näheren Betrachtung unterzogen werden, um die Inhalte meiner anschließenden Hauptuntersuchung verständlicher darstellen zu können. Am Beispiel eines amerikanischen Films werde ich die wesentlichen Merkmale und Auffälligkeiten einer interlingualen Untertitelübersetzung am Beispiel japanischer Untertitel sowohl auf technische als auch linguistische Weise verdeutlichen und anhand der eingangs genannten gattungsspezifischen Restriktionen und Konventionen zu begründen versuchen. Dabei soll sowohl eine Übersetzung des englischen Originaldialogs wie auch eine Übersetzung und Transkription der japanischen Untertitel nicht fehlen. Auf Grundlage dieser Darstellung erfolgt im Anschluss eine direkte Beurteilung der Untertitelung, um noch einmal die wesentlichsten Übersetzungsauffälligkeiten innerhalb der interlingualen Untertitelung aufgrund standardisierter Vorgehensweise und sprachlicher Mentalitätsunterschiede zu veranschaulichen. Auf dieser Grundlage möchte ich abschließend eine Antwort auf die anfangs erwähnte Frage geben, ob der sprachliche Transfer zwischen mündlichem Original und schriftlichen Untertiteln tatsächlich als gewöhnliche Übersetzung, oder vielmehr als umschreibende Zusammenfassung zu werten ist.

Die japanische Transkription erfolgt nach dem Hepburn-System. Um dem Leser ein wenig Arbeit zu ersparen und interessante Stellen meiner Hauptuntersuchung zu verdeutlichen, habe ich einige Szenen des untersuchten DVD-Films als Bildschirmfotos direkt in die vorliegende Arbeit eingefügt.

1.0 Die Gattung Untertitel und das Subtitling

Untertitel gibt es in verschiedenen Formen und mit verschiedenen Funktionen, je nachdem für welche Zwecke sie eingesetzt werden. Die hier thematisierten Untertitel kommen im Kino und TV, auf VHS/DVD und im Internet vor, wobei es je nach Medium leichte Unterschiede gibt (vgl. Diaz Cintas 2007:23). Große europäische Länder wie Spanien, Italien, Deutschland und Frankreich haben sich seit Entstehung des Tonfilms auf die Synchronisation ausländischer Filme spezialisiert, während die skandinavischen Länder sowie Griechenland und Holland die kostengünstigere Alternative des Subtitling bevorzugten. Auch heute noch werden ausländische Filme dort traditionell mit Untertiteln versehen und der Ton bleibt somit in der Originalsprache (vgl. Lyuken 1991:31 und Tveit 2004:11). Außerdem finden sich in Ländern wie der Schweiz, Belgien und Finnland, in denen jeweils zwei Nationalsprachen gesprochen werden, bilinguale Untertitel mit zwei parallelen Zeilen in jeweils einer der Nationalsprachen (vgl. Diaz Cintas 2007:18).

Grob gesagt lässt sich zwischen intralingualen und interlingualen Untertiteln unterscheiden. Erstere bezeichnen den Vorgang des Subtitlings in Hinblick auf ein hörgeschädigtes Publikum, weshalb sich die Zielsprache der Untertitel in diesem Fall nicht von der Originalsprache des Films unterscheidet. Dies kann selbstverständlich auch dem Zwecke des Fremdsprachenlernens oder einem Karaoke-Effekt dienen (vgl. Diaz Cintas 2007:14). Dem gegenüber steht das in dieser Arbeit thematisierte interlinguale Subtitling, bei dem ein ausländischer Film ausgehend von seiner Originalsprache in die Zielsprache „übersetzt“ wird (à Kap. 4.0). Dies verhilft somit auch dem hörfähigen Publikum zum Genuss anderssprachiger Filme.

Mit der wachsenden Popularität von DVDs haben sich heutzutage auch in den Synchronisations-Ländern wahlweise Untertitel eingebürgert (vgl. Heinze 2005:1), und in Deutschland wie in Italien wird hierbei in der Regel sowohl eine interlinguale, als gleichzeitig auch eine intralinguale Untertitel-Version (mit dementsprechenden Zusätzen) zur Auswahl geboten.

Abschließend möchte ich an dieser Stelle noch die sogenannten Fansubs erwähnen, die sich mit der wachsenden Popularität japanischer Zeichentrickserien in vielen Ländern außerhalb Japans seit einigen Jahren das Internet zu Nutze machen. Indem mehrsprachige Fans diese Serien auf eigene Faust und in der Regel ohne jegliche finanzielle Entlohnung selbst untertiteln (man spricht auch von „subben“), stehen sie einem breiten nicht-japanischen Publikum kostenlos zur Verfügung. Fansubs unterscheiden sich dabei aufgrund fehlender Standards in Farbe, Zeichenbegrenzung und Platzierung deutlich von professionellen Untertiteln (vgl. Diaz Cintas 2007:27 und Nornes 1999:31 f.), können jedoch gerade deswegen auch als eine Art revolutionärer Trend betrachtet werden. Da dieses Thema allerdings mühelos eine weitere Magisterarbeit füllen würde, sei es nur am Rande erwähnt; im Folgenden möchte ich stattdessen eine Einführung in die historische und technische Entstehung von Untertiteln im Allgemeinen geben.

