Konzept zur Durchführung einer schulinternen Lehrerfortbildung für stereoskopische Filmproduktion und -postproduktion


Masterarbeit, 2014

123 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 STEREOSKOPISCHE FILMPRODUKTION UND -POSTPRODUKTION
2.1 STEREOSKOPISCHE FUNKTIONSWEISEN UND BEGRIFFLICHKEITEN
2.1.1 Binokulares Sehen
2.1.2 Konvergenz und Scheinfensterebene
2.1.3 Positive und negative Parallaxe
2.1.4 Stereobasis
2.2 ARBEITSMITTEL DER PRODUKTION
2.2.1 Kamerapaar und Objektive
2.2.2 Speichermedium
2.2.3 Sync-Generator
2.2.4 Stereo-3D-Rig
2.2.5 S3D-Kontrollmonitor und Wiedergabeverfahren
2.3 PRODUKTIONSPROZESS
2.3.1 Auftragsannahme
2.3.2 Auftragsplanung
2.3.3 Auftragsdurchführung
2.3.3.1 Produktionsstätte und Personal
2.3.3.2 Manuelle Voreinstellungen
2.3.3.3 Geometrische Justierung
2.3.3.4 Elektronische Justierung
2.3.3.5 Qualitätskontrolle
2.3.4 Auftragsabschluss
2.4 ARBEITSMITTEL DER POSTPRODUKTION
2.4.1 S3D-Schnittsystem
2.4.2 S3D-Schnittprogramme
2.5 POSTPRODUKTIONSPROZESS
2.5.1 Auftragsannahme.
2.5.2 Auftragsplanung
2.5.3 Auftragsdurchführung
2.5.3.1 S3D-Rohmaterial entgegennehmen und archivieren
2.5.3.2 Schnitt
2.5.3.3 Stereo Sweetening (Stereokorrekturen)
2.5.3.4 Depth Grading (Tiefenkorrektur)
2.5.3.5 Stereo Color Grading (Stereo Farbkorrektur)
2.5.3.6 Quality Control (Qualitätskontrolle)
2.5.3.7 Export
2.5.4 Auftragsabschluss
2.6 ZWISCHENFAZIT

3 UNTERRICHTSPRAKTISCHE ERFAHRUNG
3.1 SCHULBEDINGTE DIDAKTISCHE REDUKTION
3.2 UNTERRICHTSPROJEKT NACH GEMÄßIGT KONSTRUKTIVISTISCHEM ANSATZ
3.3 ZWISCHENFAZIT

4 DIE DRITTE PHASE DER LEHRERBILDUNG
4.1 AKZEPTANZ UND BEDEUTUNG FÜR SCHULENTWICKLUNG
4.2 VERORTUNG VON FORTBILDUNG IM HAMBURGISCHEN SCHULGESETZ
4.3 ANFORDERUNGEN AN WIRKSAME FORTBILDUNGSANGEBOTE
4.4 ZWISCHENFAZIT

5 KONZEPT DER SCHULINTERNEN FORTBILDUNG FÜR STEREOSKOPISCHE FILMPRODUKTION UND -POSTPRODUKTION
5.1 BEDINGUNGSANALYSE
5.1.1 Ausgangsbedingungen des Kollegiums Fachbereich Medientechnik
5.1.2 Ausgangsbedingungen der Fortbildungsleitung
5.1.3 Institutionelle Bedingungen und curricularer Bezug
5.2 ORGANISATORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN
5.3 SACHDARSTELLUNG UND DIDAKTISCHE ANALYSE
5.4 DURCHFÜHRUNGSKONZEPT

6 SCHLUSSBETRACHTUNG

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG 1: HANDLUNGSFELD S3D-PRODUKTION

ANHANG 2: HANDLUNGSFELD S3D-POSTPRODUKTION

ANHANG 3: HORIZONTALE TEILBILDAUSRICHTUNG (HIT)

ANHANG 4: KORREKTUR DER RELATIVEN PARALLAXE

ANHANG 5: FEEDBACK ME10B

ANHANG 6: BERUFSSCHUL-BLOCKZEITEN

ANHANG 7: LEITTEXT FÜR AUFBAU UND EINRICHTUNG DER PRODUKTIONS- MITTEL EINER S3D-PRODUKTION

ANHANG 8: KORREKTURLEITFADEN S3D-POSTPRODUKTION MIT ADOBE SPEEDGRADE

ANHANG 9: GLOSSAR

ANHANG 10: EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG

Kurzfassung

Die erste und zweite Phase der Lehrerbildung bieten die notwendig Voraussetzung für den Berufseintritt zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer. Der darin erfahrene Bildungsweg ist an der verantwortlichen Bildungseinrichtung orientiert und im Vergleich zu der langen Phase der Berufspraxis zeitlich begrenzt. Im Kontext von Qualitätsentwicklung und -sicherung des Systems Schule sind erforderliche Kompetenzen der Lehrkräfte nachhaltig zu garantieren. Gesellschaftliche Wandlungsprozesse und Veränderungen im Bildungswesen bedingen zudem einen fortlaufenden Kompetenzerwerb. Das Lebenslange Lernen wird konkretisiert in der dritten Phase der Lehrerbildung: Der Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern nach dem Berufseintritt. Die Professionalisierung an einer Schule tätiger Personen geht mit der systematischen Unterrichts- und Qualitätsentwicklung einer ganzen Schule einher. Der schulinternen Lehrerfortbildung wird in diesem Kontextbezug eine besondere Bedeutung zugeschrieben.

Die vorliegende Masterarbeit möchte vor diesem Hintergrund zeigen, unter welchen Bedingungsfaktoren es möglich ist, eine wirkungsvolle, schulinterne Lehrerfortbildung für das Lehrerkollegium eines Fachbereichs an einer beruflichen Schule in Hamburg zu konzipieren.

Berufliche Arbeitsprozesse stereoskopischer Filmproduktion und -postproduktion stellen für die Fortbildung den fachwissenschaftlichen Sachgegenstand dar.

Die Forschungsresultate geben Aufschluss, dass unter Berücksichtigung empirischer Befunde zur Wirksamkeit von Lehrerfortbildungen eine schulinterne Lehrerfortbildung zu konzipieren ist, welche die Professionalisierung der Fortbildungsteilnehmer in den Kontextbezug zu schulischer Unterrichts- und Qualitätsentwicklung der ausgewählten beruflichen Schule setzt. Das theoretische Konzept stellt die Voraussetzung für den praktischen Einsatz an Schulen. Es darf von Lehrkräften als Planungsvorlage verwendet werden. Ob sich das Fortbildungskonzept etabliert, ist durch resultierende Evaluationsergebnisse aufzeigbar, eine nachhaltige Implementation in schulische Professionalisierungsmaßnahmen dadurch ermöglicht.

Abstract

The first and second phases of teacher training provide the necessary prerequisites for career entry for future teachers. The educational path that these phases encompass is oriented towards responsible educational establishments, and is limited in time when compared to long phase of practical work experience. In the context of developing quality and maintaining the standards of the school system, it is necessary to sustainably ensure that teaching staff have the required skills. Processes of social transformation and changes in the field of education additionally require that teachers continually sharpen their skills. Lifelong learning comes into play in the third phase of teacher training: the further education and training of active teachers. The professionalisation of persons employed is complementary to the systematic development of teaching and quality standards. Internal further education for teachers is extremely important in this context.

This master’s thesis is intended to demonstrate the conditions under which it is possible to design an effective programme of internal further education for teaching staff in a specific subject at a vocational school in Hamburg.

Vocational working processes for stereoscopic film production and post production constitute the specialist content of the further education programme.

On the basis of empirical evidence concerning the effectiveness of further education programmes for teachers, the research findings presented here demonstrate that it is possible to design such a programme that contributes to the professionalisation of participants within the context of the development of academic teaching and quality standards at specific vocational schools. These results may be used by teaching staff as a model. Once the further education concept is established through the resulting demonstrable evaluation results, it will be possible to sustainably implement it in schools.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

ABBILDUNG 1: DISPARITÄT MENSCHLICHES AUGE (CNX ANATOMY AND PHYSIOLOGY, O. J. [ONLINE])

ABBILDUNG 2: DEFINITION DER SCHEINFENSTEREBENE (BOLLIGER, 2011, S. 11)

ABBILDUNG 3: POSITIVE UND NEGATIVE PARALLAXE (BOLLIGER, 2011, S. 18)

ABBILDUNG 4: SYNC-GENERATOR GEN 10 (AJA, O. J. [ONLINE])

ABBILDUNG 5: ANORDNUNG UND AUFNAHMEVERHALTEN VON STEREO-3D-RIGS (BOLLIGER & SCHINDLER, 2011, S. 22)

ABBILDUNG 6: MAXIMALE PARALLAXE ANAGLYPHVERFAHREN (ESTADO LATENTE S.L. - TOYIN3D, 2013 [ONLINE])

ABBILDUNG 7: INTERLACED-CODIERUNG (SIRAGUSANO, 2012, S. 10)

