Der Vorsehungsglaube aus theologischer und philosophischer Sicht. Die Rolle von Zufall und Wahrscheinlichkeit. Wege der Kontingenzbewältigung


Masterarbeit, 2015

115 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Vorbemerkung

2. Einleitung
Vorsehung oder Zufall und Wahrscheinlichkeit?
Vorsehung und Zufall im Konflikt
Zufall und Wahrscheinlichkeit als Gegenposition zur Vorsehung
Die Zielsetzung dieser Arbeit

3. Der Begriff der göttlichen Vorsehung
Die theologische Sicht auf den Vorsehungsglauben
Der Vorsehungsglaube aus philosophischer Sicht
Psychologische und neurobiologische Grundlagen des Vorsehungsglaubens

4. Zufall, Notwendigkeit, Wahrscheinlichkeit
Der Zufall
Zufall und Kontingenz
Der Zufallsbegriff der klassischen Physik
Der Zufallsbegriff der Quantenphysik
Der Zufallsbegriff der Evolutionstheorie
Der theologische Zufallsbegriff
Notwendigkeit
Wahrscheinlichkeit

5. Teilaspekte des Vorsehungsglaubens
Vorsehung und Schicksal
Vorsehung als Kontingenzbewältigung
Vorsehung und Notwendigkeit
Vorsehung u. Wahrscheinlichkeit

6. Philosophische Kritik am Vorsehungsglauben
Allgemeines zur Religionskritik
Kritik namhafter Philosophen an Vorsehungsglaube und Religion
Das „anthropische Prinzip“
Multiversen

7. Lebensentwürfe mit und ohne Vorsehungsglauben.
Moral mit und ohne Vorsehungsglaube
Religiöse und säkulare Gottesbegriffe
Religiöse und säkulare Lebensentwürfe
Kontingenzbewältigung ohne Vorsehungsglaube

8. Schlussbemerkung

9. Literaturverzeichnis

10. Anhang

Abstract:

Siglen zu Immanuel Kant

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Vorbemerkung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem theologischen Konzept des Glaubens an die göttliche Vorsehung und stellt diesem die philosophischen und naturwissen­schaftlichen Konzepte von Zufall und Wahrscheinlichkeit gegenüber. Damit begibt sie sich in ein Grenzgebiet zwischen Philosophie, Naturwissenschaft und Theologie, in welchem unterschiedliche epistemische Systeme aufeinander treffen. Während die Theologie der Buchreligionen ihre epistemische Grundlage in der jeweiligen „Heiligen Schrift“ findet, die als uneingeschränkt wahre göttliche Offenbarung anerkannt wird, versucht die Philosophie ihre Wahrheiten durch philosophische Reflexion, Sprachanalyse, Logik und Kompatibilität mit anderen Wissenschaften zu fundieren.

Für die Bearbeitung der daraus entstehenden Divergenzen bekenne ich mich zu einer „ Zwei-Sprachen Theorie“ in der auf Ludwig Wittgenstein zurückgehenden Tradition, religiöse und philosophische Argumentationen als verschiedene Sprachen zu verstehen, die sich nach Meinung des Theologen Reinhold Bernhardt nicht einfach ineinander übersetzen lassen, sondern inkommensurabel neben­einanderstehen, auch wenn sie sich auf den gleichen Gegenstand der Betrachtung beziehen. In jedem der beiden Sprachspiele wird die eine Wirklich­keit gültig, wenn auch immer nur perspektivisch erfaßt“ (Bernhardt 1999, 308).

Diese nicht unumstrittene epistemische Relativität hat mir Wittgenstein bis zu einem gewissen Grad plausibel gemacht, nicht nur mit dem Gedanken des Sprachspiels, sondern auch mit seinen Überlegungen zu den unbewussten Grundüberzeugungen, die er mit den Türangeln vergleicht, in denen sich gewisse Sätze bewegen (vgl. Wittgenstein 1969, § 341). Heutige Wittgenstein-Interpreten bezeichnen diese Angeln unter anderem als nicht-epistemisch, immun gegen Zweifel, nicht aus der Erfahrung bezogen und im Handeln verkörpert (vgl. Moyal-Sharrock 2005, 72). Wittgenstein hat diese Überlegung nicht ausdrücklich auf religiöse Vorstellungen gemünzt, für ihn beruht das gesamte Weltbild eines Menschen auf solchen Grundlagen:

Aber mein Weltbild habe ich nicht, weil ich mich von seiner Richtigkeit überzeugt habe; auch nicht, weil ich von seiner Richtigkeit überzeugt bin. Sondern es ist der überkommene Hintergrund, auf welchem ich zwischen wahr und falsch unter­scheide. (Wittgenstein 1969, § 94)

Auch ein naturwissenschaftliches oder philosophisches Weltbild ist demnach nicht frei von einem „überkommenen Hintergrund“. Es wurde geprägt durch vielfältige Einflüsse im Laufe der persönlichen Sozialisation, Bildung und Erfahrung, die weit über den Denkrahmen eines einzelnen Sachgebietes hinausgehen. Sein Wahrheits­anspruch richtet sich auf die Methoden und empirischen Ergebnisse des Fachgebietes, im Gegensatz zu einem religiösen Weltbild, das auf persönliche Überzeugungen, Hoffnungen und Handlungsanleitungen abzielt. Damit hat uns Wittgenstein m.E. einen gangbaren Weg zum Verständnis verschiedener, auch nicht wissenschaftlich beweisbarer epistemischer Systeme aufgezeigt.

