Europäisches Jahr der Entwicklung. Flüchtlingspolitik der Europäischen Union


Thèse Scolaire, 2015

53 Pages, Note: 14 Punkte


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Hinführung zum Leitthema „Europa hilft – hilft Europa?“
1.2 Persönliche Motivation

2. Grundzüge der Europäischen Flüchtlingspolitik
2.1 Definitionen und Grundsätze europäischer Flüchtlingspolitik
2.2 Europas gesetzliche Bestimmungen

3. Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa und in europäischen Mitgliedstaaten
3.1 Topografie und Hintergrundinformationen
3.2 Motive und Hoffnungen
3.3 Hindernisse für Flüchtlinge

4. Interessen europäischer Mitgliedsstaaten

5. Lösungsmöglichkeiten
5.1 Europäische Grundsätze und globale Verantwortung
5.2 Europäische Investitionen in eine gemeinsame Flüchtlingspolitik
5.3 Europäische Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen

6. Zusammenfassung und persönliche Stellungnahme

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang
8.1 Materialien zum Thema „Europa hilft – hilft Europa“
8.2 Arbeitsbericht über die verwendeten Quellen und Arbeitsmethoden
8.3 Auszüge aus den wesentlichen Bestimmungen der Flüchtlingspolitik
8.4 Statistiken und Bilder über Flüchtlinge in Europa
8.5 Berichte über Zustände und Hindernisse in der Flüchtlingspolitik
8.6 Europas Investitionen in eine gemeinsame Flüchtlingspolitik
8.7 Stimmen zur europäischen Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen

1. Einleitung

1.1 Hinführung zum Leitthema „Europa hilft – hilft Europa?“

Die Europäische Union (EU) hat als Wertegemeinschaft über ihre eigenen Leitlinien hinaus die Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen (VN) anerkannt, in der die menschliche Würde und das Recht auf Leben gesichert sind. Diese Sicherheit vor politischer Verfolgung, die Garantie von Freiheitsrechten, gute medizinische Versorgung, wirtschaftlicher Erfolg und der hohe Lebensstandard im „Paradies Europa“ [NDR] locken jedes Jahr Flüchtlinge vor allem über das Mittelmeer nach Europa, die vor Diskriminierung, Folter oder Armut fliehen.

Wir Europäer sind aufgrund unserer Werte, unserer guten Lebensbedingungen und unseres Wohlstands verpflichtet global über unsere Grenzen hinaus Verantwortung zu übernehmen. Deshalb hat sich die europäische Wertegemeinschaft verpflichtet alle Flüchtlinge aufzunehmen, denen in ihrem Herkunftsland Verfolgung droht [M 07] und versucht als größter Geber von Entwicklungshilfe [Europa] die lokalen Lebensbedingungen zu verbessern.

Dennoch kritisieren Verbände wie „Amnesty International“ oder „Pro Asyl“, dass Flüchtlinge bereits auf unserem Hoheitsgebiet von der Grenzüberwachung „Frontex“ abgewiesen werden oder wenn überhaupt in der „Festung Europa“ in überfüllte Flüchtlingslager kommen [M 12]. Viele fliehen wegen schlechter hygienischer Zustände und mangelhafter medizinischer Versorgung meistens von den Küstenstaaten weiter in andere europäische Mitgliedstaaten [FAZ 1].

1.2 Persönliche Motivation

Wir Europäer debattieren nach wachsenden Flüchtlingsströmen und verunglückten Flüchtlingsbooten über unsere Asylpolitik. Soll die „Festung Europa“ einfacher zugänglich sein und Rettungsaktionen auf das ganze Mittelmeer ausgeweitet werden? Wie finden wir eine gemeinsame europäische Lösung, welche die Küstenstaaten entlastet, einzelne Mitgliedstaaten aber nicht überlastet? Gleichzeitig wirken sich alle europäischen Entscheidungen auch auf meine Heimatstadt Hildesheim aus, weil die Unterbringung von Flüchtlingen zunehmend schwierig ist.

Zum „Europäischen Jahr der Entwicklung 2015“ möchte ich deshalb analysieren, ob die europäische Flüchtlingspolitik den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist und in dieser wichtigen gesellschaftlichen Frage für die Wahrnehmung der EU sowohl im In- als auch Ausland eigene tragfähige und zukunftssichere Lösungen entwickeln und abwägen [M 02].