ABBILDUNG 8: S3D-ANSICHT SCHNITT (SIRAGUSANO, 2012, S. 13)

ABBILDUNG 9: 2D-ANSICHT SCHNITT (SIRAGUSANO, 2012, S. 13)

ABBILDUNG 10: ZIELE UND AUFGABEN VON FORTBILDUNG (HAHN, 2003, S. 23)

ABBILDUNG 11: VERÄNDERUNG DER ABSOLUTEN PARALLAXE DURCH HIT (SIRAGUSANO, 2012, S. 43)

ABBILDUNG 12: KORREKTUR DER RELATIVEN PARALLAXE (SIRAGUSANO, 2012, S. 44)

ABBILDUNG 13: BERUFSSCHUL-BLOCKZEITEN G16 (G16, O. J. [ONLINE])

Tabellenverzeichnis

TABELLE 1: ZEITLICHE ORGANISATION DER SCHULINTERNEN FORTBILDUNG FÜR STEREOSKOPISCHE

FILMPRODUKTION UND -POSTPRODUKTION (G16)

TABELLE 2: 1. FORTBILDUNGSEINHEIT: EINFÜHRUNG & PROJEKTPLANUNG

TABELLE 3: 2. FORTBILDUNGSEINHEIT: S3D-PRODUKTION

TABELLE 4: 3. FORTBILDUNGSEINHEIT: UNTERRICHTSERPROBUNG & FACHDIDAKTISCHE REFLEXION

TABELLE 5: 4. FORTBILDUNGSEINHEIT: S3D-POSTPRODUKTION

TABELLE 6: 5. FORTBILDUNGSEINHEIT: WORKSHOP STEREOGRAPH

TABELLE 7: 6. FORTBILDUNGSEINHEIT: UNTERRICHTSERPROBUNG & FACHDIDAKTISCHE REFLEXION

TABELLE 8: 7. FORTBILDUNGSEINHEIT: PROJEKT S3D

TABELLE 9: 8. FORTBILDUNGSEINHEIT: KONZEPT ZUR NACHHALTIGKEIT, REFLEXION & EVALUATION

1 Einleitung

Das Hochschulstudium und der Vorbereitungsdienst gelten als erste und zweite Phase der Lehrerbildung und offerieren einen Kompetenzerwerb, der als erforderliche Voraussetzung für den Berufseintritt angehender Lehrerinnen und Lehrer gilt. Der erfahrende Bildungsprozess orientiert sich weitestgehend an den Rahmenbedingungen der verantwortlichen Bildungseinrichtungen. Zudem sind beide Phasen verglichen mit der langen Phase der Berufspraxis zeitlich begrenzt:

„Der Lehrerbildung liegt also die Annahme zugrunde, dass die ersten beiden Phasen der Ausbildung zwar notwendige Voraussetzung, keinesfalls hinreichend sind, um für die lange Phase der beruflichen Tätigkeit die notwendige Kompetenz dauerhaft zu sichern. Gesellschaftliche Wandlungsprozesse und auch Veränderungen im Bildungswesen selbst erfordern vielfach neue und damit auch neu zu erwerbende Kompetenzen seitens der Lehrkräfte“ (Geist, 2011, S. 6).

Die dritte Phase der Lehrerbildung reiht sich an. Es genügt als Lehrkraft jedoch nicht, sich fortlaufend auf eine Verbesserung des eigenen fachlichen Könnens zu beschränken. Ein Berufsschullehrer agiert mit seiner Professionalität stets im System Schule und beeinflusst dadurch schulische Qualifizierungsprozesse (vgl. Geist, 2011, S. 6). Es leitet sich somit ab, dass die dritte Phase der Lehrerbildung nur im institutionellen und kollegialen Kontext einen sinnhaften Kompetenzerwerb darstellt, „der einer systematischen Unterrichts- und Qualitätsentwicklung der gesamten Schule dient“ (Geist, 2011, S. 7). Der schulinternen Lehrerfortbildug wird in diesem Kontextbezug eine besondere Bedeutung zugeschrieben.

Ziel dieser Arbeit ist es demnach, ein Konzept zur Durchführung einer schulinternen Lehrerfortbildung zu entwickeln. Zur Berücksichtigung schulischer Qualitätsentwicklung orientieren sich die Inhalte der Fortbildung an dem fachwissenschaftlichen Sachgegenstand einer stereoskopischen Filmproduktion- und postproduktion. Gerade im berufsschulischen Fachgebiet der Medientechnik verfügt dieses Thema an berufspraktischer Aktualität für Ausbildungsberufe wie MediengestalterInnen für Bild und Ton oder Film- und VideoeditorInnen. Der Aufbau der Arbeit orientiert sich in Hinblick auf das Erreichen genannter Zielformulierung wie folgt.

Um mögliche fachliche Inhalte für die schulinterne Fortbildung bereitzustellen und einen Curriculumsbezug zu schaffen wird in Kapitel 2 zunächst der fachwissenschaftliche Sachgegenstand zu Funktionsweisen und Begrifflichkeiten stereoskopischen 3Ds1 und damit verknüpfter Arbeitsmittel und Handlungsschritte der stereoskopischen Filmproduktion und -postproduktion dargestellt. Speziell in diesem Kapitel werden Fachbegriffe in Schriftart fett/kursiv hervorgehoben und dadurch dem angehängten Glossar (s. Anhang 9: Glossar) zugeordnet.

In Kapitel 3 leiten sich aus der Darstellung eigener unterrichtspraktischer Erfahrungen zu einem Unterrichtsprojekt des Themas S3D strukturelle wie inhaltliche Entscheidungskriterien zwecks Berücksichtigung schulischer Unterrichtsentwicklung für die Konzeption der schulinternen Lehrerfortbildung ab.

Das 4. Kapitel formuliert die Ursache steigender Akzeptanz gegenüber Fortbildungsangeboten im Verlauf der letzten Dekade durch eine Zusammenstellung empirischer Befunde nach Lipowsky (2010) und Lipowsky, Rzejak und Dorst (2011). Weiterhin werden Bedeutsamkeit und mögliche Wirkungsebenen der Lehrerfortbildung für den Prozess von Schulentwicklung herausgestellt und in Bezug zum Bundesland Hamburg gesetzt. Abschließend erfolgt eine Zusammenstellung von Anforderungen an wirkunsvolle Fortbildungsangebote auf Basis der Sammlung empirischer Befunde nach Lipowsky et al. (2010/2011).

Jedes Kapitel endet mit einem Zwischenfazit. Darin formulierte Ergebnisse verstehen sich als struktuelle und inhaltliche Entscheidungskriterien und finden in Kapitel 5 Anwendung bei der Konzipierung zur Durchführung der schulinternen Lehrerfortbildung.

Die Anteile verwendeter Literatur unterscheiden sich hinsichtlich der Kapitel. Der technisch, fachwissenschaftliche Sachgegenstand basiert auf Fachliteratur und Fachmagazinen verschiedener Bezugsquellen sowie wissenschaftlichen Beiträgen und den Ergebnissen aus Experteninterviews. Details hierzu finden sich zu Beginn des jeweiligen Kapitelabschnitts. Sonstige Literatur stammt aus der Hamburger Lehrerbibliothek des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung, der Martha-Muchow-Bibliothek Hamburg und aus Privatbesitz.

2 Stereoskopische Filmproduktion und -postproduktion

Die Konzipierung einer schulinternen Lehrerfortbildung zu stereoskopischer Filmproduktion und -postproduktion setzt eine umfassende Analyse des fachwissenschaftlichen Sachgegenstands voraus, um daraus zu vermittelnde Fachinhalte für Fortbildungsteilnehmer abzuleiten. Der fachliche Zusammenhang des Sachgegenstands ist nicht auf curricular verortete Inhalte von Rahmenlehrplänen zurückzuführen, sondern erfolgt in Abgleich von einschlägiger Fachliteratur mit den wissenschaftlichen Befunden aus Arbeitsprozessanalysen der beruflichen Praxis.

Für die Sachdarstellung ist folgende Segmentierung vorgesehen. Um den fachwissenschaftlichen Zusammenhang der beruflichen Praxis nachzuvollziehen werden zunächst optometrische Gesetzmäßigkeiten zu stereoskopischen Funktionsweisen und damit verbundener Begrifflichkeiten dargestellt. Eine Ausführung zu Arbeitsmitteln und Handlungsschritten von Arbeitsprozessen der S3D-Produktion und S3D-Postproduktion schließt sich an.

2.1 Stereoskopische Funktionsweisen und Begrifflichkeiten

Die Produktion und Postproduktion stereoskopischen Videomaterials legt eine genrespezifische Fachsprache fest, die es im Sinne eines zielorientierten Arbeitsvorgehens zu beherrschen gilt. Auch die Abbildung des Arbeitsprozesses der beruflichen Praxis im Sinne von handlungsorientiertem Unterricht und daraus folgender schulischer Entwicklungsprozesse erfordert ein ausgeprägtes Wissen über die zugrundeliegenden Phänomene von S3D. Die Fähigkeit, diese zu benennen und zu beschreiben, ohnehin. Der folgende Abschnitt versteht sich daher als Einführung in Begrifflichkeiten der Stereoskopie. Optisch technische Funktionsweisen werden in Bezug zur Physiologie der Betrachter gestellt, was die Voraussetzung bietet, den Prozess der S3D-Filmproduktion und -postproduktion hinreichend nachzuvollziehen und auf didaktisch reduzierte Inhalte von Berufsschulunterricht und schulischer Fortbildung zu transferieren.