1.1 Entwicklungsgeschichte und Herstellungsprozess

Die Untertitelung – ich werde sie im Folgenden als Subtitling bezeichnen, um sie von dem Begriff der Untertitel abzuheben – hat ihren Ursprung in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Theoretisch gab es bereits im Jahre 1903, im Zeitalter der Stummfilme, eine erste Art von Untertiteln in Form der sogenannten „Intertitles“ – beschriebene Tafeln, die in Stummfilmen von Zeit zu Zeit eingeblendet wurden, um die für das Filmgeschehen wichtigen Informationen anzuzeigen (vgl. Ivarsson 1998:9). Diese wurden jedoch kurz nach der Einführung des medialen Tons in den 1930er Jahren mehr und mehr überbrückt, so dass aus den „Silents“ (Stummfilmen) die „Talkies“ (synchronisierten Filme) wurden (vgl. Downey 2008:22). Hier standen jedoch unter anderem die amerikanischen Filmstudios vor dem Problem, dass nur 5% der Weltbevölkerung der englischen Sprache mächtig war, was einer weltweiten Vermarktung zweifellos im Wege stand (vgl. Tveit 2004:23). Auch die größeren Studios in Deutschland und Frankreich, die ihre Stummfilme bisher problemlos anhand von übersetzten Intertitles in andere Länder hatten exportieren konnten (vgl. Downey 2008:21), strebten nun einen internationalen Vertrieb ihrer Tonfilme an; dies machte einen sprachlichen Transfer letzten Endes unumgänglich (vgl. Lyuken 1991:30).

Nach einigen unpraktischen und kostspieligen Versuchen[1] schließlich entdeckte man einerseits die Synchronisation, andererseits die fünf- bis zehnmal günstigeren[2] Untertitel. Während in den ersten Jahren eine so genannte optische Methode durchgeführt wurde, bei der man die Untertitel in einen separaten Film einstanzte, entwickelte sich kurz darauf eine chemische Methode, bei der die Untertitel in den Originalfilm eingeätzt wurden. Erst in den 1980er Jahren schließlich wurden die traditionellen Methoden durch moderne Lasertechnik[3] ersetzt. All dies war in erster Linie für die Kinoleinwand gedacht; für das Fernsehen galten andere Herstellungsprozesse wie das Abfotografieren und anschließende Abspielen der Untertitel durch eine separate Videokamera (vgl. Tveit 2004:25 f.).

Darüber hinaus unterscheidet man zwischen offenen und geschlossenen Untertiteln: während offene Untertitel direkt in den Film eingeätzt werden und im Nachhinein nicht mehr zu entfernen sind, liegen geschlossene Untertitel separat vor, so dass der Zuschauer zwischen einer Einblendung und Nicht-Einblendung frei entscheiden kann. Eine gängige Herstellungsmethode für geschlossene Untertitel und Alternative zur Lasertechnik ist heutzutage vor allem das elektronische Verfahren per Computer, welches neben der kostengünstigeren Finanzierung den Vorteil hat, die Platzierung und das Aussehen der Untertitel auf einfache Weise modifizieren und korrigieren zu können (vgl. Diaz Cintas 2007:21 ff.).

1.2 Der Vorgang des Untertitelns: das Subtitling

Das übliche Untertitelungsverfahren vom Schreiben bis zur Produktion folgt einem geregelten Ablauf (vgl. Diaz Cintas 2007:30 ff.): Zunächst erteilt ein Vertriebsunternehmen oder Fernsehsender einer Untertitelfirma einen Auftrag. Dazu stellt das Unternehmen der Firma eine Bearbeitungskopie[4] des Films sowie – in der Regel – eine Dialogliste zur Verfügung. Bevor das Subtitling beginnt, wird durch ein Probeschauen festgestellt, welche außersprachlichen Informationen (Schilder, Notizblätter) zusätzlich zum gesprochenen Text in die Untertitel transferiert werden müssen. Der nächste Schritt besteht im spotting bzw. timing der Dialogliste; hierbei wird eingeteilt, von wann bis wann die Untertitel auf dem Bildschirm erscheinen sollen (in-time/out-time), was in der Regel parallel zum gesprochenen Dialog stattfindet (vgl. Diaz Cintas 2009:88). Nun müssen Untertitel produziert werden, die exakt in diese begrenzten Zeitfenster passen; dies erfordert vom zuständigen Übersetzer in der Regel ein großes Maß an Kreativität und Sprachgewandtheit. Auf das fertiggestellte Werk folgt eine Schreib- und Übertragungsfehlerkontrolle, um die Untertitel anschließend entweder in Zelluloid einzugravieren (Kinofilme) oder sie digital zu lassen. Diese Abfolge der Herstellung von Untertiteln möchte ich abschließend am Beispiel der Grafik „ Steps of Subtitling “ nach Beispiel von Lyuken (1991:49) veranschaulichen, bevor ich näher auf die restriktiven Standards des Subtitlings eingehe:

Abb. 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[5] [6]

1.2.1 Räumliche und zeitliche Restriktionen

Der Untertitler hat während seiner Arbeit mit vielen Einschränkungen zu kämpfen, innerhalb derer er zu agieren und an die er sich zu halten hat. So ist unter anderem eine festgelegte Lesezeit der Zuschauer ausschlaggebend für die Zeichenanzahl, die pro Zeile und Sekunden auf dem Bildschirm eingeblendet werden darf; in den westlichen Ländern beträgt diese zwischen 32 und 41 Zeichen pro Zeile sowie maximal zwei Zeilen innerhalb einer Einblendung (vgl. Diaz Cintas 2007:9). Pro Sekunde sollten dabei nicht mehr als 7 – 8 Zeichen auftreten[7] (vgl. Ivarsson 1992:42). Diese Restriktion hat zur Folge, dass die geschriebenen Untertitel dem gesprochenen Originaldialog des Films nicht 1:1 entsprechen können – schließlich ist die Lesefähigkeit des Menschen längst nicht so schnell wie seine akustische Wahrnehmung (vgl. Shimizu 1992:29).