2. Grundzüge der Europäischen Flüchtlingspolitik

2.1 Definitionen und Grundsätze europäischer Flüchtlingspolitik

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben die Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen [M 04] anerkannt. Diese sichert die Freiheit und Würde des Menschen [Art. 1, 4, 5], garantiert das „Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person“, [Art. 3] und schützt vor Diskriminierung und Einschränkung dieser Rechte [Art. 2, 7]. Deshalb hat jeder „das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl [Zuflucht] zu suchen und zu genießen.“, [Art. 14].

Auf diese festgelegten Menschenrechte und Grundfreiheiten stützt sich die Europäische Menschenrechtskonvention [M 05]. Als räumlicher Geltungsbereich hat der EU-Rat die Hoheitsgebiete der Länder festgelegt [Art. 56], was besonders die Verpflichtungen der Küstenstaaten auf hoher See betrifft. Darüber hinaus verpflichtet sich die Europäische Union mit der Erklärung ihrer Grundwerte im Vertrag von Lissabon [M 06], dass sie „einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung (…), zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes (…)“ leistet [Art. 2].

Nach der „Genfer Flüchtlingskonvention“ [M 07] der VN sind Flüchtlinge Personen, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung (…)“, [Art. 1, Abs. 2] aus ihrem Heimatland geflohen sind. Alle vertragsschließenden Staaten sind verpflichtet Flüchtlinge nicht in Länder abzuschieben, in denen ihr Leben bedroht ist oder Diskriminierung droht [Art. 33] und eine menschenwürdige Grundversorgung zu garantieren.

2.2 Europas gesetzliche Bestimmungen

Die reformierte „Dublin-III-Verordnung“ [M 08] des EU-Parlaments und Rates regelt die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für einen Flüchtling. Grundsätzlich ist der Staat verantwortlich, in dem ein Flüchtling erstmals Europa betritt [Art. 3, Abs. 2]. Ein anderer Mitgliedstaat kann die Verantwortung übernehmen, wenn sich herausstellt, dass z. B. ein Familienangehöriger in diesem lebt [Art. 9]. Wenn ein Flüchtling über einen sicheren Drittstaat in die Europäische Union gekommen ist, darf er in diesen abgeschoben werden [Art. 3, Abs. 3]. In Deutschland entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), ob Asyl [Art. 16a GG] für politische Verfolgte anerkannt wird oder der Status als VN-„Konventionsflüchtlinge“ zutrifft.

3. Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa und in europäischen Mitgliedstaaten

3.1 Topografie und Hintergrundinformationen

Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge [„United Nations High Commission for Refugees“ (UNHCR)] veröffentlicht regelmäßig „Asylum Trends“, die Aufschluss über weltweite Flüchtlingsbewegungen geben. Die aktuelle Studie gibt für das Jahr 2013 in den 28 europäischen Staaten insgesamt 398 250 Flüchtlingsbewerbungen an [M 11]. Dieses bedeutet eine Steigerung von ungefähr 100 000 Flüchtlingen (ca. + 25 %) zum Vorjahr. Im weltweiten Vergleich waren im vergangenen Jahr über 51 000 000 Menschen und damit auch mehr als fünf Millionen Personen mehr als 2012 vor Unterdrückung auf der Flucht [Welt 1].

Die häufigsten Herkunftsländer der Asylbewerber in 2012 und 2013 auf europäischem Territorium sind Syrien, Russland, Serbien, Afghanistan, Pakistan, Somalia, Eritrea, Iran, Nigeria, Albanien und Irak [M 10]. Eine deutliche Zunahme der Flüchtlingszahlen im Jahr 2013 ist u.a. in Syrien (48 926 Flüchtlinge) durch den Bürgerkrieg [Süddeutsche], in Somalia durch die Kämpfe der islamistischen Miliz gegen die Regierung [Bpb 1] und in Serbien (33 192 Flüchtlinge) durch hohe Arbeitslosigkeit und Folgen der Jugoslawienkriege [Zeit 1] zu beobachten, während die Asylbewerbungen aus Afghanistan mit 23 965 Flüchtlingen rückläufig waren.