Auch der Religionsphilosoph Hermann Deuser argumentiert mit den Erfahrungs- und Lebenswelten, aus denen heraus der Mensch seine Urteile trifft:

Die philosophische Moderne kommt an der Einsicht, Wahrheit sei nur zugänglich in „Perspektiven", nicht mehr vorbei. Denn der in jedem denkbaren Wahrheits­begriff unterstellte Zusammenhang mit dem Wirklichen ist pluriform und nie voraussetzungslos gegeben. Menschliches Urteilen hat keine absolute Perspek­tive, sondern steht immer in Erfahrungs- und Lebenswelten, in denen dann allerdings auch Wahrheit zu bestimmen ist. (Deuser 2009, 36)

Der deutsche Philosoph Kurt Wuchterl beschäftigt sich mit dem Gegensatz zwischen wissenschaftlicher und religiöser Weltsicht und spricht von Glaubwürdigkeits­prozessen, die in ihrer Aneinanderreihung letztlich zu einem Weltbild führen:

Nicht die Abwägungen theoretischer Möglichkeiten entscheiden über den Glauben an eine uns in den Naturgesetzen verfügbare Welt oder über eine religiöse Option, sondern es sind langwierige Glaubwürdigkeitsprozesse, die kleine Bruchstücke des Vertrauens oder des Misstrauens aneinanderreihen. In Konfrontationen wird dann der gerade erlangte Überzeugungsstand nachträglich durch rationale Konstruktionen gestützt und argumentativ ergänzt. (Wuchterl 2011, 90)

Dieser Gedanke lässt sich auch auf die Unterschiede zwischen religiösem und philosophischem Weltbild anwenden. Der Theologe wie der Philosoph wenden, bewusst oder unbewusst, das Kriterium der Glaubwürdigkeit an, um zwischen wahr und falsch zu unterscheiden. Der religiöse Mensch glaubt im Grunde seines Herzens an die Wahrheit der von ihm angenommenen Offenbarung und reiht, zum Beispiel an Hand von Kindheitserinnerungen, Gebetserhörungen oder mystischen Erlebnissen, „Bruchstücke des Vertrauens“ in den Gott dieser Offenbarung aneinander. Diese Grundüberzeugung färbt auch sein Verständnis und seine Beurteilung von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Der Philosoph andererseits hält bestimmte philosophische und naturwissenschaftliche Positionen für glaubhaft und nimmt sie zum Ausgangspunkt seines Denkens und seiner Reflexion. Durch die Auswahl seiner Lektüre und die Schwerpunktsetzung seiner eigenen philosophischen Arbeit reiht auch er „Bruchstücke des Vertrauens“ aneinander, die letztlich seine philosophische Position bestimmen und festigen.

Wesentlich und manchmal überraschend ist auch, dass die meisten Menschen wissenschaftliche und religiöse „Wahrheiten“ problemlos miteinander mischen können: der medizinische Forscher kann am Sonntag gegen seine wissenschaftlichen Erfahrungen für das ewige Leben beten und der Theologe schüttet im Winter Frostschutzmittel in die Scheibenwaschanlage seines Fahrzeugs, weil auch er weiß, dass Wasser bei null Grad gefriert. Der Forscher scheitert nicht am religiösen Glauben und der Theologe nicht an den wissenschaftlichen Grundlagen des täglichen Lebens.

Wesentlich für eine fruchtbare Religionsphilosophie scheint es mir daher zu sein, unter Berücksichtigung dieser Relativität der Standpunkte respektvoll sowohl mit philosophischen und naturwissenschaftlichen als auch mit religiösen Argumenten umzugehen. In diesem Sinne bekenne ich mich zu einer „postmetaphysischen“ Position wie sie von Jürgen Habermas treffend und präzise definiert wurde:

»Postmetaphysisch« nicht nur in einem methodischen, Verfahren und Denk­mittel betreffenden, sondern in einem substantiellen Sinne nenne ich schließlich agnostische Positionen, die zwischen Glauben und Wissen strikt unterscheiden, ohne (wie die moderne Apologetik) die Gültigkeit einer bestimmten Religion zu unterstellen oder (wie der Szientismus) diesen Überlieferungen insgesamt einen möglichen kognitiven Gehalt abzusprechen. (Habermas 2009, 254 f)

Ich werde also zunächst versuchen, den Vorsehungsglauben unter Bezugnahme auf theologische Literatur in der dort verwendeten Sprache zu beschreiben, ohne die Gültigkeit dieses Sprachspiels zu hinterfragen. In der philosophischen Analyse und Kritik werde ich mich des für mich maßgeblichen philosophischen Sprachspiels bedienen. Dabei werde ich auch klar Stellung beziehen, welche Positionen ich für epistemisch gerechtfertigt halte und welche ihre Rechtfertigung in anderen Begrün­dungszusammenhängen finden müssen.

Im Hinblick auf die religiösen Aspekte werde ich mich auf die christliche Religion beschränken, ohne auf Unterschiede zwischen den Konfessionen einzugehen.

2. Einleitung

Der Begriff der Vorsehung wird in dieser Arbeit zunächst ganz allgemein für die weit verbreitete Vorstellung verwendet, dass eine höhere Macht die Wege des Menschen leitet oder schon vorherbestimmt hat. Diese Vorstellung findet im westeuropäischen Kulturkreis ihre primären Wurzeln als „divina providentia“ in den Mythen, Schriften und Dogmen der monotheistischen Religionen. Deren allmächtige und allwissende Götter steuern die Schicksale der Menschen und fördern, beschützen, belohnen und bestrafen sie, wenn nicht schon in der diesseitigen, dann jedenfalls in einer erhofften jenseitigen Existenz. Die Vorsehung ist somit nicht mit dem Schicksal gleichzusetzen, sondern sie wird als transzendente Macht verstanden, welche die Schicksale der Menschen beeinflussen und verändern kann. In die Philosophie hat die Idee der Vorsehung in erster Linie in der Form der Teleologie Eingang gefunden, als Vorstellung, dass die Welt sich auf ein bestimmtes Ziel hin entwickelt.

Vorsehung oder Zufall und Wahrscheinlichkeit?

Dem Konzept der Vorsehung, einschließlich der Teleologie, möchte ich die Begriffe des Zufalls und der Wahrscheinlichkeit gegenüber stellen, also die Vorstellung, dass die Schicksale der Menschen in hohem Maße dem Zufall ausgeliefert sind, der von Theologen und Philosophen auch als Kontingenz bezeichnet wird. Die Wahrschein­lichkeit kann als Begleiterscheinung des Zufalls gesehen werden; sie liefert die Rahmenbedingungen für das Schicksal und erlaubt es – allerdings nur in begrenztem Umfang - Ereignisse im Rahmen des grundsätzlich kontingenten Daseins zu berechnen und zu beeinflussen.