2.1.1 Binokulares Sehen

Die Physiologie der menschlichen Augen ist die Grundvoraussetzung für die räumliche Interpretation von stereoskopischem Bild- oder Videomaterial. Der Augenabstand eines Menschen beträgt durchschnittlich 6,5 cm. Dies führt bei Lichteinfall durch die Pupille zu einer unterschiedlichen Position der Abbildungen auf der jeweiligen Netzhaut des linken und rechten Auges. Das abgebildete Bild unterscheidet sich zudem perspektivisch, da die Blickwinkel im optischen Raum verschieden sind. Begrifflich lässt sich dies als visuelle Disparität2 festlegen (vgl. Bolliger, 2011, S. 10). Dieser perspektivische Unterschied erzeugt im Sehzentrum des Gehirns den Eindruck von Räumlichkeit und stellt für uns Menschen einen natürlichen Prozess dar, der eine räumliche Orientierung zulässt. Erst das binokulare Sehen ermöglicht es uns Distanzen und Entfernungen einzuschätzen. Diese physiologische Eigenschaft nutzt man bei der Erstellung von S3D- Bild- und Videomaterial. Entsprechend der binokularen Information für das räumliche Sehen des Menschen, muss bei S3D

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Disparität menschliches (CNX Anatomy and Physiology, o. J. [online])

Auge je eine Bildinformation für das linke und rechte Auge aufgenommen werden. Die korrekte Betrachtung eines S3D-Videos bedingt zudem die separate Vorführung des linken und rechten Bildstroms in Zuordnung zu dem jeweiligen Auge des Zuschauers. Stereoskopisches Videomaterial besteht daher aus je zwei Halb- oder Teilbildern (vgl. Bolliger, 2011, S. 10).

Die Grenze der Disparität eines S3D-Videos orientiert sich an der Leistungskapazität des menschlichen Gehirns, aus zwei Bildinformationen einen räumlichen Eindruck zu erschaffen. Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet die sogenannte Daumenprobe (s. Abb. 1). Hierbei wird der Daumen vor das Gesicht gehalten. Wird abwechselnd das linke und rechte Auge geschlossen, so sieht es aus, als ob der Daumen hin und her springt. Je näher der Daumen an das Gesicht herangeführt wird, desto größer ist der Versatz der Einzelbilder. Optisch lässt sich dies mit der Größe des Konvergenzwinkels3 α2 (s. Abb. 1) der Sehachsen beschreiben. Die Disparität verhält sich proportional zur Größe des Konvergenzwinkels. Je näher der Konvergenzpunkt4, und je größer damit die Differenz der auf der Netzhaut erfassten Abbildungen, desto näher erscheint das erfasste Objekt. Das Zusammenführen der Bildinformation im Gehirn wird immer weiter erschwert, bis die Grenze der stereoskopischen Gestaltungsfreiheit erreicht ist.

2.1.2 Konvergenz und Scheinfensterebene

Der Begriff der Konvergenz beschreibt den Schnittpunkt der optischen Sehachsen an einem gemeinsamen Ort. Dieser Schnittpunkt wird auch Konvergenzpunkt genannt. Vergleicht man das Augenpaar mit einem Videokamerapaar, so lässt sich eine Analogie hinsichtlich der optischen Achsen feststellen, die eine direkte Auswirkung auf die Wiedergabe im Präsentationsmedium hat. Es ist zunächst anzumerken, dass bei einer S3D-Filmproduktion vornehmlich zwei unterschiedliche Aufnahmeverfahren bezüglich der Ausrichtung des Kamerapaars zueinander Anwendung finden.

Vergleichbar der Funktionsweise menschlicher Augen, bei denen die Fixierung eines Zielpunktes durch symmetrisches Einwärtsdrehen5 der Sehachsen geschieht, funktioniert das Prinzip konvergierender Kameras. Hierbei definiert der Konvergenzpunkt die sogenannte Scheinfensterebene6. Sie liegt bei Wiedergabe des stereoskopischen Videos für den Betrachter genau auf der Projektionsfläche, z.B. einer Kinoleinwand (s. Abb. 2). Folglich werden alle Objekte, die sich zum Drehzeitpunkt vor bzw. hinter dem Konvergenzpunkt befanden, bei Wiedergabe des S3D-Videos vor bzw. hinter der Projektionsfläche erscheinen.

Im Gegensatz hierzu führt die parallele Ausrichtung des Kamerapaars dazu, dass die Scheinfensterebene bei der Wiedergabe zunächst in der Unendlichkeit liegt. Dies ergibt sich aus der mathematischen Annahme der Annäherung beider optischer Achsen im Unendlichen. Alle aufgenommenen Objekte erscheinen dem Betrachter daher aus der Bildebene herauskommend (vgl. Bolliger, 2011, S. 11) (s. Abb. 2). Die parallele Ausrichtung des Kamerapaars erfordert eine anschließende Korrektur des Bildmaterials innerhalb der Postproduktion. Sie eröffnet hierdurch allerdings auch weit mehr gestalterische Freiheit hinsichtlich stereoskopischer Tiefenwirkung des S3D-Produkts.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Definition der Scheinfensterebene (Bolliger, 2011, S. 11)

2.1.3 Positive und negative Parallaxe

Zum Verständnis sei angemerkt, dass abhängig vom Wiedergabemedium eines S3D- Videos unterschiedliche Techniken für die Betrachtung zur Anwendung kommen. Beispiele hierfür sind Rot-Cyan-Brille, Shutterbrille und Polfilterbrille. Sie haben eine Gemeinsamkeit. Die linke und rechte Bildinformation wird nur dem jeweiligen Auge zugänglich gemacht. Ohne Filtertechnik sind alle Informationen auf der Bildebene überlagert sichtbar. Hierzu in Abschnitt 2.2.5 mehr.

Ausgehend von der Scheinfensterebene lässt sich die räumliche Orientierung eines Objekts durch die Begriffe positive und negative Parallaxe beschreiben. In Abbildung 3 ist dieser Unterschied illustrativ dargestellt. Zu ergänzen ist der nicht dargestellte Fall, dass sich der Apfel direkt auf der Bildebene befindet. In diesem Fall sind die Teilbilder des rechten und linken Auges identisch. Sie besitzen keinen horizontalen Versatz und liegen auf dem natürlichen Konvergenzpunkt des Betrachters. Für ihn erscheint der Apfel somit auf der Projektionsfläche selbst. Dieser Zustand wird Nullparallaxe genannt (vgl. Thomas, 2011, S. 46).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Positive und negative Parallaxe (Bolliger, 2011, S. 18)

Untersuchen wir die linke Illustration der Abbildung. Die Bilder des linken und rechten Auges besitzen einen horizontalen Versatz, der so geschaffen ist, dass das linke Teilbild des Apfels für das linke Auge weiter links erscheint und in Analogie das rechte Teilbild für das rechte Auge weiter rechts. Für den Betrachter erscheint das Objekt räumlich hinter der Projektionsfläche. Es weist somit eine positive Parallaxe auf. Der maximale horizontale Versatz des linken und rechten Teilbildes darf den Abstand der Sehachsen in Parallelstellung nicht überschreiten. Ist dies der Fall, so muss der Betrachter nach außen schielen. Es kommt zur Divergenz. Eine Überforderung des Gehirns sowie eintretendes Unwohlsein oder Übelkeit sind die Folge.

Im Gegensatz hierzu verfügen in der rechten Illustration von Abbildung 3 die Teilbilder beider Augen einen horizontalen Versatz, der entgegengesetzt angeordnet ist. Das linke Teilbild des Apfels erscheint für das linke Auge weiter rechts, das rechte Teilbild des Apfels für das rechte Auge weiter links. Das zusammengeführte Objekt erkennt der Betrachter somit vor der Projektionsfläche. Es weist eine negative Parallaxe auf.

2.1.4 Stereobasis

Der Abstand der Mittelpunkte zweier Objektive eines Kamerapaars wird als Stereobasis definiert. Sie orientiert sich am Augenabstand des Menschen von durchschnittlich 6,5 cm. Ausgehend von diesem Abstand, welcher als Normalbasis bezeichnet wird (vgl. Bolliger, 2011, S. 13), lässt sich durch Veränderung der Stereobasis gestalterisch Einfluss auf die Ausdehnung des räumlichen Tiefenbereichs nehmen.

Verringert man die Stereobasis ausgehend von der Normalbasis, so wird die räumliche Ausdehnung des S3D-Bildes auf einen kleinen realen Bereich komprimiert. Makroeinstellungen profitieren davon, da kleinste Objekte bei einer Wiedergabe sehr plastisch erscheinen.

