Corporate Governance und Signaling: Meldepflichtige Geschäfte nach §15a WpHG


Mémoire (de fin d'études), 2004

82 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung und Problemstellung

2 Regelung des Insiderhandels in Deutschland
2.1 Theoretische Aspekte des Insiderhandels
2.1.1 Definition von Insiderhandel
2.1.2 Regulierungsbedarf des Insiderhandels
2.2 Entwicklung des deutschen Insiderrechts
2.2.1 Freiwillige Selbstkontrolle
2.2.2 Gesetzliche Regelungen
2.3 Analyse von §15a WpHG
2.3.1 Ziele des Gesetzes
2.3.2 Meldepflichtige Personen
2.3.3 Meldepflichtige Geschäfte
2.3.4 Ausnahmen von den Meldepflichten
2.3.5 Mitteilung und Veröffentlichung
2.3.6 Überwachung und Ahndung von Verstößen
2.4 Weitere wesentliche Insiderregelungen des WpHG
2.5 Bedeutung von §15a WpHG für die weitere Untersuchung

3 Outsiderrenditen nach §15a und Implikationen für die Markteffizienz
3.1 Überrenditen nach meldepflichtigen Geschäften
3.1.1 Begriffliche Abgrenzung von Insider- und Outsiderrenditen
3.1.2 Ergebnisse empirischer Studien zu Outsiderrenditen
3.2 Informationseffizienz auf Kapitalmärkten
3.2.1 Der Ansatz von Fama
3.2.1.1 Hypothese der effizienten Kapitalmärkte
3.2.1.2 Formen der Informationseffizienz
3.2.2 Outsiderrenditen und halbstrenge Informationseffizienz
3.3 Erklärungsansätze für Outsiderrenditen nach §15a WpHG
3.3.1 Signaling und Unterreaktion des Marktes
3.3.1.1 Asymmetrische Informationsverteilung und Signaling
3.3.1.2 §15a WpHG als Signal und Indikatorwirkung
3.3.1.3 Unterreaktion und halbstrenge Informationseffizienz
3.3.2 Illegaler Insiderhandel und strenge Informationseffizienz
3.4 Zusammenfassung und Implikationen für die empirische Untersuchung

4 Empirische Untersuchung
4.1 Parameter der Ereignisstudie zur Untersuchung von Überrenditen
4.1.1 Daten
4.1.1.1 Datenbasis und Kriterien für die Datenbearbeitung
4.1.1.2 Deskriptive Statistik der Daten
4.1.2 Festlegung von Ereignistag, Schätz- und Testperiode
4.1.3 Berechnung der durchschnittlichen kumulierten Überrendite
4.1.3.1 Ermittlung von täglichen Überrenditen
4.1.3.2 Kumulation täglicher Überrenditen
4.1.4 Hypothesenformulierung zu Überrenditen
4.1.5 Überprüfung der aufgestellten Hypothesen zu Überrenditen
4.2 Überprüfung der Erklärungsansätze für Outsiderrenditen
4.2.1 Signaling und Unterreaktion des Marktes
4.2.2 Illegaler Insiderhandel
4.2.2.1 Datenbasis und Vorgehensweise der Nachrichtenanalyse
4.2.2.2 Ergebnisse der Nachrichtenanalyse
4.2.3 Fazit und Implikationen für die Informationseffizienz
4.3 Indikatorwirkung der Insidertransaktionsmerkmale nach §15a WpHG
4.3.1 Hypothesenformulierung zur Indikatorwirkung
4.3.2 Überprüfung der aufgestellten Hypothesen zur Indikatorwirkung

5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Anhang

Literaturverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Sofortiger Anpassungsprozess der Überrenditen

Abbildung 2: Verzögerter Anpassungsprozess der Überrenditen

Abbildung 3: Zeitreihe der Ereignisstudie

Abbildung 4: Häufigkeitsverteilung der kumulierten Überrenditen KÜRi,20

Abbildung 5: Entwicklung der durchschnittlichen kumulierten Überrendite

Abbildung 6: Häufigkeitsverteilung der Ad-hoc-Meldungsinhalte

Tabellenverzeichnis:

Tabelle 1: Deskriptive Statistik verschiedener Transaktionsmerkmale

Tabelle 2: Statistische Beschreibung der DKÜR20 und KÜRi,20

Tabelle 3: Verzögerter Kursanpassungsprozess der DKÜR

Tabelle 4: Verteilung der Nachrichten nach Transaktions- und Nachrichtenart

Tabelle 5: Geschichtliche Entwicklung des Insiderrechts in Deutschland

Tabelle 6: Liste der in die empirische Untersuchung einbezogenen Unternehmen

Tabelle 7: Beispiele zur Datenverarbeitung meldepflichtiger Geschäfte aus Excel

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung und Problemstellung

„Der EM.TV-Unternehmer Thomas Haffa hat möglicherweise gegen die Bestim­mungen im Börsenprospekt verstoßen. (..) ermittelt der Staatsanwalt gegen den früheren EM.TV-Finanzvorstand Florian Haffa wegen des Verdachts illegaler Insidergeschäfte.“[1]

Pressemeldungen dieser Art waren in der Hochphase des Börsenbooms im Frühjahr 2000 keine Selten­heit. Der Skandal um den einstigen Börsenfavoriten EM.TV war jedoch nur einer der spekta­kulären Fälle von illegalem Insiderhandel, da EM.TV bis dahin als eines der Vor­zeige­unternehmen galt.[2] Das illegale Verhalten einzelner Markt­teilnehmer und andere Gründe, wie z.B. der Beginn eines wirtschaft­lichen Ab­schwungs, führten zu einem großen Vertrauensverlust in den deutschen Aktien­markt. Die Folge war ein Einbruch der Aktien­kurse in allen Marktsegmenten.[3] Darüber hinaus erwies sich die Verfol­gung von illegalem Insiderhandel in Deutschland als schwierig. Nach­dem die Regulierung des Insiderhandels jahrzehntelang auf freiwilliger Selbst­kontrolle basierte, wurde erst im Jahr 1994 eine gesetzliche Regelung eingeführt, die jedoch einfach bei der Absicht des illegalen Insiderhandels umgangen werden konnte.

