„Unsere Welt ist voller Zeichen!“ Unter diesem oder einem ähnlichen Motto stehen wahrscheinlich viele Einleitungstexte von Aufsätzen und Arbeiten, die sich in irgendeiner Form mit Semiologie, also der Wissenschaft von Zeichen, beschäftigen.
Dabei wird meist darauf hingewiesen, dass wir in unserem Alltag ständig mit einer Unmenge von Zeichen konfrontiert werden und diese mehr oder weniger bewusst lesen und verstehen müssen, um uns halbwegs in dieser Welt zurechtzufinden.
Das klassische Beispiel ist der Stadtbewohner, der beim Schritt vor seine Haustür sofort zahlreiche „Leseleistungen“ vollbringen muss, um nur lebend von A nach B zu kommen. Straßenschilder, die teils auf Icons, teils auf sprachlichen Zeichen basieren, regeln den Verkehr oder zeigen den Weg an. Das grüngelbe H verweist auf die gesuchte Bushaltestelle. Diese Allgegenwärtigkeit von Zeichen rechtfertigt dann verständlicherweise den Anspruch der Semiologie auf der Relevanzskala der Geisteswissenschaften einen der oberen Plätze einzunehmen.
Eine weitere, sowohl semiologische als auch psychologische, Analyseebene sollte dem Ganzen aber hinzugefügt werden. Denn nicht erst wenn wir vor die Tür treten beginnt unser Kontakt mit Zeichen. Und auch nicht, wenn wir im Badezimmer anhand des blauen Punktes auf dem Wasserhahn dessen Stellung zur Ausgabe von kaltem Wasser erkennen, hat der Umgang mit Zeichen sein Maximum an Intimität erreicht.
Unabhängig von der viel diskutierten Frage, ob unser Denken nicht auch nur in einer Sprache vollzogen werden kann, ist doch ein Großteil unserer Entscheidungen abhängig von unserem Assoziationsvermögen. Und dieses verbindet eben zum Beispiel Zeichen mit Zeichen, Gefühle mit Gefühlen, Zeichen mit Gefühlen und umgekehrt. Wenn wir eine Handlung vollziehen oder durch diese in einen bestimmten psychischen oder physischen Zustand versetzt werden und dabei eine ausgeprägte Emotion empfinden, wird diese Handlung oder der Zustand zu einem Zeichen für das Gefühl. Das nächste Mal entscheiden wir uns eigentlich nicht mehr für die Handlung, sondern für das Gefühl.
Diese einfache Verbindung von materieller Welt und geistigen Zuständen hat hier noch einen unschuldigen Charakter und ist empirisch fundiert. Problematisch wird es jedoch, wenn dieser Zusammenhang zwischen Tat und Gefühl nicht mehr aus der eigenen Erfahrung stammt, sondern zum Beispiel durch Sozialisation in unsere Köpfe gepflanzt wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Mythos bei Roland Barthes
- Semiologische Grundlagen bei de Saussure
- Der Mythosbegriff bei Roland Barthes
- Moderne Mythen
- Coca Cola: Marke und Werbung
- Der Mythos der persönlichen Ökobilanz
- Der Mythos der Mythendestruktion
- Moderne Mythen
- Die Dilemmata des Mythologen als Aufklärer
- Komplexität
- Soziale Exklusion
- Mythische Grundfiguren, praktische Konzeptualisierung und Nutzen der Mythologie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Semiologie des Alltags und untersucht die Rolle von Mythen in der modernen Gesellschaft, angelehnt an Roland Barthes' Theorie des Mythos. Sie beleuchtet, wie alltägliche Zeichen und Symbole durch den Prozess der Mythenbildung neue Bedeutungen erhalten und so unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen.
- Die semiologische Grundlage von Mythen nach de Saussure
- Die Funktionsweise von Mythen in der modernen Gesellschaft
- Die Dekonstruktion von Mythen und die Rolle des Mythologen
- Die Auswirkungen von Mythen auf unsere Entscheidungen und unser Verhalten
- Die Bedeutung von Mythen für die soziale Konstruktion der Realität
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Semiologie des Alltags ein und stellt die Relevanz von Zeichen für unser Verstehen der Welt heraus. Sie zeigt, wie Mythen als interpretative Schemata unsere Wahrnehmung und unser Handeln beeinflussen.
Kapitel 2 befasst sich mit Roland Barthes' Theorie des Mythos und erläutert die semiologischen Grundlagen nach Ferdinand de Saussure. Es wird gezeigt, wie Mythen durch die Kombination von Zeichen und Bedeutungen neue Sinnstrukturen schaffen.
Kapitel 3 analysiert verschiedene Beispiele für moderne Mythen, wie zum Beispiel die Coca Cola Marke und die Vorstellung von einer persönlichen Ökobilanz. Es wird gezeigt, wie diese Mythen in der heutigen Gesellschaft funktionieren und welche Auswirkungen sie haben.
Kapitel 4 beleuchtet die Dilemmata des Mythologen als Aufklärer, der die Mechanismen der Mythenbildung aufdeckt und gleichzeitig die Komplexität und die sozialen Folgen der Mythenbildung berücksichtigt.
Kapitel 5 beschäftigt sich mit den mythischen Grundfiguren, der praktischen Konzeptualisierung und dem Nutzen der Mythologie. Es wird untersucht, wie Mythen unsere Denkweise und unsere Handlungsmöglichkeiten prägen.
Schlüsselwörter
Semiologie, Mythos, Roland Barthes, Ferdinand de Saussure, Zeichen, Bedeutung, Mythenbildung, Dekonstruktion, Alltagskultur, Soziale Konstruktion der Realität, Konsumgesellschaft, Werbung, Ökologie, Identität, Ideologie.
- Arbeit zitieren
- Oliver Vonhausen (Autor:in), 2013, Semiologie des Alltags. Eine Analyse denotierter und konnotierter Botschaften in modernen Mythen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/302910