Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Zusammenfassung
Einleitung
1 Was versteht man unter "land grabbing"?
1.1 Entwicklung und Definition
2 Wo und in welchem Umfang findet "land grabbing" statt?
2.1 Äthiopien
2.2 Lateinamerika - Brasilien
3 Beweggründe für Landnahme
3.1 Bewegründe der Investoren
3.1.1 Bevölkerungswachstum und Ressourcenknappheit
3.1.2 Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage
3.2 Beweggründe der Verpächter
3.2.1 Wirtschaftliche Vorteile und Technologietransfer
4 Die Akteure
4.1 Saudi-Arabien
4.2 China - Der Big Brother Südostasiens
4.2.1 Länderbeispiele
4.2.2 Sumatra, Indonesien
4.2.3 Papua-Neuguinea
5 Fazit
A Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zusammenfassung
Ist die Kolonialzeit denn nicht schon längst vorbei?
Zuerst die Banken- und Finanzkrise im Jahre 2007, dann die Nahrungsmittelkrise Ende 2007/Anfang 2008, welche die Nahrungsmittelpreise in die Höhe hat schie- ßen lassen.
Seit der weltweiten Finanzkrise gelten Investitionen in Ackerflächen als besonders krisensicher. Die Folge sind Hungersnöte, Aufstände in immer mehr Ländern, die zu einem Verlust der politischen Stabilität und zum Kollaps der Welternährung führen.
Seit Ende 2007/Anfang 2008 sorgt der Begriff "land grabbing" oder aber auch "Neokolonialismus" in der Öffentlichkeit für Aktualität. Reiche Großkonzerne aus Europa, den USA, Indien und den Golfstaaten erobern im Brennpunkt jener Kritiker Land entwicklungsarmer Länder und verdrängen dessen Einwohner.
Es ist wohl eines der wichtigsten Debatten, die sowohl die beidseitigen Akteure nämlich die Investoren und Verkäufer - als auch die Bewohner der jeweiligen Länder betreffen.
Einige sehen "land grabbing" als große Chance, neue Impulse für einen Wandel und einer neuen Dynamik zu setzen. Diese Thematik wird auch von Aufständen und Protesten begleitet.
Der Widerstand gegen "land grabbing" ist groß und selten war ein internationales Thema so umstritten wie dieses.
Die Landnahme soll der Wirtschaft sowohl im Import als auch Export dienen. Dazu gehört unter anderem der Austausch von Waren, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die dazugehörige Nahrungsmittelsicherheit.
Ein Thema, das polarisiert. Aus diesem Grund erläutere ich die Hintergründe und Fakten über die Akteure, die betroffenen Bürger und ihre Umwelt.
Mithilfe ausgewählter Quellen möchte ich in dieser Arbeit die neue Form der Landnahme zur Sicherung von Agrarrohstoffen sowie die einzelnen Schwerpunkte und ihre Motive herauskristallisieren und ein grundlegendes Verständnis der Zusammenhänge darstellen.
Einleitung
Die Globalisierung: Bagger aus Korea, Gewächshäuser aus Ecuador, Bewässerungsanlagen aus Israel, Motoren aus Deutschland, Pflanzen aus Indien, Plastik aus China und Kapital aus Europa und die Waren gehen in die USA. Noch globaler kann es nicht mehr werden.
Wenn Ihnen jemand prophezeit, dass die Welt austrocknen wird, die Men- schen hungern werden und Naturkatastrophen entstehen, was sind Ihre ers- ten Gedanken? Ich bezweifle, dass Sie in erster Linie Ihre große Chance im Investment sehen und einer daraus resultierenden Chance große Gewinne zu erwirtschaften, wenn Sie nicht gerade Investor oder Spekulant sind.
Desweiteren, haben Sie sich schon einmal gefragt, was Ihnen der Boden bedeutet, auf dem Sie leben, auf dem Ihr Haus steht oder womöglich Ihre Kinder spielen oder Sie selber gespielt haben? Auf dem Boden wo Ihr Obst oder Gemüse gedeiht?
Wie würden Sie fühlen, wenn Ihr einstige Boden, der über Generationen für Sie und Ihre Familie gesorgt hat - wenn es diesen bald nicht mehr für Sie und Ihre Familie geben würde; und Sie von Ihrem Grund und Boden von mächtigen ausländischen Unternehmen und Ihrer Regierung vertrieben wer- den, weil diese planen Ihren Boden ohne Ihrer Zustimmung zu beanspru- chen? Was würden Sie fühlen? Das Ende einer derartigen Vorstellung mün- det für mich in einer Tragödie.
Neokolonialismus nennen es die einen, Entwicklungshilfe die anderen.