­Um dieser Problematik entgegen zu treten und das Vertrauen in die Integrität des deutschen Finanzmarktes durch die Prävention von Insiderhandel wieder zu stärken, wurde das Wert­papierhan­dels­gesetz (WpHG) klarer auf diese Ziele ausgerichtet. Durch das im Jahr 2002 in Kraft getre­tene „Vierte Finanz­markt­för­derungs­gesetz“ wurde das WpHG neben zahlreichen Neu­re­gelungen um den §15a WpHG er­weitert. Dieser Para­graph verpflichtet alle Organ­mit­glieder eines Emittenten und deren nahe Angehörige, eigene Geschäfte, die in Verbin­dung mit den Wertpapieren des Emittenten stehen, unver­züglich der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mitzuteilen. Solche Geschäfte, die auch als Directors´ Dealings definiert sind, sind mit gesetzlich bestimmten Einzelheiten auf der Internetseite des Emittenten zu veröffent­lichen. Diese Veröffentlichung soll die Transparenz erhöhen und erst gar nicht den Verdacht von verbotenem Insiderhandel aufkommen lassen.[4]

Eine weitere vom Gesetzgeber beabsichtigte Eigenschaft der Directors´ Dealings ist deren Indikator­wirkung. Viele An­leger erwarten, aus diesen Meldungen Rück­schlüsse auf die zukünftige Unterneh­mens­entwicklung ziehen zu können.[5] In vielen Studien wurde für andere Länder gezeigt, dass Investoren dort Überrenditen durch die Nachah­mung der Insidertransaktionen unmittelbar nach der Meldung erzielen können. Als Über­­rendite wird dabei die Differenz zwischen einer am Markt realisierten Rendite und einer durch ein Gleichgewichtsmodell erwarteten Rendite verstanden.[6] Für den deutschen Markt gibt es diesbezüglich jedoch wenig Ergebnisse, da Insider­trans­aktionen erst seit dem 1. Juli 2002 gesetzlich gemeldet werden müssen. In einer Studie für den deutschen Markt konnte Stotz (2003) zwar auch dort Über­renditen nach melde­pflichtigen Geschäften zeigen, allerdings umfasst diese Studie nur einen ein­jährigen Unter­­suchungs­zeitraum und eine geringe Datenbasis.

Der Mangel an Studien und empirischen Ergebnissen zur Existenz von Über­renditen nach Insidertransaktionsmeldungen auf dem deutschen Markt ist Anlass für diese Ar­beit. Es soll überprüft werden, ob Investoren tatsächlich durch die Nach­­ah­mung von Insider­trans­aktionen auch auf diesem Markt Überrenditen erzie­len können.

Trotz der Erkenntnis, dass auf zahlreichen internationalen Märkten Überrenditen vor­lie­gen, wird in den meisten Studien deren Ursache nicht weiter hinter­fragt oder er­forscht. An dieses Forschungsdefizit soll diese Arbeit ebenfalls anknüpfen und mögliche Er­klärungs­ansätze für das Auftreten von Überrenditen herleiten und ggf. empirisch über­prüfen.

Außerdem soll in dieser Studie die Existenz von Überrenditen unter dem Aspekt infor­mationseffizienter Märkte betrachtet werden. Die Möglichkeit, als Investor syste­matisch Überrenditen nach Insidertransaktionen zu erzielen, steht im Widerspruch zur Informa­tionseffizienz eines Marktes.[7] In Abhängigkeit der Ergebnisse der empirischen Unter­suchung sollen Aussagen zur Informa­tionseffizienz des deutschen Marktes im Zusam­menhang mit melde­pflichtigen Ge­schäften gemäß §15a WpHG ge­macht werden.

Die Arbeit ist wie folgt gegliedert:

Abschnitt 2 behandelt zunächst theoretische Aspekte des Insiderhandels. Es wird auf die Notwendigkeit einer Insiderregulierung eingegangen und ein Überblick über die Ent­wick­lung des deutschen Insiderrechts von der freiwilligen Selbstkontrolle bis zur gesetz­lichen Regelung ge­geben. Der Abschnitt endet mit einer ausführlichen Analyse der Regelungsinhalte des §15a WpHG.

Abschnitt 3 gibt zunächst einen Literaturüberblick über empirische Unter­suchungen inter­nationaler Studien zur Existenz von Überrenditen nach Insidertrans­aktions­mel­dungen. Danach wird das Konzept der effizienten Kapitalmärkte nach dem Ansatz von Fama vorgestellt. Im Anschluss werden mögliche Erklärungsansätze für Über­renditen hergeleitet und in Verbindung mit dem Informationseffizienzkonzept gebracht. Dies bildet den Ab­schluss des theo­re­tischen Teils.

In Abschnitt 4 folgt die empirische Untersuchung. Die Untersuchung nach Überrenditen geschieht mit Hilfe einer Ereignisstudie. Die wichtigsten Para­meter einer Ereignisstudie werden daher zunächst erläutert. Anschließend erfolgt die Überprüfung der aufge­stell­ten Hypothesen. In Abhängigkeit von den empirischen Ergebnissen werden Unter­suchungen zu den Er­klärungs­ansätzen und zur Informationseffizienz durchgeführt.

Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolgerungen in Abschnitt 5.

2 Regelung des Insiderhandels in Deutschland

2.1 Theoretische Aspekte des Insiderhandels

2.1.1 Definition von Insiderhandel

Insiderhandel sind alle Kapitalmarkttransaktionen, die auf Basis von kursrelevanten Infor­mationen, die anderen Marktteil­nehmern nicht zur Verfügung stehen, getätigt wer­den.[8] Dabei wird der Begriff Insider­handel durch die im Folgenden näher be­schriebenen Teilele­mente Insiderinformation, Insiderpapiere und Insider er­läutert.

