Brüder, so kann’s nicht gehn,
Laßt uns zusammenstehn,
Düldet’s nicht mehr!
Jeder am Bettelstab,
Beißt bald ins Hungergrab;
Volk ins Gewehr!
(zitiert nach Wit, 1830, S.434f.)
Der besagte Vers ist einer von 473 Versen des „Großen Liedes“, welches hauptsächlich von Karl Follen, dem führenden Mitglied der „Gießener Schwarzen“, verfasst worden ist. Schon die wenigen Zeilen lassen die radikalen Forderungen von Karl Follen und den „Unbedingten“, dem engsten Kreis der „Gießener Schwarzen“, erkennen. Die Gruppierung um Karl Follen ist in der Zeit zwischen 1814-1819 aktiv. Follen, der Freiwilliger im Krieg gegen Napoleon ist, avanciert zu einem einflussreichen Vertreter der studentischen Reformbewegung, dessen Methoden zur Durchsetzung seiner politischen Ziele als durchaus radikal bezeichnet werden können. Grundlage für seine politischen Zielsetzungen ist zum einen das Gemeinschaftsgefühl der kriegsfreiwilligen Studenten, die im realen Leben durch die territoriale Zersplitterung Deutschlands nicht existiert.
Die Studenten kämpfen für Einheit und Vaterland, Standesunterschiede und Konflikte innerhalb der studentischen Kämpfer sind durch das gemeinsame Kriegserlebnis und den Kampf für ein deutsches, geeintes Vaterland nichtig geworden. Mit diesen neuen Erfahrungen und der Hoffnung auf positive Beschlüsse in territorialen Fragen auf dem Wiener Kongress 1815 kehren vielen Burschen in die Vorlesungssäle ihrer Universitäten zurück.
Karl Follen, national-patriotische Publizisten, sowie viele Burschen, die ihr Leben für den Wunsch einer geeinten Nation im Krieg gegen Napoleon riskiert haben, sind maßlos enttäuscht über die Ergebnisse aus Wien.
Aus der nationalen Enttäuschung, aber auch aus dem Wunsch heraus das studentische Leben zu reformieren, finden sich in Gießen wie auch in anderen deutschen Universitätsstädten verschiedene studentische Zusammenschlüsse zusammen.
In Gießen sind es maßgeblich die Gebrüder Follen, die zunächst in einer deutschen Gesellschaft nach dem Vorbild Arndts Studenten um sich sammeln. Durch Auseinandersetzungen mit konkurrierenden Landsmannschaften werden Zusammenschlüsse von Studenten des Öfteren behördlich untersagt. Der Kern der „Gießener Schwarzen“, wie Karl Follen und seine Anhänger durch das Tragen der Altdeutschen Tracht genannt werden, bleibt aber im Kern bestehen und arbeitet teilweise auch im Geheimen weiter. Die Kerntruppe um Karl Follen wird „die Unbedingten“ genannt und kann als geistige Elite bezeichnet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Bedeutung und Funktion des Turnens und der Turnlieder bei den „,Giessener Schwarzen”
- Einleitung
- Fragestellung
- Aufbau der Arbeit
- Forschungsstand und Literatur
- Teil I: Epochenprofil: Das „lange\" 19. Jahrhundert - Voraussetzungen und Bedingungen für die Turn/Nationalbewegung in Deutschland
- Historische Entwicklungen im 19. Jahrhundert
- Die Französische Revolution und ihre Bedeutung für Deutschland.
- Der Reichsdeputationsbeschluss.
- Die Rheinbundakte
- Der Friede von Tilsit und die Folgen für Preußen
- Die Befreiungskriege- Erhebung der Völker gegen Napoleon
- Der Wiener Kongress- Neuordnung Europas
- Der Deutsche Bund
- Hessen zu Beginn des 19. Jahrhunderts
- Das Herzogtum Hessen-Darmstadt.
- Exkurs: Nationalismus
- Begriffsbestimmung
- Entstehung und Entwicklung des Nationalismus in Deutschland
- Die Trägerschicht des Nationalismus in Deutschland
- Das nationale Programm von Friedrich Ludwig Jahn
- Zwischenfazit zu Teil I.
