Die Inszenierung der österreichischen Identität in den Songtexten von Hubert von Goisern


Seminararbeit, 2015

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Entstehungskontext der „Neuen Volksmusik“

2. Das Erfolgsrezept der neuen Volksmusik
2.1 Das innovative Element der Neuen Volksmusik bei Hubert von Goisern

3. Die neue Volksmusik als chauvinistisches Element?
3.1. Die Neukonzeption der österreichischen Identität am Beispiel von „Heast as nit“

4. Texte als Protest- und Abgrenzungsmerkmal
4.1 „Iawaramoi“

5. Resümee

6. Bibliographie

Einleitung

Um die Kunstfigur des „Hubert von Goisern“ in ihrer Gesamtheit zu erfassen, empfiehlt sich eine inkrementelle Analyse, die multiple Sphären umspannt und somit eine ganzheitliche Analyse des musikalischen Phänomens zulässt. Hubert von Goisern gilt als eine der Koryphäen oder gar als Archetyp auf dem Gebiet der Neuen Volksmusik, die sehr von der neuen Popmusik beeinflusst wurde und somit einen hohen Popularitätsgrad erreichen konnte. Das Erkenntnisinteresse, das durch die nachfolgende Arbeit bearbeitet werden soll, lautet: „ Die Inszenierung der österreichischen Identität in den Texten von Hubert von Goisern“. Um dieser identitätsstiftenden Forschungsfrage auf den Grund zu gehen, stellt sich zunächst die Frage nach dem historischen Entstehungskontext, der Person hinter der Kunstfigur des Hubert von Goisern, der ideellen Basis und den Schaffungsprozessen, die zu dieser musikalischen Evolution geführt haben.

1. Entstehungskontext der „Neuen Volksmusik“

Die ideelle Basis der Neuen Volksmusik gründet laut Edward Larkey im Austropop.[1] Der Austropop generiert sein Wesen aus der österreichischen, ruralen und ländlichen Heimatkunst und Heimatmusik, die gekonnt mit modernen Themen der Pop- und Rockmusik kombiniert wurde.[2] Durch die praktizierte Dialektik in den Liedtexten eignet sich der Austropop eine orientierende und identitätsstiftende Wirkung an und stellt somit die österreichische subkulturelle Peripherie in globaler Hinsicht dar, um einen Rückbezug auf typisch österreichische Traditionen und Folklore herzustellen. Das innovative Element der Dialektik und der Mundartsprache in den Songtexten bricht mit dem allgemein geltenden Konsens, wonach Popmusik nur in englischer Sprache über eine Daseinsberechtigung verfügt und schafft somit die Basis des Erfolges des Austropops.[3] Der Austropop verfügt, durch diese Entwicklung begünstigt, über ein Abgrenzungskriterium, das sich in der Bildung eines eigenen Musikgenres manifestiert und herauskristallisiert, denn schon vorhin waren Tendenzen der Kombination von traditioneller nationaler Folkmusik mit Blues-, Rock- oder Jazzeinflüssen erkennbar. Laut Larkey entwickelte sich die Rückbesinnung auf österreichische Musik in Folge der Dauerbeschallung des österreichischen Musiksenders Ö3, der 1968 gegründet wurde und das Publikum mit ausländischer angloamerikanischer Musik überflutete.[4] Die Wirkung dieser Dauerbeschallung gipfelte somit in einer Rückbesinnung auf nationale rurale Authentizität, die somit auch einen Flucht in die gewohnte sichere nationale Identität und Folklore darstellte. Diese Flucht in gewohnte Sphären kann auch als Antwort auf die voranschreitende progressive, hektische Globalisierung verstanden werden. Keith Negus stellt in dieser Hinsicht eine Abkehr des „Going global“ fest und verweist auf die Gegenbewegung die „re-affirmation of local identity“, die einen Gegenpol zum homogenen Musikmarkt darstellt und somit das Gleichschaltungspotenzial der Popmusik konterkariert.[5] Die ursprüngliche rurale Volkskultur wurde somit zum pittoresken und authentischen Idealbild verklärt und agierte als Äquivalent zur globalen Gleichschaltungskultur. Laut Werner Jauk vollzog sich die kollektive Integration der Alpen-Folklore oder des älpischen Volktums in die moderne Popkultur erst in den 1990er Jahren und war zuvor nur als Randerscheinung in der Peripherie der Popkultur festzustellen.[6] Laut Edward Larkey wurde der Siegeszug der Rückbesinnung auf die nationale Identität durch die Suche nach der österreichischen Identität in den 1990er Jahren verstärkt. Der Fall des Eisernen Vorhangs und der Beitritt zur EU verursachte eine gewisse Orientierungslosigkeit, die Österreich an seiner Rolle in der Welt zweifeln ließ.[7] Der hektische und gleichschaltende Effekt der Globalisierung und die Suche nach der Rolle Österreichs in der Welt, die durch politische und gesellschaftliche Veränderungen losgelöst wurde, verhärteten sich schließlich zu einer Rückbesinnung auf die ureigene archaische Stammeskultur, der auch bei der progressiven Jugendkultur den Bedarf nach Authentizität weckte. Die Frage nach Authentizität und Originalität bildete somit eine ideelle Basis der 1990er Jahre und kann als ideeller Wegbereiter der Neuen Volksmusik angesehen werden.