Innerhalb aller Ränge von 2012 zu 2013 ist eine deutliche Zunahme von staatenlosen Flüchtlingen und Flüchtlingsströme aus dem durch rebellische Aufstände krisengeschüttelten Mali [Spiegel] mit 6 628 Flüchtlingen zu beobachten, während z. B. deutlich weniger Flüchtlinge 2013 aus der Türkei (4 997 Flüchtlinge) in Europa Asyl suchten[1].

Am häufigsten wurden Asylbewerbungen im Intervall von 2009 bis 2013 und für das Jahr 2013 in den Mitgliedstaaten Deutschland (109 580 Asylbewerber 2013), Frankreich (60 100 Asylbewerber), Schweden (54 260 Asylbewerber), Vereinigtes Königreich (29 190 Asylbewerber) und Italien mit 27 830 Asylbewerbern gestellt [M 11]. Insgesamt ist besonders in Deutschland und Schweden ein deutlicher Anstieg von Asylbewerbungen festzustellen. Diese Steigerung der Asylbewerbungen in der Europäischen Union zeigt sich in nahezu allen Mitgliedstaaten.

Insbesondere in den Küstenstaaten sind illegale Grenzübertritte relevant. Dieses betrifft unter anderem die Länder Italien (Zentrale Mittelmeerroute / Kalabrien), Spanien (Westliche Mittelmeerroute) und die westafrikanische Route auf die Kanarischen Inseln [M 09].

3.2 Motive und Hoffnungen

Für die Flucht aus einem Heimatland können Bürgerkriege, staatliche oder nicht staatliche Gewalt oder Diskriminierung Gründe sein. In Syrien hält seit dem „Arabischen Frühling“ der Bürgerkrieg [Süddeutsche 1] auch mit Chemiewaffeneinsatz [Zeit 2] an. Besonders im Irak kommt es zu ethnisch-religiösen Spannungen zu alltäglicher Gewalt und Unruhen [Bpb 2]. Die „Genfer Flüchtlingskonvention“ garantiert hier die Rechte der Flüchtlinge. Darüber hinaus können z. B. syrische Flüchtlinge „Kontingentflüchtlinge“ [BR] sein, die im Rahmen von internationalen humanitären Hilfsorganisationen aus Krisenorganisationen aufgenommen werden [BAMF 1].

„Politische Verfolgte genießen Asylrecht“, [GG Art. 16a]. Wenn politische Verfolgung in direktem Zusammenhang mit Diskriminierung steht, kann in der Bundesrepublik Deutschland über die „Genfer Flüchtlingskonvention“ hinaus der Status Asylberechtigter anerkannt werden [BR]. Politische Benachteiligung wird z. B. aufgrund religiöser Verfolgung im Irak [Weltspiegel] und im Iran [Welt 2] in den Medien diskutiert. Naturkatastrophen, Hungersnöte und Armut bedrohen zwar die eigene Existenz von Flüchtlingen, diese sogenannten Armuts- und Wirtschaftsflüchtlinge werden für eine Anerkennung von Asyl aber nicht berücksichtigt.

Alle Flüchtlinge erhoffen sich Frieden, Rechtssicherheit und Toleranz statt Diskriminierung. Diese Grundfreiheiten und Werte sind in den Grundwerten der Europäischen Union im Vertrag von Lissabon [M 06] und der Europäischen Menschenrechtskonvention [M 05] festgelegt. Die Dublin-III-Verordnung garantiert darüber hinaus als humanitären Faktor, dass immer eine Familienzusammenführung erfolgen soll, d.h. möglichst das Asylverfahren in dem Mitgliedstaat durchgeführt wird, in dem andere Familienmitglieder leben. Allerdings wird kritisiert, dass es auch Hindernisse in der Europäischen Flüchtlingspolitik gibt [Süddeutsche 2].

