Fußballvereine agieren mehr und mehr als professionelle Wirtschaftsunternehmen. Dies zeigt sich auch durch die Implementierung des dualen Organisationssystems (bestehend aus Aufsichtsrat und Vorstand), das mittlerweile auf Grundlage der Ausgliederung der Profifußballabteilung in mehreren Bundesligavereinen umgesetzt ist, obwohl dazu keine Pflicht besteht.
In vielen Wirtschaftsunternehmen sind die Grundsätze des DiM sowie der DCGK bereits seit mehreren Jahren als Führungsleitbilder fest verankert und positiv konnotiert .
Vor allem DiM bzw. Vielfaltsmanagement ist bereits Teil des Personalwesens und wird meist im Sinne von soziale Vielfalt konstruktiv nutzen verwendet. DiM hebt die individuelle Verschiedenheit der Belegschaft hervor, versucht diese positiv wertzuschätzen und für den Unternehmenserfolg nutzbar zu machen.
DiM will eine produktive Gesamtatmosphäre im Unternehmen, soziale Diskriminierungen von Minderheiten vermeiden und die Chancengleichheit verbessern. Dabei steht die Gesamtheit der Mitarbeiter in ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten im Fokus (Aretz & Hansen, 2002).
In dieser Arbeit soll daher zunächst festgestellt werden, wie Aufsichtsrat und Vorstand im professionellen Fußball strukturiert sind. Beginnend gilt es die Hypothese zu prüfen, ob diese eher homogen und nicht im Sinne des Vielfaltsmanagement (bezogen auf bspw. Ethnie, Geschlecht, Alter, Behinderung, sexuelle Orientierung, Religion, Lebensstil) und den Vorgaben aus dem Kodex zusammengesetzt sind. Dies geschieht über die quantitative Auswertung der Gremienzusammensetzung. Daraus ergeben sich dementsprechend leitende Fragen, die über die qualitative Einzelfallanalyse in Form von Experteninterviews erschlossen und beantwortet werden sollen und anhand eines Modells veranschaulicht werden:
- Bedarf es Veränderungen bezgl. der Zusammensetzung der Gremien?
- Welche konkreten Maßnahmen könnten dabei getroffen werden?
- Welche Besonderheiten gibt es im professionellen deutschen Fußball, die die aktuelle Zusammensetzung der Gremien begründen könnten?
- Welche Gründe gibt es, die gegebenenfalls dafür/dagegen sprechen, dass keine Frauen, jungen Menschen, andere Nationalitäten als Deutsch, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle in Aufsichtsrat und Vorstand vertreten sind?
Dazu werden vier Experteninterviews mit Vorstands-/Aufsichtsratsmitgliedern der Bundesligavereine geführt. Das verwendete Analyseinstrument stellt die qualitative Forschung mit der Grounded Theory .
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Vorwort und Dank
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
1.2 Problemstellung
2 Theoretische Aufarbeitung des Problemfeldes
2.1 Managing Diversity – soziale und kulturelle Vielfalt in Organisationen
2.1.1 Begriffsbestimmung
2.1.2 Die drei Diversity Paradigmen
2.1.3 Transkulturelle Kompetenz als Schablone für Diversity Management
2.1.4 Diversity Management in Organisationen
2.1.5 Diversity Management im Sport
2.2 Corporate Governance in der Sportorganisation
2.2.1 Deutscher Corporate Governance Kodex
2.3 Zusammenfassung
3 Professioneller Deutscher Fußball
3.1 Organisation des professionellen Fußballs in Deutschland
3.2 Organisationsstruktur vor dem Hintergrund des deutschen Corporate Governance Kodex
4 Der Vorstand und Aufsichtsrat – quantitative Voruntersuchung
4.1 Untersuchungsmethodik
4.2 Zusammensetzung der Vorstands- und Aufsichtsratsgremien der 1. und 2. Fußball-Bundesliga in der Saison 2013/2014
4.2.1 Alter/Geburtsjahr
4.2.2 Geschlecht
4.2.3 Nationalität
4.3 Zusammenfassung
5 Untersuchungsmethodik – qualitative Leitfadeninterviews
5.1 Qualitative Sozialforschung
5.2 Stichprobe und Auswahl der Daten
5.3 Experteninterviews führen
5.4 Analyse der Interviews – Grounded Theory (GT)
5.4.1 Der Kodierungsprozess
5.5 Methodenkritik
6 Untersuchungsergebnisse
6.1 Rahmenvariable 1: Aufgabe und Position von Vorstand und Aufsichtsrat im professionellen Fußball
6.1.1 Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat
6.1.2 Zusammenspiel der beiden Gremien
6.1.3 Position der Interviewpartner
6.1.4 Begriffsverständnis Diversität
6.2 Rahmenvariable 2: Die Homogenität in der Zusammensetzung der Führungsgremien im professionellen Fußball
6.2.1 Geschlecht
6.2.2 Alter
6.2.3 Nationalität
6.2.4 Religion
6.2.5 Sexuelle Orientierung
6.2.6 Menschen mit Behinderung
6.2.7 Persönliche und fachliche Kompetenzen
6.2.8 Zusammenfassung - Homogene Führungsgremien im Fußball
6.3 Inputvariablen: Besonderheiten des Diversity Managements im professionellen Fußball
6.3.1 Umsetzbarkeit von Diversity Management
6.3.2 Fußballvereine im Wandel – von historischer Tradition zum DiM
6.3.3 Die Bedeutung der Qualifikation
6.3.4 Männernetzwerke im Fußball
6.4 Prozessvariablen: Nötige Veränderungen und mögliche Chancen in der Gremienzusammensetzung
6.4.1 Notwendigkeit von Veränderungen
6.4.2 Integration im Fußballverein
6.4.3 Der Fußballverein als Spiegel Gesellschaft
6.4.4 Der Fußballverein als Familie
6.5 Outputvariable: Effekte und Maßnahmen der Diversitätsförderung
6.6 Modell zur Veränderung der Zusammensetzung der Führungsgremien im professionellen Fußball hinsichtlich der Diversität
7 Diskussion
8 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Integration von kultureller Vielfalt in Organisationen (aus Fick, 2011, S. 12)
Abb. 2: Dimensionen sozialkultureller Integration in Organisationen (aus Fick, 2011, S. 19).
Abb. 3: Anzahl und Zeitpunkt der veröffentlichten Artikel mit dem Schwerpunkt Internationalität des Top-Management (aus, Schmid & Dauth, 2012, S. 772).
Abb. 4: Forschungsprozess für folgende Ausarbeitung (eigene Abbildung, 2014; nach Schirmer, 2009, S.16).
Abb. 5: Kodierparadigma für sozialwissenschaftliche Fragestellungen (Böhm, 1994, S. 132).
Abb. 6: Snapshot Kodierungsprozess MAXQDA (eigene Abbildung, 2015).
Abb. 7: Modell zur Veränderung der Zusammensetzung der Führungsgremien im professionellen Fußball hinsichtlich der Diversität (eigene Abbildung, 2015).
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Rechtsformen 1. Fußball-Bundesliga, Saison 2013/
(eigene Darstellung, 2014)
Tab. 2: Deskriptive Übersicht der Vereine, die als Datengrundlage dienen, sowie die Verteilung der einzelnen Führungsmitglieder in fünf mögliche Positionen, Saison 2013/2014 (eigene Darstellung, 2014).
Tab. 3: Zusammensetzung Vorstand und Aufsichtsrat professioneller Fußball nach Kriterien Alter, Geschlecht, Nationalität – Gesamtübersicht (eigene Darstellung, 2014).
Tab. 4: Qui-Quadrat Test für den Zusammenhang zwischen Position und Alter (eigene Darstellung, 2014).
Tab. 5: Qui-Quadrat Test für den Zusammenhang zwischen Position und Geschlecht (eigene Darstellung, 2014).