Darüber hinaus gibt es einige weitere Konventionen und Standards, die für die Erstellung guter Untertitel als essentiell gelten und demnach traditionell eingehalten werden sollten. Dazu gehören unter anderem die Schriftart, die Platzierung und der Satzumbruch der Untertitel. Ivarsson und Caroll haben als Mitglieder der ESIST (European Association for Studies in Screen Translation) mit ihrem „ Code of Good Subtitling Practice “ (Ivarsson 1998:157 ff.) eine Zusammenstellung zeitgemäßer Festlegungen zu diesem Bereich erstellt, deren wesentliche Inhalte ich im Folgenden näher beschreiben möchte.

1.2.2 Standards des ‚Code of Good Subtitling Practice’

Hier möchte ich die wichtigsten und den Gegenstand meiner Arbeit unterstreichenden Praktiken des Subtitlings nach Beispiel des ‚Codes’ der beiden professionellen Untertitler Jan Ivarsson und Mary Caroll wiedergeben, wobei mein Hauptaugenmerk den wesentlichen 14 der insgesamt 32 Maxime gilt, so dass nicht alle Erwähnung finden (für den vollständigen Code siehe Anhang). Der Code ist nicht verbindlich[8], jedoch ein praktischer Ratgeber hinsichtlich konventioneller Subtitling-Standards (vgl. Diaz Cintas 2007:80).

Regel 3 : Die Übersetzungsqualität muss hoch sein und alle idiomatischen und

kulturellen Nuancen berücksichtigen.

Dies meint, wie auch die Untersuchung in Kapitel 5 aufzeigen soll, dass bei der interlingualen Übersetzung der Untertitel von einer Sprache in die andere unbedingt auch die für die Quellsprache bezeichnenden pragmatischen Kriterien in den Untertiteln der Zielsprache verwirklicht werden müssen. Dazu gehören unter anderem Ironie, Witz und Sarkasmus (à Kap. 5.2.3). Der Untertitler muss sich mit Assoziationen, Bräuchen und kulturspezifischen Andersartigkeiten auskennen, um eine angemessene und sinngemäße Übersetzung abliefern zu können (vgl. Lyuken 1991:157).

Regel 4 : Es sollen unkomplizierte semantische Elemente verwendet werden.

Untertitel müssen so konzipiert sein, dass der durchschnittliche Muttersprachler keinerlei Verständnisschwierigkeiten haben darf. Neben der beschränkten Lesezeit des Publikums und dementsprechender Zeichenbegrenzung versteht es sich von selbst, dass komplexe semantische Elemente den Lesefluss stören und die Verständlichkeit beeinträchtigen würden. Dies gilt natürlich vor allem für das Vokabular, da bekannte Ausdrücke für den Leser leichter aufzunehmen sind als unbekannte (vgl. Ivarsson 1998:89). Ebenso gilt:

Regel 5 : Wo eine Kompression des Originaldialogs erforderlich ist, muss das Resultat kohärent sein.

Die Zeichenbegrenzung innerhalb der Untertitel erfordert nahezu immer und fast schon obligatorisch die Zusammenfassung des Originaldialogs auf eine stark verkürzte Version, die sich trotz allem logisch und sinngemäß in den Gesamtkontext einfügen muss, demnach kohärent zu sein hat. Manchmal sei eine Streichung des Textes jedoch empfehlenswerter als eine Kompression, da diese leichter und weniger verwirrend sei (vgl. Ivarsson 1998:86).

Regel 6: Die Untertitel sollen von Zeile zu Zeile sowie von Seite zu Seite in sinnvollen Blöcken und/oder grammatikalischen Einheiten eingeteilt werden.

Wenn ein längerer Originaldialog Untertitel erfordert, die sich über die erlaubten zwei Zeilen oder sogar darüber hinaus bis in die nächste Einblendung hin ziehen, sollen diese sinnhaft aufgeteilt und nicht willkürlich gebrochen werden. Schließlich hat der Zuschauer in diesem Fall mehr zu lesen und zu verarbeiten und kann nicht einfach auf die vorherigen Untertitel „zurückblättern“ (vgl. Ivarsson 1998:90). Aus diesem Grund sollte so weit wie möglich auch die nächste Regel eingehalten werden:

Regel 7 : Jeder Untertitel sollte – wenn möglich – syntaktisch selbstständig sein.

Es versteht sich von selbst, dass ein kürzerer Satz eingängiger ist als eine komplexe syntaktische Konstruktion. Wie Regel 6 verdeutlicht hat, ist es jedoch oft so, dass sich längere Einheiten nicht vermeiden lassen und die Untertitel somit auf zwei bis drei Einblendungen verteilt werden müssen. Da in solchen Fällen also nicht der gesamte Satz auf einmal sichtbar ist, wird dem Zuschauer, um den Faden nicht zu verlieren, ein höheres Maß an Konzentration abverlangt. Es ist daher klar empfehlenswert, Untertitel so weit wie möglich als syntaktisch selbstständige Sätze darzustellen, anstatt sie in der nächsten Einblendung fortzusetzen.