Insiderpapiere sind allgemein Wertpapiere, die an einem organisierten Markt zum Handel zugelassen sind. Das sind insb. Aktien börsennotierter Unternehmen. Auch Schuld­verschreibungen und derivative Finanzinstrumente wie Aktienoptionen und Futures gehören zu den Insiderpapieren.[9]

Eine Insiderinformation ist „eine nicht öffentlich bekannte Tatsache (...), die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf Insiderpapiere bezieht und die geeignet ist, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs der Insider­papiere erheblich zu beeinflussen.“[10] Aus dieser Definition leiten sich zwei Be­dingungen ab, die für das Vorliegen von Insiderin­formationen erfüllt sein müssen. Erstens müssen die Informationen kurs­relevant sein, d.h., dass sie bei öffentlicher Bekanntheit den Kurs verändern würden. Zweitens muss eine asymmetrische Infor­ma­tionsverteilung vor­lie­gen. Dies bedeutet, dass bei einem Wertpapiergeschäft eine Seite über Informationen verfügt, die der anderen Seite vorenthalten sind.[11] Beispiele für Insiderinformationen sind veränderte Ge­winn­erwar­tungen, Dividendenerhöhungen oder geplante Unterneh­mensübernahmen. Diese In­for­ma­tionen können bei öffent­licher Bekanntgabe zu Kurs­reaktionen führen.

Insider sind alle Personen, die Zugang zu Insiderinforma­tionen haben. Dieser Perso­nen­kreis teilt sich in zwei Gruppen. Zum einen gibt es Perso­nen, die aufgrund ihres Berufes, ihres Amtes und ihres Status direkten Zugang zu Insider­in­formationen haben und in der Literatur auch als Primär­insider bezeichnet werden. Zum anderen gibt es die Gruppe der Sekundärinsider, die nicht unmittelbar Zugang zu Insiderinformationen hat, diesen jedoch über die Gruppe der Primärinsider erhält.[12]

Ein Insider handelt nach allgemeinem Rechtsverständnis zum Nachteil aller übrigen Markt­teilnehmer, wenn er auf Basis von Insiderinformationen Wertpapiere kauft oder verkauft, wenn er unbefugt Insiderinformationen an Dritte weiter­gibt oder wenn er Wertpapiere auf der Grundlage von Insiderinformationen zum Kauf oder Verkauf empfiehlt.[13]

Im Gegensatz zum illegalen Insiderhandel kann ein Insider aber auch Wertpapiere aus seinem Einflussbereich legal kaufen und verkaufen, wenn dies nicht auf Basis von privaten Informationen geschieht. Dies ist z.B. dann gegeben, wenn er aufgrund seiner Stellung im Unternehmen öffentlich bekannte Informationen besser bewerten kann als der Markt und Fehlbewertungen durch seinen Einblick ins Unternehmen eher erkennt als die übrigen Marktteilnehmer.

2.1.2 Regulierungsbedarf des Insiderhandels

Die Diskussion pro und contra Insiderhandel kann auf eine lange Tradition zurück­blicken und bildet die Grundlage von Erörterungen zur Insiderhandelsregulierung. Im Folgenden werden die wichtigsten Argumente für und wider Insiderhandel darge­stellt, auf deren Basis anschließend eine Bewertung bzgl. der Notwendigkeit einer Insi­der­re­gulierung erfolgt.

Befürworter des Insiderhandels argumentieren, dass Kapitalmärkte durch Insider­han­dels­­aktivitäten eine höhere Informationseffizienz erlangen. Die Kurse spiegeln zuneh­mend auch private Informationen durch den Insiderhandel wider, wodurch eine wahre Marktpreisfindung unterstützt wird.[14] Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene lässt sich so eine höhere Effizienz erzielen, da im Vergleich zur Situation, in der Insider nicht auf Basis ihrer privaten Information handeln, eine bessere Allokation der Ressourcen entsteht.[15]

Ein weiteres Argument für Insiderhandel basiert auf der „Principal-Agent-Theorie“. Nach dieser Theorie gibt es in einem Unternehmen eine Beziehung zwischen einem Kapital­geber (Principal) und einem Manager (Agent), der für die Unternehmungsleitung zustän­dig ist und über das Kapital verfügt. In diesem Zusammenhang wird argumen­tiert, dass ein marktwirtschaftliches System nur dann funktioniert, wenn der Manager eine entsprechende Entlohnung erfährt.[16] Gehalt und Boni stellen jedoch keine ange­messene Entlohnung für den Manager dar.[17] Die einzige adäquate Erfolgsbeteiligung für den Manager ist nach dieser Theorie nur durch Insiderhandelsgewinne zu erreichen.[18]

Diesen Argumenten, die für eine Legitimierung von Insiderhandel sprechen, stehen allerdings auch bedeutende Argumente gegenüber, die dagegen sprechen.

Gegner des Insiderhandels nennen als wichtiges Argument den Schutz des einzelnen Anlegers. Dabei handelt es sich in erster Linie um ein ethisches Argument, denn Insider­geschäfte widersprechen vor allem der Fairness und Gerechtigkeit.[19] Daraus wird die Notwen­digkeit eines Individualschutzes abgeleitet, der Anleger vor einer Schädigung und Vermögens­­umverteilung durch Insiderhandel bewahren soll.[20]

Ein weiteres Argument der Gegner des Insiderhandels ist die Notwendigkeit, die Funk­tio­nen des Kapitalmarktes zu schützen. Im Vordergrund stehen Überlegungen zur Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitallenkung.[21] Wenn nicht informierte Markt­teil­nehmer den besser informierten Insidern systematisch unter­legen sind, ver­lieren sie das Vertrauen in die Kapitalmärkte und werden sich aus Selbstschutz von den Börsen zurückziehen. Dann besteht die Gefahr, dass die erforderlichen Mittel für Unter­nehmen mit hohem Kapitalbedarf nicht mehr zur Verfügung stehen.