Auf die Frage, wie die Kontingenz zu bewältigen ist, haben Theologen und Philo­sophen unterschiedliche Antworten. Die Theologie sieht den Glauben an die göttliche Vorsehung als Weg der Kontingenzbewältigung. Im Vertrauen auf die göttliche Intervention lässt sich das eigene Schicksal als göttlicher Auftrag verstehen und ertragen. Allerdings gründet sich dieser Glaube ausschließlich auf eine sogenannte Offenbarung, die als Quelle epistemischer Rechtfertigung für die Philosophie nicht ausreichend ist. Gibt es also auch andere Wege, die Kontingenz des Schicksals zu bewältigen? Kann die Wahrscheinlichkeit ein Ansatzpunkt dazu sein, kann sie zu einem Hilfsmittel der Kontingenzbewältigung gemacht werden?

Der Glaube an eine Vorsehung ist nicht auf die religiös Gläubigen beschränkt, sondern findet sich auch bei Menschen, die ihre Religion nicht aktiv praktizieren, sich zu keiner Religion bekennen oder sich eine eigene „spirituelle Wahrheit“ zurecht gelegt haben. „Es gibt keine Zufälle“ oder „das kann kein Zufall sein“ oder „es ist alles vorbestimmt“ sind Redewendungen, die man im Alltag oft zu hören bekommt und die mit dem Glauben an eine mehr oder weniger genau bestimmbare höhere Macht begründet werden. Bernulf Kanitscheider bezeichnet diese Neigung als „Die Unzufriedenheit mit dem reinen Faktum, mit der Tatsache, dass in der Menge aller Ereignisse die unwahrscheinlichen nicht völlig fehlen können“ (Kanitscheider 2007, 83).

Ist der Vorsehungsglaube also im Menschen psychologisch und neurobiologisch verankert? Es gibt deutliche Anzeichen für eine solche Veranlagung, die uns eher an eine Vorsehung als an Zufall und Wahrscheinlichkeit glauben lässt. Dies konnte in psychologischen Experimenten gezeigt werden, zum Beispiel von Deborah Kelemen an der Boston University (vgl. Kelemen 2003): Ein teleologisches Denken, welches davon ausgeht dass „alles seinen Zweck hat“, findet man schon bei Kleinkindern und auch viele Erwachsene fühlen sich wohler bei dem Gedanken, dass sich die Welt nach vorgegebenen Zwecken entwickelt, als bei jenem, dass der Zufall sie in ein völlig unvorhersehbares Schicksal treiben könnte.

Neue Erkenntnisse und Methoden der Neurowissenschaften haben einen neuen Forschungszweig möglich gemacht, die Neurotheologie. Mit Andrew Newberg soll ein Autor dieser Forschungsrichtung vorgestellt werden. Zu den neurobiologischen Grundlagen des Vorsehungsglaubens soll auch der Neurobiologe, Anthropologe und Philosoph Pascal Boyer zu Wort kommen.

Vorsehung und Zufall im Konflikt

Der Vorsehungsglaube ist also nicht nur ein rein religiöses Thema, sondern auch ein psychologisches, neurobiologisches und philosophisches. Aus der Sicht der Philoso­phie gibt es allerdings auch eine Reihe von Widersprüchen, die gegen den Vorsehungsglauben einzuwenden sind und zu Fragen Anlass geben.

Logik

Ist der Glaube an eine Vorsehung mit der Logik vereinbar, kann er mit den Mitteln der Logik bewiesen oder widerlegt werden? Lässt sich ein induktiver oder deduktiver Schluss formulieren, der das Wirken der Vorsehung beweist oder widerlegt? Diese Frage hat die Philosophie schon seit ihren Anfängen beschäftigt und hat insbesondere im Mittelalter zu einer Reihe von logisch begründeten Gottesbeweisen geführt. Immanuel Kant hat sich ausführlich mit drei dieser Gottesbeweise beschäftigt und sie alle widerlegt, ohne allerdings deswegen einen Glauben an Gott völlig zu leugnen, wie noch zu zeigen sein wird.

Viele religiöse Überzeugungen werden durch induktive Schlüsse bestärkt, wie zum Beispiel der Glaube an die Erhörung von Gebeten durch Gott, auf Grund dessen erwünschte und in Gebeten erflehte Ereignisse als Reaktion Gottes auf diese Gebete interpretiert werden. Ist diese Vorstellung angesichts des schon von David Hume aufgezeigten Induktionsproblems haltbar und begründbar?

Willensfreiheit

Die Fragen der Kausalität, des Zufalls und der Wahrscheinlichkeit sowie der Logik sind wesentliche Vorfragen, um zur Willensfreiheit des Menschen eine Position beziehen zu können. Können wir in diesem Spannungsfeld Entscheidungen treffen, die nicht durch unsere Gene, durch Umwelteinflüsse oder durch eine Vorsehung schon vorbestimmt sind? Ist ein Vorsehungsglaube mit einem freien Willen kompatibel? Tragen wir die volle Verantwortung für unsere Handlungen? Können die jüngeren Erkenntnisse der Neurowissenschaften Wesentliches zur Diskussion um die Willensfreiheit beitragen?

Kausalität und Determinismus

Die Frage der Kausalität und des Determinismus ist schon seit Aristoteles Thema der philosophischen Reflexion. Seine Beobachtung „nichts geschieht ohne Ursache“ hat eine absolute Kausalität postuliert und damit dem Determinismus, also der Vorstellung einer Vorbestimmtheit alles Geschehens, die Tür geöffnet. Allerdings hat Aristoteles mit der Vorstellung der zufälligen Kreuzung von Kausalketten auch einen Ausweg aus dem Determinismus aufgezeigt. Wie passt der Vorsehungsglaube zu diesen philosophischen Überlegungen?