Tab. 6: Qui-Quadrat Test für den Zusammenhang zwischen Position und Nationalität (eigene Darstellung, 2014).
Tab. 7: Zwei t-Tests zur Überprüfung ob signifikante Abweichung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand oder Kapitalgesellschaft und Verein vorherrscht (eigene Darstellung, 2014).
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vorwort und Dank
Diese Abschlussarbeit ist für mich eine ganz Besondere. Ich schließe hiermit nicht nur mein Studium sondern auch ein Kapitel meines Lebens ab. Geprägt von Verletzungen und Leid, aber dafür auch umso mehr Freude und einem sonnigen und für mich persönlich richtigen Weg, der vor mir liegt.
Es geht um Diversität, die Vielfalt und das Bunte, womit ich mich als Person gerne identifizieren möchte, deshalb wurde das Thema auch mit Bedacht gewählt, dem ein großes Interesse zugrunde liegt. Diversity steht dafür, die Verschiedenheit, Ungleichheit, Andersartigkeit und Individualität, die durch zahlreiche Unterschiede zwischen Menschen entsteht, zu akzeptieren, wertzuschätzen und zu fördern. Alleine deshalb müssen Deckblatt und Vorwort schon etwas andersartig und bunt gestaltet sein. Eine Masterarbeit fordert das Einhalten gewisser Regeln, hier beispielsweise orientiert an den Vorgaben der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaften. Nichtsdestotrotz habe ich versucht, eine persönliche und vor allem reflektierte, eigene Meinung mit einzubringen. Nicht anders zu sein und eine Arbeit wie jeder andere Sportmanagementstudent abzugeben, würde eben dem Kerngedanken meiner Abschlussarbeit entgegensprechen, deswegen wurde auch versucht das Gender-Gap möglichst entsprechend anzuwenden. Andersartigkeit ist gut, ermöglicht neue Sichtweisen und kann zu positiven Veränderungen führen. Mir fällt es schwer zu glauben und zu akzeptieren in einem Land geboren und aufgewachsen zu sein, in dem Homosexualität bis vor elf Jahren noch gesetzlich verboten war, doch das ist die Realität. Würden Menschen nicht die Andersartigkeit und Individualität leben, so wäre alles grau und tot.
Höchste Zeit symbolisch Danke zu sagen:
Bird – für einfach Alles und die vielen Wegweiser
Maknete – beste Physiotherapeutin der Welt
Moni & Yoda – beste Psychotherapeutin & Hund der Welt
Mama – für Unterstützung und Akzeptanz
Papa – für Unterstützung und Hilfe
Piratenfre - für Druck und Piratenfre sein
Leipziger Halils & Halilas – für die schöne Zeit
Bamberger Halils & Halilas – für Alles
Juli & Nikki – besten Brüder der Welt
Duplo – besten Bruder der Welt
Malita – für die Sonne und das Licht meines Lebens
1 Einleitung
Vor knapp vier Jahren, am 13.07.2011, registrierte die Charta der Vielfalt[1] mit der eintausendsten Unterzeichnung einen sehr prominenten Partner, den Deutschen-Fußball-Bund (DFB). Der Charta der Vielfalt e.V., gegründet im September 2010, befasst sich intensiv mit der Etablierung des Diversitätsgedankens in der deutschen Gesellschaft und Wirtschaft. Mitglieder der Initiative sind vor allem namhafte deutsche Großunternehmen wie Adidas, BASF, Bayer, BMW, die Deutsche Bahn, die Deutsche Bank, Telekom, SAP und viele mehr. Unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel wird den vorgegebenen Werten, Normen und Zielen der Charta beigepflichtet. Das Bestreben nach Vielfalt spielt gerade in der Wirtschaft schon länger eine tragende Bedeutung. Dabei wird versucht die Diversität in der Belegschaft konstruktiv und positiv zu nutzen. Für folgende Ausarbeitung soll dies auch auf den Sport übertragen werden. Wenn die im deutschen Fußball stützende Institution mit der Unterschrift der Grundsätze der Charta ein Zeichen setzt, so hat das einen hohen Stellenwert für die im Verband organisierten Vereine, die sich in ihren Vereinssatzungen den Vorgaben des DFB unterwerfen.
Das vieldiskutierte und in der Geschichte des deutschen Profifußballs einmalige Coming-Out des ehemaligen Bundesligaprofis Thomas Hitzelsberger zeigt ebenfalls, dass sich der Fußball öffnen muss und sich mit einer vielfältigeren und offenen Gesellschaft konfrontiert sieht. Vor allem ein ehrlicher und vorurteilsfreier Umgang mit einer diversen und heterogenen Belegschaft, im Sinne von aktiven sowie passiven Akteur_innen, die in einem Fußballverein angestellt sind, wäre wünschenswert.
Dahingehend versucht die Charta der Vielfalt für ihre Unternehmen ein Arbeitsumfeld und Leitbild zu etablieren, „das frei von Vorurteilen ist. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen Wertschätzung erfahren – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität“ (Charta der Vielfalt e.V., 2014, S. 3).
Akzeptanz und Vertrauen sind grundlegende Werte, die einen verantwortungsbewussten Umgang mit Menschen schaffen, was für alle Gesellschaftsbereiche gelten sollte. Anfang 2015 hat sich mit Thomas Sattelberger ein erster Top-Manager der deutschen Wirtschaft als homosexuell geoutet, nach seiner Karriere im Konzern versteht sich. Obwohl sich gerade Wirtschaftsunternehmen Themen wie Vielfalt, Gleichberechtigung oder Diversität gerne auf die Stirn schreiben, scheint dies in den Führungsetagen noch nicht angekommen. Kein Wunder, als Sattelberger 1975 seine erste Führungsposition bei Daimler antrat, stand seine sexuelle Orientierung mit dem „ Schwulen“-Paragraphen (§ 175) noch unter offizieller Strafe. Erst vor elf Jahren wurde dieser aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. So mag es nicht verwundern, dass in den Köpfen vieler Menschen immer noch Barrieren und Vorurteile das Denken beeinflussen oder teilweise bestimmen.
Im Folgenden soll zunächst eine im Rahmen einer Masterarbeit bearbeitbare Ausgangslage sowie Problemstellung definiert werden, die eine Eingrenzung des Themenfelds ermöglicht und die das Grundgerüst für die anschließende wissenschaftliche Aufarbeitung des Problemfeldes schafft.
1.1 Ausgangslage
Gezielt sollen die Vorstands- und Aufsichtsratsgremien der deutschen Fußball-Bundesliga Vereine hinsichtlich der Vielfalt in ihrer Zusammensetzung analysiert werden. Dazu werden zunächst das Diversity Management (DiM) (vgl. Gliederungspunkt 2.1) sowie der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) (vgl. Gliederungspunkt 2.2) als Leitbilder vorgestellt, die den theoretischen Rahmen für die darauffolgende quantitative und qualitative Auswertung liefern. Weiterhin wird in der theoretischen Aufbereitung des Problemfeldes der aktuelle Forschungsstand berücksichtigt.
Die Arbeit soll zeigen, wie Vorstand und Aufsichtsrat in der aktuellen Saison zusammengesetzt sind. Zunächst geschieht dies über eine quantitative Auswertung des Ist-Zustandes der Saison 2013/2014 (vgl. Gliederungspunkt 3.2). Die Informationen hierzu sind zum Großteil bereits über die Homepages der Fußballvereine zugänglich. Der zweite Schritt, dem die Beschreibung der Untersuchungsmethodik (vgl. Gliederungspunkt 5) voransteht, besteht in der Durchführung von qualitativen Interviews, welche wiederum Aufschluss über die Gründe der aktuellen Zusammensetzung liefern sollen sowie einen Ausblick über mögliche bzw. nötige Veränderungen in der Zusammensetzung der Gremien aufzeigen können. Weiterhin werden die empirischen Untersuchungsergebnisse dargestellt, analysiert und verglichen (vgl. Gliederungspunkt 6). Der explorative Charakter des Forschungsfeldes begründet die Wahl der qualitativen Methode als primäres und grundlegendes Analyseinstrument.