- Teil II: Die Entwicklung der Turn- und Burschenschaftsbewegung
- Die Universität im 19. Jahrhundert
- Studentische Zusammenschlüsse: Landsmannschaften, Orden und Burschenschaften
- Die Entstehung der Urburschenschaften
- Die Jenaer Urburschenschaft
- Das Wartburgfest: Einheitsbestrebungen der Urburschenschaften.
- Einladung und Ablauf des Wartburgfestes.
- Bücherverbrennung auf dem Wartburgfest
- Reformen und Beschlüsse
- Unmittelbare Auswirkungen: Die Karlsbader Beschlüsse
- Exkurs: Burschenschaft und Turnen
- Kleine Geschichte des Turnens
- Der Beginn der Turnbewegung- Hasenheide 1811
- Burschenturner
- Zwischenfazit Teil II
- Teil III: Turn- und Burschenschaftsbewegung in Giessen- Funktion und Bedeutung von Turnliedern und Turnen bei den „,Gießener Schwarzen”
- Die Landesuniversität Gießen im 19. Jahrhundert
- Studentische Zusammenschlüsse in Gießen
- Die,,Gießener Schwarzen”
- Karl Follen: Biografie und Persönlichkeit
- Organisationsgeschichte der „,Gießener Schwarzen”
- Politische Zielsetzung der „Gießener Schwarzen”
- Der „Gießener Ehrenspiegel”
- Die „Grundzüge einer zukünftigen deutschen Reichsverfassung“.
- Funktion des Turnens und der Turnlieder bei die,,Gießener Schwarzen”
- Geschichte der Leibesübungen an der Universität Gießen
- Die Funktion des Turnens
- Turnlieder und Dichtung der „Gießener Schwarzen”
- Das Glaubensbekenntnis der „Unbedingten\": Das,,Große Lied”.
- Aufbau und Inhalt
- Das Liederbuch der „Unbedingten\": ,,Freye Stimmen frischer Jugend“..
- ,,Turnerstaat”
- ,,Des Strommannes Frühlingsgruẞ”
- Zusammenfassung: Funktionen der Turnlieder
- Zusammenfassung und Fazit
- Die Entwicklung des deutschen Nationalismus im 19. Jahrhundert
- Die Rolle der Turn- und Burschenschaftsbewegung in der nationalen Einigung
- Die „Gießener Schwarzen“ als studentische Gruppierung mit nationalistischen Zielen
- Die Funktion des Turnens als Mittel zur körperlichen und geistigen Ertüchtigung und zur Förderung des nationalen Bewusstseins
- Die Bedeutung der Turnlieder als Ausdruck nationaler Ideale und politischer Forderungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Bedeutung und Funktion des Turnens und der Turnlieder in der studentischen Nationalbewegung in Mittelhessen, insbesondere bei den „Gießener Schwarzen“. Ziel ist es, die Rolle des Turnens und der Turnlieder innerhalb der studentischen Reformbewegung im Kontext der nationalen und politischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts zu analysieren.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Fragestellung, den Aufbau der Arbeit und den Forschungsstand erläutert. Anschließend wird im ersten Teil ein Überblick über die historischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts gegeben, die den Hintergrund für die Entstehung der Turn- und Nationalbewegung in Deutschland bilden. Der zweite Teil beleuchtet die Entwicklung der Turn- und Burschenschaftsbewegung, insbesondere die Entstehung der Urburschenschaften und das Wartburgfest. Im dritten Teil wird die Turn- und Burschenschaftsbewegung in Gießen fokussiert, wobei die „Gießener Schwarzen“ und ihre politische Zielsetzung im Mittelpunkt stehen. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Funktion des Turnens und der Turnlieder bei den „Gießener Schwarzen“.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Nationalismus, Turnbewegung, Burschenschaft, Studentenbewegung, „Gießener Schwarzen“, Karl Follen, Turnlieder, politische Reform, Einheit Deutschlands, 19. Jahrhundert.
- Arbeit zitieren
- Hanna Heun (Autor:in), 2010, Nationalbewegung in Mittelhessen. Bedeutung und Funktion des Turnens und der Turnlieder bei den Giessener Schwarzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301536