3.3 Hindernisse für Flüchtlinge

Mit einem gemeinsamen Binnenmarkt und dem Abbau von Personenkontrollen durch das Schengener Übereinkommen [Auswärtiges Amt] ist eine gemeinsame Asyl- und Zuwanderungspolitik notwendig geworden. Die Europäische Union will illegale Zuwanderung auf ihrem Arbeitsmarkt begrenzen, aber Flüchtlingen soll nach der „Genfer Flüchtlingskonvention“ Schutz geboten werden [M 07]. Die Mitgliedstaaten haben deshalb die gemeinsame Grenzüberwachung „Frontex“ für die Außengrenzen des europäischen Territoriums geschaffen [Innenministerium]. Für viele Flüchtlinge wird das „Paradies Europa“ aber zur unerreichbaren Festung.

An der Grenze zur Türkei hält „der tödliche Zaun“ [FR] Flüchtlinge ab, die deshalb über das Ägäische Meer nach Griechenland fliehen. Die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ wirft der griechischen Küstenwache aber vor, dass in lebensbedrohlichen „Push-back“ Operationen Flüchtlingsboote manövrierunfähig gemacht und Flüchtlinge aufs offene Meer zurückgestoßen werden [M 14]. Für „Frontex“ verbot dieses das EU-Parlament [M 15].

Viele Flüchtlinge zieht es in Transitländer in Nordafrika wie Marokko [Zeit 3]. Nur wenige von ihnen wagen in alten, nahezu Seeuntauglichen und überfüllten Schiffen den Weg nach Europa, oftmals mit Hilfe von Schleusern [Spiegel 2]. Das Mittelmeer wird mit seinen Tausenden Ertrunkenen zum „Grab“ [Zeit 4], auch wenn zum Beispiel die italienische Küstenwache ihre Präsenz verstärkt hatte [FAZ 2] und viele Flüchtlinge vor Lampedusa rettete [Tagesspiegel][2].

Einige Organisationen kritisieren darüber hinaus, dass Asylverfahren nicht immer den Flüchtlingen gerecht würden. „Pro Asyl“ weist auf das Schicksal von Farah S. aus Afghanistan hin, der von der Taliban verfolgt, Asyl in Griechenland sucht. Immer wieder wird er inhaftiert, flieht weiter nach Ungarn, wo er sein Asylverfahren im Gefängnis auf einer nicht verständlichen Sprache geführt wird [Diakonie]. Zwar wurde die Bearbeitungszeit eines Asylantrag von damals drei Monaten auf einen Monat begrenzt [BAMF Brief], aber die Kritik an der Unterbringung von Flüchtlingen besonders auf Malta, Griechenland und Italien häuft sich.

Nach einer Delegationsreise kritisierte die Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe (SPD) 2011 eine Polizeistation für Flüchtlinge in Tychero in Griechenland: „Wir haben dort einen [dunklen] Zellenraum gesehen (…). Es gab kein Warmwasser, es gab keine Heizung, (…). Am schlimmsten war (…) diese unglaubliche Enge (…) die Menschen waren dort unter diesen schlimmen Bedingungen rund um die Uhr eingesperrt (…).“, [M 12]. Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ kritisierte ebenfalls im Januar 2014 die mangelhaften hygienischen Umstände in griechischen Flüchtlingslagern: „Den Menschen dort würde die notwendige medizinische Versorgung, frische Luft, Tageslicht und ein Mindestmaß an hygienischen Standards verwehrt.“, [FAZ 1].

Die EU-Kommission und die italienische Regierung waren im Dezember 2013 „geschockt von Schickanen und Misshandlungen in Lampedusa“, [Spiegel 3]. Als Protest gegen diese Zustände „haben sich illegale Einwanderer den Mund zugenäht“, [Tagesschau 1] und es gab Hungerstreiks. In einem von „Pro Asyl“ veröffentlichten Interview wird in Bulgarien die mangelnde Unterstützung des Staats gegenüber syrischen Flüchtlingen geschildert, die deshalb nach der Anerkennung als Flüchtlinge aus Bulgarien nach Deutschland flohen [M 13].

4. Interessen europäischer Mitgliedsstaaten

Für Flüchtlinge „vor den Toren Europas“ [Cicero] gibt es damit drei zentrale Probleme: Zunächst fliehen sie an die Küste Nordafrikas, wo sie entweder ausgegrenzt werden [Zeit 3] oder versuchen über das Mittelmeer nach Europa zu fliehen. Wenn sie ankommen sollten, dann droht ihnen zunächst die Inhaftierung und die Unterbringung in Flüchtlingslagern, in denen schlechte hygienische Zustände und Überfüllung kennzeichnend sein können [M 12]. Deswegen setzt sich ihre Flucht auf der Suche nach guten Lebensbedingungen in Europa fort [M 13][3].