Die theoretische Bearbeitung, in Kombination mit der statistischen Darstellung des quantitativen Ist-Zustandes und der entdeckenden qualitativen Interviewauswertung, soll die Ableitung eventueller Handlungsalternativen ermöglichen. Diese werden zusammen mit dem Untersuchungsdesign in der abschließenden Diskussion (vgl. Gliederungspunkt 7) einer kritischen Würdigung unterzogen. Es folgt eine Definition der eigentlichen Problemstellung.
1.2 Problemstellung
Fußballvereine agieren mehr und mehr als professionelle Wirtschaftsunternehmen. Dies zeigt sich auch durch die Implementierung des dualen Organisationssystems (bestehend aus Aufsichtsrat und Vorstand), das mittlerweile auf Grundlage der Ausgliederung der Profifußballabteilung in mehreren Bundeligavereinen umgesetzt ist, obwohl dazu keine Pflicht besteht (vgl. Tab. 1). In vielen Wirtschaftsunternehmen sind die Grundsätze des DiM sowie der DCGK bereits seit mehreren Jahren als Führungsleitbilder fest verankert und positiv konnotiert[2]. Dies begründet die sportökonomische Relevanz des Themas.
Vor allem DiM bzw. Vielfaltsmanagement ist bereits Teil des Personalwesens und wird meist im Sinne von soziale Vielfalt konstruktiv nutzen verwendet. DiM hebt die individuelle Verschiedenheit der Belegschaft hervor, versucht diese positiv wertzuschätzen und für den Unternehmenserfolg nutzbar zu machen. DiM will eine produktive Gesamtatmosphäre im Unternehmen, soziale Diskriminierungen von Minderheiten vermeiden und die Chancengleichheit verbessern. Dabei steht die Gesamtheit der Mitarbeiter in ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten im Fokus (Aretz & Hansen, 2002).
Tab. 1. Rechtsformen in der 1. Fußball-Bundesliga, Saison 2013/2014 (eigene Tabelle, 2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In dieser Arbeit soll daher zunächst festgestellt werden, wie Aufsichtsrat und Vorstand im professionellen Fußball strukturiert sind. Beginnend gilt es die Hypothese zu prüfen, ob diese eher homogen und nicht im Sinne des Vielfaltsmanagement (bezogen auf bspw. Ethnie, Geschlecht, Alter, Behinderung, sexuelle Orientierung, Religion, Lebensstil) und den Vorgaben aus dem Kodex zusammengesetzt sind. Dies geschieht über die quantitative Auswertung der Gremienzusammensetzung. Daraufhin soll geprüft werden, ob es einen Unterschied zwischen Aufsichtsrat und Vorstand in der Beschaffenheit gibt. Dahingehend werden folgende Nullhypothesen geprüft:
- H01: kein Zusammenhang zwischen Position (Aufsichtsrat oder Vorstand) und Alter der Gremienmitglieder
- H02: kein Zusammenhang zwischen Position (Aufsichtsrat oder Vorstand) und Geschlecht der Gremienmitglieder
- H03: kein Zusammenhang zwischen Position (Aufsichtsrat oder Vorstand) und Nationalität der Gremienmitglieder
Sollten sich in der Struktur keine signifikanten Unterschiede zeigen, könnte man davon ausgehen, dass Ergebnisse, bezogen auf den Vorstand, auch auf den Aufsichtsrat übertragen werden können und man eine Grundgesamtheit bilden könnte. Daraus ergeben sich dementsprechend leitende Fragen, die über die qualitative Einzelfallanalyse in Form von Experteninterviews erschlossen und beantwortet werden sollen und anhand eines Modells veranschaulicht werden:
Fragestellungen/Forschungsinteresse
- Ist DiM in den Entscheidungsgremien im Fußball umsetzbar/sinnvoll?
- Bedarf es Veränderungen bezgl. der Zusammensetzung der Gremien?
- Welche konkreten Maßnahmen könnten dabei getroffen werden?
- Welche Besonderheiten gibt es im professionellen deutschen Fußball, die die aktuelle Zusammensetzung der Gremien begründen könnten?
- Welche Gründe gibt es, die gegebenenfalls dafür/dagegen sprechen, dass keine Frauen, jungen Menschen, andere Nationalitäten als Deutsch, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle in Aufsichtsrat und Vorstand vertreten sind?
Dazu werden vier Experteninterviews mit Vorstands-/Aufsichtsratsmitgliedern der Bundesligavereine geführt. Die Daten (Interviews) werden anschließend transkribiert und sollen aus einer heuristischen Perspektive analysiert werden. Das verwendete Analyseinstrument stellt die qualitative Forschung mit der Grounded Theory[3]. Die Interviews werden entsprechend anonymisiert, codiert und anschließend ausgewertet. Aufbauend auf der positiv bewerteten Grundidee des DiM folgt die kurze theoretische Aufbereitung des Problemfeldes, welche den strukturellen Rahmen dieser Forschungsarbeit liefert.
2 Theoretische Aufarbeitung des Problemfeldes
Um das Forschungsinteresse begründen zu können und der Arbeit einen strukturellen Rahmen zu geben, bedarf es zunächst einer Einordnung des Themas. Führt man sich die Hintergründe vor Augen, werden der Anschluss sowie die sportökonomische Bedeutung klar.
2.1 Managing Diversity – soziale und kulturelle Vielfalt in Organisationen
Vereine sind Organisationen, in denen Individuen aller Art zusammenkommen, sei es bspw. als aktiv Sporttreibende oder inaktiv Mitwirkende im Management eines Sportvereins. Daher muss sich das Sportmanagement mit der sozialen und kulturellen Vielfalt im Verein auseinandersetzen. Vorderhand sollen dazu die Begriffe Diversity und Diversity Management näher definiert werden.
2.1.1 Begriffsbestimmung
Der Begriff Diversity ist in vorliegender Ausarbeitung mit dem Terminus Vielfalt gleichzusetzen, wobei das Diversity Management gemäß Sinngehalt als soziale Vielfalt konstruktiv nutzen definiert werden kann (Krell, 2008, S. 63 ff.; Steuer, 2015, S. 3). Die Literatur zu dem Thema ist schier unendlich, weswegen weniger die Diskussion des Begriffes und dessen Ausprägungen im Vordergrund stehen. Vielmehr soll dem Leser das Verständnis des Diversity Begriffes nahe gebracht werden, welches dieser Arbeit zu Grunde liegt. Einer entsprechend kritischen, wissenschaftlichen und umfangreichen Aufarbeitung des Themas kann in dieser Form und aus vorgegebenen Kapazitätseinschränkungen einer Masterarbeit nicht entsprochen werden.
Über die Vielfalt werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Menschen beschrieben (Thomas, 1996, S. 5). Diversity steht dabei für „die Verschiedenheit, Ungleichheit, Andersartigkeit und Individualität, die durch zahlreiche Unterschiede zwischen Menschen entsteht“ (Aretz & Hansen, 2003, S. 9). Daher ist für Organisationen jeglicher Art, in denen Menschen agieren und interagieren, eine Auseinandersetzung mit dem Thema unabdingbar. Bissels, Sackmann und Bissels (2001, S. 405) gebrauchen den Begriff der kulturellen Vielfalt als Synonym:
„Mitglieder von Organisationen verfügen über ein vielfältiges Set an Identitäten, und diese Vielfalt hat Auswirkungen auf die organisationale Realität. Arbeitnehmer/-innen sind nicht nur Mitglieder einer Organisation, sondern sie sind gleichzeitig Mann oder Frau, Angehörige von Nation(en), Teil einer Berufsgruppe, und vielleicht Vorstand im Sportverein. Die gesamte Vielfalt personaler, sozialer und organisationaler Identitäten bildet den kulturellen Kontext von Organisationen.“
Fick (2008, S. 7) fügt hinzu, dass Menschen aufgrund ihrer „Sozialisation, unterschiedliches kulturelles Kapital erworben und akkumuliert [haben, und] somit zur kulturellen Vielfalt in Organisationen und damit auch Unternehmen“ beitragen.