2. Das Erfolgsrezept der neuen Volksmusik

Hubert von Goisern war einer der Nutznießer des volkstümlichen „Crossovers“, bei diesem Phänomen kommt es zu einer Symbiose zwischen völlig konträren oder gegensätzlichen musikalischen Elementen. Die musikalische Revolution der Neuen Volksmusik stellt eine hybride Form aus ländlicher ruraler und traditionsbewusster Musik und internationaler globaler Rock- und Popmusik dar.[8] Michael Huber merkt an, dass in dem Affront oder Wagnis dieser Kreuzung eine kontrastive Gegenüberstellung oder gar eine versöhnliche Fusion gegensätzlicher Weltbilder stattfindet. Die kollektive Konstituente, die all diesen Symbiosen innewohnt, manifestiert sich in dem Versuch regressives altehrwürdiges und nationales Kulturgut mit dem innovativen Moment der neuen internationalen Sounds zu verbinden.[9] Laut Michael Huber kommt es bei dieser einzigartigen dualen Fusion gerade in soziologischer und gesellschaftlicher Hinsicht zu einer Versöhnung zwischen ideologischen Weltbildern, die einerseits die regressive Welt von „Gestern“ mit der progressiven Welt von „Heute“ symbolisieren.[10] Das Zielpublikum dieser musikalischen Neuschöpfung ist ein Sympathisant, der beiden binären ideologischen Weltbildern etwas abgewinnen kann. Huber subsumiert dieses Phänomen unter dem Begriff „Cross Culture“.[11] Dieser Begriff Hubers weist auf einzigartige Weise auf die Synergieeffekte der neuen Volksmusik hin. Genau in diesem innovativen Moment gründet das Erfolgsrezept der Neuen Volksmusik, die gekonnt moderne neue Pop- und Rockmusik mit der nationalen Folklore und Ursprünglichkeit kombiniert. Die ländlichen ruralen Laute verbinden sich mit der Sehnsucht nach Innovativem, nach Weltoffenheit und durch die Kombination mit „weltoffener“ Pop- und Rockmusik kommt es zu einer musikalischen Evolution oder Neuschöpfung.