Die Mehrheit der Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa sind Armuts- und Wirtschaftsflüchtlinge [Spiegel 5], denen wenn überhaupt nur kurzzeitige „Duldung“ [BR] zusteht. Einige Mitgliedstaaten wie Deutschland und Frankreich befürchten durch illegale Armutseinwanderung eine Arbeitskräfteüberschwemmung auf dem Europäischen Binnenmarkt. Hingegen haben z. B. spanische Bauern für ihre Agrarwirtschaft Interesse an günstigen Arbeitskräften [Zeit 6]. Trotz dieser Kontroverse riegelt z. B. Griechenland die europäische Grenze mit Zäunen ab [FR] und die europäische Grenzagentur „Frontex“ soll Flüchtlingsströme gezielt kontrollieren.

Von nahezu allen Staaten besteht Interesse die Flüchtlingsströme zu regulieren. Nicht nur die hohe Arbeitslosigkeit in einigen europäischen Landern [Manager Magazin] macht die Aufnahme von allen Flüchtlingen und illegalen Einwanderern für ihren Arbeitsmarkt uninteressant, die nicht nach der „Genfer Flüchtlingskonvention“ aufzunehmen sind. Darüber hinaus befürchten die Mitgliedstaaten für ihre Haushaltspolitik Ausgaben für polizeiliche Präsenz, Inhaftierungen, Unterbringung, Verpflegung und medizinische Versorgung. Die zunehmende Staatsverschuldung besonders in den Küstenstaaten Griechenland und Italien [WiWo] verschärft dieses Problem trotz Investitionen der europäischen Gemeinschaft [Spiegel 4].

Daraus folgen die zum Teil mangelhaften Zustände bei Inhaftierungen von Flüchtlingen und in Flüchtlingslagern [M 12]. Verschärfend kommt bei der wirtschaftlichen Lage einiger Mitgliedstaaten hinzu, dass die Flüchtlinge weiter in wohlhabendere Staaten fliehen [M 13]. Für die aufgezeigten Probleme muss in unserer europäischen Werte- und Wirtschaftsunion eine gemeinsame Lösung gefunden werden, die auf der Grundlage unserer Grundwerte und unserer christlichen Werte [KAS] den Flüchtlingen gerecht wird und im Rahmen der europäischen Solidarität in Zukunft die besonders betroffenen Küstenstaaten entlasten und durch eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa für diese eine humanitärste Lösung erzielen soll.

5. Lösungsmöglichkeiten

5.1 Europäische Grundsätze und globale Verantwortung

Die Europäische Union trägt in unserer Welt globale Verantwortung, weshalb sie Grundsätze und Instrumente einer „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (GSVP) erstmals im Vertrag von Lissabon festgelegt hat [Bundesregierung]. Als Bestandteil einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik ermöglicht Art. 42 Abs. 1 dieses Vertrags „zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung (…) in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen (…)“, [Dejure] über europäisches Territorium hinaus zu agieren.

Im Mali Konflikt kämpfen islamistische Rebellen gegen die Regierung [Tagesschau 2]. Deshalb sind aus den islamistisch besetzen Gebieten bereits Anfang 2013 über 350 000 Menschen geflohen, die UNHCR ging aber wegen der Vertreibungen und Gewalt sogar von einer Verdopplung der Flüchtlingszahlen aus [Bpb 3]. Die Europäische Union hat im Rahmen ihrer gemeinsamen Außenpolitik zur Unterstützung der malischen Regierung eine Ausbildungsmission für die Streitkräfte des Krisenland beschlossen [Focus]. Darüber hinaus sollen durch Diplomaten und Entwicklungshelfer Krisen verhindert werden und nach Konflikten zur nachhaltigen Entwicklung und zum Schutz der Bevölkerung beigetragen werden [Ärzteblatt].