Umgekehrt lässt sich durch Vergrößerung der Stereobasis ein sehr großer, realer Bereich, beispielsweise ein Alpen panorama, in seiner vollen Tiefenausdehnung abbilden. Hierfür werden Stereobasen von bis zu mehreren Metern verwendet (vgl. Bolliger, 2011, S. 14).

2.2 Arbeitsmittel der Produktion

Die Produktion eines S3D-Videos setzt Arbeitsmittel einer herkömmlichen Filmproduktion voraus. Hierbei ist sich an gängigen Arbeitsmitteln einer EB7 - Produktion oder Image-/Videofilmproduktion zu orientieren. In Hinblick auf eine qualitativ hochwertige S3D-Produktion begrenzt sich die Auswahl des Kameraformats auf HD8, für Kinofilmproduktionen werden digitale Kinoformate wie 2K oder 4K verwendet (vgl. Tauer, 2010, S. 292). Eine Produktion in SD-Formaten oder auf Film wird für S3D so gut wie nicht mehr umgesetzt.

Materialliste Filmproduktion:

- HD-Kamera inkl. Wechselobjektiv + Akkumulator
- Kamerastativ mit Libelle
- Stativplatte mit Zweipunktbefestigung
- Funksteuerung für Objektiv (Brennweite, Blende, Fokus)
- Herstellerabhängiges Speichermedium (XDCAM, DVC-Pro HD,
Speicherkarte, etc.)
- HD-Kontrollmonitor
- Lichtkoffer (Scheinwerfer versch. Hersteller + Lichtstative + Netzkabel mit
SCHUKO -Stecker)
- Weißes Blatt oder vergleichbares Medium für Wei ß abgleich

Es wird sich an dieser Stelle auf die Arbeitsmittel von Handlungsschritten der Auftragsdurchführung einer S3D-Produktion beschränkt. Die Materialien werden um S3D-relevante Arbeitsmittel erweitert bzw. durch jene ersetzt. Als wissenschaftliches Instrument zur Bereitstellung S3D-relevanter Arbeitsgegenstände dient die Ausarbeitung zum Handlungsfeld einer S3D-Produktion (s. Anhang 1: Handlungsfeld S3D-Produktion), welche sich aus der Arbeitsprozessmatrix9 ableitet.

Diese wurde auf Grundlage der Bachelorarbeit von unter

Bezugnahme eines Interviews mit dem Stereographen Marc Briede10, und einem Telefoninterview mit Michael Laakmann11 am 29.08.2012 mit den vorgesehenen Inhalten gefüllt.

2.2.1 Kamerapaar und Objektive

Ausgehend von der Materialliste einer Filmproduktion ist es bei einer S3D- Produktion von Relevanz, zwei Kameras gleichen Typs und Herstellers zu verwenden. Bei der stereoskopischen Produktion liegt der Anspruch in der Übereinstimmung an formativer und elektronischer Bildinformation des rechten und linken Bildstroms. Dieser ist mit einem baugleichen Kamerapaar gewährleistet, da keine relevanten Unterschiede innerhalb der Elektronik festzustellen sind (vgl. Tauer, 2010, S. 292). Darüber hinaus lassen sich interne Menüeinstellungen sowie sonstige Voreinstellungen genau aufeinander abgleichen.

Neben der identischen Bauweise müssen die Kameras aufeinander synchronisierbar sein. Es bedarf daher eines 3-Phasen-Genlocks 12 an beiden Kameras (s. Anhang 1: Handlungsfeld S3D-Produktion) um die Kameras via Sync Generator (siehe Punkt 2.2.3) framegenau13 aufeinander abzustimmen.

Je nach Anwendungsbereich ist die Priorität auf Performance oder Mobilität zu setzen. Ist beispielsweise eine höhere Bildqualität des Kamerapaars wichtig, die mit einem höheren Gewicht und einer umfangreicheren Bedienung einhergeht oder ist ein Kompromiss aus Leistung und Flexibilität ausreichend? Denn Fakt ist, dass sich die Arbeitsabläufe für Justierung und Einstellung sowie das Gewicht bei einer S3D- Produktion schlichtweg verdoppeln (vgl. Tauer, 2010, S. 292).

Im Gegensatz zu Kamerasystemen besteht bei Wechselobjektiven, trotz gleichen Typs und Herstellers, immer eine gewisse Toleranz hinsichtlich ihrer Brennweiten. Unter dem Aspekt der stereoskopischen Filmproduktion bieten Hersteller wie Verleiher vorselektierte Optiken an, die in ihrer Funktionsweise nahezu identisch sind (vgl. Briede, 2011; zit. n. Fischer, 2011, S. 15). Exemplarisch ist Fujinon als Hersteller zu nennen, der unter dem Namen „3D-Synchro-Objektive“ paarweise elektronisch und optisch abgestimmte Optiken anbietet (vgl. Tauer, 2010, S. 340).

2.2.2 Speichermedium

In Abhängigkeit des Herstellers sind entsprechende, aufeinander abgeglichene Speichermedien zu wählen. Eine sichtbare Zuordnung von „links“ und „rechts“ auf dem jeweiligen Medium ist unerlässlich, um die Datenverarbeitung im Prozess der Postproduktion zu organisieren. Sofern ein lineares Speichermedium wie eine MAZ - Kassette gewählt wird, muss der aufgezeichnete Timecode beider Kameras identisch sein. Eine Bezeichnung von „links“ und „rechts“ beschränkt sich auf das Medium selbst.

Eine systematischere Datenverwaltung ist bei Kameras erforderlich, deren Datenspeicherung in Form einzelner Clips auf einem nichtlinearen Speichermedium erfolgt. Die Bezeichnung von „links“ und „rechts“ betrifft nun auch die Clipnamen selbst. Außerdem ist eine fortlaufende, gleiche Nummerierung beider Clips umzusetzen. Um einen zeitgleichen Aufnahmestart zu gewährleisten, wird ein sog. Sync-Generator verwendet. Dieser wird im Folgenden näher erläutert.

2.2.3 Sync-Generator

Die verwendeten Kameras müssen über eine Schnittstelle zur Synchronisation verfügen, um Aufnahmen zeitgleich starten und stoppen zu können. Dies geschieht mit einer HD-Genlock-Buchse über einen 3-Phasen-Genlock. Als externer Taktgeber dient ein sog. Sync-Generator (s. Abb. 4), der über die Anschlussbuchsen zwischen das Kamerapaar geschaltet wird (vgl. Anhang 1: Handlungsfeld S3D-Produktion).

Neben AJA als Hersteller des „Gen 10“ Sync-Generators gibt es von diversen Herstellern weitere Ausführungen, wie Beispielsweise den „yellobrik“ der Firma LYNX. Gemein haben aufgeführte Modelle, dass sie ein Tri-Level-Sync- Signal an beide Kameras senden. Diese externe Taktvorgabe übernehmen beide

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Sync-Generator Gen 10 (AJA, o.

J. [online]) Kameras. So ist gewährleistet, dass im Aufnahmevorgang alle Frames synchron aufgezeichnet werden. Für S3D ist dies sehr wichtig, da ein Frameversatz, gerade bei Wiedergabe schneller Bewegungen zu einem sichtbaren Flimmern führt, das den Verlust des räumlichen Eindrucks beim Betrachter erzeugt (vgl. Briede, 2011; zit. n. Fischer, 2011, S. 21). Neben der Framesynchronisation gleicht der Sync-Generator auch den Timecode beider Kameras aufeinander ab. Den Produktionsprozess stört das Gerät nicht, da es aufgrund kompakter Bauweise an den Produktionsmitteln befestigt wird.

2.2.4 Stereo-3D-Rig

Im Gegensatz zu herkömmlichen Filmproduktionen verlangt S3D eine genaue Ausrichtung des Kamerapaars zueinander, um dem stereoskopischen Endprodukt qualitativ gerecht zu werden. Für das Justieren vor Drehbeginn sowie einer fortlaufenden Korrektur optischer Parameter während des Drehvorgangs sind spezielle Stereo-3D-Rigs entwickelt worden, die kompatibel zu standardisierten Arbeitsmitteln wie einem Kamerastativ sind. Es sind zwei Bauarten von S3D-Rigs zu unterscheiden.