Zufall und Wahrscheinlichkeit

Die im 20. Jahrhundert entwickelte Quantenphysik hat die Debatte um Determinismus und Indeterminismus um eine entscheidende Erkenntnis bereichert: es gibt, zumindest in der Quantenphysik, Prozesse, die grundsätzlich zufällig verlaufen. Die Bell’schen Ungleichungen gelten als Beweis dafür, dass der Zufall bestimmten Prozessen, wie zum Beispiel dem radioaktiven Zerfall, tatsächlich immanent ist und nicht nur auf einem Mangel an Kenntnis verborgener Parameter beruht.

Die Wahrscheinlichkeit, in der Mathematik bereits seit langem eine unentbehrliche Rechengröße, hat mit der Quantenphysik ebenfalls eine zusätzliche philosophische Dimension bekommen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es Fakten und Größen gibt, die nicht exakt, sondern aus prinzipiellen Gründen nur als Wahrscheinlichkeit bestimmbar sind, wie zum Beispiel die Position eines Teilchens im Atom oder der Wert eines Quantenbits im – zukünftigen - Quantencomputer.

Zufall und Wahrscheinlichkeit als Gegenposition zur Vorsehung

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit soll auf dem Konfliktfeld zwischen dem Vorsehungsglauben und den Phänomenen von Zufall und Wahrscheinlichkeit liegen und folgende Fragen bearbeiten:

- Der Glaube an die göttliche Vorsehung – was bedeutet er, wie ist er entstanden, wie sieht ihn die heutige Theologie und welche Wurzeln hat er neben den religiösen?
- Wie haben sich namhafte Philosophen zur Vorsehung geäußert?
- Zufall und Kontingenz – wie werden diese Begriffe in der Philosophie und in der Theologie verwendet und was bedeuten sie für den Vorsehungsglauben und für eine Lebensführung ohne Vorsehungsglauben?
- Welche Rolle spielen Vorsehungsglaube, Zufall und Wahrscheinlichkeit in unterschiedlichen Modellen der Lebensbewältigung?

Die Zielsetzung dieser Arbeit

Diese Arbeit möchte einen Überblick über den Vorsehungsglauben aus theologischer und philosophischer Sicht vermitteln und die Konflikte zwischen Vorsehungsglauben, Zufall und Wahrscheinlichkeit aufzeigen.

Neben den religiösen Wurzeln des Vorsehungsglaubens sollen auch psychologische, neurobiologische und anthropologische Grundlagen zur Sprache kommen.

Dazu werden zunächst die Begriffe definiert und aus theologischer und philo­sophischer Sicht beleuchtet. Obwohl der Vorsehungsglaube ein theologischer Begriff ist, haben sich namhafte Philosophen dazu geäußert und kommen mit ihren – überwiegend kritischen - Einschätzungen zu Wort.

Zum Abschluss der Arbeit soll gezeigt werden, wie der religiöse Vorsehungsglaube einerseits und die philosophische Auseinandersetzung mit Zufall und Wahrschein­lichkeit in unterschiedliche Lebensentwürfe Eingang finden können.

3. Der Begriff der göttlichen Vorsehung

Die göttliche Vorsehung ist ein vielschichtiger Begriff: Vorherbestimmung des Schicksals der Welt, Vorherbestimmung Gottes über das Schicksal einzelner Menschen, Leitung und Überwachung des Geschehens in der Welt, zielgerichtete Entwicklung der Welt – es gibt ein reiches Spektrum von Möglichkeiten, diesen Begriff zu verstehen, wie noch zu zeigen sein wird.

In der heute überwiegenden Interpretation der göttlichen Vorsehung als göttliches „Handeln auf die Welt hin“ (Sedmak 1995, 42 f) ist sie zweifellos ein zentraler Bestandteil der christlichen Religion. Der Glaube an ein Eingreifen Gottes in das irdische Leben der Menschen gibt dem Glauben eine Dimension der Realität und Aktualität, welche die ausschließlich das Jenseits betreffenden Verheißungen kaum vermitteln könnten. Wenn Gott hier und jetzt in den Lebensvollzug eingreifen kann, ist das eine stärkere und überzeugendere Botschaft als jene über eine göttliche Schöpfung vor Milliarden von Jahren oder eine mögliche Entscheidung über Seligkeit oder Verdammung beim Jüngsten Gericht in unbestimmter Zukunft. Ist es doch eine plausible Annahme, dass wir unmittelbar drohende Gefahren oder Verheißungen höher bewerten als solche, mit denen erst in ferner Zukunft zu rechnen ist.

Obwohl das Hauptziel dieser Arbeit die philosophische Auseinandersetzung mit dem religiösen Vorsehungsglauben ist, muss zunächst der aus der Theologie stammende Begriff der göttlichen Vorsehung definiert und aus der theologischen Perspektive beleuchtet werden. Dazu bediene ich mich der aktuellen theologischen Literatur, die ich zunächst kritiklos zitiere, um ein Bild des heutigen theologischen Vorsehungs-glaubens zu vermitteln. Ein Blick in die Geschichte des theologischen Vorsehungs­glaubens wird diesen Abschnitt abrunden.

Die theologische Sicht auf den Vorsehungsglauben

Der österreichische Theologe Clemens Sedmak beruft sich für die folgende römisch-katholische Definition der göttlichen Vorsehung auf ein Zitat von Papst Pius XI (DS 2902):

Das göttliche Handeln auf die Welt hin ist nicht ein einmaliges Ereignis, wie es etwa ein deistisches Verständnis nahelegen würde, sondern ein kontinuierliches Geschehen: Gott erhält die Welt in ihrem Dasein. Das göttliche Heilshandeln ist dabei von der göttlichen Vorsehung, die einerseits aus der Allmacht Gottes, andererseits aus seiner Allgüte heraus begründet werden kann, durchwirkt. Die Rede von der göttlichen Vorsehung ist der Schnittpunkt von Gottes Güte und der göttlichen Omnipotenz. (Sedmak 1995, 42 f)

Gott handelt also auf die Welt hin. Er hat sie nicht nur geschaffen, sondern verwaltet sie auch und achtet darauf, dass alles nach seinen Plänen verläuft. Die Vorsehung im engeren, nämlich auf eine bestimmte Person bezogen Sinne bleibt hier noch etwas unbestimmt, sie durchwirkt jedenfalls das göttliche Heilshandeln in einem kontinuierlichen Geschehen. Im Vordergrund stehen Gottes Güte und seine Allmacht.