Die Europäische Union muss durch Ausbildungsmissionen, Diplomatie und Entwicklungshilfe lokale Hilfe leisten, um Flüchtlingen nachhaltig stabile Verhältnisse zu bieten. Bei Gewaltanwendung und Verfolgung müssen Flüchtlinge im Rahmen gemeinsamer europäischer Festlegungen aufgenommen werden [M 07]. Darüber hinaus muss den Flüchtlingen auf dem Weg nach Europa in Nordafrika eine Perspektive gegeben werden. Ihnen droht hier Diskriminierung und Ausgrenzung [Zeit 2]. Die Europäische Union muss deshalb hier vor „ihren Toren“ größere Verantwortung mit Hilfszahlungen und Entwicklungshelfern leisten, um eine Grundversorgung und menschenwürdige Unterbringung sicherzustellen.

5.2 Europäische Investitionen in eine gemeinsame Flüchtlingspolitik

Ein entscheidender Faktor ist die europäische Solidarität bei der Ankunft von Flüchtlingen in Europa. „Länder wie Italien und Griechenland tragen (…) eine Hauptlast. Mehr als 90 % der [illegalen] Flüchtlinge, die Europa erreichen, kommen in diesen Ländern an.“, [Zeit 4]. Damit besteht hier Handlungsbedarf für die Küstenwache, Polizei und Flüchtlingsauffanglager.

Die italienische Regierung hat als Reaktion auf die in Krisenzeiten besonders hohe Zahl der Verunglückten im Mittelmeer die Aktion „Mare Nostrum“ gestartet, mit der durch eine höhere Präsenz der Küstenwache im Mittelmeer Flüchtlinge gerettet werden sollen: „Dank der Mission (…) haben bis heute fast 80 000 Boatpeople die lebensgefährliche Überfahrt überlebt.“, [M 16]. Als Ersatz ist die europäische Lösung „Triton“ ein erstes Zeichen für gemeinsame Verantwortung. Das italienische Programm für die Seerettung muss von den europäischen Grenzhütern [M 17] aber mit gleichen finanziellen Mitteln fortgeführt werden und sollte nicht nur die Küstennähe abdecken, sondern sich auch wieder auf die hohe See erstrecken [ZDF].

Eine Ausweitung der Aufgaben der europäischen Grenzhüter zur Entlastung der Mittelmeerstaaten erfordert gemeinsame europäische Investitionen und Verantwortung. Darüber hinaus sollten sich möglichst viele Mitgliedstaaten mit Polizisten und Medizinern in Küstenstaaten beteiligen. Mit diesen Maßnahmen haben die Küstenstaaten durch die Entlastung bei der Seenotrettung finanzielle Mittel zur Verfügung, um Flüchtlingslager auszubauen. Durch gestärkte Polizeipräsenz sollten nahezu alle Flüchtlinge über das Mittelmeer in Auffanglagern ankommen, wo sie mit verbesserten hygienischen Standards medizinisch versorgt werden können.

5.3 Europäische Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen

Die Europäische Union muss für alle angekommenen Flüchtlinge eine humanitäre Lösung sein [UNO]. Dafür müssen die Rahmenbedingungen einer gemeinsamen Asyl- und Zuwanderungspolitik durch eine Harmonisierung der Anerkennung von Flüchtlingen erfüllt sein, weil z. B. „Pro Asyl“ hier unterschiedliche „Erfolgsquoten“ festgestellt hat [M 18]. Die Qualitätsstandards für hygienische Zustände, medizinische Versorgung [M 18] und der Anspruch auf Bildung zur Integration werden weiter definiert. Bei diesen Maßnahmen gilt es einzelne Mitgliedsstaaten zu entlasten und das Potenzial anderer Staaten bestmöglich für Flüchtlinge zu nutzen.

In diesem Zusammenhang hat die EU-Innenkommissarin Malmström zur europäischen Solidarität aufgerufen und an jeden Mitgliedstaat appelliert Flüchtlinge aus den Flüchtlingscamps der Küstenstaaten aufzunehmen [Tagesschau 5]. Statt der Dublin-III-Verordnung sollten deshalb für eine verbesserte gemeinsame europäische Lösung flexible Kalkulationsrahmen in der Europäischen Union festgelegt werden. Jeder Mitgliedstaat nimmt eine seiner Bevölkerung und Wirtschaftskraft angemessene Flüchtlingszahl auf [M 18]. Ein vertretbarer Rahmen sollte ein Mittelwert zwischen dem niedrigsten Wert 0,0 und dem höchsten Wert von 4,8 Flüchtlingen pro 1 000 Einwohnern sein [M 12].

