In der vorliegenden Arbeit möchte ich das Phänomen der Leidenschaft unter verschiedenen Gesichtspunkten untersuchen, da mich dieses Thema bei der Lektüre der Novellen von Stefan Zweig immer besonders fasziniert hat. Meist geht es hier um die zufällige Begegnung zweier Menschen mit verschiedensten sozialen und kulturellen Hintergründen, die bei einem, oder beiden so starke Leidenschaft entfacht, dass die „Opfer“ kaum noch Herr ihrer Sinne sind, sich zu extremen Handlungsweisen verleiten lassen, oder dazu getrieben werden, und somit den Eindruck erwecken, von einer fremden Macht, einer Art „Dämon“ beherrscht zu werden. Viele Novellen von Stefan Zweig handeln von Leidenschaft, einem Thema, welches ihn ein Leben lang fasziniert hat.. In dieser Arbeit werde ich jedoch nicht auf die Leidenschaft des Spielers eingehen, wie sie in der Schachnovelle und in den 24 Stunden aus dem Leben einer Frau beschrieben wird, oder die des Sammlers, z.B. die unsichtbare Sammlung, sondern mich mit vier seiner Novellen beschäftigen, die von erotischen oder sexuellen Motiven geprägt sind, was insofern nicht verwunderlich ist, da Zweig in einer Zeit des Aufbruchs und der kulturellen Umwälzungen heranwuchs und schrieb, in einer Epoche, die von der immer größer werdenden Bedeutung der Psychoanalyse geprägt wurde. Dies verdeutlichte sich in der Auswahl der Themen, die Zweig für seine Novellen wählte und mit vorher nicht gekannter Offenheit behandelte. Die Auswahl der Novellen rechtfertigt sich in erster Linie ihrer, dem Thema der verschiedenen Ausdrucksformen der Leidenschaft entsprechenden Vielfalt, die mit einer persönlichen Vorliebe der Novellen Der Stern über dem Walde, Leporella, der Amokläufer, und Verwirrung der Gefühle einhergeht. In der Tat sind die Charaktere der Protagonisten sehr unterschiedlich, wie auch die Art, wie sie die Leidenschaft erleben, was wiederum die Universalität dieses Phänomens verdeutlicht: Jeder Mensch kann von einer plötzlich einbrechenden Leidenschaft getroffen werden, wie von einer Krankheit. Keiner kann sich davor bewahren. Sehr stark ist bei diesem Thema der Einfluss von einem der drei „Meister“ Stefan Zweigs, nämlich Sigmund Freud zu spüren, aber die Ideologien und Konzeptionen von Romain Rolland und Emile Verhaeren, mit denen Zweig jahrelange Freundschaften verband, kommen in seinen Novellen, wie auch in anderen Werken sehr zum Ausdruck. Folgende Fragen möchte ich in meiner Arbeit untersuchen: Wie wird die Leidenschaft ausgelöst? [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zweig und seine Epoche
- Anstelle einer Biographie
- Bemerkungen zu Zweigs Werken und zur Zweigforschung
- Die Welt von „vorgestern“: Stefan Zweig und seine Epoche
- Über Stefan Zweigs Persönlichkeit
- Anstelle einer Biographie
- Auswahl der Novellen
- Die Gattung Novelle
- Die Thematik der Leidenschaft in Stefan Zweigs Novellen
- Begründung der Auswahl der Novellen
- Die Novellen im Einzelnen
- Leidenschaft bis in „meta - physische“ Sphären: Der Stern über dem Walde
- Der Rausch des Dieners François
- Bedrängnis der Gräfin und Vereinigung
- Leidenschaft als Auslöser von pathologischen Anwandlungen: Leporella
- Crescenz
- Die Wandlung
- Symbiose
- Anfang vom Ende
- Leidenschaft als unkontrollierbare Macht: Der Amokläufer
- Einstimmung
- Der Arzt und sein Pathologie
- Der Reisende
- Leidenschaft und gesellschaftliches Tabu: Verwirrung der Gefühle
- Einleitung
- Roland „Resonanz seines Wesens”
- Der Lehrer - Stimme und Schatten
- Die Frau - nur ein Schatten
- Der Kuss - die Erlösung
- Leidenschaft bis in „meta - physische“ Sphären: Der Stern über dem Walde
- Zusammenfassung: Gemeinsamkeiten der Novelle
- Thematik, Stil und Leserreaktion
- Schauplätze, Natur, Atmosphäre
- Einbruch der Leidenschaft, Höhen und Tiefen, das Ende
- Erotik, Leidenschaft und Hörigkeit
- Das „Es“ und das „Über-Ich”
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
In dieser Arbeit wird das Phänomen der Leidenschaft in Stefan Zweigs Novellen unter verschiedenen Aspekten untersucht. Der Fokus liegt auf zufälligen Begegnungen zwischen Menschen mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen, die bei einem oder beiden starke Leidenschaft entfachen. Die Arbeit analysiert, wie die Leidenschaft die „Opfer“ dazu bringt, ihre Sinne zu verlieren und sich zu extremen Handlungsweisen hinreißen zu lassen, als wären sie von einer fremden Macht oder einem „Dämon“ beherrscht.
- Die Rolle der Leidenschaft in Stefan Zweigs Novellen
- Die verschiedenen Ausdrucksformen von Leidenschaft
- Die Auswirkungen von Leidenschaft auf die Figuren in den Novellen
- Der Einfluss von Sigmund Freud und anderen bedeutenden Persönlichkeiten auf Stefan Zweigs Werk
- Das Zusammenspiel von sozialem Umfeld und Schauplätzen im Kontext der Leidenschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Leidenschaft in Stefan Zweigs Novellen vor und erläutert die Motivation für die Auswahl der Werke. Kapitel 1 beleuchtet Zweig und seine Epoche, wobei insbesondere die Bedeutung der Psychoanalyse für seine Arbeit hervorgehoben wird. Kapitel 2 fokussiert auf die Gattung Novelle und die Darstellung von Leidenschaft in Zweigs Novellen. Kapitel 3 analysiert vier ausgewählte Novellen im Detail: „Der Stern über dem Walde", „Leporella", „Der Amokläufer" und „Verwirrung der Gefühle". Dabei werden die spezifischen Formen der Leidenschaft in jeder Novelle sowie die Auswirkungen auf die Figuren untersucht. Kapitel 4 fasst die Gemeinsamkeiten der Novellen im Hinblick auf Thematik, Stil, Schauplätze und die Darstellung von Leidenschaft zusammen.
Schlüsselwörter
Stefan Zweig, Novelle, Leidenschaft, Psychoanalyse, Sigmund Freud, Erotik, soziale und kulturelle Hintergründe, Ausdrucksformen von Leidenschaft, „Opfer" der Leidenschaft, „Dämon“, „meta-physische“ Sphären, pathologische Anwandlungen, unkontrollierbare Macht, gesellschaftliches Tabu, Schauplätze, Natur, Atmosphäre.
- Citar trabajo
- Irene Durocher (Autor), 2004, Verhängnisvolle Begegnungen. Ausdruckformen der Leidenschaft in Novellen von Stefan Zweig, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30249