Regel 8: Das Sprachregister muss angemessen sein und mit den gesprochenen

Worten korrespondieren.

Die sprachlichen Ausdrucksformen und der Umgangston sollten sich – mit Berücksichtigung des Wechsels von mündlicher zu schriftlicher Sprache – an den Originaldialog anlehnen. Eventuelle Jugendsprache oder Dialekte sollten so weit wie möglich auch in den Untertiteln zum Ausdruck gebracht werden; gleichzeitig muss das Sprachregister angemessen sein und darf nicht in einen allzu speziellen Jargon verfallen, um der breiten Masse auch weiterhin das Verständnis zu gewährleisten.

Regel 9: Da Untertitel die Lese- und Schreibfähigkeit repräsentieren, sollten sie

(grammatikalisch) korrekt sein.

Bei der Einhaltung dieser Regel ist es nicht unbedingt einfach, die 8. Regel unverletzt zu lassen; denn umgangssprachlicher Slang innerhalb mündlicher Dialoge ist nur allzu häufig frei von grammatikalischer Korrektheit. Da in den Untertiteln jedoch sowohl Vokabular als auch Grammatik neutralisiert werden müssen, um den Zuschauern ein leichtes Lesen zu ermöglichen und sie nicht zu verwirren, bleibt eine vollständige Anpassung an das jeweilige Sprachregister nicht selten auf der Strecke (vgl. Diaz Cintas 2007:186).

Regel 14: Der Ein- und Ausblendungszeitraum der Untertitel soll dem Sprachrhythmus des Filmdialogs folgen und dabei unvollendete Sätze sowie bedeutungsvolle Laute mit berücksichtigen.

In der Regel sollte die Einblendung der Untertitel mit dem Einsetzen des Originaldialogs beginnen und mit Ende des Dialogs wieder aufhören, um den Leserhythmus zu unterstützen und den Filmgenuss nicht durch verwirrende Verzögerungen in Mitleidenschaft zu ziehen (vgl. Diaz Cintas 2007:88 f.). Auch sprachlich unvollendete Sätze wie im Falle von Unterbrechungen und bedeutungsvolle Laute wie beispielsweise ein Murmeln zählen in diesen Zeitraum mit hinein. Durch die Darstellung dieses Sprachrhythmus, der jedem Menschen unterliegt, soll das Gesagte besser zum Ausdruck kommen (vgl. Ivarsson 1998:82).

Regel 15 : Die Untertitel müssen Überraschung und Verdacht unterstreichen und

dürfen [solche Emotionen] auf keinen Fall untergraben.

Durch Interpunktion und sprachliche Mittel ist es durchaus möglich, Emotionen in gewissem Maße auch schriftlich auszudrücken. Da dem hörfähigen Zuschauer zudem noch die Soundkulisse im Ohr liegt, welche das aktuelle Filmgeschehen untermalt, sollten die Untertitel sich harmonisch in dieses Zusammenspiel integrieren.

Regel 16: Die Dauer aller Untertitel innerhalb eines Films muss der regulären Lesegeschwindigkeit der Zuschauer folgen.

Dabei wurde, wie in Kapitel 1.2.1 beschrieben, eine Einblendung von 7 – 8 Zeichen in etwas über einer Sekunde festgelegt; das Verhältnis von Zeichenanzahl und Anzahl an Wörtern pro Minute ist dabei abhängig von der jeweiligen Sprache (vgl. Ivarsson 1998:67). Für das Japanische gilt eine Einblendung von 3 – 4 Zeichen pro Sekunde (à Kap. 3.2).

Regel 18 : Keine Untertitel – abgesehen von Lieduntertitelungen – sollten für weniger als eine Sekunde und für mehr als sieben Sekunden eingeblendet werden.

Eine zu lange Einblendung der Untertitel könnte die Zuschauer dahingehend verwirren, dass sie bei erneutem Hinsehen fälschlicherweise davon ausgehen würden, der nächste Dialog habe bereits angefangen. Aus diesem Grund sollte eine minimale Einblendung von 1,5 Sekunden sowie eine maximale Einblendung von 6 – 7 Sekunden nicht überschritten werden (vgl. Ivarsson 1998:65).

Regel 21: Es muss eine enge Beziehung zwischen Filmdialog und Untertitel bestehen; die Quellsprache und die Zielsprache sollen so weit wie möglich synchron sein.

Erwähnenswert hierbei ist, dass bei „exotischen“ Filmen auf Iranisch, Ungarisch und Japanisch das Englische in der Regel als Mittlersprache für den Untertitler dient, dieser also häufig mit einem englischen Script arbeitet. Das hat allerdings den Nachteil, dass dortige Fehler automatisch in die Untertitel übernommen werden und die Gefahr besteht, dass Nuancen sich zunehmend vom Original entfernen (vgl. Diaz Cintas 2007:33).

Darüber hinaus beinhaltet der Code auch einige technische Aspekte, von denen ich die zwei Wichtigsten abschließend erwähnen möchte:

Regel 1: Untertitel sollen mit einer leserlichen Schriftart und klaren Buchstaben erstellt werden; die Zeichen sollen scharfe Konturen haben und sich stabil in den Bildschirm/die Leinwand einfügen.