In der amerikanischen Literatur bilden die Big 8 [4] – als die am häufigsten genutzten Kategorien der Vielfalt – mit Rasse, Geschlecht, Ethnizität/Nationalität, organisationale Rolle/Funktion, Alter, sexuelle Orientierung, mentale/physische Fähigkeiten und Religion die Kerndimensionen. In der deutschsprachigen Literatur werden diese Dimensionen weitestgehend bestätigt[5].
Diversity „steht aber nicht nur für Vielfalt, sondern auch für DiM, sowie die damit verbundene und verfolgte Philosophie oder Strategie“ (Krell, 2008, S. 66) genau diese Dimensionen als Ressourcen zu betrachten. Grundlegend und vereinfacht ist dabei zu konstatieren, dass Vielfalt genutzt werden muss bzw. genutzt werden sollte. Gemeinsamkeiten und Unterschiede[6] bedürfen der Anerkennung, des Respekts oder gar der Umsetzung als „strategische Ressource zur Lösung komplexer Probleme“ (Aretz & Hansen, 2003, S. 10), „indem potentielle Vorteile von Diversity für die Gruppen- und Organisationsleistung maximiert und die potentiellen Nachteile minimiert werden“ (Andresen & Altmann, 2006, S. 326). Organisationen können demnach ihre strategischen Ziele effektiv und effizient erreichen, wenn DiM aktiv in der Organisationskultur ein- und umgesetzt wird (Friday & Friday, 2003, S. 865). Neben den Wettbewerbsvorteilen, hat das in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung verwurzelte DiM, vor allem auch einen Ursprung in den Anti-Diskriminierungsgesetzten[7]. Grell (2008, S. 67) beschreibt die rechtliche, ökonomische und moralische Bedeutung eines entsprechenden DiM wie folgt:
„1. eine Kultur, die Vielfalt fördert und wertschätzt, 2. Pluralismus als Prozess der Akkulturation, 3. vollständige strukturelle Integration aller MitarbeiterInnen, 4. vollständige Integration aller MitarbeiterInnen in informelle Netzwerke, 5. Vorurteils- und diskriminierungsfreie(re) personalpolitische Kriterien, Verfahren und Praktiken 6. minimale Intergruppenkonflikte durch ein pro-aktives Diversity Management.“
Cox (1994, S. 229) spricht, darauf Bezug nehmend, von einer „multikulturellen Organisation“. Bevor konkreter auf den aktuellen Forschungsstand mit Studien zum Thema eingegangen wird, sollen zur Erklärung noch die drei Diversity Paradigmen sowie die transkulturelle Kompetenz vorgestellt werden.
2.1.2 Die drei Diversity Paradigmen
Becker (2006, S. 18 ff.) beschreibt drei Perspektiven für den Umgang mit kultureller Vielfalt in Organisationen. Zunächst beschreibt das Discrimination-and-Fairness-Paradigma, dass eine kulturell-divers zusammengesetzte Belegschaft die Gleichbehandlung aller Gesellschaftsteile ermöglicht und in diesem Hinblick als moralisch positiv anzusehen ist. Chancengleichheit, Antidiskriminierung, Gleichbehandlung und soziale Gerechtigkeit sind Schlagwörter, die dieser Perspektive zu Grunde liegen. Das Access-and-Legitimacy-Paradigma beschäftigt sich mit der Nützlichkeit einer vielfältigen Belegschaft, durch die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen, indem die Einzigartigkeit eines jeden Individuums für den Unternehmenserfolg nutzbar gemacht wird. Das Integration-and-Learning-Paradigma verbindet beide Erstgenannten und versucht die moralische mit der ökonomischen Perspektive zu verbinden und kulturelle Vielfalt als wertvoll anzuerkennen[8].
2.1.3 Transkulturelle Kompetenz als Schablone für Diversity Management
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Integration von kultureller Vielfalt in Organisationen (aus Fick, 2011, S. 12)
Zusammenfassend soll für folgenden Beitrag dem Begriffsverständnis des Diversity Managements von Fick (2011, S. 6 ff.) gefolgt werden. Demzufolge kann trans- bzw. interkulturelle Integration und Kompetenz als Schablone für DiM angesehen werden (vgl. Abb. 1). Kulturelle Vielfalt wird demnach in Organisationen möglichst genutzt und als positive Ressource wertgeschätzt
Dies geschieht für das Individuum sowie für die Organisation, sowohl in Einheit als auch in Verschiedenheit (vgl. Abb. 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Dimensionen sozialkultureller Integration in Organisationen (aus Fick, 2011, S. 19).
2.1.4 Diversity Management in Organisationen
Den Forschungsstand in diesem weitgefassten Feld würdig wiederzugeben, erscheint schwierig, v.a. wenn alle Dimensionen der Vielfalt betrachtet werden sollen, was alleine schon die Begrifflichkeit obsolet erscheinen lässt. Deswegen sollen hier einige relevante Studien vorgestellt werden, die für diese Masterarbeit relevant erscheinen und zum Verständnisbegriff beitragen, zunächst auf Organisationen im Allgemeinen bezogen, dann auf den Sport übertragen.
Boerner, Keding und Hüttermann (2012, S. 37 ff.) befassen sich in ihrer Metaanalyse mit dem Zusammenhang von Gender Diversity und Organisationserfolg. Ihre Ergebnisse sind nicht eindeutig, so „zeigt sich, dass die einschlägige Forschung derzeit keine Schlüsse auf eine generelle ökonomische Vorteilhaftigkeit von Gender Diversity zulässt“ (ebd., 2012, S. 37). Dennoch hat sich Diversity Management „in der Personalpolitik deutscher Unternehmen als unverzichtbares Element etabliert“ (ebd., 2012, S. 37). Gründe dafür sind die nicht bestätigten Erwartungen ökonomischer Vorteile sowie eine moralisch normative sowie politische Perspektive. Diese gilt es auch in folgender Ausarbeitung als Leitziel voranzustellen, da die ökonomische Begründung des Diversitätsgedankens, übertragen auf Vorstands- und Aufsichtsratsgremien der 1. und 2. Fußball-Bundesliga, in einer Masterarbeit dieser Form unmöglich ist. So analysiert der Bericht von Heidemann, Landherr und Müller (2013, S. 488 ff.) die Zusammensetzung der Führungspositionen – bezogen auf die Diskussion einer Frauenquote – in den DAX-30 Unternehmen. Deshalb werden grundlegende Aussagen von nahezu allen Unternehmen getroffen, „allerdings nennen für das Geschäftsjahr 2010 nach wie vor 30,00 % der Unternehmen keine angemessenen Ziele für die Beteiligung von Frauen im Aufsichtsrat [...] und entsprechen damit nicht den Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex“ (ebd., 2013, S. 488).
Laut Oehmichen, Rapp und Wolff (2010, S. 514) liegt der Anteil der Frauen im Vorstand der 100 größten deutschen Unternehmen gerade einmal bei 2,2 %. Der Aufsichtsratsanteil liegt mit 9,6 % etwas darüber, allerdings sind 75 % dieses Anteils Arbeitnehmervertreter_innen, was das Ergebnis noch einmal drastischer wirken lässt. Schmid und Dauth (2012, S. 772 ff.) bestätigen ebenfalls die Ergebnisse im Hinblick auf die Nationalitäten des Top-Managements der DAX-30 Unternehmen und sprechen hier v on einer Monokultur.