Der Theologe Ulrich Beuttler fügt einen weiteren Gesichtspunkt hinzu, nämlich das Wirken Gottes im Hinblick auf die Zukunft. Er spricht von der temporalen praesentia operosa als „weltoffene Anwesenheit der Schöpfermacht Gottes, die im Raum der Welt einen unverfügbaren Raum, nämlich Zukunft, eröffnet“ (Beuttler 2010, 385). Damit wird darauf hingewiesen, dass die Vorsehung nicht nur die aktuellen Ereignisse begleitet und nötigenfalls beeinflusst, sondern dass sie auch eine Komponente der Vorausplanung enthält.

Wie schon erwähnt, liegt ein wesentlicher Aspekt des Vorsehungsglaubens darin, dass er die mythisch fundierten Glaubensinhalte, wie z.B. Schöpfung, Erbsünde oder Erlösung, konkret mit dem Lebensvollzug im irdischen Dasein verbindet. Durch den Glauben an das Hineinwirken Gottes in das Leben der Gläubigen wird Gott als gestaltende, leitende, beschützende, aber auch strafende Macht intensiv erlebt und damit sein Weltbezug unmittelbar erfahrbar gemacht. Leo Scheffczyk, Professor für Katholische Dogmatik, betont diesen Bezug zwischen Gott und Welt als Grundlage für den Vorsehungs­glauben: „Der christliche Vorsehungsglaube ist seit jeher als besonders intensiver Ausdruck des Weltbezuges Gottes wie auch umgekehrt des Gottesbezuges der Welt verstanden worden.“ (Scheffczyk 1975, 331) Der Vorsehungsglaube ermöglicht es dem Gläubigen also, mit seinem Gott in Beziehung zu treten und das Wirken Gottes auf Erden zu erkennen und als gegeben anzunehmen. Darüber hinaus hat die Vorsehung für ihn auch eine geschichtliche und dialektische Dimension, die an Hegel erinnert:

>Vorsehung< ist nur der finale, teleologische Aspekt jenes Geschehens, in dem Gott ein Nichtseiendes voraussetzungslos ins Sein ruft, um es durch Zeit und Geschichte hindurch zu einer höheren Vollendung zu führen, die in Gott selbst liegt. (Scheffczyk 1975, 336)

Es geht also für die Vorsehung nicht nur darum, mit den menschlichen Schicksalen zu jonglieren um sie ordnend unter einen Hut zu bringen, sondern der göttliche Plan zielt immanent auf eine höhere Vollendung ab, die in Gott selbst liegt.

Scheffczyk sieht die göttliche Vorsehung auch als Gegengewicht zum existentialis­tischen Freiheitspathos und zu den Aporien, in welche die gegensätzlichen Strebungen des modernen Autonomiebewusstseins auslaufen würden, nämlich Determinismus – Zufall und Schicksal – Freiheit. In der göttlichen Vorsehung sei jene transzendente Kraft wirksam, „die diese Faktoren des modernen Autonomie­bewußtseins einerseits vollauf wahren kann, sie andrerseits aber auch vor ihrem übertriebenen Selbstanspruch schützen kann, der das Menschliche schließlich zerstören muß“ (Scheffczyk 1975, 348 f). So könne Vorsehung als „Einheit von göttlicher Bestimmung und geschöpflicher Selbständigkeit verständlich gemacht werden“ (ibid.).

Der Theologe Reinhold Bernhardt spricht die Kontingenz des Lebensvollzuges an und stellt die sinnstiftende und trostspendende Wirkung des Vorsehungsglaubens in den Vordergrund:

Der Lebensvollzug des einzelnen - einschließlich der Erfahrungen von Sinnlosig­keit - wird in den größeren Sinn- und Orientierungszusammenhang des teleolo­gischen Handelns Gottes gestellt, von dem er sich getragen, geschützt und geleitet weiß. In der Grundüberzeugung, daß Gott der Herr und Hüter der Kontingenz ist, liegt die trostspendende Funktion des Vorsehungsglaubens begründet. (Bernhardt 1999, 17)

In diesem Argument steht weniger das Handeln Gottes im Vordergrund, sondern die Auswirkung des Vorsehungsglaubens auf den Gläubigen in Form von Anleitung, Sinnstiftung und Trost.

Ähnlich argumentiert auch der deutsche Theologe Arnulf von Scheliha: er sieht den religiösen Vorsehungsglauben als „die religiöse Form des Umgangs mit dem als Schicksal zusammenfassend interpretierten Kontingenzrisikos [sic], dem der menschliche Lebensvollzug unterliegt“ (Scheliha 1999, 340). In der Abhängigkeit vom Schicksal würden die Grenzen rational-diskursiv herstellbarer Selbst­bestimmung aufgezeigt.

Die Deutungsleistung des Vorsehungsglaubens besteht in der mentalen Transformation des schicksalhaften Fremdbestimmungspotentials in eine Möglichkeit zur wirklichen Selbstbestimmung. Der Vorsehungsglaube ist daher wegen der mit ihm verbundenen Sinnproduktionsleistung des einzelnen ein emanzipativer Modus der Bewältigung von kontingenter Faktizität und Schicksalserfahrung. (Scheliha 1999, 341)

Scheliha verweist also auf die emanzipatorische Wirkung des Vorsehungsglaubens, die es dem Gläubigen ermöglicht, in schicksalhaften Ereignissen seines Lebens einen Sinn zu erkennen und damit sein Schicksal selbstbestimmt zu bewältigen.