- Side-by-Side-Rig

Mit einem Side-by-Side-Rig werden beide Kameras nebeneinander auf einer Schienenkonstruktion mit meist beweglichen Schlitten angebracht. Professionelle Side-by-Side-Rigs verfügen über Einstellmöglichkeiten für Konvergenzwinkel, Stereobasis und geometrische Korrekturen, um eine genaue Ausrichtung des Kamerapaars zueinander umzusetzen. Baubedingt ist die minimale Stereobasis durch die Dimension der Kameragehäuse gegeben, die maximale Stereobasis durch die Schienenlänge. Das geringe Gewicht, die anschauliche Bedienbarkeit und Konfiguration sind Vorteil (vgl. Bolliger, 2011, S. 20). Zudem erfordert ein Side-by-Side-Rig keine zusätzlichen Vorkorrekturen beider Bildströme (s. Abb. 5 rechts). Lediglich Stereokorrekturen werden innerhalb der Postproduktion vorgenommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Anordnung und Aufnahmeverhalten von Stereo-3D-Rigs (Bolliger & Schindler, 2011, S. 22)

- Spiegel-Rig

Bei einem Spiegel-Rig werden die Kameras im rechten Winkel zueinander montiert. Unter Einsatz eines Spiegels mit halbdurchlässiger Beschichtung (Coating) wird das Bild für eine Kamera durch den Spiegel, das Bild für die zweite Kamera über Reflektion am Spiegel aufgenommen. Diese Technik besticht mit dem großen Vorteil, die Stereobasis des Kamerapaars auf Null zu bringen und dadurch eine hohe gestalterische Freiheit zu erlangen. Nachteile bei der Bildbearbeitung ergeben sich durch das Erzeugen polarisierten Lichts14 nach der Spiegelreflexion für eine Kamera hinsichtlich der Aufnahme reflektierender Gegenstände wie Wasser oder Glasscheiben. Zudem muss mit Lichtverlust des durch den Spiegel laufenden Lichtstrahls gerechnet werden, je nach Qualität des verwendeten Spiegels. Weitere Arbeitsschritte zur Bildkorrektur innerhalb der Postproduktion sind die Folge (vgl. Bolliger, 2011, S. 21). Im Produktionsprozess selbst muss das reflektierte Bild, wie in der linken Illustration von Abbildung 5 zu erkennen, durch eine Vorkorrektur rückgespiegelt werden. Dies geschieht im direkten Anschluss zur Aufnahme oder aber in der Postproduktion (vgl. Tauer, 2010, S. 392).

2.2.5 S3D-Kontrollmonitor und Wiedergabeverfahren

Als Qualitätskontrolle hinsichtlich stereoskopischer Einstellungen während der Dreharbeiten dient der S3D-Kontrollmonitor15. Sofern eine parallele Kameraausrichtung besteht, lässt sich durch eine horizontale Verschiebung des linken und rechten Teilbilds zueinander (HIT) die Scheinfensterkorrektur der Postproduktion simulieren. Somit kann die Aufnahme analysiert und ggf. direkt eine Korrektur der Aufnahmeeinstellungen vorgenommen werden. Als Messinstrument dient ein zuschaltbares Kontrollgitter. Die maximal zulässige Parallaxe ist dadurch anhand des Maximalabstands beider Halbbilder zueinander von 2-3% der Bildbreite abzulesen (s. Abb. 6). So wird garantiert, dass das Endprodukt für den Zuschauer angenehm zu betrachten ist und nicht zu einer divergenten oder übermäßig konvergenten Augenstellung führt (vgl. Bolliger, 2011, S. 16).

Ein Beispiel für eine Wiedergabe in Shuttertechnik ist der „Transvideo 3D Monitor“. Beide Halbbilder werden mit hoher Frequenz abwechselnd angezeigt. Die Frequenz wird über Infrarot mit einer Shutterbrille gekoppelt. Diese öffnet abwechselnd das passende Brillenglas zu den Halbbildern. Durch die hohe Frequenz dieses Vorgangs verschmelzen die Bilder und ergeben den räumlichen Eindruck.

Ein weiteres Wiedergabeverfahren ist die Polarisationstechnik. Das linke Halbbild wird nur auf den ungeraden Bildzeilen des Monitors angezeigt. Diese polarisieren das Licht links zirkulierend. Das rechte Halbbild wird nur auf den geraden Zeilen des Monitors angezeigt und ist rechts zirkulierend polarisiert. Der Betrachter sieht die Einzelbilder durch eine Polarisationsbrille16, die Dank Polarisationsfilter das vorgesehene Halbbild für das linke und rechte Auge trennt. Es entsteht der räumliche Eindruck. Polarisationsbrillen zu verwenden ist daher wesentlich preisgünstiger als beispielsweise Shutterbrillen, da diese komplett ohne aktive Komponenten (z.B. einem wiederaufladbaren Akkumulator, Shutter und Infrarotsensor) auskommen.

Als weiteres Verfahren ist noch die Rot-Cyan-Technik17 zu nennen. Hierbei sind linkes und rechtes Halbbild jeweils in der Farbe Rot oder Cyan eingefärbt (s. Abb. 6). Das entsprechende Halbbild wird durch Einsatz einer Rot-Cyan-Brille dem jeweiligen Auge zugänglich gemacht. Das cyanfarbene Brillenglas lässt nur die rotfarbene Bildinformation passieren, das rot gefärbte Brillenglas nur cyanfarbene Bilder. Nachteil der Technik ist eine durch die Einfärbung der Halbbilder stark verfälschte Gesamtbildinformation. Dafür lässt sich diese Technik auf jedem handelsüblichen Bildschirm anwenden. Bei Betrachtung des Gesamtbildes ohne Rot- Cyan-Brille ist eine Einschätzung der maximal zulässigen Parallaxe möglich, da sich beide Halbbilder durch ihre Einfärbung gut voneinander unterscheiden lassen (s. Abb. 6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Maximale Parallaxe Anaglyphverfahren (Estado Latente S.L. - TOYin3D, 2013 [online])

2.3 Produktionsprozess

Im Folgenden wird der Prozess einer S3D-Filmproduktion dargestellt. Strukturell wird sich an den Arbeitsprozessphasen des Handlungsfelds (s. Anhang 1: Handlungsfeld S3D-Produktion) und sich daraus ableitender Handlungsschritte orientiert. Hier findet eine Anknüpfung an bereits bekannte Handlungsschritte einer zweidimensionalen Filmproduktion statt. Nunmehr werden diese für die Erstellung eines S3D-Produkts erweitert und erschaffen somit ein weiteres Arbeitsfeld, welches in der Praxis anteilig durch den sogenannten Stereographen übernommen wird.

2.3.1 Auftragsannahme

Typische Aufträge für S3D-Produktionen bestehen in der Konzeption und Produktion von S3D-fähigem Videomaterial für Werbefilme, Imagefilme, Dokumentationen, etc. (vgl. Anhang 1: Handlungsfeld S3D-Produktion). Ausgehend von der Intention des Kunden ist bereits im Vorfeld zu entscheiden inwieweit eine Umsetzung in der dritten Dimension sinnhaft ist, und ob betriebliche Voraussetzungen diese zulassen. Eine transparente Darstellung der Vor- und Nachteile sowie des Kostenmehraufwands ist essentiell, da die fachliche Expertise eines Kunden, gerade für S3D, sehr unterschiedlich ausfallen kann.

Das Grobkonzept ist zu erstellen, damit der Rahmen für die Kostenkalkulation geklärt werden kann. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass S3D eine, im Vergleich zu 2D, höhere Kostenkalkulation erfordert. Die Verständigung zwischen Regisseur, Kameramann und Stereograph ist mit Hilfe eines Fragenkatalogs organisierbar. Wesentliche Entscheidungspunkte stellen Genre, Art und Anzahl der Aufführung, Projektionsgröße, Anzahl der Kameras, Drehdauer sowie Personalfragen dar (vgl. Anhang 1: Handlungsfeld S3D-Produktion). Der Kunde erhält das Angebot. Bei Einverständnis wird der Auftrag dem Betrieb erteilt.

2.3.2 Auftragsplanung

Beginnend mit der Freigabe des Drehkonzepts durch den Kunden erfolgt eine Prüfung betrieblicher Ressourcen hinsichtlich Arbeitsmittel und Personal. Auf Grundlage des Drehkonzepts und eines üblichen Storyboards wird in enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur das „Depth-Storyboard“ erstellt. Eine Entscheidung über den Einsatz von Produktionsmitteln ist auf Basis dessen möglich.

Die angelegte Equipmentliste wird in zwei Rubriken unterteilt: Kameratechnik und S3D-Equipment. Wesentlich entscheidend bzgl. Kameraauswahl und deren Chipgröße sind neben „Depth-Storyboard“ auch die Drehbedingungen und der Einsatz von Licht. Abweichungen zu bestehenden Ressourcen werden ermittelt und protokolliert. Das Daten- und Übertragungsformats wird in Abstimmung mit Kunde und Postproduktion festgelegt (vgl. Anhang 1: Handlungsfeld S3D-Produktion). Es erfolgt eine Abklärung des größeren Platzbedarfs durch S3D-Kamerasysteme am Drehort (vgl. Anhang 1: Handlungsfeld S3D-Produktion). Weiterhin werden Aufbau- und Vorbereitungszeiten am Set sowie Fahrzeiten geregelt. Der Drehplan wird daraufhin in Absprache mit dem Stereographen erstellt. Protokollierte Abweichungen in der Ressourcenplanung und Personalbedarf werden durch Einbezug eines Verleihs und der Disposition freier Mitarbeiter behoben. Die Arbeitsmittel werden zusammengestellt, getestet und bei Anlass getauscht.