Steuer (2015, S. 62 f.) weist für die MINT-Fächer ebenfalls einen niedrigen Frauenanteil nach, fasst dafür ursächlich strukturelle Barrieren, stereotype Geschlechtersozialisation und historische Faktoren zusammen und konzipiert verschiedene Programme zur Verbesserung der Situation.[9]
2.1.5 Diversity Management im Sport
Einen interessanten und erwähnenswerten Artikel zur Bedeutung des DiM im professionellen Fußball liefern Andresen und Altmann (2006). Sie zeigen einen positiven Einfluss von Diversity sowohl auf die sportliche als auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Vereins. Dass diese Variablen sich unter Umständen bedingen, wird außer Acht gelassen, was negativ anzumerken ist. Dennoch lassen, „die fortschreitende Professionalisierung und Kommerzialisierung [...] erwarten, dass Fußballvereine die Chance [...] von Vielfalt erkennen und ein aktives und integratives Management von Diversity anstreben werden“ (ebd., 2006, S. 331).
Neubauer (2009, S. 188) belegt, dass die Geschlechterdiversität im Vorstand von professionellen Fußballvereinen einen positiven Einfluss auf den Erfolg hat. Cunningham und Sargas (2008, S. 3 ff.) beschäftigen sich ausführlich mit dem Thema Gender Diversity in Sportorganisationen. Sie beschreiben, dass gerade dort eine heterosexuelle, von Männern dominierte Belegschaft im Top-Management herrscht. Frauen sind in Führungsrollen unterrepräsentiert, werden schlechter bezahlt, verdrängt und Stereotypen werden bestätigt. Der Grund dafür sei, dass der organisierte Sport von und für heterosexuelle Männer und Jungen kreiert wurde und dahingehend von diesen weiter monopolisiert werde. Cunningham (2008, S. 136) fügt hinzu, dass politischer, funktioneller und sozialer Druck die Legitimität der Ungleichbehandlung von Mann und Frau in Sportorganisationen in Frage stellen werden, was er in einer Untersuchung bezüglich der diversitätsbezogenen Veränderungen innerhalb einer universitären Sportorganisation bestätigt (2009, S. 407).
Smith und Hattery (2011, S. 107) kritisieren, dass einerseits vielfältig zusammengesetzte Teams im Sport gang und gäbe seien, andererseits auf Ebene des Management die Internationalität vor allem in den Führungsetagen nicht vorhanden ist. Weiterhin fordern die Autoren eine Veränderung dieses Dilemmas und sprechen sich für eine „racial diversity“ (2011, S.107) im Sportmanagement aus.
Rulofs (2011, S. 83) fasst für den Sport entsprechend zusammen:
„Die Öffnung des Sports für soziale Vielfalt, d.h. auch für Minderheiten und sozial Benachteiligte, ist [...] eine notwendige Voraussetzung für die Sicherung der politischen und gesellschaftlichen Anerkennung des Sports. Die moderne Arbeits- und Organisationsforschung geht überdies davon aus, dass heterogen zusammengesetzte Organisationen leistungsfähiger und kreativer sein können als homogene, sofern die Probleme von Heterogenität [...] angemessen bearbeitet werden.“
2.2 Corporate Governance in der Sportorganisation
Bevor konkret auf die Situation im professionellen deutschen Fußball eingegangen wird, soll kurz der Begriff Corporate Governance vorgestellt werden. Fußballvereine agieren mehr und mehr als professionelle Unternehmen, was die Übertragung von bewährten Konzepten und Regulierungen aus der Wirtschaft ermöglicht. Der Corporate Governance Kodex ist ein Ordnungsrahmen und Instrument zur Führung und Kontrolle von Unternehmen. Zwei Schwachstellen führten zur Entwicklung der New Corporate Governance. „Zum einen fokussiert sich der Kodex nur auf Aktiengesellschaften. Dementsprechend haben andere Kapitalgesellschaften [...] einen beträchtlichen Freiraum in der Ausgestaltung ihres Führungssystems“ (Neubauer, 2009, S. 31). Die New Corporate Governance ist ein System mit welchem Unternehmen strategisch geführt, integrativ gemanagt und ganzheitlich kontrolliert werden. Dies geschieht in einem bestimmten unternehmerischen und ethischen Kontext (Hilb, 2011, S. 10). Der professionelle Fußball soll in dieses Konzept eingebettet werden.
2.2.1 Deutscher Corporate Governance Kodex
Im Deutschen Corporate Governance Kodex (2014, S. 6-10) lassen sich drei Stellen mit dem Begriff Diversität finden:
„Der Vorstand soll bei der Besetzung von Führungsfunktionen im Unternehmen auf Vielfalt (Diversity) achten und dabei insbesondere eine angemessene Berücksichtigung von Frauen anstreben“ (S. 6).
„Der Aufsichtsrat bestellt und entlässt die Mitglieder des Vorstands. Bei der Zusammensetzung des Vorstands soll der Aufsichtsrat auch auf Vielfalt (Diversity) achten und dabei insbesondere eine angemessene Berücksichtigung von Frauen anstreben“ (S. 9).
„Der Aufsichtsrat soll für seine Zusammensetzung konkrete Ziele benennen, die unter Beachtung der unternehmensspezifischen Situation die internationale Tätigkeit des Unternehmens, potentielle Interessenkonflikte, die Anzahl der unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder im Sinn von Nummer 5.4.2, eine festzulegende Altersgrenze für Aufsichtsratsmitglieder und Vielfalt (Diversity) berücksichtigen. Diese konkreten Ziele sollen insbesondere eine angemessene Beteiligung von Frauen vorsehen“ (S.10).
Somit trägt der DCGK maßgebliche Gedanken zum Vielfaltsmanagement. Eine gewisse, nicht näher definierte Frauenquote soll eingehalten werden, Altersgrenzen sowie die Internationalität der Unternehmen gilt es zu beachten.
Neben der Bedeutung für das DiM liefert der DCGK auch eine Basis für das duale Organisationssystem von Unternehmen, bestehend aus Vorstand und Aufsichtsrat. Der Vorstand fungiert dabei als Unternehmensleitung, der Aufsichtsrat ist das unabhängige Kontrollorgan, das den Vorstand entsprechend überwacht[10].
2.3 Zusammenfassung
Insgesamt verdeutlicht Abbildung 3 die Brisanz des Themas. Die Graphik zeigt Anzahl und Zeitpunkt der veröffentlichten Artikel mit Bezug zur Internationalität des Top-Managements deutscher Unternehmen. Deutlich ist zu erkennen, wie in den letzten 20 Jahren die Publikationen nahezu exponentiell ansteigen. Insgesamt kommt das Thema Diversity und DiM in der Wissenschaft an, was die folgende Ausarbeitung und Themenwahl rechtfertigen kann.
Summa summarum fällt auf, dass das Thema Gender Diversity, mit der Rolle der Frau in Führungspositionen, bereits große Aufmerksamkeit genießt. Weniger Literatur findet sich zur Nationalität der Führungsetagen. Themen wie Behinderung, Integration von Minderheiten, Religion oder Ethnie haben hingegen in Bezug auf die Führung von Sportunternehmen keinerlei Beachtung gefunden. Dies gilt in Teilbereichen entsprechend für die betriebswirtschaftliche Literatur.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Anzahl und Zeitpunkt der veröffentlichten Artikel mit dem Schwerpunkt Internationalität des Top-Management (aus, Schmid & Dauth, 2012, S. 772).
In dieser Arbeit soll ein differenzierteres Bild der Diversity, mit Fokus auf möglichst viele Dimensionen, gezeichnet werden. Auch deswegen stellt die qualitative Analysemethode das primäre Instrument der Ergebnisgewinnung dar. Zunächst gilt es nun den professionellen Fußball zu definieren und den quantitativen Ist-Zustand festzustellen. In der späteren Diskussion werden Theorie, Ist-Zustand und Ergebnisse aus den Interviews gebündelt.