Der deutsche Theologe Hans Kessler betont die menschliche Handlungsfreiheit und sieht die göttliche Vorsehung als ständige Interaktion und als Dialog zwischen Gott und seinen freigegebenen Geschöpfen:

Gott zwingt die Dinge nicht in eine bestimmte Richtung, sondern lädt ein, wirbt, lockt: Alles in der Welt vom Urknall an geschieht in einer ständigen Interaktion zwischen Gott (als ermöglichendem Grund) und den (freigegebenen) Geschöpfen, in einem mehr oder weniger gut gelingenden und oft auch misslingenden „Dialog". Ein solch „dialogisches" Verhältnis Gott-Welt ist nicht erst auf der Ebene des Menschen anzunehmen, sondern - in analoger und graduell abgestufter Weise - schon im vormenschlichen Bereich und im kosmischen Prozess von Anfang an. (Kessler 2009, 134)

Die göttliche Vorsehung gilt in der Theologie als erwiesen durch zahlreiche Berichte und Zeugnisse von Gläubigen, die dieses Dogma grundsätzlich akzeptieren und in ihrer Erlebniswelt immer wieder mit Ereignissen konfrontiert sind, die sich für sie am besten durch das Wirken der göttlichen Vorsehung erklären lassen. Dies können zum Beispiel Ereignisse sein, die als so unwahrscheinlich betrachtet werden, dass man sie sich nur als Ergebnis des Einwirkens einer höheren Macht erklären kann. Eine andere Möglichkeit zur Erfahrung der Vorsehung liegt in den Gebets­erhörungen, also in der Vorstellung, dass Gott auf Gebete reagiert hat.

Der Existenzphilosoph Erich Brock kannte die Komplexität des Vorsehungsbegriffs, der von Außenstehenden oft missverstanden wird: “Die Vorsehung ist ein schwieriger, viel mißbrauchter und daher von Geistern, welche der Religion ferne stehen, oft verspotteter Begriff.“ (Brock 1990, 374) Zwei für ihn wesentliche Argumente für den Vorsehungsglauben fasst er hier wie folgt zusammen:

Das Erlebnis gläubiger Menschen von dem günstigen leitenden Walten einer Vorsehung ist so unzählig und glaubhaft bezeugt (Jes. Sir 33,1), daß Voreinge­nommenheit oder Beharrung auf der Forderung theoretischer, unexistentieller Klarheit dazu gehört, um dies alles als Selbstsuggestion primitiver Geister abzutun. Die gleichfalls kaum zufällige, verbreitete Erfahrung von Gebets­erhörungen ist vielleicht noch durchdringlicher, indem sich der auf Kraft fußende Zudrang des Gebetes überhaupt dem Problem der tätigen, also wohl wirkenden Rolle des Glaubens Gott gegenüber einordnen läßt. (Brock 1990, 374 f)

Einerseits spricht er damit das existenzielle Erleben an, das man nur dann als unglaubwürdig abtun könne, wenn man theoretische, also in seinen Augen „unexistenzielle“ Klarheit fordert. Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass theoretische Klarheit sehr wohl zu den Forderungen gehört, die an jede Art von Philosophie zu stellen ist. Auch existentielle Empfindungen müssen wohl daran gemessen werden, ob die dahinter vermuteten Wirkungszusammenhänge logisch begründbar sind oder nicht.

Andererseits erwähnt Brock den Glauben an Gebetserhörungen, die er als durchdringliche Erfahrung bezeichnet. Die Erfüllung einer im Gebet vorgetragenen Bitte muss zweifellos eine überwältigende Erfahrung sein, die dem Glauben an die göttliche Vorsehung eine fast unbezweifelbare Grundlage verschaffen und ihn mit jeder neuerlichen Gebetserhörung verstärken und vertiefen kann. Nur der Glaube an die göttliche Vorsehung macht es wohl überhaupt zielführend, Bittgebete, die das irdische Leben betreffen, vorzubringen. Dabei wird dem Gläubigen ein gewisses Maß an Demut abverlangt: allzu forsch vorgetragene Bitten werden vermutlich eine geringere Chance auf Erhörung haben als gut überlegte und mit Demut vorgebrachte. Der deutsche Theologe Reinhold Bernhard sieht den Zusammenhang von Bittgebet und Vorsehung so: „Das Bittgebet erhält von daher seinen Sinn als Bitte um Erkenntnis dessen, was Gott >vorsieht< und als Bitte um die Kraft des Geistes und der Wahrheit, an der Realisierung des Vorgesehenen mitzuwirken.“ (Bernhardt 1999, 466)

Theologisch geht es also beim Bittgebet nicht darum, „Wünsche an das Christkind“ zu formulieren, um sich beschenken zu lassen, sondern darum, Kraft für die Realisierung des von Gott vorgesehenen Lebensplanes zu erheischen. Allerdings kann der Gläubige nicht mit Sicherheit damit rechnen, dass seine Bitte in Gottes Plan Berücksichtigung finden kann, wie Reinhold Bernhardt schreibt:

Der Betende wird jedoch immer auch mit der Erfahrung konfrontiert sein, daß die erbetene Einsicht und Kraft ausbleibt. Das Bittgebet wird sich dann zur Klage wandeln und diese wiederum zur neuen Bitte um die Kraft, diese Erfahrung auszuhalten [sic] zu können. Die expressive und rezeptive Funktion des Gebets, die danach [im Originaltext: 'dananch'] strebt, das eigene Denken und Handeln in die Sinnrichtung des Willens und Wirkens Gottes einzustellen und sich dabei in >realistischer< Weise zu Widerstand und Ergebung befähigen zu lassen, ist der Anfechtung durch das »Schweigen« Gottes ausgesetzt. Die Erkenntnis des von Gott >Vorgesehenen< und seines Vorsehungswirkens in der Welt bleibt daher immer angefochten. (Bernhardt 1999, 466)

Da Gott nicht jede Bitte erhört und erfüllt, kann der vom Gläubigen vermutete Wirkungszusammenhang zwischen Gebet und Reaktion Gottes weder verifiziert noch falsifiziert werden. Ob man ein Ereignis als Antwort Gottes auf ein Gebet interpretiert, ist somit eine reine Frage des Glaubens und kann nicht empirisch oder logisch begründet werden.