Eng verbunden mit diesem Argument ist die Auswirkung des Insiderhandels auf die Preis­stellung durch Market-Maker. Um einen regen Handel zu gewährleisten, treten Market-Maker auf Anfrage als direkte Marktpartner auf und handeln damit auf eigene Rechnung. Dadurch gehen sie ein Kursrisiko ein, das sie sich durch die Differenz zwischen den von ihnen gestellten Geld- und Briefkursen bezahlen lassen. Unter der An­nahme, dass sie bei Geschäften mit den besser informierten Insidern Kursverluste einfahren, werden Market-Maker zur Kompensation die Geld-Brief-Spannen aus­wei­ten. Dies geht zu Lasten der uninformierten Marktteilnehmer, denn für sie stellt eine größere Geld-Brief-Spanne einen Anstieg der Transaktionskosten dar und macht Aktien im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten unattraktiver. Die Folge ist auch hier ein Rückzug der Investoren vom Aktienmarkt.[22] Dadurch ver­ringert sich schließlich die Marktliquidität, was zu erhöhten Risikoprämien von Aktien und ansteigenden Kapital­kosten von Unternehmen führt.[23]

Stellt man die Argumente für eine Regelung des Insiderhandels den Argumenten gegen eine Regelung des Insiderhandels gegenüber, kommt man zur Abwägung der Interessen Einzelner gegen die Interessen der Allgemeinheit. Daher entspricht es dem Rechts­verständnis des deutschen Verfassungsrechts, dem Recht auf persönliches Eigentum das Wohl der Allgemeinheit voranzustellen. Die Erörterung der Argumente für und wider Insiderhandel hat gezeigt, dass Insiderhandel die Funktions­fähigkeit der Kapi­tal­märk­te in wesentlichen Bereichen stört. Der Insiderhandel beein­trächtigt zum Vorteil Ein­zel­ner das Wohl der Allgemeinheit. Deshalb ist es folgerichtig, den Insiderhandel zu regulieren.

2.2 Entwicklung des deutschen Insiderrechts

2.2.1 Freiwillige Selbstkontrolle

Während in den USA die Insiderregulierung bereits auf das „Securites Exchange Act“ von 1934 zurückgeht, begann die Börseninsiderrechtsdiskussion in Deutschland erst Ende der sechziger Jahre. Grund waren immer häufiger auffallende Kursschwankungen und wiederholte Skandalberichte in der Tagespresse. In diesem Zusammenhang stand in Deutschland erstmals die gesetzliche Erfassung des Insiderhandels zur Debatte. Zuvor war das Thema nur vereinzelt aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Kapital­märkte im Zuge des Wiederaufbaus der deutschen Wirtschaft nach dem 2. Weltkrieg und zunehmender Vermutungen des Ausnutzens von Insiderinformationen aufge­kommen.[24]

Während in Europa Bestimmungen über den Insiderhandel im Jahr 1970 ihren ersten gemeinschaftsrechtlich relevanten Niederschlag fanden, schuf am 13. November 1970 eine Börsensachverständigenkommission, bestehend aus Vertretern der Wirtschaft, mit den „Empfehlungen zur Lösung der sogenannten Insiderprobleme“ die ersten Insider­han­dels­richtlinien in Deutschland. Die Empfehlungen, die zusätzlich Händler- und Beraterregeln beinhalteten, wurden im Januar 1972 durch Erläuterungen und Verfah­rens­­ordnungen ergänzt und traten im selben Jahr in Kraft.[25] Die Insiderrichtlinien beinhalteten Definitionen, Tätigkeitsverbote, Aufgaben der Prüfungskommissionen sowie Sanktionen. Ihre Wirkung war jedoch beschränkt, da sie keine gesetzliche Rege­lung darstellten und auf dem Prinzip einer freiwilligen Selbstkontrolle basierten. Unter diese freiwillige Selbstkontrolle fielen nur diejenigen Personen und Unter­nehmen, die diese Richtlinien vorher akzeptiert hatten. Hierfür war eine privat­rechtliche Unter­wer­fungs­erklärung der als Insider bezeichneten Personen und eine Aner­kennung­s­er­klärung erforderlich. Die Insiderrichtlinien begründeten nur Rechte der Vertrags­parteien. Rechte Dritter konnten bis auf Ausnahmefälle aus ihnen nicht hergeleitet werden. Im Falle der Nichtanerkennung der Richtlinien gab es aufgrund der fehlenden gesetzlichen Regelung keine Sanktionen.[26] Im schlimmsten Falle musste ein verurteiltes Unternehmen den entstandenen Gewinn bzw. den vermiedenen Verlust abführen und die Verfah­rens­kosten tragen.[27] Die Insiderrichtlinien wurden in der Praxis erstmals im Jahr 1973 angewandt, jedoch konnten keine Verstöße gegen die Insider­handelsrichtlinien nachge­wiesen werden.[28]

Aufgrund der schwierigen Erkennung von illegalem Insiderhandel wurde ein großes Reformbedürfnis festgestellt. Die Börsen­sachverständigenkommission überarbeitete die Richtlinie daraufhin und veröffentlichte die Neufassung im November 1975.[29] Die Reform blieb aber weiterhin ohne gesetzliche Regelungen.

Am 1. Juli 1976 wurden die Empfehlungen aus dem Jahr 1972 neu gefasst und erfuhren wesentliche Änderungen, weil mit den Richtlinien Insiderhandel weder aufgeklärt noch sanktioniert oder gar verhindert werden konnte.[30] Die Insider­richtlinien wurden durch eine Empfehlung der EG-Kommission vom 25. Juli 1977 ergänzt. Ziel dieser Ergänzungen war die Einhaltung bestimmter Wohlver­haltensregeln auf dem Wertpa­piermarkt.[31] Es wurde bestimmt, dass Insider weder kursrelevante, geheime Infor­mationen ausnutzen noch an Dritte weitergeben durften. Trotz einer weiteren Änderung der Richtlinien im Juni 1988 blieb es bei einer freiwilligen Selbst­regulierung in Form eines Wohlverhaltenskodex.[32]

2.2.2 Gesetzliche Regelungen

Die Reputation des Finanzplatzes Deutschland war Ende der 80-er Jahre gefährdet. Den deutschen Kapitalmärkten wurde ein zurückgebliebenes Kapitalmarktaufsichtssystem und vor allem eine unzureichende Insiderhandelskontrolle vorgehalten. Um die interna­tionale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes abzusichern, war die Schaf­fung einer gesetzlichen Regelung des Insiderhandels in Deutschland unumgänglich.