3 Professioneller Deutscher Fußball
Für folgende Ausarbeitung, Datenerhebung und Auswertung wird der Begriff professioneller deutscher Fußball als Grundbegriff vorausgesetzt und dahingehend zunächst definiert. Aufgrund der Begrenztheit dieser Masterarbeit werden lediglich die 36 Vereine der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga der Saison 2013/2014 unter dem Oberbegriff zusammengefasst (vgl. Tab. 2).
3.1 Organisation des professionellen Fußballs in Deutschland
Grundsätzlich finden sich vier Organisationsformen (vgl. auch Tab. 1): Kapitalgesellschaften, die vor allem seit der Möglichkeit der Ausgliederung der Fußball-Lizenzspielerabteilungen zunehmen, in Form von AG, GmbH, KGaA sowie die traditionellen Vereine. Allerdings soll hier nicht näher auf die Rechtsformen eingegangen werden. Vielmehr geht es darum, die Begriffe Vorstand und Aufsichtsrat für den professionellen Fußball klar abzugrenzen, da diese den Untersuchungsgegenstand darstellen. Dies soll vor dem Hintergrund des DiM sowie des DCGK geschehen.
3.2 Organisationsstruktur vor dem Hintergrund des deutschen Corporate Governance Kodex
Grundsätzlich sollen zunächst Vorstand und Aufsichtsrat für die 36 Vereine definiert werden. Das Konzept aus Vorstand und Aufsichtsrat wird entsprechend aus dem Deutschen Corporate Governance Kodex (2014) übernommen. Vor allem Vereine, die ihre Lizenzspielerabteilung ausgegliedert haben, verwenden die eben genannten Begrifflichkeiten und Organisationsformen. Teilweise werden diese Organisationsformen sowohl im Verein als auch in der separaten Kapitalgesellschaft[11] verwendet. Allerdings haben auch einige Vereine keine ausgegliederte Kapitalgesellschaft.
Doch auch Vereine, die nicht ausgegliedert haben, besitzen in diesem Sinne einen Vorstand in Form des Präsidiums, der die Geschicke des Vereins leitet und in einigen Fällen einen entsprechenden überwachenden Aufsichts- oder Kontrollrat. Da es in dieser Ausarbeitung nicht so sehr um die Form der Gestaltung eines Vereins, sondern um die Personen geht, die diesen führen, wurden vier bzw. fünf mögliche Positionsgruppen gebildet. Führungsmitglieder können im Aufsichtsrat des Vereins, im Aufsichtsrat der Kapitalgesellschaft (KG), im Vorstand des Vereins, im Vorstand der Kapitalgesellschaft (KG) oder gleichzeitig in mehreren Gremien sitzen. Der Begriff Vorstand ist mit der Geschäftsführung (v.a. bei Kapitalgesellschaften) oder dem Präsidium (v.a. bei Vereinen) gleichzusetzen, da sich die Termini von Verein zu Verein unterscheiden. So ergibt es sich, dass bspw. ein Verein wie Hertha BSC Gremienmitglieder in allen vier Positionen besitzt, der 1. FC Nürnberg hingegen nur in einen Vorstand des Vereins sowie Aufsichtsrat des Vereins gegliedert ist, da keine Ausgliederung der Fußballabteilung in eine Kapitalgesellschaft vorgenommen wurde (vgl. Tab. 2).
Tab. 2. Deskriptive Übersicht der Vereine, die als Datengrundlage dienen, sowie die Verteilung der einzelnen Führungsmitglieder in fünf mögliche Positionen, Saison 2013/2014 (eigene Darstellung, 2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4 Der Vorstand und Aufsichtsrat – quantitative Voruntersuchung
Folgend sollen die Ergebnisse der quantitativen Datenerhebung vorgestellt werden, die den Ist-Zustand der Zusammensetzung von Aufsichtsrat und Vorstand zeigen. Es wurde ausschließlich die Top-Management Ebene der Vereine berücksichtigt. Der Vorstand (163 Personen) besteht aus den Vorständen und Präsidiumsmitgliedern der jeweiligen Vereine (124 Personen) sowie aus Vorstand und Geschäftsführung der Kapitalgesellschaften (39 Personen) (vgl. Tab. 2).
Für den Aufsichtsrat gilt dies entsprechend. Aufsichtsräte der Vereine (137 Personen) sowie Aufsichtsräte der Kapitalgesellschaften (72 Personen) bilden die Datengrundlage Aufsichtsrat (209 Personen) (vgl. Tab. 2). Die insgesamt 403 Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder bilden ebenfalls die Grundmenge als potentielle Partner für die Experteninterviews.
31 Führungsmitglieder besetzen mehrere Positionen in den jeweiligen Gremien (vgl. Tab. 2).
4.1 Untersuchungsmethodik
Vor allem über die Homepages konnten nahezu alle relevanten Daten erhoben werden. Fehlende Daten wurden möglichst über Telefonate mit den Vereinen ergänzt. Zunächst wurden die einzelnen Personen erfasst und anschließend Position, Alter, Geschlecht und die Nationalität des jeweiligen Individuums bestimmt und im Analyseprogramm SPSS erfasst, kategorisiert und auf statistische Signifikanz überprüft. Weiterhin wurden die Führungsmitglieder für eine übersichtliche Darstellung den Vereinen, in denen sie tätig sind, zugewiesen.
4.2 Zusammensetzung der Vorstands- und Aufsichtsratsgremien der 1. und 2. Fußball-Bundesliga in der Saison 2013/2014
Die Kriterien Alter, Geschlecht (männlich oder weiblich) und Nationalität (deutsch oder andere Nationalität als deutsch) wurden entsprechend den Vorgaben des DiM bestimmt, da diese nahezu vollständig erhoben werden konnten. Gerade brisante Informationen wie Religionszugehörigkeit, Menschen mit Behinderung in Führungsetagen oder gar sexuelle Orientierung konnten in dieser Form nicht berücksichtigt werden (vgl. Gliederungspunkt 6 für kritische Auseinandersetzung).
Tab. 3. Zusammensetzung Vorstand und Aufsichtsrat professioneller Fußball nach Kriterien Alter, Geschlecht, Nationalität – Gesamtübersicht (eigene Tabelle, 2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.2.1 Alter/Geburtsjahr
Zunächst sollen die Ergebnisse für die Variablen Alter/Geburtsjahr präsentiert werden. Insgesamt wurden 403 Personen betrachtet (vgl. Tab. 3)
Der Mittelwert sowie der Median für das Alter von Führungsmitgliedern im professionellen Fußball liegt bei 58 Jahren bzw. dem Geburtsjahr 1956. Weiterhin lassen sich keine großen Unterschiede in der Alterszusammensetzung zwischen erster und zweiter Liga feststellen. Anschließend wurde die Nullhypothese H01 (kein Zusammenhang zwischen Position und Alter der Gremienmitglieder) mittels Qui-Quadrat-Test überprüft (vgl. Tab. 4).
Tab. 4. Qui-Quadrat Test für den Zusammenhang zwischen Position und Alter; p ≤ α ≤ 0,05 (eigene Tabelle, 2014).
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Da der Test nicht signifikant ist, kann die Nullhypothese bei vorgegebenem Signifikanzniveau von α ≤ 0,05 angenommen werden. Demnach besteht kein Zusammenhang zwischen Alter und Position. Man kann also davon ausgehen, dass zwischen Vorstand- und Aufsichtsratsmitgliedern kein Altersunterschied besteht. Eventuell könnte man Aussagen zum Alter eines Vorstandsmitgliedes auch auf Aufsichtsratsmitglieder übertragen und vice versa. Das jüngste Führungsgremium besitzt die SG Dynamo Dresden mit einem Durchschnittsalter von 49 Jahren, die SpVgg Greuther Fürth hat mit durchschnittlich 68 Jahren die älteste Führungsetage.