"Land grabbing" ein neuer Trend für Investoren und Spekulanten und zugleich eine Thematik welche mich fesselt, empört, berührt und mich zum nachdenken angeregt.
Die vorliegende Arbeit hat die Intention, das Phänomen "land grabbing" kurz und prägnant zu erklären. Es zeigt auf, wer die Akteure dieses Bodenrausches sind und wer seine Opfer.1
Kapitel 1 widmen wir der Begriffsdefinition. Desweiteren werde ich in den folgenden Kapiteln, die Entwicklung des Begriffs "land grabbing" sowie ihre Akteure als auch ihre Beweggründen aufzeigen.
Für den tieferen Einblick in diese Thematik, empfehle ich die Literatur von dem bekannten Umweltjournalisten Fred Pearce: "LAND GRABBING - Der globale Kampf um Grund und Boden".
Im Laufe meiner Arbeit werde ich mich unter anderem auf seine Literatur beziehen, diese sich sehr tiefgründig mit der Entwicklung und den möglichen Auswirkungen von "land grabbing" auseinandergesetzt hat.
Er hat in über zwanzig Ländern Käufer und Investoren interviewt, aber auch mit betroffenen Bauern, Viehzüchtern und Naturvölkern in Sumatra, Brasilien oder Liberia gesprochen.2
Abschließend werde ich versuchen die Frage, welche in der Zeitschrift "Economist" aufgetreten ist, ob die neue Form der Landnahme fördernde ausländischen Direktinvestitionen seien oder doch eine Form des Neokolonialismus zu beantworten.
1 Was versteht man unter "land grabbing"?
1.1 Entwicklung und Definition
Der Mensch muss essen und wer die Macht über das Essen hat, hat die Macht über die Menschheit. Um Essen zu produzieren, braucht es Land. Wem das Land gehört, dem gehört das Essen. So ist jetzt ein weltweiter Kampf um fruchtbares Ackerland ausgebrochen mit wohl katastrophalen Folgen für die Gesundheit des Planeten und vor allem für den Großteil der Menschheit.
Früher waren es die Kolonialmächte, heute sind es die reichen Großkonzer- ne - meistens aus Europa, den USA, Indien und den Golfstaaten - die Land erobern. Sie kaufen und pachten großflächig Land in Afrika, Asien, Osteu- ropa und Südamerika, was weltweit zu massiven Preiserhöhungen bei Nah- rungsmitteln führt.3
In die Höhe schießende Getreidepreise und Ängste vor der Nahrungsmittel- knappheit haben weltweit einen "Run" auf Land ausgelöst. Der Grund war zuerst die Banken- und Finanzkrise im Jahre 2007, dann die Nahrungsmit- telkrise Ende 2007 / Anfang 2008 - 4 eine Entwicklung, die außer Kontrolle geraten ist.
Dadurch fragten sich Spekulanten und Investoren was heute noch überhaupt Rendite verspricht. Die Finanzmärkte haben eine verhängnisvolle Antwort entdeckt. Der neueste Rausch: "Land grabbing". Was versteht man unter "land grabbing" (grabbing = grabschen)? Gemeint ist nichts anderes als der Landraub oder die Landnahme entwicklungsarmer Länder.
Wenn man es mit dem früheren Kolonialismus vergleicht, könnte man mei- nen, es sei eine Art "Neue Landnahme" mit einer neuen Dimension: mit neuen Akteuren, einer neuen Größenordnung und einer neuen Form der Investition." 5
Denn seit der weltweiten Finanzkrise gelten Investitionen in Ackerflächen als besonders krisensicher. Die Folge sind Hungersnöte, Aufstände in immer mehr Ländern, die zu einem Verlust der politischen Stabilität und zum Kollaps der Welternährung führen.6
Was unter "land grabbing" verstanden wird, kann zudem nicht treffender beschrieben werden, als von Helmut Goeser. Er definiert in seinem Infobrief des Deutschen Bundestags diesen Begriff. Hierzu wählt er zwei Erläuterun- gen aus, die dieses beschreiben sollen. Eine Definition lautet wie folgt:
„Erwerb landwirtschaftlich nutzbarer Flächen, der aus Anlass der enormen Preissteigerungen für Nahrungsmittel auf dem Weltmarkt der Jahre 2007/2008 sprunghaft zugenommen hat und vor allem in Entwicklungsländern zu Konflikten führt“ [...].7
Im weiteren zitiert Goeser „land grabbing“ nach FIAN, dessen Beschreibung für ihn präziser klingt:
„Land grabbing“ als „Inbesitznahme und /oder Kontrollieren ei- ner Fläche für kommerzielle/industrielle Landwirtschaft, deren Größe in keinem angemessenen Verhältnis zur Durchschnittsgröße der landwirtschaftlichen Betriebe in der betreffenden Region steht (FIAN 2010, S. 8).“ 8
Zu diesem kontroversen Thema veröffentlichte Daniela Kress das Buch "In- vestitionen in den Hunger" und erklärt in Ihrem Werk, dass "land grabbing" durch die Nichtregierungsorganisation GRAIN (Genetic Resources Action International) entstanden ist, die 2008 auf das Thema aufmerksam wurden.9