Am 13. November 1989 wurde die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemein­schaft zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte verab­schie­det.[33] Diese war bis zum 1. Juni 1992 in nationales Recht umzusetzen. Die Umsetzung erfolgte in Deutschland verspätet durch die Verabschiedung des 2. FMFG und dem darin enthaltenen Wertpapierhandelsgesetz durch den Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats am 26. Juli 1994. Das Gesetz trat am 1. Januar 1995 in Kraft. Zielsetzungen des 2. FMFG waren insb. Chancengleichheit, Trans­parenz der Wertpa­pier­märkte und Anlegerschutz.

Das WpHG war gleichzeitig auch recht­liche Grundlage für die Einrichtung des Bundes­aufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BaWe),[34] mit der erstmals in Deutschland eine Bundesbehörde Zustän­digkeiten für die Beaufsichtigung des Wertpa­pier­handels erhielt. Die BaWe war neben der Börsenaufsicht der Länder sowie der Handelsüberwachung in der Börse selbst Bestandteil eines dreistufigen Systems.

Mit dem Inkrafttreten des 2. FMFG wurden in §14 des WpHG Insidergeschäfte in Deutschland mit den dort definierten Voraussetzungen erstmals durch ein Gesetz verbo­ten. Seitdem wurde das WpHG mehrfach geändert, jedoch blieb der materiell-rechtliche Regelungsgehalt unberührt.[35]

Am 22. Oktober 1997 wurde das WpHG aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vor­schrif­ten geändert. Das 2. FMFG und damit auch das WpHG wurden am 24. März 1998 durch das Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland, dem 3. FMFG, modifiziert. Weitere Änderungen erfuhr das WpHG durch das Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsübersicht am 22. April 2002 und durch das 4. FMFG am 21. Juni 2002. Eine wesentliche Neuregelung stellt die Pflicht zur Veröf­fent­lichung und Mitteilung von Geschäften von Führungskräften nach §15a WpHG dar. Darauf wird im folgenden Abschnitt ausführlich eingegangen.

In Tab. 5 (Anhang) sind die wichtigsten Schritte auf dem Weg von der freiwilligen Selbstkontrolle bis hin zur gesetzlichen Regelung im Rahmen der deutschen Insider­regulierung dargestellt.

2.3 Analyse von §15a WpHG

Die folgende Analyse von §15a WpHG erfolgt überwiegend in Anlehnung an Assmann/Schneider (2003).[36]

2.3.1 Ziele des Gesetzes

Nach dem Einbruch der weltweiten Aktienmärkte im Jahr 2000 und den Terror­an­schlägen in den USA am 11. September 2001 litten die Börsen unter einem starken Vertrauensverlust, der durch die skandalösen Vorgänge am Neuen Markt und durch das gesetzeswidrige Handeln einzelner Marktteilnehmer noch verstärkt wurde.[37] Diese Ereignisse machten die Einführung einer Mitteilungs- und Veröffent­lichungspflicht erfor­derlich. Zusätzlich sollte eine Reform des Börsen- und Wert­papier­rechts die Posi­tion der deutschen Börsen im internationalen Wettbewerb stärken und eine Anglei­chung an internationale Standards erreichen.[38]

Mit der Pflicht zur Veröffentlichung von Directors´ Dealings werden vor allem vier Ziele verfolgt: Markttransparenz, informierte Transaktionsentscheidung, Anleger­gleich­behandlung und Marktintegrität.

Eine erhöhte Markttransparenz soll dadurch erreicht werden, dass die Publizitätspflicht sich nicht nur wie bisher auf den Primärmarkt, sondern auch auf den Sekundärmarkt erstreckt und die Veröffentlichung aller meldepflichtigen Geschäfte dadurch zu einer höheren Informationseffizienz führt. Die Transaktionsentscheidung der Organmitglieder soll die Anleger darüber informieren, wie die zukünftige Unternehmensentwicklung gesehen wird.[39] Ihr wird daher eine Art Indikatorwirkung zugesprochen. Die Anleger­gleichbehandlung soll dadurch erzielt werden, dass sich der Wissensvorsprung der Organmitglieder durch die zeitnahe Veröffentlichung der Wertpapiergeschäfte ver­ringert und somit zur Chancengleichheit aller Marktteilnehmer führt. §15a WpHG hat schließlich einen präventiven Charakter und soll Insiderhandel vermeiden.[40] Die Markt­integrität kann damit gewahrt werden. Das Gesetz erhöht insgesamt das Ent­deckungs­risiko für verbotene Insidergeschäfte und hat somit eine gewisse Vorbeu­ge­funktion.[41]

2.3.2 Meldepflichtige Personen

Zu den meldepflichtigen Personen zählen die Primär- und Sekundärinsider. Die Primär­­insider haben aufgrund ihrer Position einen direkten Bezug zum Unternehmen und verfügen direkt über Unternehmensinfor­mationen, während die Sekundärinsider aufgrund ihrer Nähe zu den Primärinsidern indirekt über diese Informationen verfügen.

Nach §15a I WpHG sind alle Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats einer Aktien­­­gesellschaft mitteilungspflichtig. Hierzu zählen auch die stell­vertretenden Vor­stands­­mitglieder, da sie als vollwertige Vorstandsmitglieder gelten. Bei einer Komman­dit­gesellschaft auf Aktien sind die persönlich haftenden Gesell­schafter mitteilungs­pflichtig, ungeachtet dessen, ob sie die Geschäfts­führung oder Ver­tre­tung wahrnehmen. Auch fehlerhaft bestellte Organe fallen unter die Mitteilungs­pflicht, solange sie die Organfunktion tatsächlich ausüben. Die Meldepflicht macht für diese Primärinsider gemäß §13 I Nr. 1 WpHG am meisten Sinn, da es sich beim Vor­stand und Aufsichtsrat um die Personen handelt, die aufgrund ihrer Nähe zum Unter­nehmen über die besten Informationen verfügen.