Wie auch aus den bisherigen Regeln des Codes hervorgegangen sein sollte, ist die Verständlichkeit und leichte Lesbarkeit der Untertitel ein äußerst wichtiges Kriterium für die Erfüllung ihres Zwecks. Demnach sind eine schlichte Schriftart ohne Verschnörkelungen sowie Buchstaben mit einem scharfen Rand, der nicht mit dem Hintergrund verschmilzt, von hoher Priorität.

Regel 2 : Die Position der Untertitel sollte einheitlich sein, beispielsweise a) zentriert bei Kinofilmen, b) links-ausgerichtet oder zentriert bei TV und Video, c) links- ausgerichtet oder zentriert bei Dialogen zwischen zwei Personen; der Sprecherwechsel sollte durch einen Gedankenstrich am Anfang des Satzes markiert werden.

Neben einer leserlichen Schrift und scharfen Buchstabenkonturen ist also auch die Position wichtig, um eine problemlose Lesbarkeit zu gewährleisten. Diese hatte gerade im Falle japanischer Untertitel im Laufe der Geschichte einige Variation erfahren, bis sie sich auf die heutzutage übliche Position festsetzte (à Kap. 3.2).

Bevor ich nun auf die Entstehungsgeschichte des japanischen Subtitlings sowie die Unterschiede in Standards und Restriktion gegenüber den eingangs beschriebenen „westlichen“ Untertiteln eingehe, möchte ich zunächst eine Einführung zu wesentlichen Charakteristika der japanischen Sprache und Schrift geben, um das in Hinblick auf meine Hauptuntersuchung in Kapitel 5 wichtige Basiswissen zu vermitteln.

2.0 Umriss der japanischen Sprache und Schrift

Um hinsichtlich meiner Hauptuntersuchung in Kapitel 5 auch eine sprachwissenschaftliche Grundlage zu schaffen, möchte ich im Folgenden einige wesentliche Gesichtspunkte der japanischen Sprache illustrieren. Das Japanische zeichnet sich sowohl im Schriftlichen als auch im Mündlichen durch eine außerordentlich facettenreiche Sprache aus. Nicht nur, dass es insgesamt vier verschiedene Schriftformen kennt (à Kap. 2.1.), von denen mindestens zwei im alltäglichen Leben obligatorisch Verwendung finden; sowohl in der geschriebenen als auch in der gesprochenen Sprache gibt es honorative Unterschiede je nach Formalitätsgrad der Situation (à Kap. 2.2.1), die sich ebenso auf die Selbstbezeichnungen und Anredeformen auswirken (à Kap. 2.2.3). Der verhältnismäßig stark ausgeprägte Genderlekt soll ebenfalls Erwähnung finden (à Kap. 2.2.2).

Während das Englische eine SVO-Sprache (Subjekt-Verb-Objekt) darstellt, gilt das Japanische als eine SOV-Sprache (Subjekt-Objekt-Verb). Es wird in der Regel als agglutinierende Sprache bezeichnet, was bedeutet, dass zum Ausdruck grammatikalischer Funktionen einzelne Morpheme aneinandergereiht werden. Die Verwendung von kasus- und richtungsanzeigenden Postpositionen (ga, wa, ni, e, o) ist dabei repräsentativ (vgl. Backhouse 1993:11 f.).

Im Folgenden möchte ich zunächst einen kurzen Umriss der japanischen Schrift geben, um anschließend näher auf typische Sprachcharakteristika des Japanischen einzugehen. Eine komplette Einführung in die Sprache kann aus Platzgründen nicht realisiert werden, so dass ich Allgemeines nur grob beschreiben und mich auf Wesentliches konzentrieren werde.

2.1 Kurze Einführung in Schrift und Schriftsystem

Wie eingangs erwähnt beinhaltet die japanische Sprache vier verschiedene Schriftformen. Die Silbenschrift Hiragana (ひらがな) ist unumgänglich beim Ausdruck von Verbflexionen, Partikeln und Postpositionen, während die Katakana- Silbenschrift (カタカナ) üblicherweise für die Umschreibung von Lehnwörtern aus anderen Sprachen[9] oder auch zur Emphase japanischer Wörter verwendet wird. Die Kanji (漢字), aus dem Chinesischen übernommene Schriftzeichen, weisen jeweils zwei verschiedene Lesungen auf: die japanische Lesung (訓読み – kun-yomi) wird verwendet, wenn das Zeichen für sich alleine steht, die chinesische Lesung (音読み – on-yomi) wird in der Regel bei Zeichenkomposita genutzt. Kanji gibt es sowohl für Nomen, Adjektiv- und Verbstamm sowie für einige Adverbien. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es 1850 sogenannte Tôyô-Kanji (vgl. Müller-Yokota 1989:217 f.) – 1981 ersetzt durch die 1945 Jôyô-Kanji und aktuell im Jahre 2009 auf 2131 Zeichen erweitert[10] –, deren (zumindest passive) Beherrschung vorausgesetzt wird, da sie für den alltäglichen Gebrauch unabdingbar sind. Die vierte Schriftform stellt die uns bekannte lateinische Schrift, in Japan Rômaji (ローマ字) genannt, dar, die als „exotischer“ Typ hauptsächlich in Werbetexten Verwendung findet. Theoretisch ließe sich das Japanische vollständig in Hiragana orthografieren, was aufgrund des stark homonymen Wortschatzes jedoch das Verständnis erschweren würde. Die Kombination von Hiragana und Kanji stellt beim alltäglichen Schreiben daher die Regel dar.[11]