Bernhardt unterscheidet zwei Modelle der Vorsehungslehre, das aktualistische und das sapiential-ordinative:

Das Grundverständnis der Vorsehung als tätiger Weltwirksamkeit Gottes bezeichne ich als das aktualistische Modell der Vorsehungslehre, ihre Auslegung als Gott-internen Akt des determinativen »Vor(ver)sehens« als den sapiential-ordinativen Typus. Beide Auffassungen haben die Aussageabsicht des je anderen Typus stets in sich integriert, aber ihrem eigenen Leitgedanken untergeordnet. (Bernhardt 1999, 37)

Während das aktualistische Modell problemlos mit den gängigen Vorstellungen über die Vorsehung vereinbar ist, bedarf das sapiential-ordinative Modell einiger Erläuterungen. Gemeint sei damit „ein primär >intellektuales< Geschehen der gott-internen Logizität und der davon ausgehenden Manifestation dieser Logizität in der Struktur bzw. Ordnung des geschöpflichen Seins“ (ibid.). Quellen für diese Vorstellung seien neben der Bibel auch in der griechischen Philosophie zu finden, nämlich „in Platos Ideenlehre, in der aristotelischen Auffassung Gottes als primum movens immotum und dann im stoischen Konzept der göttlichen Weltvernunft“ (Bernhardt 1999, 38).

Diese Quellenangabe legt zwangsläufig einen Blick auf die Entstehung und Geschichte des Vorsehungsglaubens nahe, der hier in sehr geraffter Form, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, geboten werden soll.

Ein kurzer Blick auf die Geschichte des Vorsehungs­glaubens

Die christliche Bibel kennt den Begriff der göttlichen Vorsehung kaum, wie auch Leo Scheffczyk bestätigt: „Es ist ein bemerkenswertes theologie­geschichtliches Faktum, daß die biblischen Schriften den Begriff ‚ prónoia ‘, ‚ providentia ‘ nicht besitzen, was allerdings nicht besagt, daß sie die Sache selbst nicht kennen würden.“ (Scheffczyk 1975, 331 f) Der Begriff sei aus der Sokratischen Vorsehungsfrömmigkeit und aus der natürlichen Theologie der Stoa in das christliche Denken übernommen worden (vgl. ibid., 332). Später habe er sich auch bei Hegel gefunden, in seiner „Auffassung von der göttlichen Vernunft in der Weltgeschichte, die ihr Ziel gegenüber dem Individuum sogar mit List zu erreichen weiß“ (ibid., 333).

Hegel bezeichnet es ja in der Einleitung zu den Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte als „ die List der Vernunft“, dass die Geschichte zur Erreichung ihres Endzwecks, nämlich der Vervollkommnung des Geistes in der Freiheit, „die Leidenschaften für sich wirken läßt“ (Hegel 1986, 49). Gemeint sind damit die besonderen Leidenschaften der „welthistorischen Individuen, welche den Beruf hatten, Geschäftsführer des Weltgeistes zu sein“ (Hegel 1986, 46). Diese teleologische Sicht auf die Vorsehung ist zwar nicht identisch, aber zumindest in einem Teilaspekt kompatibel mit der heutigen christlichen Theologie, nämlich darin, dass Gott die Menschen geschaffen hat und sie einsetzt, um seine Schöpfung zu vervollkommnen.

Reinhold Bernhardt schreibt dazu, Hegel habe die Vorsehung als Selbst- und Weltgestaltungsprinzip der absoluten Vernunft gesehen (vgl. 1999, 224). Allerdings bleibe für ihn der religiöse Vorsehungsglaube „gegenüber der philosophischen Darstellung der in ihm zum Ausdruck gebrachten Idee defizient und unterbestimmt“ (Bernhardt 1999, 225). Er sei daher philosophisch aufzuheben. Der Inhalt des göttlichen Vorsehungswirkens bestehe „in der Verwirklichung zunehmender Freiheit als Gestalt der von Gott >vorgesehenen< und gesetzten Notwendigkeit“ (ibid.).

An den Beginn seines geschichtlichen Rückblicks setzt Bernhardt allerdings die Reformation und ihre Proponenten Luther und Calvin. Er sieht die theologie­geschichtlichen Wurzeln des Vorsehungsglaubens in einer Trias von ineinander verflochtenen religiösen Erwartungen:

Die Rede von der Vorsehung Gottes entfaltet sich in der Theologiegeschichte in den drei, sich gegenseitig beeinflussenden, überlagernden und korrigierenden Metaphernfeldern 1. der königlichen Macht und Herrschaft Gottes, 2. seiner die Schöpfung ordnenden und teleologisch führenden Weisheit und 3. seiner väterlichen Güte. (Bernhardt 1999, 45)

Martin Luther habe auf die Ausbildung einer eigenen Vorsehungslehre verzichtet, um nicht in einen theologischen Determinismus zu geraten, „wodurch die Freiheit der Menschen ausgeschaltet, das Bittgebet sinnlos gemacht und Gott zum Urheber des Bösen gemacht wäre“ (Bernhardt 1999, 85 f). Calvin habe gerade diesen Einwand aufgegriffen und wiederholt auf „das personale göttliche Subjekt der Allwirksamkeit und auf seinen barmherzigen Gnadenwillen“ (Bernhard 1999, 112) hingewiesen. Es sei „die königliche Herrschaft des gütigen Vaters im Himmel, die alles mit theonomer Notwendigkeit >zum Besten< leitet“ (ibid.). Der göttliche Wille zeige sich in der gubernatio, allerdings „nicht in der ungebrochenen Dominanz des unbewegten Bewegers, der sein Diktat statisch-apathisch (d.h. leidenschaftslos, innerlich unbewegt) appliziert, sondern in bewegter Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Kontext in höchst spezifischen und konkreten Akten“ (Bernhardt 1999, 113). Allein unter dieser Voraussetzung könne das Bittgebet seinen Sinn behalten, man könne es geradezu als „negotium cum Deo“, als eine Art des Verhandelns mit Gott, verstehen.

