Die ehemalige Sprengstoffabrik Clausthal, mit ihrem Tarnnamen auch als "Werk Tanne" bezeichnet, liegt am östlichen Ortsrand der Oberharzer Bergstadt Clausthal-Zellerfeld in Niedersachsen (Landkreis Goslar). Hier wurde der Sprengstoff Trinitrotoluol (TNT) hergestellt, aber es wurden auch TNT und andere angelieferte Sprengstoffe in Bomben, Minen und Granaten abgefüllt. Ein wichtiger dritter Bereich war die Sprengstoffaufbereitung aus Fehlchargen und Beutemunition. Als besonderes Problem erwies sich die Entsorgung des bei der TNT-Produktion und der Schwefelsäureaufkonzentration anfallenden Abwassers. Diese werden im Detail dargestellt.
Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begannen die ersten Planungen für einen massiven Ausbau der Spreng- und Kampfstoffproduktion in Deutschland. Der rechtlich-organisatorische Aufbau und das Zusammenspiel von Großindustrie und militärischer Führung wurde dafür geschickt verschleiert ("Rüstungsviereck").
Als besonderes Problem erwies sich die Entsorgung des bei der TNT-Produktion und der Schwefelsäureaufkonzentration anfallenden Abwassers. Dies führte in der Planungsphase sowie während des Betriebes der unterschiedlichen Entsorgungs"lösungen" zu umfangreichem Schriftverkehr mit den zuständigen Behörden.
Ursprünglich war geplant, die mit gelöschtem Kalk nur unzureichend neutralisierten Abwässer durch Sickerschächte direkt auf dem Werksgelände zu entsorgen, was aber aufgrund der geologischen Situation nicht durchführbar war. Da die aggressiven Abwässer zudem auch Schäden an der Großvegetation anrichteten, war die für das Werk überaus wichtige natürliche Tarnung gefährdet.
Was geschah bei Petershütte? Die „Entsorgung“ der giftigen Abwässer der Sprengstofffabrik „Tanne“ in Clausthal-Zellerfeld
Dr. Friedhart Knolle, Dr. Michael Braedt, Hansjörg Hörseljau und Frank Jacobs
Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begannen die ersten Planungen für einen massiven Ausbau der Spreng- und Kampfstoffproduktion in Deutschland. Der rechtlich-organisatorische Aufbau und das Zusammenspiel von Großindustrie und militärischer Führung wurde dafür geschickt verschleiert ("Rüstungsviereck").
Im Auftrag des Oberkommandos des Heeres (OKH) plante und erbaute die Dynamit-Actien-Gesellschaft vormals Alfred Nobel & Co. (D.A.G.) aus Troisdorf die vom OKH gewünschten Sprengstoffwerke, darunter Hessisch-Lichtenau, Stadtallendorf, Clausthal u.a. Die D.A.G. wiederum war eine 61 %ige Tochter des I.G. Farben-Konzerns. Die Sprengstoffwerke wurden schlüsselfertig der MONTAN übertragen. Die MONTAN ihrerseits war 1916 als "Verwertungsgesellschaft für Montanindustrie GmbH" gegründet worden. 1934 übernahmen Beauftragte des OKH diesen Firmenmantel. Als Gesellschafter der MONTAN fungierten zunächst als Privatpersonen auftretende höhere Beamte des Heereswaffenamts, später des Wehrmachtsfiskus und seit 1944 des Reichsfiskus. Die MONTAN verpachtete die Rüstungsbetriebe an die "Gesellschaft mbH zur Verwertung chemischer Erzeugnisse" (Verwert-Chemie), eine 100 %ige Tochter der D.A.G. Ein Großteil der Produktionsgewinne, abzüglich der gering gehaltenen Pachtzahlungen an die MONTAN, floss somit der D.A.G. zu.
Die von außen fast undurchschaubare Konstruktion des Rüstungsvierecks, in der Auftraggeber und Betreiber unter verschiedenen Namen auftauchten, hat neben der schon damals geplanten Verschleierungsabsicht bis heute immense rechtliche Auswirkungen. Die Verwert-Chemie wurde 1951 liquidiert, somit ist der Verursacher im engeren Sinne für die Auspressung der ZwangsarbeiterInnen in den Sprengstoffwerken und für die entstandenen Umweltschäden rechtlich nicht mehr existent. Die damalige Muttergesellschaft, die spätere Dynamit Nobel AG, gehörte bis 2004 wieder zu den größten Munitionsproduzenten der Bundesrepublik. Das Unternehmen wurde 2004 durch den ehemaligen Mutterkonzern MG technologies (heute GEA Group AG) zerschlagen und verkauft. Den größten Teil der vormaligen Dynamit Nobel-Unternehmen führt die amerikanische Rockwood Inc.