Die Einführung der Kanji begann im 4. Jahrhundert, als koreanische Gelehrte nach Japan einwanderten. Da diese bereits Erfahrung mit der Adaption chinesischer Schriftzeichen auf die koreanische Sprache hatten, übernahmen sie im bisher schriftlosen Japan die Ämter von Schreibern (vgl. Müller-Yokota 1989:187); dies brachte den Stein des Alphabetismus ins Rollen. Immer mehr gelehrte Japaner begannen nun, sich die chinesische Sprache und Schrift anzueignen. Auf dieser Grundlage begannen sie im 6. Jahrhundert, japanische Wörter ihrem phonetischen Klang entsprechend mit chinesischen Schriftzeichen eines ähnlichen Lautes auszudrücken, ohne dabei deren Bedeutung zu berücksichtigen (man spricht hierbei von Manyôgana – vgl. Müller-Yokota 1989:188 ff.). An Stelle der Manyôgana traten schließlich die zusammengefasst als Kana bezeichneten Hiragana und Katakana.

Die Hiragana, im 9. und 10. Jahrhundert durch Hoffrauen erfunden und damals noch als onnade (女手 – Frauenhand) bezeichnet, stellen vereinfachte Schreibweisen der Manyôgana dar und werden heutzutage wie bereits erwähnt obligatorisch für Postpositionen und Flexionsendungen verwendet. Die Katakana, Ende des 10. Jh. von Mönchen und Priestern als Lesehilfe für buddhistische Schriften erfunden und einen Teil des ursprünglichen Manyôgana-Zeichens repräsentierend (vgl. Müller-Yokota 1989:198), werden heute in der Regel für (entlehnte) Fremdwörter, aber auch zur Emphase von Ausdrücken oder bei Onomatopoesien (= Lautmalereien) benutzt.

Nach der Schriftreform von 1946 (vgl. Müller-Yokota 1989:218 ff.) wurden einige veraltete Zeichen gestrichen, so dass aktuell 46 Hiragana und Katakana existieren, die ich inklusive ihrer transkriptiven Hepburn-Umschrift in folgender Tabelle zusammenfassend dargestellt habe (links: Hiragana, mitte: Katakana, rechts: Transkription):

Abb. 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[12]

2.2 Besondere Eigenschaften des Japanischen

Die im Folgenden dargestellten und beschriebenen Charakteristika der japanischen Sprache – Höflichkeitssprache, Genderlekt und personelle Referenzformen – stellen nicht nur den Hauptunterschied des Japanischen zum Englischen (und anderen westlichen Sprachen) dar, sondern liefern aufgrund ihrer kennzeichnenden Eigenschaften auch ein tieferes Verständnis der japanischen Sprachmentalität. Diese stellt eine wichtige Grundlage dar, um meine in Kapitel 5 vorgestellte Untersuchung japanischer Untertitel und damit zusammenhängende Übersetzungsauffälligkeiten aus dem Englischen besser nachvollziehen zu können.

2.2.1 Verschiedene Stufen der Höflichkeit

Da in Japan zwischen honne (innerer Wahrheit) und tatemae (äußerer Form) unterschieden wird, ist das „Lügen aus Höflichkeit“ fast schon an der Tagesordnung. Dort folgt der Schutz des eigenen Gesichts vorrangig durch den Schutz des Partner-Gesichts, so dass die Meinung der Außenstehenden das eigene Selbstwertgefühl stark beeinflusst (vgl. Fritzsche 1998:120 f.). Neben dieser „Verpflichtung“ eines Japaners, Statusunterschiede sprachlich zu markieren, erfüllt die Höflichkeit ansonsten denselben Zweck wie in den europäischen und anderen westlichen Ländern – es fungiert als „Schmiermittel zwischenmenschlicher Beziehungen“ (vgl. Fritzsche 1998:183).

Insgesamt kennt das Japanische drei verschiedene Höflichkeitsformen. Teneigo stellt die Standard-Höflichkeitsform dar, Ken jô go bedeutet die bescheidene Herabsetzung der eigenen Person beim Über-sich-selbst-Reden, und Sonkeigo bezeichnet die ehrerbietige Respektbezeugung beim Reden mit und über den Höhergestellten; all dies geschieht mit Hilfe bestimmter Verbflexionen, Vokabeln und Kopulaformen (vgl. Backhouse 1993:168).

Teineigo kommt im Japanischen sehr häufig zu Tage, und zwar bei jedem Gespräch, welches nicht unter Freunden oder Verwandten geführt wird. Es zeichnet sich durch die neutralhöfliche Verbflexionsendung - masu im Präsens und - mashita im Präteritum sowie der Kopulaform desu im Präsens und deshita im Präteritum aus. Zum Vergleich: im umgangssprachlichen Präsens werden die Verben in ihrer Infinitivform verwendet und im umgangssprachlichen Präteritum wird ein einfaches - ta an den Verbstamm gehängt. Die umgangssprachliche Kopula besteht aus einem da im Präsens bzw. einem datta im Präteritum. Das Japanische unterscheidet lediglich zwischen Präsens und Präteritum; es gibt zwar noch eine Art Perfekt, von dessen näherer Erläuterung ich aus Platzgründen jedoch absehen werde. Die Futurform erschließt sich kontextabhängig und unterscheidet sich äußerlich nicht vom Präsens.[13]