4.2.2 Geschlecht
Von 403 Führungsmitgliedern sind mit 3,0 % nur 12 Frauen im Top-Management des professionellen Fußballs vertreten. Dementsprechend ist die Gruppe der Männer mit 97,0 % und 391 Führungsmitgliedern entsprechend größer (vgl. Tab. 3).
Die Nullhypothese H02 (kein Zusammenhang zwischen Position und Geschlecht der Gremienmitglieder) kann wie im vorherigen Fall bei einem p-Wert=0,182 angenommen werden (vgl. Tab. 5).
Tab. 5. Qui-Quadrat Test für den Zusammenhang zwischen Position und Geschlecht; p ≤ α ≤ 0,05 (eigene Tabelle, 2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Demnach besteht kein Zusammenhang zwischen Geschlecht und Position. Man kann davon ausgehen, dass zwischen Vorstand- und Aufsichtsratsmitgliedern, kein Unterschied in Bezug auf die Geschlechterverteilung besteht. Eventuell könnte man Aussagen zum Geschlecht eines Vorstandsmitgliedes, auch auf Aufsichtsratsmitglieder übertragen und umgekehrt.
4.2.3 Nationalität
Tab. 6. Qui-Quadrat Test für den Zusammenhang zwischen Position und Nationalität; p ≤ α ≤ 0,05 (eigene Tabelle, 2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für den Zusammenhang zwischen Position und Nationalität ergibt sich ein anderes Bild (vgl. Tab 3). Der Qui-Quadrat Test ist mit einem p-Wert ≤ α ≤ 0,05 signifikant. Das heißt, dass die Nullhypothese H03 (kein Zusammenhang zwischen Position und Nationalität der Gremienmitglieder) verworfen werden muss. Also gibt es einen Zusammenhang zwischen Position und Nationalität (vgl. Tab. 6). Folgend wurden zwei t-Tests durchgeführt, um zu prüfen ob die signifikante Abweichung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand oder zwischen Kapitalgesellschaft und Verein besteht (vgl. Tab. 7).
Tab. 7. Zwei t-Tests zur Überprüfung ob signifikante Abweichung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand oder Kapitalgesellschaft und Verein vorherrscht; Ablehnung Hypothese bei p ≤ α ≤ 0,05 (eigene Tabelle, 2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der t-Test liefert ein signifikantes Ergebnis für die Abweichung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand und ein insignifikantes Ergebnis für eine Abweichung zwischen Kapitalgesellschaft und Verein. Demzufolge besteht ein signifikanter Zusammenhang bei p-Wert ≤ α ≤ 0,05 zwischen Nationalität und Zugehöri gkeit zur Position Aufsichtsrat und Vorstand. Entsprechend sollten hier nicht Ergebnisse von Vorstandsmitgliedern auf Aufsichtsratsmitglieder und umgekehrt übertragen werden. Tabelle 6 zeigt, dass alle sieben Führungsmitglieder, die nicht Deutsche sind, im Aufsichtsrat sitzen. Vier sind im Aufsichtsrat der Kapitalgesellschaft und drei im Aufsichtsrat der Vereine. In den Vorständen findet sich nur die Nationalität Deutsch. Dieses Ergebnis kann allerdings vernachlässigt werden, da die Zahl von sieben nichtdeutschen Aufsichts-ratsmitgliedern bei 209 untersuchten Personen auf den ersten Blick keines-wegs Diversität im Aufsichtsrat bedeutet. Dennoch soll in einem kurzen Exkurs (vgl. 6.2.3) in der Ergebnispräsentation auf den Sachverhalt eingegangen werden.
4.3 Zusammenfassung
Insgesamt ist die Gesamtzahl aus Vorständen und Aufsichtsräten interessant. Sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat leiten und kontrollieren Fußballvereine, weswegen man die Datenmenge auch zusammenfassen kann. Im Hinblick auf die Kriterien Alter und Geschlecht zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Bei der Nationalität fällt hingegen auf, dass nur im Aufsichtsrat Nicht-Deutsche arbeiten.
Mit dieser Begründung kann man auf Grundlage der Daten plakativ folgende Aussage treffen:
Professionelle Fußballvereine werden zu 97,0 % von Männern geführt. Nur 3,0 % der Führungskräfte sind weiblich und nur 1,7 % des Top-Managements hat eine andere Nationalität als die Deutsche, wobei diese wiederum nur im Aufsichtsrat tätig sind. Die Führungskräfte haben ein Durchschnittsalter von 58 Jahren.
Bezogen auf die Hypothese aus der Problemstellung ist damit bewiesen, dass Fußballvereine bezüglich des Geschlechts und der Nationalität in den Führungsgremien nicht divers besetzt sind. Das Durchschnittsalter ist mit 58 Jahren auffällig alt. Selbst der jüngste Verein ist mit durchschnittlich 49 Jahren schon deutlich mit älteren Menschen im Führungsgremium besetzt. So finden sich bspw. bei den Vorständen nur 2 Personen unter 40 Jahren. Aussagen zu sexueller Orientierung, Menschen mit Behinderung, Religion oder Ethnie lassen sich jedoch aus diesen Daten nicht treffen.
Für diese Ausarbeitung soll es bei dieser kurzen quantitativen Voruntersuchung bleiben, die den Ist-Zustand möglichst ansprechend dazustellen versucht. Das Hauptaugenmerk liegt auf der qualitativen Datenauswertung und der Beantwortung der Forschungsfragen. Deshalb folgt zunächst die Vorstellung des Untersuchungsdesigns. Im Rahmen der später diskutierten Untersuchungsergebnisse werden auch die quantitativen Daten mit den Erkenntnissen aus den Interviews zusammengeführt.
5 Untersuchungsmethodik – qualitative Leitfadeninterviews
Bei den ausgewählten Interviews handelt es sich um leitfadengestütze Experteninterviews[12], die im Rahmen der Masterarbeit erhoben wurden. Die Grundlage für die folgende qualitative Einzelfallanalyse bilden vier Interviews, welche in transkribierter Form angehängt sind. Im Folgenden soll eine kurze Vorstellung der qualitativen Sozialforschung stattfinden. Auf dieser beruht die Auswertung der Daten – im Speziellen dient die Grounded Theory (GT) zur Auswertung der Transkription, welche von Glaser und Strauss (1967) im Buch „The Discovery of Grounded Theory“ vorgestellt wurde. Die GT ermöglicht Wissenschaftlern, den Untersuchungsgegenstand ins Zentrum der Betrachtung zu lenken „und nicht bereits existierende wissenschaftliche Modelle und Theorien“ (Böhm, 1994, S. 122). Die GT als Forschungsansatz kombiniert Planung, Durchführung und Auswertung einer Untersuchung, wobei die Konzentration in der vorliegenden Arbeit auf der Auswertung liegt. So umfasst das Forschungsprojekt all diese Schritte über Akquirierung der Interviewpartner, Konstruktion von Interviewleitfaden, Planung und Durchführung der Interviews und schließlich die Transkription und Auswertung. Die GT entspricht dabei auch weitgehend dem von Schirmer (2009, S. 16) vorgestellten Forschungsprozess in der Sozialforschung. Eine Fragestellung (Untersuchungsgegenstand) führt zur Planung (Untersuchungsmethodik), welche die Datenanalyse und Interpretation über die Datenerhebung zugänglich macht. Die Publikation lässt wieder Rückschlüsse auf die ursprüngliche Fragestellung zu. Die folgende Abbildung soll dies für den dieser Arbeit zugrunde liegenden Forschungs-prozess exemplarisch darstellen (vgl. Abb. 4). Aus eigener praktischer Erfahrung muss hinzugefügt werden, dass bei vier Interviews und einem sehr eingeschränkten Untersuchungsgegenstand schon die Grenzen des Machbaren erreicht sind, da die GT dem Forscher sehr viel Genauigkeit abverlangt und die Auswertung der Interviews sehr aufwändig ist. Zur Analyse und Zusammenfassung der transkribierten Daten wurde die Computersoftware MAXQDA verwendet, ein Instrument aus der qualitativen Sozialforschung, das die Datenerfassung und Analyse von transkribiertem Interviewmaterial erleichtert und eine detaillierte Auswertung ermöglicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Forschungsprozess für folgende Ausarbeitung (eigene Abbildung, 2014; nach Schirmer, 2009, S.16).