Rechtsidentische Nachfolgerin der MONTAN ist dagegen die früher mehrheitlich im Bundesbesitz befindliche, spätere Industrie-Verwaltungsgesellschaft-Holding-Aktiengesellschaft (IVG Holding AG), heute IVG Immobilien AG (www.ivg.de) mit Sitz in Bonn, was von dieser auch nicht bestritten wird. Die rechtliche – und damit auch finanzielle – Heranziehung der IVG sowie weiterer „Kandidaten“ als sog. "Handlungsstörer" ist angesichts der Zwangsarbeiterschicksale und der ökologischen Schäden eine dringend zu lösende politische und juristische Frage.
Standortwahl und Aufbau von „Werk Tanne“
Die ehemalige Sprengstoffabrik Clausthal, mit ihrem Tarnnamen auch als "Werk Tanne" bezeichnet, liegt am östlichen Ortsrand der Oberharzer Bergstadt Clausthal-Zellerfeld in Niedersachsen (Landkreis Goslar). Das Werksgelände ist zum größten Teil bewaldet und befindet sich im Besitz der IVG. Ein Teil des Geländes war bis 1993 an die Bundeswehr verpachtet. Der Großteil der Fläche ist jedoch wegen des dort vorhandenen Gefährdungspotenzials nicht frei zugänglich – die Kriegsgräbergedenkstätte „Russenfriedhof“ erinnert an das hier Geschehene.
Anfang des Jahres 1934 hielten Vertreter der D.A.G. im Oberharz Ausschau nach einem geeigneten Gelände für eine „Tri-Fabrik“ („Tri“ = Trinitrotoluol) und eine Infanterie-Munitionsfabrik. Dabei wurden sie auf dem Hochplateau zwischen Clausthal und Altenau fündig, wo alle erforderlichen Rahmenbedingungen wie Verkehrsanbindungen, Strom- und Wasserversorgung, Tarnung u.a. erfüllt waren.
Ende 1936 war die Sprengstoffabrik in ihren Grundzügen bereits fertiggestellt. Wie viele der Schwesterwerke, so z.B. in Hessisch-Lichtenau, war auch Werk Tanne ein sog. "Schlafwerk", das nach seiner Fertigstellung zunächst "eingemottet" wurde, um erst in Krisenfällen bzw. im Zuge akuter werdender Kriegsvorbereitungen in Betrieb genommen zu werden.
Angesichts der sich immer deutlicher abzeichnenden Aggressionsabsichten Hitler-Deutschlands gegenüber seinen Nachbarländern wurde der "Schläfer" Werk Tanne Anfang 1938 geweckt und weiter ausgebaut. Anfang 1939 bestand fast jede Werksabteilung doppelt, um Produktionsausfälle möglichst zu vermeiden – sei es durch Betriebsstörungen, Sabotage oder Kriegseinwirkung.
In der Sprengstofffabrik Tanne wurde der Sprengstoff Trinitrotoluol (TNT) hergestellt, aber es wurden auch TNT und andere angelieferte Sprengstoffe in Bomben, Minen und Granaten abgefüllt. Ein wichtiger dritter Bereich war die Sprengstoffaufbereitung aus Fehlchargen und Beutemunition. Im Geschäftsjahr 1943/44 erreicht die Sprengstoffproduktion und -verarbeitung ihren Höhepunkt mit knapp 28.000t produziertem TNT und über 20.000t verarbeiteten Sprengstoff. Sie geht dann aber laut dem letztem Betriebsbericht von 1944/45 – sicherlich bedingt durch die Bombardierung im Oktober 1944 und den allgemeinen Rohstoffmangel – wieder deutlich zurück.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Abwasserentsorgungslösungen von 1939 bis 1945 (aus BRAEDT et al. 2004)
Zu den vielfältigen Bemühungen um geeignete „Entsorgungspfade“
Als besonderes Problem erwies sich die Entsorgung des bei der TNT-Produktion und der Schwefelsäureaufkonzentration anfallenden Abwassers. Dies führte in der Planungsphase sowie während des Betriebes der unterschiedlichen Entsorgungs"lösungen" zu umfangreichem Schriftverkehr mit den zuständigen Behörden.
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