Weitere Merkmale der Teneigo-Höflichkeitsform sind der Gebrauch bestimmter Vokabeln, die zusammen mit der Verbflexion und Kopulaform je nach Stufe der Höflichkeit variieren. Diese unterschiedlichen Höflichkeitsgrade möchte ich abschließend am Beispiel folgender Sätze (aus Niyekawa 1991:46) verdeutlichen, wobei auch die im nächsten Kapitel vorgestellte frauen- und männerspezifische Sprachverwendung Erwähnung findet. N:M steht dementsprechend für eine neutral-männliche Verwendungsform, während F und F+ die übliche sowie die markiert-höfliche weibliche Form bezeichnen. P-0, P-1 und P-2 stehen in steigender Reihenfolge für den jeweiligen Höflichkeitsgrad, so dass P-0 die minimale, und P-2 mit seiner passiven Verbflexion eine maximale Ehrerbietung darstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3

2.2.2 Frauensprache vs. Männersprache

Im Japanischen ist das Geschlecht nachweislich seit dem frühen Mittelalter linguistisch markiert[14], was auch in den Untertiteln durch stereotypische Sprachelemente verdeutlicht wird. Diese äußern sich hauptsächlich durch den Gebrauch von entweder frauen- oder männerspezifischen Satzendpartikeln (vgl. Nornes 1999:18 f.).

Heutzutage haben sich die Sprachmerkmale jedoch parallel mit dem weiblichen Wertewandel (Emanzipation der Frau, zunehmend weibliche „Spitzenpositionen“) geändert und angepasst, so dass von all den nach dem 2. Weltkrieg noch üblichen Sprachcharakteristika nur ein kleiner Teil übrig geblieben ist, der in der heutigen Umgangssprache auch tatsächlich Verwendung findet. Und kommt auch der Rest einmal zum Einsatz, gehört dies vielmehr zu einer typisch-japanischen Etiquette, die zu bestimmten Anlässen und nach individuellem Ermessen benutzt werden kann und mit einer gesunden Sprachfähigkeit in Verbindung gesetzt wird (vgl. Tanaka 2004:26).

Anders verhält es sich in der geschriebenen Sprache oder bei Stereotypisierungen wie dem Fernsehen; dort lassen sich solche Geschlechtsmarkierer durchaus häufiger finden. In Maynard (2001:29 f.) heißt es, dass Frauen in Fernsehserien entweder eine sehr weibliche oder eine sehr männliche Ausdrucksweise benutzen, um ihre konservativ weibliche oder neumodisch rebellische Rolle zu verkörpern. Auch wenn es dabei um die gesprochene Sprache japanischer Frauen innerhalb von Fernsehserien geht, verhält es sich bei Untertiteln nicht anders; hier wird ebenfalls von traditionellen sprachlichen Geschlechtsmarkierern Gebrauch gemacht. So schreibt die japanische Untertitlerin Ôta Naoko, dass sie konventionelle frauensprachliche Partikeln in ihrer alltäglichen Sprache noch niemals benutzt habe, sie innerhalb von Untertiteln jedoch obligatorisch verwendet würden (2007:98).

Die lexikalisch-geschlechtsspezifischen Sprachunterschiede spiegeln sich neben den Satzendpartikeln auch in Vokabular und Referenzformen wieder. Während eine Frau das Mittagessen oishii (lecker) findet, verwendet ein japanischer Mann in der selben Situation den gleichbedeutenden Begriff umai. Während die Frau sich auch umgangssprachlich üblicherweise mit einem neutralhöflichen watashi (ich) bezeichnet, wählt der Mann zwischen zwei in ihrer Höflichkeit variierenden Formen (boku/ore). Als umgangs-sprachliche Anredeform sollte die Frau anata (du) oder ano hito (der da) verwenden, während dem Mann die „flapsigen“ Ausdrücke wie omae (du) und aitsu (der da) zu Teil werden. Es fällt auf, dass eine „unhöfliche“ Anrede gegenüber der 2. Person in der Sprache der Frauen nicht existiert. Dies macht wiederum deutlich, dass das stereotypisch traditionelle Bild der Frau von einem stets angemessen Verhalten ihrerseits ausgeht.

Zu den morphologisch-geschlechtsspezifischen Sprachelementen können auf der anderen Seite Unterschiede in der Interjektions- sowie Imperativform gezählt werden. Frauen werden Ausrufe wie ara (ach) zu Teil, Männer benutzen in der Regel oo / oi (ach/hey). Die frauenspezifische Imperativform wird gebildet, indem an die Verneinungsform des Verbs ein -de angehängt wird; die männerspezifische Imperativform besteht aus der Verbgrundform mit angehängtem -na (Bsp.: ikanaide! vs. ikuna! (Geh nicht!)). Dies gilt jedoch nur in der Umgangssprache; in der formellen Höflichkeitssprache verwenden Frau und Mann dieselbe Form, die in der Regel mit den Charakteristika weiblicher Umgangssprache übereinstimmt.

Weitere Formen, die von Frauen weit häufiger verwendet werden als von Männern, sind zum einen die Dubitativform deshô, zum anderen das Hinzufügen eines „o“ vor Alltagsgegenständen, womit die sogenannte onnarashisa (eine weibliche, „weiche“ Ausdrucksweise – vgl. Fritzsche 1998:242 f.) erreicht wird. Männern hingegen wird die „härtere“ Dubitativform darô zugedacht, und auch die o-präfigierten Ausdrücke verlieren sich hier zu Gunsten einer sprachlichen Männlichkeit. Zwar findet ein langsamer Aufbruch von Rollenbildern und traditionellen Wertvorstellungen statt, doch bleibt Japan auch heute noch eine High-Context-Kultur[15], in der das Kind gleichzeitig mit dem Spracherwerb ebenso das Wissen über Rollenunterschiede von Mann und Frau erlernt (vgl. Fritzsche 1998:53).