Innerhalb dieses Kalkulationsfensters ist weiterhin die Familienzusammenführung aus der Dublin-III-Verordnung ausschlaggebend. Darüber hinaus sind die verfügbaren Ressourcen in den Flüchtlingslagern, die zumutbaren finanziellen Mittel für den Ausbau und die Qualitätssicherung der Flüchtlingslager und der Zugang zu Bildung und wenn möglich auch zu Ausbildungs- und Arbeitsplätzen innerhalb der anerkannten Qualifikationen zu berücksichtigen.

6. Zusammenfassung und persönliche Stellungnahme

Zum Europäischen Jahr der Entwicklung 2015 habe ich mit dem Thema „Festung Europa“ auseinandergesetzt. Jedes Jahr fliehen tausende Flüchtlinge in das „Paradies Europa“ vor allem über das Mittelmeer. Viele von ihnen ertrinken auf dem Weg, werden abgewiesen oder wenn überhaupt unzureichend unterstützt. Deshalb habe ich analysiert, ob die Europäische Union ihrem Anspruch einen ausreichenden Beitrag zu Frieden, Schutz und Achtung der Menschenrechte zu leisten gerecht wird und wie sie die Lage der Flüchtlinge verbessern kann.

Alle Mitgliedstaaten haben die Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen und der Europäischen Union anerkannt, die das Recht auf Leben und den Schutz vor Diskriminierung garantieren. Die „Genfer Flüchtlingskonvention“ verpflichtet deshalb alle in ihrem Heimatland verfolgten Flüchtlinge aufzunehmen und nicht in Länder abzuschieben, in denen ihr Leben bedroht ist. In Europa regelt die Dublin-III-Verordnung, dass der Mitgliedstaat in dem ein Flüchtling erstmalig die EU betritt für sein Asylverfahren zuständig ist und immer Familien vereint werden sollen. Flüchtlinge aus sicheren Drittstaaten dürfen in diese abgeschoben werden.

Die UNCHR geht im Jahr 2013 von 398 250 Asylbewerbern in Europa aus, was 100 000 Flüchtlinge mehr als im Vorjahr sind. Die häufigsten Asylbewerber sind im Intervall von 2012 bis 2013 aus Syrien, Russland, Serbien und Afghanistan und staatenlos. Sie stellen am häufigsten Asylanträge u. a. in Deutschland, Frankreich und Italien. Alle Flüchtlinge wünschen sich in diesen Mitgliedstaaten Frieden, Rechtssicherheit und Toleranz statt Bürgerkriege staatliche oder nicht staatliche Gewalt und Diskriminierung. Armut und Naturkatastrophen werden als Asylgrund nicht anerkannt.

Den Landweg von der Türkei nach Griechenland blockiert größtenteils ein Stacheldrahtzaun. Deshalb kommen die meisten Flüchtlinge aus den Transitländern in Nordafrika über das Mittelmeer nach Europa. Obwohl Italien mit der auslaufenden Operation „Mare Nostrum“ zunehmend mehr Flüchtlinge rettete, ertranken immer noch viele mit ihren seeuntauglichen Booten. Die EU-Mission „Triton“ agiert mit geringeren Mitteln näher an der Küste.

Die europäischen Staaten wollen mit ihrer gemeinsamen Grenzagentur „Frontex“ illegale Einwanderung auf dem europäischen Binnenmarkt begrenzen. Die hohe Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung besonders in den Mittelmeerstaaten macht Investitionen in Flüchtlingslager uninteressant, weswegen immer wieder über schlechte hygienische Zustände, Überfüllung und mangelhafte medizinische Versorgung berichtet wird. Deshalb fliehen viele Flüchtlinge mit der Hoffnung auf bessere Lebensumstände und Integration weiter in andere europäische Staaten.