2.3.3 Auftragsdurchführung

Für die Durchführung des Kundenauftrags ist es erforderlich, dass verschiedene Faktoren perfekt miteinander harmonieren, um ein qualitativ hochwertiges S3D- Produkt zu erzielen. Zentrale Arbeitsmittel dieser Arbeitsprozessphase stellen das S3D-Rig inklusive Kamerapaar, der S3D-Kontrollmonitor sowie Hilfsmittel für die korrekte Justierung dar. Auf Basis des Handlungsfelds einer S3D-Produktion und darin enthaltener Ergebnisse der Experteninterviews sind zunächst organisatorische und personelle Entscheidungen anzubringen.

Die anfolgende Gliederung stellt relevante Handlungsschritte zur Inbetriebnahme des S3D-Rigs bzgl. drehvorbereitender und -begleitender Maßnahmen dar. Angemerkte Parameter sind umzusetzen, da sonst kein qualitativ angemessenes Produkt entstehen kann.

2.3.3.1 Produktionsstätte und Personal

Die Wahl einer geeigneten Produktionsstätte sollte bereits im Vorfeld unter dem Augenmerk vorzufindender Drehbedingungen getroffen sein. Dennoch ist auch direkt vor Beginn des Drehs eine laufende Besichtigung der Location üblich. Entscheidungen hinsichtlich Umbaugelegenheiten und Platzbedarf beim Drehvorgang können so bedarfsmäßig angepasst werden. Die im Vorfeld geplante

Anfahrt des Personals und der Transport der Arbeitsmittel zur Produktionsstätte sind nun umzusetzen.

Die Inbetriebnahme des S3D-Rigs erfordert Kompetenzen gleich mehrerer Fachkräfte. Bei einer professionellen Produktion sind Stereo Supervisor (Stereograph), Rig-Assistent, Fokuspuller und DIT involviert. Mit dem Regisseur ist ein Drehplan so festzulegen, dass möglichst wenige Umbaumaßnahmen an dem S3D-Rig vorgenommen werden müssen. Priorität hat die Vermeidung sich wiederholender Handlungsschritte, welche die Kosten der gesamten Produktion erhöhen. Ein gemeinsamer Aufbau ist soweit umzusetzen, dass das Kamerapaar beim Dreh nur noch in das Set gestellt werden muss (vgl. Anhang 1: Handlungsfeld S3D- Produktion).

2.3.3.2 Manuelle Voreinstellungen

Im professionellen Segment der Filmproduktion, sowohl bei 2D- als auch bei S3D- Produktionen, ist grundsätzlich vom Gebrauch automatisierter Kameraeinstellungen abzusehen. Die Bildinformation beider Halbbilder ist dadurch trotz baugleichen Kamerapaars nicht identisch, der stereoskopische Effekt wird nicht erzielt. Eine manuelle Voreinstellung ist durch das Fachpersonal für folgende Parameter in Abhängigkeit der vorherrschenden Drehbedingungen umzusetzen (vgl. Tauer, 2010, s. 317 f.):

- Blende / Fokus (evtl. gekoppelte Funksteuerung synchronisieren)
- Brennweite
- Elektronische Lichtverstärkung Gain (0 dB zur Vermeidung von
Bildrauschen)
- Weißabgleich (Preset über Menüeinstellung abgleichen / Manueller

Abgleich und Speicherung auf Speicherplatz)

Die manuellen Menüeinstellungen des Kamerapaars sind aufeinander abzugleichen. Da die Menühierarchie oftmals sehr komplex angelegt ist, empfiehlt es sich, ein voreingestelltes Setup einer Kamera auf einem Flashspeicher abzusichern und auf der anderen Kamera einzulesen (vgl. Tauer, 2010, S. 317). Hinsichtlich der Formatwahl wurde bereits in Abschnitt 2.2 eine Festlegung auf das Aufnahmeformat HD geäußert. Zu ergänzen ist ein progressives18 Aufzeichnungsformat, welches im

Hinblick auf eine möglichst hohe Bildqualität ohne Herabsetzung der Kompressionsrate und Bildwiederholrate einzusetzen ist. Angemerkte Parameter sind abzugleichen und im Drehvorgang durch eine ausreichend hohe Kapazität der Speichermedien zu garantieren.

2.3.3.3 Geometrische Justierung

Die geometrische Justierung des S3D-Rigs hat das Alignment der optischen Achsen des Kamerapaars als Ziel. In Abhängigkeit des eingesetzten S3D-Rigs ergeben sich hierfür Unterschiede in zu vollziehenden Handlungsschritten. Betrachten wir zunächst das Spiegel-Rig. Es wird an dieser Stelle bewusst nur auf die parallele Ausrichtung des Kamerapaars eingegangen.

Das Spiegel-Rig19 wird auf ein Kamerastativ montiert, welches zunächst mit Hilfe der Libelle ins Wasser gebracht wird. Für die Montage des Kamerapaars sind zwei Stativplatten mit Zweipunktbefestigung vorgesehen, durch welche das Kamerapaar bereits im rechten Winkel zueinander angeordnet ist. Hilfsmittel für den geometrischen Abgleich sind der S3D-Kontrollmonitor sowie eine Stereo-3D- Testtafel. Sofern die Testobjektebene absolut parallel zur Kameraebene steht (vgl. Tauer, 2010, S. 341) wird mit beiden Kameras das Testobjekt bildfüllend erfasst. Bei Betrachtung beider Halbbilder in halbtransparenter Darstellung am S3D- Kontrollmonitor werden beide Kameras soweit nachjustiert, bis die überlagerten Halbbilder identisch sind (vgl. Briede, 2011; zit. n. Fischer, 2011, S. 18). Das S3D- Rig ermöglicht dies mittels verschiedener Verstelloptionen: Horizontales und vertikales Schwenken (Tilt), seitliches Neigen (Roll), horizontales und vertikales Verschieben.

Bei einem Side-by-Side-Rig kann die Stereobasis nicht auf Null gesetzt werden, die Halbbilder damit nicht identisch sein. Der Abstand der Mittelpunkte der Objektive, die Stereobasis, muss ausgemessen werden. Eine Testobjektebene wird hierfür planparallel mit ausreichend Abstand vor das Kamerapaar positioniert. Über ein zuschaltbares Mittenkreuz im jeweiligen Display der Kameras wird die Position auf der Testobjektebene markiert, auf der die jeweiligen Mittenkreuze im Display ausgerichtet sind. Entspricht nun der Abstand der Markierungen der Stereobasis, so ist eine Parallelität des Kamerapaars anzunehmen (vgl. Tauer, 2010, S. 343).

2.3.3.4 Elektronische Justierung

Zur Kalibrierung des Schwarz- und Weißwertes, dem Kontrastverhalten der Kameras sowie der Farbdarstellung wird das Kalibrierungsmuster einer Testtafel genutzt. Unter Einsatz des S3D-Kotrollmonitors lässt sich durch eine gleichzeitige Darstellung beider Bildströme ein Vergleich der Bildwerte ziehen. Unter Einsatz weiterer Messinstrumente, wie einem Waveform oder Vektorskop, lassen sich die Werte nicht nur optisch, sondern auch mathematisch abgleichen.

Die Synchronisation beider Kameras erfolgt mittels Sync-Generator. Dieser ist im weiteren Drehverlauf am S3D-Rig angebracht.

2.3.3.5 Qualitätskontrolle

Der S3D-Kontrollmonitor wird zur Überprüfung gestalterischer Vorgaben des Storyboards eingesetzt und bietet zudem die Möglichkeit einer laufenden qualitativen Abschätzung des S3D-Videomaterials. Besonderes Augenmerk wird dabei auf Anfangs- und Endposition einer Szene gelegt. Das Parallaxenbudget wird anhand des Abstands beider Halbbilder unter Beachtung der zulässigen Pixelbreiten beurteilt. Künstlerische und inhaltliche Parameter lassen sich durch Abstimmung von Stereobasis, Brennweite und gewähltem Abstand zu Motiven beeinflussen. Mit dem S3D-Kontrollmonitor sind die Auswirkungen dieser Parameter überprüfbar.

2.3.4 Auftragsabschluss

Die Durchführung der Produktion findet ihren Abschluss mit der erfolgreichen Speicherung beider Bildströme auf dem Speichermedium. Der DIT schafft den Übergang zum Auftragsabschluss durch Sicherung und Beurteilung der erstellten Daten. Die gesicherten Datenträger werden in Absprache mit dem Postproduktionspersonal an dieses übergeben.

2.4 Arbeitsmittel der Postproduktion

Basierend auf den Arbeitsmitteln einer Video-/Filmpostproduktion sind in diesem Abschnitt ergänzende Arbeitsmittel aufgeführt, unter deren Einsatz die erfolgreiche Nachbearbeitung und Finalisierung eines S3D-Films erzielt wird.