2 Wo und in welchem Umfang findet "land grabbing" statt?
Mark Twain sagte, wir machen nicht mehr Land.10 Warren Buffet fügte 2012 hinzu: "In 100 Jahren schlägt Ackerboden Gold, das kann ich Ihnen garantieren."11
So heißt es jetzt für viele Global Player: Kaufen, Kaufen, Kaufen! Und zwar Land! Sie gehören zu den Opfern der Globalisierung - afrikanische Fischer - die kaum noch etwas fangen, weil die Gewässer vor ihren Küsten leerge- fischt sind.
Dies geschieht durch ausländische Fabrikschiffe, die die Meere plündern, unter anderem mit Subventionen der Global Player wie aus der Europäischen Union, den USA aber auch aus China, Indien oder den Golfstaaten. Alles aufstrebende Mächte mit wachsenden Bedürfnissen.
Der Treibstoff für diesen Teufelskreis sind Subventionen, mit denen alle beteiligten Länder ihre Agrarbetriebe fördern; die wiederum in eine Industrie gepumpt werden, die weit mehr produziert als die Menschen hierzulande konsumieren können.
Es sind auch die Subventionen, die den Zusammenbruch der Wirtschaft in den unterentwickelten Ländern wie zum Beispiel in Afrika zufolge haben. Und wenn man sich die letzten 30 Jahre der Globalisierung ansieht, könnte man dies als dritte Welle des Outsourcings bezeichnen.
Zuerst die Fertigung, dann der Dienstleistungssektor und nun wieder die Landwirtschaft.12
Nach INKOTA - eine entwicklungspolitischen Organisation - liegt schät- zungsweise die Dunkelziffer der letzten zehn Jahre von verkauften oder verpachteten Ackerland an ausländische Investoren bei 203 Millionen Hektar Ackerland. Davon wurden mehr als die Hälfte der Verkäufe in Afrika getätigt. Die Organisation vergleicht diese Fläche mit der 97 Millionen Hektar Ackerfläche der EU (Europäische Union). 13
In den letzten Jahren hat ein Wettrennen um landwirtschaftlich nutzbaren Boden auf der ganzen Welt begonnen. Mehr als 200 Millionen Hektar - davon 130 Millionen Hektar allein auf Afrika - haben bereits den Besitzer gewechselt; dieses ist im Vergleich mehr als das Fünffache der Fläche Deutschlands.14 Und Tausenden, vielleicht auch Millionen von Hektar wird in den kommenden Jahren das gleiche Schicksal ereilen.
Im folgenden möchte ich Länder aufzeigen, in denen "land grabbing" stattfindet. Landnahmen und die Spekulation um Boden finden auf dem gesamten Globus statt. Vorwiegend in Afrika, in Lateinamerika, in der Ukraine, Australien, Sumatra, Kambodscha u.v.m.
Nachfolgend werde ich einige Informationen aus der Literatur des bekann- ten Umweltjournalisten Fred Pearce entnehmen, der in über zwanzig Län- dern gereist ist, um diesem Phänomen nachzugehen. Er hat Käufer und In- vestoren interviewt und mich in meiner Arbeit zu diesem Thema begleitet.15.
Da diese Arbeit einen begrenzten Rahmen vorgibt, habe ich mich hierzu auf zwei Länder fokussiert.
Ich möchte mit einer der größten Landgeber der Welt beginnen: Äthiopien.
[...]
1 (Vgl. Bommert, 2012)
2 (Vgl. Pearce, 2012)
3 (Vgl. Bommert, 2012)
4 (Vgl. Pearce, S. 35 f., 2012)
5 (Vgl. Brot für die Welt, 2010)
6 (Vgl. Bommert, 2012)
7 (Vgl. Goeser, 2011, S. 4 f)
8 (Vgl. Goeser, 2011, S. 4 f)
9 (Vgl. Kress, 2012, S.21)
10 (Vgl. Pearce, 2012)
11 (Vgl. Beck & Hearlin, 2012, S.17)
12 (Vgl. Pearce, 2012)
13 (Vgl. Bahn, S. 1, 2012)
14 (Vgl. Beerfeltz, 2012, S. 3)
15 (Vgl. Pearce, 2012)