2.1 Das innovative Element der Neuen Volksmusik bei Hubert von Goisern

Laut Pfeiler wurde die Neue Volksmusik als Symbiose von Rockmusik und alpenländischer Volksmusik erst durch das Schaffen von Hubert von Goisern zum massentauglichen Musikgenre.[12] Im Fall von Hubert von Goisern findet diese Symbiose durch die innovative musikalische Gestalt, die sehr von der englischsprachigen Pop- und Rockmusik beeinflusst ist, statt. Diese These manifestiert sich einerseits durch die genutzten Musikinstrumente, als auch durch die Bühnenperformance oder Bühnenpräsenz, die von den Protagonisten bewusst initiiert wird. Auch auf der Ebene der Bühnenpräsenz vollzieht sich somit eine Verbindung aus modernen und altehrwürdigen traditionellen Elementen. Diese Feststellung wird durch die regressive Rückbesinnung auf typisch österreichische Stereotypen in Form von Kleidung oder Bühnenoutfit untermauert. Dies geschieht durch die Instrumentalisierung der Kleidung, dabei werden bewusst Bergsteigerstiefel, karierte Hemden, Lederhosen und folkloristische Tracht als Identitätsstiftendes Merkmal genutzt. Der Bühnenperformance wohnt somit etwas Groteskes bei. Hubert von Goisern präsentiert sich bei öffentlichen Auftritten bewusst in Folklorekleidung, die nur im ruralen oder ländlichen Raum zum Einsatz kommt und dort Anwendung bei regionalen Festen in der österreichischen Peripherie findet. In dieser Hinsicht kommt es somit zu einer grotesken Verbindung oder Versöhnung von Trachtengewand mit moderner Licht- und Bühnenshow, die von modernen Pop- oder Rockbands salonfähig gemacht wurde.

[...]


[1] Vgl. Larkey, Edward: Austropop zwischen Subkultur und Heimatkunst. In: Österreichische Musikzeitschrift Vol. 51 (2) (1996). S.147

[2] Vgl. Larkey, Edward: Austropop zwischen Subkultur und Heimatkunst. In: Österreichische Musikzeitschrift Vol. 51 (2) (1996). S.147

[3] Vgl. Larkey, Edward: Austropop zwischen Subkultur und Heimatkunst. S.148

[4] Vgl. Larkey, Edward: Austropop zwischen Subkultur und Heimatkunst. S.147

[5] Vgl. Negus, Keith: Producing Pop. Culture and Conflict in the Popular Music Industry. London: Arnold, 1996. S.7

[6] Vgl. Jauk, Werner: Austropop. Das Produkt einer doppelten musikalischen Sozialisation. In: Musikgeschichte Österreichs. Bd. 3. Von der Revolution 1848 zur Gegenwart. Hrsg. von Rudolf Flotzinger und Gernot Gruber. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 1995. S. 320

[7] Vgl. Larkey, Edward: Pungent Sounds. COnstructing Identity with Populuar Music in Austria. New York: Lang 1993. S.21

[8] Vgl. Huber, Michael: Hubert von Goisern und die Musikindustrie. Wien: IMS - Inst. für Musiksoziologie 2001. S. 16

[9] Vgl. Huber, Michael: Hubert von Goisern und die Musikindustrie. Wien: IMS - Inst. für Musiksoziologie 2001. S. 17

[10] Vgl. Huber, Michael: Hubert von Goisern und die Musikindustrie. S.17

[11] Vgl. Huber, Michael: Hubert von Goisern und die Musikindustrie. S.17

[12] Vgl. Pfeiler, Heide: Austropop. Die Entwicklung der Rock- und Popmusik in Österreich in den 60er und 70er Jahren. Dargestellt und musikimmanent untersucht an ausgewählten Beispielen. Graz: (Dissertation) 1995. S.118.

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Details

Titel
Die Inszenierung der österreichischen Identität in den Songtexten von Hubert von Goisern
Hochschule
Universität Wien  (Deutsche Philiologie)
Veranstaltung
Proseminar - Songtexte als literarische Gattung
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
16
Katalognummer
V303915
ISBN (eBook)
9783668022591
ISBN (Buch)
9783668022607
Dateigröße
417 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neue Volksmusik, Hubert von Goisern, Österreichische Identität
Arbeit zitieren
Thomas Haindl (Autor:in), 2015, Die Inszenierung der österreichischen Identität in den Songtexten von Hubert von Goisern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303915

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