Materialliste Video-/Filmpostproduktion:
- Mindestens HD-fähiges Schnittsystem (Computer, Farbmonitor, etc.)
- Mindestens HD-fähiges Schnittprogramm (Bsp: Avid Media Composer

Produktfamilie, Final Cut Pro, etc.)
- Referenzmonitor
- Messtechnische Geräte (Waveformmonitor, Vektorskop, Referenzmaterial,
etc.)
- Datenträger

In Anlehnung an das Handlungsfeld zur S3D-Postproduktion (s. Anhang 2) werden bereits dargestellte Arbeitsmittel um S3D-relevante Arbeitsmittel erweitert, bzw. durch jene ersetzt. Es wird sich hierbei auf Arbeitsmittel von Handlungsschritten der Auftragsdurchführung beschränkt. Das Handlungsfeld zur S3D-Postproduktion leitet sich aus der Arbeitsprozessmatrix ab. Diese wurde auf Basis von Experteninterviews mit Ramon Urselmann20 (S3D-Editor) und Marc Briede, einem Telefoninterview mit Daniele Siragusano21 am 11.09.2012 und der Bachelorarbeit von Jan Lange mit den vorgesehenen Inhalten gefüllt.

2.4.1 S3D-Schnittsystem

Aufbauend auf einem Schnittsystem, das eine Bearbeitung von mindestens HD- Bildmaterial zulässt, für Kinoformate 2K und 4K mit entsprechend höherer Leistung, ist das S3D-Schnittsystem bereitzustellen. Neben einem Computer und dazugehöriger Peripheriegeräte erfordert die Nachbearbeitung eines S3D-Films einen S3D-Monitor. Zum Einsatz kommt in der professionellen Praxis zumeist ein Monitor, der neben einer dreidimensionalen auch eine zweidimensionale Betrachtung zulässt22, beispielsweise mit xPol-Display23 (vgl. Siragusano, 2012, S. 12). Je nach betrieblicher Ressource sind für Farb- und Tiefenkorrektur spezielle Abhörsäle mit genormten Projektoren denkbar (vgl. 2.5.3.5).

2.4.2 S3D-Schnittprogramme

Vorhandene HD-fähige Schnittprogramme werden in Kooperation mit zusätzlicher Software verwendet. Für die Handlungsschritte der Farb- und Tiefenkorrektur (vgl. 2.5.3.5 und 2.5.3.4) beschreibt Siragusano den Einsatz von „Baselight“24 für die Farbkorrektur, bzw. „Nuke“25 für die Tiefenkorrektur und Bildeffekte. Die Entwicklung betriebsinterner, individueller Lösungswege zum Thema Stereoskopie umfasst den Einsatz alternativer Software, die an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt ist.

2.5 Postproduktionsprozess

Die Darstellung des Postproduktionsprozesses bezieht sich auf das Handlungsfeld der S3D-Postproduktion (s. Anhang 2). Hervorgehende Handlungsschritte sind den Arbeitsprozessphasen Auftragsannahme, -planung, -durchführung und -abschluss zugeordnet. Es bleibt jedoch angemerkt, dass gerade die Bereiche der Auftragsannahme und -planung in einer engen Verzahnung von Produktions- und Postproduktionsprozess ablaufen und in der Praxis meist einheitlich miteinander einhergehen. Auch die Erweiterung des beruflichen Handlungsfeldes des Stereographen im Bereich der Postproduktion als Berater für die Sicherung der Produktqualität ist damit begründbar.

2.5.1 Auftragsannahme

Im Vorwege sind in Absprache mit dem Kunden bereits die Kostenkalkulation und die Einigung auf ein Filmformat festgelegt. Diese bereits umgesetzten

Handlungsschritte müssen von vornherein in Abgleich mit dem Postproduktionsprozess stehen. Darin enthalten ist ebenfalls die Überprüfung betriebsinterner technischer wie personaler Ressourcen. Auch das Grobkonzept des S3D-Produkts ist in Abgleich mit der Postproduktion anzufertigen. Wie bereits angemerkt, ist die Auftragsannahme von Produktion und Postproduktion nur unter gegenseitigem Einbezug umzusetzen. Es besteht kein zeitlicher Versatz.

2.5.2 Auftragsplanung

Auch die Auftragsplanung von Produktion und Postproduktion bedingt einen gegenseitigen Abgleich. So ist im Rahmen der Auftragsplanung der Produktion eine Einigung über das Datei- und Datenträgerformat in Hinblick auf die Postproduktion getroffen. Die Entscheidungsgrundlage hierfür basiert auf dem Kundenauftrag hinsichtlich Präsentationsformat und Einsatzgebiet des S3D-Films. Weiterhin ist ein Zeit- und Arbeitsplan zu erstellen, der bereitstehende und gegebenenfalls zu entleihende Arbeitsmittel berücksichtigt. Auch die Disposition eines Cutters ist durchzuführen. Die Beteiligung von Stereograph und gegebenenfalls Regisseur ist in der Praxis nach Bedarf arrangiert, muss aber durch die vorangehende Kostenkalkulation abgedeckt sein. Die Auswahl und Vorbereitung einzusetzender Soft- und Hardware orientiert sich an den zur Verfügung stehenden hausinternen Ressourcen und muss gegebenenfalls dem Auftrag orientiert erweitert werden. Die Durchführung genannter Handlungsschritte beginnt zum Zeitpunkt der Auftragsplanung der Produktion und ist im Verlauf dieser, spätestens zu deren Abschluss, zu vollenden.

2.5.3 Auftragsdurchführung

Die folgenden Handlungsschritte sind zeitlich nach Auftragsabschluss der Produktion anzuordnen. Die aufgezeichneten Bildströme sind vorab einer Beurteilung und Sicherung ihrer Datenträger durch den DIT unterzogen worden. In Absprache mit dem Personal der Postproduktion wird das S3D-Rohmaterial dieser nun zur Verfügung gestellt. Anfolgende Handlungsschritte beschreiben den Workflow des Cutters/S3D-Editors in Kooperation mit Stereograph und Regisseur zur Nachbearbeitung des gedrehten Materials mit dem Ziel, dieses für das vorab festgelegte Präsentationsformat zu exportieren und dem Kunden bereitzustellen.

Auch hier bedingt die korrekte Durchführung aufgezeigter Handlungsschritte die Qualität des S3D-Endprodukts.

2.5.3.1 S3D-Rohmaterial entgegennehmen und archivieren

Der professionelle Workflow erfordert es, zunächst ein Backup des S3D- Rohmaterials zu erstellen, um Datenverlust zu vermeiden. Hierfür werden gängige Speichersysteme wie RAID eingesetzt. Im Sinne eines hohen Datenschutzes oftmals in zweifacher Ausführung, weshalb Backups auf zwei getrennten RAID-Systemen angelegt werden.

Anfolgend werden in einer S3D-Qualitätskontrolle (quality control) Befunde erstellt und in einem „stereo quality report“ festgehalten. Es werden Informationen zu starken Asymmetrien, maximal absoluter und relativer Parallaxe des S3D-Materials sowie eine Einschätzung kognitiver Zuschauerakzeptanz bzgl. „extremer“ Einstellungen für anfolgende Präsentationen auf Kinoleinwand oder vergleichbaren Medien zusammengetragen. Dies dient einerseits als Rückmeldung für das Departement Produktion. Ebenfalls wird im weiteren Verlauf der Postproduktion auf den „stereo quality report“ zur Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten zurückgegriffen (vgl. Siragusano, 2012, S. 8). Auch hier ist eine strikte zeitliche Trennung von Produktion und Postproduktion nicht möglich. Denn in sogenannten Stereo Dailies werden nach jedem Drehtag bereits Korrekturen26 durchgeführt und Befunde erstellt, wodurch eine Implementation im abschließenden „stereo-edit“, dem Hauptteil der Postproduktion, vereinfacht wird.

2.5.3.2 Schnitt

In Abschnitt 2.4 sind bereits Software- und Hardwarelösungen für den Schnitt eines S3D-Films zusammengestellt. Die Betriebe, die mit stereoskopischem 3D arbeiten, greifen zumeist auf einen eigenen Lösungsweg der technischer Realisierung des Schnitts zurück (vgl. Tauer, 2010, S. 271). Es ergeben sich Handlungsalternativen, die in Abhängigkeit zum Ausgangsmaterial stehen.