Neben den Organmitgliedern des Emittenten treten auch diejenigen des Mutterun­ter­nehmens eines börsennotierten Emittenten als Primärinsider auf und sind verpflichtet, den Erwerb oder die Veräußerung bestimmter Wertpapiere anzugeben, unabhängig da­von, ob sie beim Emittenten eine Funktion wahrnehmen. Diese Regelung macht unter Beachtung der Legal­definition für das Mutterunternehmen Sinn. Gemäß §290 I HGB ist ein Mutter­unter­nehmen ein solches, das eine einheitliche Leitung gegenüber einem oder mehreren Tochter­unternehmen hat und eine Beteiligung i.S.d. §271 I HGB besitzt. Es liegt nahe, dass auch die Organmitglieder des Mutterunternehmens über einen Wissens­vorsprung verfügen und die Mitteilungspflicht dadurch begründet werden kann. Als Mutterunternehmen gilt zudem ein solches, das eine absolute Stimmrechtsmehrheit oder eine gesell­schaftsrechtliche Beteiligung an einem Tochterunternehmen besitzt oder das die Mög­lich­­keit eines beherrschenden Einflusses, der beständig und umfassend sein muss, hat. Für den umgekehrten Fall, dass Organmitglieder eines Tochterunternehmens Ge­schäfte in der Muttergesellschaft tätigen, tritt die Mitteilungspflicht nicht in Kraft.[42]

Es gibt eine Reihe von Personengruppen, die nicht mitteilungspflichtig sind, obwohl auch diese Gruppen Insiderwissen haben können. So wer­den leitende Angestellte von der Melde- und Veröffentlichungspflicht ausge­nom­men.[43] Auch Großaktionäre sind im Rahmen des §15a WpHG nicht meldepflichtig.[44] Zum Personenkreis der Nicht­meldepflichtigen gehören außerdem die Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats, d.h. die Per­sonen, die bei Wegfall eines Aufsichtsratsmitglieds nach­rücken.

Ein Organmitglied ist nur solange meldepflichtig, bis es seine organische Stel­lung ver­liert. Ab diesem Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass es seinen Wissens­vorsprung nicht mehr hat und damit weder eine Indikatorwirkung entfaltet noch den Verdacht des illegalen Insi­der­handels rechtfertigt.

Neben der Meldepflicht von Primärinsidern regelt das Gesetz auch die Meldepflicht von Familienangehörigen als sogenannte Sekundärinsider. Betroffen sind hiervon Personen mit einem bestimmten Nähever­hältnis zum Organmitglied. So verpflichtet §15a I 2 WpHG auch die Ehepartner, eingetragenen Lebenspartner und die Verwandten ersten Grades der Organmitglieder des Emittenten oder des Mutterunternehmens, ihre Ge­schäfte mit Wertpapieren des Unternehmens anzugeben. Diese Ausweitung des mit­teilungs­­pflichtigen Personenkreises soll eine Verschleierung meldepflichtiger Ge­schäfte verhin­dern. Die Meldepflicht bezieht sich dabei auf den Sekundärinsider selbst und nicht auf das Organ­mitglied.[45]

Für die Meldepflicht des Ehepartners spielt es keine Rolle, ob beide Ehepartner zusammen oder getrennt leben. Andernfalls könnte durch ein Getrenntleben ein Streit vor­getäuscht und auf dieser Basis eine meldepflichtige Transaktion des Ehepart­ners abgewickelt werden.

Für den eingetragenen Lebenspartner, bei dem es sich um einen gleich­geschlechtlichen Lebenspartner handelt, gelten die gleichen Ausführungen wie für den Ehepartner. Bei der nichtehelichen Lebens­gemeinschaft als bloßem Zusammen­leben zweier Personen besteht keine Meldepflicht.

Neben den Eltern und dem leiblichen Kind des Organmitglieds zählt auch ein adop­tiertes Kind zur Verwandt­schaft ersten Grades und ist damit meldepflichtig, wenn es vom Organ­mitglied selbst adoptiert wurde.[46] Stiefkinder eines Organ­mitglieds sind von der Melde­pflicht nicht betroffen, denn sie gehören nicht zu dessen Verwandtschaft ersten Grades. Insgesamt zeigt sich, dass die Beschränkung der Meldepflicht auf die Verwandt­schaft ersten Grades zu eng gefasst ist, weil auch Ge­schwister oder verschwä­ger­te Personen ein gleiches Näheverhältnis zum Organmitglied aufweisen können wie die vom Gesetz erfassten Personen.

2.3.3 Meldepflichtige Geschäfte

Meldepflichtig sind nur Geschäfte mit Wertpapieren, die an einer inländischen Börse notiert sind. Einge­schlossen sind aber nur der Amtliche und Geregelte Markt und nicht der Freiverkehr. Diese Abgrenzung ist kritisch zu sehen, denn die Absicht des Gesetzes ist die Vermeidung von Insiderhandel, der auch im Frei­verkehr verboten ist. Andererseits wird befürchtet, dass sich viele Unter­nehmen aus dem Frei­verkehr zurück­ziehen, wenn man die Vorschriften des §15a WpHG auch auf dieses Segment ausweiten würde.[47] Mitteilungspflichtig sind die Geschäfte unabhängig davon, ob sie im In- oder Ausland, an einer Börse oder außerbörslich abgeschlossen werden.[48]

Die Meldepflicht wird ausgelöst, wenn ein zielgerichteter Erwerb bzw. eine ziel­gerichtete Veräußerung vorliegt, d.h. dass die Übertra­gung der Wertpapiere nicht nur vorübergehend erfolgt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Meldepflicht ist bereits die Vornahme des schuldrechtlichen Geschäfts und nicht erst der dingliche Übergang der Wertpapiere, was dem Ziel der Verhinderung von Insider­geschäften näher kommt und EU-Richtlinienkonformität darstellt.[49] Zudem wird durch das schuldrechtliche Geschäft die eigentliche Indikatorwirkung entfaltet. Es be­steht keine Verpflichtung zur Doppelmitteilung, d.h. das dingliche Geschäft muss nicht gemeldet werden. Für den Fall der Rückabwicklung einer Transaktion gilt die Melde­pflicht nur dann, wenn die Leistungsstörung vorsätzlich herbeigeführt worden ist.