Die EU hat global durch lokale Krisenbewältigung, Diplomatie, Ausbildungsmissionen und Entwicklungshilfe Verantwortung zu tragen, um statt Flüchtlingsströmen in Heimatländern Perspektiven zu geben. Gemeinsam muss die EU vor ihren Küsten die Aktion „Triton“ zur Seerettung von Flüchtlingen weiter ausbauen und europaweit höhere Standards für Hygiene, medizinische Versorgung und Bildungs- sowie Integrationskurse festlegen. Mit europäischer Solidarität werden je nach Bevölkerung und Wirtschaftskraft Flüchtlinge aufgenommen.

Meiner Meinung nach liegt der Schlüssel einer erfolgreichen Asylpolitik der EU zunächst in der Krisenbewältigung wie in Mali. Mit Diplomatie, Entwicklungshilfe und Ausbildungsmissionen sollen lokal vor Ort Stabilität erreicht und langfristig wieder Perspektiven gegeben werden. Flüchtlingsströme nach Europa sollten damit geringer sein, wodurch Konflikte in den Transitländern Nordafrikas und Bootsflüchtlinge reduziert werden könnten. Aus Krisenregionen befürworte ich Verfolgte als „Kontingentflüchtlinge“ verstärkt nach Europa einzufliegen.

Für die Zukunft der europäischen Flüchtlingspolitik halte ich es für entscheidend eine gemeinsame solidarische Lösung in der Europäischen Union zu finden. Ich befürworte eine bessere Ausstattung und Aufstockung der gemeinsamen „Triton“ Grenzhüter für die Seerettung von Flüchtlingen und europaweite Standards für Hygiene, medizinische Versorgung und Integrationsangebote, in welche besonders die Küstenstaaten durch die Entlastung bei der Seenotrettung investieren können. Abschließend halte ich es für entscheidend, dass Flüchtlinge in den Mitgliedstaaten nach Bevölkerung und Wirtschaftskraft zu ihrem Wohl aufgenommen werden.

Als Ausblick wissen wir Europäer, dass die globalen Herausforderungen wie die Konflikte in Syrien/Irak zunehmen, die wachsende Flüchtlingsströme in die Türkei und nach Europa bedeuten. Im letzten Jahr gab es bereits die höchsten Flüchtlingszahlen seit dem Zweiten Weltkrieg; die VN und die EU stehen vor wegweisenden Entscheidungen in der Flüchtlingspolitik. Deshalb finde ich, dass wir wie bei der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen in Hildesheim zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensumstände [HI] neue Wege gehen sollten. Wir Bürger können unseren Beitrag durch Engagement wie in Sprachkursen und mit Spenden leisten.

[...]


[1] Aktuelle Krisen wie im Irak/Syiren mit Flüchtlingsströmen wie in der Türkei vernachlässige ich wegen noch ausstehender Quellen der VN.

[2] EU-Mission „Triton“ ersetzt „Mare Nostrum“ seit dem 01.11.2014, allerdings auf Küstennähe begrenzt [ZDF].

[3] Der EuGH erlaubt den europäischen Mitgliedstaaten mit seinem Urteil Flüchtlinge nur dann innerhalb der Europäischen Union abschieben zu können, wenn dort ihre Rechte gewährleistet sind wie z. B. die Familienzusammenführung [Welt 3].

Fin de l'extrait de 53 pages

Résumé des informations

Titre
Europäisches Jahr der Entwicklung. Flüchtlingspolitik der Europäischen Union
Note
14 Punkte
Auteur
Année
2015
Pages
53
N° de catalogue
V301911
ISBN (ebook)
9783956876264
ISBN (Livre)
9783668005556
Taille d'un fichier
3293 KB
Langue
allemand
Annotations
Johnny Bonk ist Landespreisträger im "Europäischen Wettbewerb". Für den Bundespreis nimmt er an der internationalen Preisträgerbegegnung im Europahaus Bad Marienberg teil.
Mots clés
Europa, Flüchtlingspolitik, Entwicklungspolitik, 2015, Hildesheim, Flüchtlinge
Citation du texte
Johnny Bonk (Auteur), 2015, Europäisches Jahr der Entwicklung. Flüchtlingspolitik der Europäischen Union, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301911

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