Auch in anderen Sprachen als dem Japanischen lassen sich frauenspezifische Merkmale ausmachen, die jedoch nicht ganz so ausgeprägt sind. So spricht die Linguistin Robin Lakoff (nach Hamamoto 2001:85) von sechs Charakteristika weiblicher Sprache, die da wären: eine bestimmte lexikalische Auswahl, das häufige Aufkommen von Frageintonation, Absicherungsfrage und Emphatisierung, der Gebrauch einer hyperkorrekten Grammatik mit ebenso korrekter Aussprache sowie eine äußerst höfliche Sprachverwendung.

[...]


[1] Wie z.B. das Nachdrehen der Szenen mit anderssprachigen Schauspielern (vgl. Downey 2008:27).

[2] vgl. Tveit (2004:12). Bei Lyuken (1991:105) findet sich das Kostenverhältnis von 1:15, Ivarsson (1998:36) spricht sogar von zehn- bis zwanzigmal günstigeren Kosten im Falle von Untertiteln.

[3] Hierbei wird der Text mithilfe eines Lasers in den Film eingebrannt. Vorteil ist, dass die Untertitel bei dieser Methode nicht wackeln (vgl. Diaz Cintas 2007:22).

[4] Häufig mit speziellen Copyright-Einblendungen, um einer rechtswidrigen Vermarktung vorzubeugen (vgl. Diaz Cintas 2007 30 f.)

[5] Im Falle, dass keine Dialogliste mitgeliefert wurde, muss der Untertitler eigenhändig transkribieren.

[6] Je nachdem, ob es sich um intralinguale (adaptive) oder interlinguale (übersetzte) Untertitel handelt.

[7] In der Untertitel-Branche wird traditionell mit Feet gearbeitet, so dass gilt: 2 Feet = 1 1/3 Sek. = 7 - 8 Zeichen

(vgl. Ivarsson 1998:67).

[8] Im Gegensatz zum „ITC Guidance on Standards for Subtitling“, der in Großbritannien ein verbindliches Regelwerk zur Erstellung intralingualer Untertitel für schwerhörige Menschen darstellt (vgl. http://www.ofcom.org.uk/tv/ifi/guidance/tv_access_serv/archive/subtitling_stnds/ Stand: 29.09.09)

[9] Die europäischen Sprachen hatten bisher einen beachtlichen Einfluss auf das Japanische; folgende Wörter sind aus der Alltagssprache nicht mehr wegzudenken: pan von portug. „pao“ (Brot), kokku von dänisch „kok“ (Koch), meeteru von franz. „metre“, arubaito von dt. „Arbeit“ und teeburu von engl. „table“ (vgl. Miura 1979:3).

[10] http://en.wikipedia.org/wiki/joyo_kanji (Stand: 01.09.09)

[11] Nomina und Verbstämme werden mit chinesischen Schriftzeichen, Postpositionen und Flexionsendungen mit Kana – in der Regel Hiragana – geschrieben (vgl. Müller-Yokota 1989:192 f.).

[12] Alleinstehend erhält dieses Hiragana die Funktion einer themenanzeigenden Partikel, die nicht „ha“ sondern „wa“ ausgesprochen wird; daher werde ich sie in entsprechenden Fällen als wa transkribieren.

[13] vgl. diesen Umstand auch im Deutschen: „Ich mach das morgen“ vs. „Ich werde das morgen machen“.

[14] Die frühsten Schriften, welche eine Differenz zwischen Männer- und Frauensprache annehmen lassen, wurden in der Hof-Literatur der Heian-Zeit (9. – 12. Jh.) gefunden. Hierbei lässt sich allerdings nicht feststellen, ob diese sprachlichen Unterschiede auch innerhalb des Bürgertums existierten. Beweise dafür erschienen erst in der Muromachi-Zeit (14. – 16. Jh.), in welcher sich ein systematischer Sprechstil für Frauen entwickelte. Ursprünglich auf lexikalische Differenzen beschränkt, waren diese sogenannten nyôbo kotoba („Hofdamenworte“) zwar dem Namen nach anfänglich auch auf eben diese Sprachgemeinschaft beschränkt, weiteten sich mit der Zeit allerdings aufgrund ihres Prestiges immer weiter ins Bürgertum hinaus und wurden ab der Edo-Zeit mit einer allgemeinen Frauensprache gleichgesetzt (vgl. Tanaka 2004:25).

[15] Eine Kultur, in der Kommunikation stark kontextbasiert vonstatten geht, so dass Vieles unausgesprochen bleibt.

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Interlingual Translation. Subtitling als Übersetzungsform am Beispiel japanischer Untertitel
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
88
Katalognummer
V301315
ISBN (eBook)
9783656975397
ISBN (Buch)
9783656975403
Dateigröße
6942 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
interlingual, translation, subtitling, übersetzungsform, untertitel
Arbeit zitieren
Andrea Kluge (Autor:in), 2009, Interlingual Translation. Subtitling als Übersetzungsform am Beispiel japanischer Untertitel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301315

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