§15a I 1 WpHG beschränkt die meldepflichtigen Wertpapiere auf Aktien und aktien­bezogene Wertpapiere des Emittenten, denn nur sie stellen in Verbindung mit einer Trans­­aktion des Insiders einen aussagekräftigen Indikator für die Einschätzung der Gesell­schaft durch das Management dar. Als wichtiges Kriterium für die Meldepflicht gilt die unmittelbare Abhängigkeit des Wertpapiers vom Börsenpreis der Aktien des Emittenten. Hierzu zählen der Kauf bzw. Verkauf der Aktien des Emittenten, aktien­vertretende Zertifikate, aktienähnliche Genussscheine und -rechte sowie Wandel­an­leihen und Wandel­genuss­rechte.[50] Die beiden letztgenannten Instrumente gewähren dem Besitzer ein Umtausch­recht auf Aktien des Emittenten und müssen gemeldet werden, unabhängig davon, ob sie vom Emittenten oder von Dritten ausgegeben werden.[51] Auch Pensionsgeschäfte und Wertpapierleihen sind meldepflichtig, da die Überlassung der Wertpapiere nicht nur vorübergehend ist. Im Gegensatz dazu werden Verpfändungen von der Meldepflicht ausgenommen, da hier eine vorübergehende Über­lassung unterstellt wird, die keine Gewinnerzielung beabsichtigt und nicht als Indikator­wirkung dient. Die Befriedigung des Pfandgläubigers durch Pfandverkauf löst eine Melde­pflicht des Verpfänders aus, da der Erwerber durch die rechtmäßige Veräußerung des Pfandes die gleichen Rechte erlangt, als ob er die Wertpapiere von dem Meldepflichtigen erworben hätte.[52]

Sonstige Rechte zum Erwerb oder zur Veräußerung von Aktien des Emittenten wie Options­anleihen, Optionsscheine sowie Call- und Put-Optionen sind melde­pflich­tig. Rechte, die nicht unter §15 I 1 Nr. 1 WpHG fallen, werden ebenfalls vom Ge­setz er­fasst. Betroffen sind hiervon u.a. Optionen, die auf Barausgleich gerichtet sind und Aktien­anleihen.

Wertpapiere, die das Kriterium der direkten Abhängigkeit vom Preis der Aktien nicht erfüllen, sind Investmentanteile, Indexprodukte, Optionen auf Baskets[53], reine Schuld­­verschreibungen und obligationsähnliche Genussrechte. Hier ist keine Meldung er­for­derlich, da der Aktienkurs nur ein mittelbarer Faktor für den Kurs des Wertpapiers ist.

Schenkungen unterfallen der Mitteilungsvorschrift. Auch wenn von Schenkungen allein keine Indikatorwirkung ausgeht, macht die Erfassung unter dem Aspekt der Vorbeuge­funktion gegen Insiderhandel Sinn, da Umgehungen der Meldepflicht dadurch er­schwert werden.[54]

2.3.4 Ausnahmen von den Meldepflichten

Nicht alle Transaktionen von Organmitgliedern oder Angehörigen begründen eine Mit­tei­lungs­pflicht. Der Hauptgrund für diese Ausnahmen ist in der fehlenden Indikator­wir­kung und der geringen Gefahr des Ausnutzens von Insiderwissen zu sehen.[55]

Eine Meldepflicht besteht z.B. dann nicht, wenn der Erwerb auf arbeitsrechtlicher Grund­lage oder als Vergütungsbestandteil erfolgt. Während die Einräumung von Aktien­­­­optionen von der Meldepflicht ausgenommen ist, besteht allerdings für die spä­tere Ausübung der Umtauschrechte und den Verkauf der Aktien eine Mit­tei­lungspflicht.[56] Fraglich ist jedoch, ob die Melde­­pflicht bei der Ausübung einer Option Sinn macht, denn von ihr geht keine bedeutende Indikatorwirkung für den Markt aus. Die klassische Aktienoption als Vergütungsbestandteil von Führungskräften gibt meist ein begrenztes Zeitfenster für die Ausübung vor, so dass das Organ­mitglied wenig Spiel­raum bei der Ausübung hat und die Gefahr des Ausnutzens von Insiderwissen gering ist. Außerdem ist die Ausübung direkt vor bewertungsrelevanten Ereignissen, wie z.B. Hauptversammlungen, untersagt. Nur bei freier Entscheidung des Organ­mitglieds bzgl. der Ausübung wäre die Mitteilungspflicht gerechtfertigt. Die Melde­pflicht des späteren Aktien­­verkaufs ist aber angebracht, da der Zeitpunkt i.d.R. frei ge­wählt werden kann.

Anstelle von Aktienoptionsprogrammen werden den Vorständen auch „phantom stock plans“ und „stock appreciation rights“ eingeräumt, welche schuld­rechtliche Optionen auf Wertpapiere des Emittenten bzw. Optionen auf Geldzahlungen begründen.[57] Auch hier gilt wie bei Aktienoptionen, dass der Erwerb dieser virtuellen Optionen oder virtuellen Aktien von der Meldepflicht ausgenommen ist, jedoch die Ausübung und ein späterer Verkauf mitteilungspflichtig sind. Der Erwerb von Beleg­schafts­­aktien ist nicht mitteilungspflichtig, da er nicht mit dem Ausnutzen von Insider­wissen assoziiert wird.

Nach §15a I 4 WpHG entfällt die Mitteilungspflicht, wenn der Wert aller Geschäfte eines Meldepflichtigen innerhalb von 30 Kalendertagen 25.000 Euro nicht übersteigt. Die Ausnahme dieser Meldepflicht wird damit begründet, dass die Veröffentlichung jeder Kleinstorder keinen Aussagewert für die Marktteilnehmer hat.[58] Die Frist von 30 Kalen­dertagen beginnt mit jeder Transaktion von neuem.