Nochmals herauszustellen ist der Charakter der Einzelfallanalyse. Die Interviewpartner_innen wurden gezielt ausgewählt, die Sachverhalte orientieren sich am Einzelfall und sollen nicht etwa vorab aufgestellte Hypothesen prüfen, sondern sie dienen ganz im Gegensatz der Exploration und Theoriegenese.
„Im Gegensatz zu anderen Forschungsansätzen, die eine strikte Trennung zwischen Erhebung und Datenanalyse vorschreiben, gehen in der GT Datenerhebung und –auswertung Hand in Hand. In der GT findet zunächst keine Hypothesenformulierung statt. [...] Alle Konzepte, die bereits mit der Forschungsfragestellung eingebracht wurden bzw. in der Datenauswertung entdeckt werden, werden als vorläufige Konzepte betrachtet“. (Böhm, 1994, S. 125).
Es handelt sich hierbei um ein theoretisches Sampling[13], welches sich am Kontext orientiert. So bilden induktive Verfahrensprinzipien der qualitativen Forschung das zentrale Orientierungskriterium, weshalb im Folgenden eine grobe Einführung in die qualitative Sozialforschung gegeben werden soll.
5.1 Qualitative Sozialforschung
„Qualitative Forschung zielt wie quantitative Forschung auf Verallgemeinerung. Der Einzelfall interessiert nur, wenn er auf etwas Allgemeineres verweist“ (Oswald, 1997, S. 73). Die grundlegende qualitative Sozialforschung kann als entdeckende Forschung bezeichnet werden. Im Gegensatz zur quantitativen Sozialforschung bezieht sie sich auf geringe Datensätze bzw. kleine Fallzahlen und zielt auf die Generierung von Theorieaussagen anhand von empirischen Daten ab. So wurden in vorliegender Arbeit, auch aus Umfangsgründen, nur vier Interviews geführt. Innerhalb der qualitativen Sozialforschung ist der einzelne Fall analytischer Bezugspunkt, die Person wird als Ganzes untersucht (Brüsemeister, 2000, S. 21 ff.). Qualitativer Forschung liegen keine vorab formulierten Theorien zugrunde. Ihr Ziel ist es, mit Hilfe generativer Fragen Theorien zu entwickeln, um diese anschließend der quantitativen Forschung zugrunde zu legen (Brüsemeister, 2000, S. 27). Die Forschung erfordert Offenheit und Fingerspitzengefühl, da neue Entdeckungen aufgrund von Beobachtungen, Interviews oder Dokumenten gemacht werden und oft nur eine grobe Richtung angegeben ist. Im Vergleich zur quantitativen Forschung sind Ausgang bzw. Ergebnis der qualitativen Forschung nicht vorhersehbar und es können nur die nächsten Untersuchungsschritte auf der Basis von Zwischenhypothesen aufgestellt werden. Dies gilt besonders im Fall dieser Einzelfallanalyse. Die qualitative Forschung zeichnet sich durch das Prinzip der Offenheit aus und „es gilt die Daten sprechen zu lassen, sie möglichst unvoreingenommen, beginnend bei vorläufigen Klassifikationen bis hin zu reichhaltigeren Konzepten zu analysieren“ (Witzel, 1985, S. 228). [14]
Ausgangspunkt qualitativer Sozialforschung ist, dem Untersuchungsgegenstand ein entsprechendes Wirklichkeitsverständnis zur Grundlage zu machen und entsprechende Konsequenzen für den Forschungsprozess zu ziehen. Im vorliegenden Fall meint dies die soziale Konstruktion der Wirklichkeit anhand des transkribierten Textes, im Sinne der subjektiven Sichtweisen der Interviewpartner_innen. Die Bedeutung des Gesagten muss dafür interaktiv hergestellt werden. Genauer muss der definierte Forschungsgegenstand reflektiert werden. So geht es darum, den Sinn und die Bedeutung eines Textes oder Textabschnitts zu rekonstruieren (Flick, Kardorff & Steinke, 2008, S. 20 ff.).
„Qualitative Sozialforschung benutzt nicht standardisierte Methoden der Datenerhebung und interpretative Methoden der Datenauswertung, wobei sich die Interpretation nicht nur, wie (meist) bei den quantitativen Methoden, auf Generalisierungen und Schlußfolgerungen beziehen, sondern auch auf Einzelfälle“ (Oswald, 1997, S. 75).
[...]
[1] Nähere und ausführliche Informationen zum Charta der Vielfalt e.V. finden sich vor allem online unter http://www.charta-der-vielfalt.de.
[2] Vgl. Krell (2008, S. 63 ff.) für Diversity und Sammelband von Boubaker, Nguyen und Nguyen (2012) für Corporate Governance.
[3] Vgl. Kapitel 4.
[4] Vgl. hierzu Plummer (2003, S. 25 ff.).
[5] Vgl. zur näheren Diskussion v.a. Charta der Vielfalt e.V. (2014), Krell (2008, S. 65 ff.), Fick (S. 7 ff.), Vedder (2003, S. 13-27) und Aretz und Hansen (2002).
[6] Ausführlicher Beitrag von Thomas (1996, S. 5 ff.).
[7] Den Zusammenhang von Anti-Diskriminierungsgesetzen und Diversity, sowie die historische Entwicklung des Begriffes in den USA und in Deutschland beschreibt Vedder (2006, S. 1 ff) ausführlich.
[8] Vgl. ausführlichen Beitrag von Fick (2011, S. 8 ff.) zu kritischer Würdigung der Paradigmen.
[9] Vgl. Struthmann (2013), von Véver (2012) und Braun (2014) für aktuelle Auseinandersetzung zum Thema Diversity Management und Gender Mainstreaming sowie Claus, Döring, Freckmann und Klingert (2014) für aktuelle Implementierungsstrategien und Perspektiven von Gender Management im Unternehmen.
[10] Vgl. für ausführlichen Beitrag Neubauer (2009, S. 32 ff.) sowie Deutscher Corporate Governance Kodex (2014).
[11] Entsprechend der 50+1 Regel werden auch bei ausgegliederter Profifußballabteilung die eingetragenen Vereine in Ihrer Zusammensetzung analysiert, da diese die Entscheidungshoheit besitzen. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesem Thema ist hier nicht möglich. Einen aktuellen und kritischen Beitrag liefert Hösel (2013, S. 49 ff.).
[12] Interviewleifaden, welcher der Interviewführung zu Grunde liegt, ist im Anhang beigefügt.
[13] Beim theoretischen Sampling wird auf der Basis der laufenden Auswertung entschieden, was explizit untersucht werden soll. Der Untersuchungsgegenstand wird eben nicht von vorneherein festgelegt und fixiert (Böhm, 1994, S. 125). Einen Überblicksartikel zum „theoretical sampling“ liefert Flick (1989).
[14] Oswald (1997, S. 79-82) erläutert, dass der Einsatz qualitativer Methoden zur „Entdeckung und Beschreibung fremder Welten […], Entdeckung und Beschreibung unbekannter Aspekte in vertrauten Welten […], Entdeckung neuer Zusammenhänge […], Anwendungen von Theorien auf den Einzelfall“ und qualitativen Evaluation zum Einsatz kommt. In vorliegendem Fall ist vor allem von der Entdeckung neuer Zusammenhänge zu sprechen.
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