Je nach Performanz des Hardwaresystems kann der Schnitt Offline oder Online vollzogen werden. Für Offline bedeutet dies, dass das Videomaterial in einer reduzierten Voransicht (Proxy) geschnitten wird und dadurch weniger Rechenleistung des Computers beansprucht. Ist der Schnitt abgeschlossen, so wird eine EDL -Liste erstellt. Das Proxy des geschnittenen S3D-Films wird dadurch mit dem Rohmaterial der linken wie rechten Bildinformation verknüpft und steht in voller Auflösung und Bildrate des Rohmaterials zur Verfügung. Wird der Schnitt Online durchgeführt, entfällt die abschließende Verlinkung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Interlaced-Codierung (Siragusano, per EDL-Liste, da schon während des 2012, S. 10)

Schnittvorgangs mit dem Rohmaterial gearbeitet wird. Dadurch steht dem Cutter durchgehend eine weitaus genauere Bildinformation zur Verfügung. Dies ist aber im Gegenzug mit einer höheren Performanz der Hardware verbunden. Eine weitere Strategie stellt Siragusano bereit. Durch eine Interlaced -Codierung (s. Abb. 7) werden linke wie rechte Bildinformation zu einer zusammengeführt. Unter Einsatz eines polarisierenden S3D-Kontrollmonitors27 ist im Schnittprozess eine Beurteilung in stereoskopischem 3D möglich. Auch kann mit einem Deinterlacer28 die ursprüngliche Bildinformation des linken oder rechen Teilbildes in voller Auflösung dargestellt werden. Dies eröffnet dem Cutter die Option zwischen einer Ansicht in S3D mit reduzierter Bildauflösung der jeweiligen Bildinformation (s. Abb. 8) und einer Ansicht in 2D mit voller Bildauflösung jeweils einer Bildinformation (s. Abb. 9) zu wählen. Und dies ohne eine kostenintensive Aufrüstung des Schnittplatzes zur Leistungsoptimierung (vgl. Siragusano, 2012, S. 15).

Der beschriebene Lösungsweg erfordert im Abschluss das sogenannte „Stereo Conforming“. Der fertig geschnittene Film wird durch namentliche Zuordnung des linken wie rechten Clipnamens und einer Timecodezuweisung mit dem Rohmaterial verlinkt. Technisch wird dieser Vorgang per EDL-Liste gelöst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: S3D-Ansicht Schnitt (Siragusano, 2012, S. 13)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: 2D-Ansicht Schnitt (Siragusano, 2012, S. 13)

2.5.3.3 Stereo Sweetening (Stereokorrekturen)

Sind im Produktionsprozess alle relevanten Arbeitsschritte auch nach höchster Genauigkeit durchgeführt worden, ist der vollkommene Idealfall, der perfekte Abgleich des stereoskopischen Rohmaterials, nicht anzunehmen. Es erfordert daher Korrekturen innerhalb der Postproduktion, um die beiden Teilbilder aufeinander abzugleichen. Sogenannte Stereokorrekturen. Diese werden in drei Kategorien unterteilt. Geometrische Korrekturen, Fotometrische Korrekturen und Zeitliche Korrekturen. Einen Grund zur Anwendung zeitlicher Korrekturen bedingt der Havariefall im Produktionsprozess, einem Frameversatz des Kamerapaars. Dies ist hier auszuschließen. Geometrische Korrekturen:

Mögliche Ursachen für geometrische Korrekturen sind Ungleichheiten eingesetzter Optiken und Ungenauigkeiten bei der geometrischen Justierung des S3D-Rigs (vgl. Siragusano, 2012, S. 21). Besitzen die Teilbilder dadurch einen Höhenversatz, so sind sie einer vertikalen Anpassung zu unterziehen. Verdrehungen der Teilbilder erfordern ebenfalls eine entsprechende Rückführung. Durch Unterschiede der Brennweiten sind Skalierungsdifferenzen der Teilbilder möglich. Diese sind ebenso anzupassen wie Trapezverzerrungen beim Dreh mit konvergierendem Kamerapaar.

Fotometrische Korrekturen:

Farbliche Asymmetrien sind Ursache von Unterschieden der Bildsensoren, der Kameraobjektive oder auch der Matrizen 29 von Kameras. Da eine Produktion zumeist baugleiche Kamerapaare akquiriert, sind resultierende Konsequenzen als eher gering einzuschätzen. Wie bereits unter Punkt 2.2.4 angemerkt, erzeugt jedoch der Einsatz eines Spiegel-Rigs stets optische Differenzen der Teilbilder. Der Aufwand resultierender Korrekturen orientiert sich an der qualitativen Beschaffenheit des verwendeten Spiegels.

Zum farblichen Abgleich beider Teilbilder werden Algorithmen eingesetzt. Siragusano beschreibt zwei Verfahren, die sich im Kompromiss von Zeit und Aufwand gegenüberstehen. Als schnelles aber mittelmäßiges Verfahren ist ein Abgleich der Histogramme beider Videoinformationen zu nennen („Histogramm Match“ (Siragusano, 2012, S. 32)). Einsatz findet dieses bei Dailies und in der Vorbereitung des finalen Schnittprozesses. Als genauer, aber auch zeitintensiver gilt der „local block based color match“ (Siragusano, 2012, S. 32). Einer lokalen, blockbasierten Analysemöglichkeit beider Bildinformationen.

2.5.3.4 Depth Grading (Tiefenkorrektur)

Die Tiefenkorrektur stellt den entscheidenden Schritt zur nachträglichen Anpassung des stereoskopischen Eindrucks für den Betrachter in Abhängigkeit des späteren Präsentationsmediums dar.

[...]


1 Abkürzung: S3D

2 alternative Bezeichnung: Parallaxe

3 Winkel, den die optischen Achsen in ihrem Schnittpunkt aufspannen.

4 Schnittpunkt der optischen Sehachsen und Ursprung des Konvergenzwinkels

5 Synonym: Konvergieren

6 alternative Bezeichnung: Nullebene

7 vgl. ENG (Glossar)

8 vgl. HDTV (Glossar)

9 Mit der Arbeitsprozessmatrix lassen sich berufliche Arbeitsprozesse strukturiert beschreiben. Zur Beschreibung eines Arbeitsprozesses erfolgt eine Zerlegung in vier Schritte: Auftragsannahme, - planung, -durchführung und -abschluss. In dieser Unterteilung sind erforderliche Handlungsschritte und Arbeitsmittel beschrieben (vgl. Hägele & Knutzen, 2002, S. 115-117).

10 Marc Briede ist freiberuflicher Stereograph (Stereo Supervisor). Als Referent bietet er Workshops und Schulungen zu stereoskopischem 3D an: http://www.briede.de/ (eingesehen am: 31.01.2014)

11 Michael Laakmann ist freiberuflicher Kameramann, Director of Photography, Stereograph und freiberuflicher Dozent im Fachbereich Stereographie.

12 vgl. Tri-Level-Sync-Signal, Genlock (Glossar)

13 vgl. Frame (Glossar)

14 vgl. Polarisation (Glossar)

15 Möglicher Hersteller: Transvideo 3D Monitor (Produktseite: http://www.transvideo.eu/Products/CineMonitorHD-3DView-S (eingesehen am: 13.01.2014))

16 Polfiltergläser: linkes Glas links zirkulierend, rechtes Glas rechts zirkulierend

17 vgl. Anaglyphe (Glossar)

18 vgl. Progressive Abtastung (Glossar)

19 z.B.: Freestyle Rig von P&S Technik (vgl. Briede, 2011; zit. n. Fischer, 2011, S. 18)

20 Ramon Urselmann ist S3D-Editor und war zur Zeit des Experteninterviews bei der Firma Chroma TV im Bereich der S3D-Postproduktion tätig.

21 Daniele Siragusano ist Postproduction Supervisor und Stereograph. Zur Zeit des Experteninterviews war er bei der Firma CinePostproduction im Bereich der S3D-Postproduktion tätig.

22 Vereint Tiefenkorrektur (vgl. 2.5.3.4) und Stereo Farbkorrektur (vgl. 2.5.3.5). Außerdem Beurteilung in 2D und S3D im Schnitt (vgl. 2.5.3.2).

23 Spezielle Polfiltertechnik für S3D-Anzeigemonitore der Firma Hyundai.

24 Programm zur Farbkorrektur/Color Grading der Firma Filmlight (Produktseite: http://www.filmlight.ltd.uk/products/baselight/overview_bl.php (eingesehen am: 12.01.2014))

25 Umfangreiches Compositing-Programm der Firma The Foundry Visionmongers (Produktseite: http://www.thefoundry.co.uk/products/nuke-product-family/nuke/ (eingesehen am: 12.01.2014))

26 Besagte Vorkorrekturen sind explizit unter Punkt 2.5.3.3 und 2.5.3.4 aufgeführt.

27 Hier: xPol Display von Hyuandei

28 vgl. Deinterlacing (Glossar)

29 vgl. Linear Matrix (Glossar)

Ende der Leseprobe aus 123 Seiten

Details

Titel
Konzept zur Durchführung einer schulinternen Lehrerfortbildung für stereoskopische Filmproduktion und -postproduktion
Hochschule
Universität Hamburg  (Fakultät Erziehungswissenschaften, Psychologie und Bewegungswissenschaft Sektion Berufliche Bildung und Lebenslanges Lernen)
Note
1,3
Jahr
2014
Seiten
123
Katalognummer
V301879
ISBN (eBook)
9783668076945
ISBN (Buch)
9783668076952
Dateigröße
16341 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
S3D, Stereo 3D, SchiLf, Lehrerfortbildung, Video, 3D, Berufsschule, Mediengestalter, Stereoskopie, Filmproduktion, Film, Filmpostproduktion, Produktion, Postproduktion, AV, Durchführungskonzept, Fortbildung
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Konzept zur Durchführung einer schulinternen Lehrerfortbildung für stereoskopische Filmproduktion und -postproduktion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301879

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