Der Betrag von 25.000 Euro bein­haltet keine Gebühren, Steuern und Courtagen, sondern nur den jeweils erzielten oder bezahlten Kurs. Käufe und Verkäufe dürfen nicht saldiert werden und bei Über­steigen der Mindestgrenze sind alle Geschäfte im betref­fenden Zeitraum nachzu­melden.[59] Der Kritikpunkt der Bagatellegrenze ist die separate Betrachtung jedes einzelnen Meldepflichtigen. Da eine Zusam­menfassung der Ge­schäfte von Organmitgliedern und Angehörigen nicht vorge­schrieben ist, kann die Mit­tei­lungspflicht durch eine Verteilung der Aktiengeschäfte auf mehrere Angehörige um­gangen werden.

[...]


[1] Vgl. DER SPIEGEL (2001), S. 92.

[2] EM.TV hatte eine Wertentwicklung von etwa 30.000% seit der Börseneinführung 1997 vorzuweisen.

[3] Während der DAX mehr als 50% seines Wertes verlor, brach der Neue Markt um 90% ein.

[4] Vgl. von Rosen (2002), S. 9.

[5] Vgl. BaFin (2002a) zu den Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten.

[6] Vgl. Leemakdej (1988), S. 5.

[7] Vgl. Stotz (2003), S. 2.

[8] Vgl. Seeger (1998), S. 8.

[9] Vgl. Siebold (1994), S.125 f.

[10] Vgl. §13 I WpHG.

[11] Vgl. Gabisch (1999), S. 23.

[12] Vgl. Behr (2000), S. 25.

[13] Vgl. Gabisch (1999), S. 29.

[14] Vgl. Gabisch (1999), S. 13.

[15] Vgl. Schweizer (1996), S. 38 f.

[16] Vgl. Manne (1966), S.131 ff.

[17] Vgl. Jacob (1992), S. 47 f.

[18] Vgl. Behr (2000), S. 14 f. und Jacob (1992), S. 47 ff. bzgl. einer kritischen Beurteilung dieser Theorie.

[19] Vgl. Weber (1994), S. 9.

[20] Vgl. Seeger (1998), S. 13.

[21] Vgl. Gabisch (1999), S. 19.

[22] Vgl. Seeger (1998), S. 15.

[23] Vgl. Behr (2000), S. 17.

[24] Vgl. Assmann/Schneider (2003), S. 212.

[25] Vgl. Siebold (1994), S. 46 f.

[26] Vgl. Siebold (1994), S. 47 f.

[27] Vgl. Nöth (1998), S. 161.

[28] Begründete Vermutungen über Insidergeschäfte gab es bei der Fusion Rheinstahl AG mit der August- Thyssen-Hütte AG. Vgl. Dingeldey (1983), S. 35.

[29] Vgl. Dingeldey (1983), S. 35.

[30] Vgl. Dickersbach (1995), S. 57.

[31] Vgl. Dingeldey (1983), S. 35.

[32] Vgl. Siebold (1994), S. 48 f.

[33] Vgl. Dickersbach (1995), S. 69 ff. zum Inhalt der Richtlinie.

[34] Aus der BaWe ging im Jahr 2002 die BaFin hervor.

[35] Vgl. Assmann/Schneider (2003), S. 217.

[36] Vgl. Assmann/Schneider (2003), S. 501 ff.

[37] Vgl. Franz (2003), S. 4.

[38] Vgl. Bundestag-Drucksache 14/8601 (2002c), S.1.

[39] Vgl. von Rosen (2002), S. 9.

[40] Vgl. von Rosen (2002), S. 16 f.

[41] Vgl. Assmann/Schneider (2003), S. 505 f. zu einer Diskussion bzgl. der Vorbeugefunktion.

[42] Vgl. BaFin (2002b) zu den mitteilungspflichtigen Personen.

[43] Vgl. von Rosen (2002), S. 20.

[44] Dagegen müssen in den USA Aktionäre mit einem Stimmrechtsanteil von 10% ihre Geschäfte melden.

[45] Vgl. von Rosen (2002), S. 24.

[46] Vgl. Assmann/Schneider (2003), S. 522 zu Einzelheiten bzgl. der Meldepflicht von adoptierten Kin­d­ern.

[47] Vgl. Assmann/Schneider (2003), S. 513 f. zu einer Stellungsnahme bzgl. der Nichtmeldepflicht im Frei­verkehr.

[48] Vgl. BaFin (2002b) zu den mitteilungspflichtigen Geschäften.

[49] Vgl. Assmann/Schneider (2003), S. 524 f. zu einer Diskussion bzgl. des maßgeblichen Zeitpunktes.

[50] Vgl. BaFin (2002b) zu den mitteilungspflichtigen Geschäften.

[51] Vgl. von Rosen (2003), S. 27.

[52] Vgl. von Rosen (2003), S. 30 f.

[53] Fixe Zusammenstellung von z.B. Aktien einer Branche. Häufig weniger Werte als in einem Fonds.

[54] Vgl. Assmann/Schneider (2003), S.526 f. zur Begründung der Meldepflicht von Schenkungen.

[55] Vgl. Bundestag-Drucksache 14/8601 (2002c), S. 19.

[56] Vgl. BaFin (2002b) zu den Ausnahmen von der Meldepflicht.

[57] Vgl. Hise (2000), S. 2 f. zur Definition und Erklärung beider Instrumente.

[58] Vgl. von Rosen (2003), S. 49.

[59] Vgl. BaFin (2002b) zu den Ausnahmen von der Meldepflicht.

Fin de l'extrait de 82 pages

Résumé des informations

Titre
Corporate Governance und Signaling: Meldepflichtige Geschäfte nach §15a WpHG
Université
University of Mannheim
Note
1,7
Auteur
Année
2004
Pages
82
N° de catalogue
V30354
ISBN (ebook)
9783638316309
ISBN (Livre)
9783656661757
Taille d'un fichier
818 KB
Langue
allemand
Mots clés
Corporate, Governance, Signaling, Meldepflichtige, Geschäfte, WpHG
Citation du texte
Timo Defren (Auteur), 2004, Corporate Governance und Signaling: Meldepflichtige Geschäfte nach §15a WpHG, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30354

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