Im Zeitalter der Aufklärung habe sich die providentia ordinata in den Vordergrund geschoben, die Vorstellung, dass Gott seine „Herrschaft“ mittelbar, „durch die von ihm verfügte Ordnung eines in sich geschlossenen Kausalnexus und damit in allgemeiner Regelhaftigkeit (providentia ordinata) und als gleichmäßige Einwirkung auf das gesamte Weltgeschehen (providentia universalis)“ ausübe (Bernhardt 1999, 187).

Nach einer Phase abnehmender Bedeutung der Vorsehungslehre im 19. Jahrhundert sei sie im 20. Jahrhundert, beginnend mit Karl Barth, neu formuliert worden. Aus heutiger Sicht sieht Bernhardt die Vorsehungslehre im Bereich der Pneumatologie am besten aufgehoben (vgl. Bernhardt 1999, 444 ff). In der Lehre vom Heiligen Geist könne sie die externale Dimension des Wirken Gottes zum Ausdruck bringen, die Trennung von Welt- und Heilshandeln Gottes überwinden und die Universal­dimension der Wirksamkeit Gottes verdeutlichen. Allerdings sei damit nicht eine Bevorzugung des heiligen Geistes innerhalb der göttlichen Trinität ausgedrückt, sondern alle Wirkung Gottes gehe „von der trinitarisch strukturierten einen Person Gottes aus“ (Bernhardt 1999, 445), vom Schöpfer, Offenbarer und Vollender aller Wirklichkeit; er ist das summum agens. Inhalt und Ziel seiner Wirksamkeit besteht in seinem Heilswillen, wie er als Wirkwort Gottes (Logos) in die Welt hineingesprochen ist und in Jesus Christus seine maßgebliche Manifestation gefunden hat; in ihm erschließt sich, was Gott für die Welt und die Menschheit >vorgesehen< hat und verwirklichen wird. (ibid.)

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Begriff der göttlichen Vorsehung im Lauf der Geschichte auf eine Vielfalt von Vorstellungen angewendet wurde, die im Zusammenhang mit der Lenkung der Welt durch einen allmächtigen, gütigen Gott stehen. Im Vordergrund der heutigen Theologie steht dabei eine anteilnehmende Lenkung der Welt, die sich bis zu Eingriffen in einzelne menschliche Schicksale denken lässt. Der Aspekt einer Vorherbestimmung von Ereignissen oder Schicksalen steht heute nicht im Vordergrund, er ist allerdings in der Idee einer teleologischen Entwicklung der Schöpfung mitgedacht.

Epistemische Basis und intellektuelle Redlichkeit

Die Beschäftigung mit den Ausführungen der Theologen gibt – auch abseits der von ihnen intendierten Botschaften – Stoff für die philosophische Reflexion: Auf einer sehr schmalen epistemischen Basis – ob man eine solche überhaupt erkennen kann ist mehr eine Frage der Weltanschauung als der Wissenschaft – werden in wohl gedrechselten Satzkonstruktionen komplizierte Zusammenhänge und Begründungen entfaltet, um die zahllosen Schwachstellen und logischen Widersprüche der Offenbarung zu erklären oder zu übertünchen. Die Mythen und Legenden der christlichen Offenbarung sind nun einmal nicht sehr präzise formuliert, schon gar nicht widerspruchsfrei und in keiner Hinsicht beweisbar.

Mit der Wahrheit der christlichen Offenbarung hat sich Herbert Schnädelbach auseinandergesetzt. Er stellt der Glaubenswahrheit die Urteilswahrheit gegenüber. Die Platoniker und Heidegger hätten demgegenüber auf der Seinswahrheit bestanden, „also auf der Wahrheit als Unverborgenheit (alétheia) des Seienden“ (Schnädelbach 2009, 45). Dass diese die Grundlage der Urteilswahrheit sei, bestreitet Schnädelbach aber:

Urteile, Aussagen oder Behauptungen haben die logische Eigenschaft, auch falsch oder irrig sein zu können. Seinswahrheiten, die man besser Evidenzen nennen sollte, haben diese Eigenschaft nicht; sie bestehen oder bestehen nicht, und wenn sie nicht bestehen, gibt es auch nichts Falsches oder Irriges. (ibid).

Es sei falsch, „das Erkennen als ein sinnliches oder geistiges Sehen oder Gesehen-haben zu deuten“ (ibid.), denn Wahrnehmung sei nicht dasselbe wie ein Wahr­nehmungs urteil „und nur Urteile nennen wir wahr oder falsch“ (ibid.). Glaubens­wahrheit sei also eine Gewissheit auf Grund von Evidenzen, während Urteils­wahrheit der Gehalt dessen sei, „was wir Wissen nennen und mit guten Gründen als wahre, gerechtfertigte Überzeugung verstehen“ (Schnädelbach 2009, 47). Gewissheit und Wissen dürfen nicht miteinander verwechselt werden:

Gewissheit ist ein subjektiver Zustand, der keineswegs die Wahrheit dessen garantiert, was jemand für gewiss hält; Wissen hingegen ist etwas Trans­subjektives, weil wahr und gerechtfertigt zu sein die Überzeugungen auszeichnet, von denen viele und im Prinzip alle Subjekte überzeugt sein können. (ibid.).

In diesem Sinne interpretiere ich die „Wahrheit“ der christlichen Offenbarung als eine Gewissheit der Gläubigen, die jedoch nicht Wissen im philosophischen Sinn darstellt, also nicht epistemisch gerechtfertigt ist.

Es ist nun ausdrücklich nicht die Aufgabe der Theologie, die Offenbarung zu hinterfragen oder in Zweifel zu ziehen. Clemens Sedmak bezeichnet die Theologie als eine praktische Wissenschaft, deren Modelle einen performativen Charakter haben:

Theologische Reflexion unternimmt den Versuch, Satzsysteme bereitzustellen, die Glaubenssysteme repräsentieren und die in diesen Glaubenssystemen ausgedrückten Orientierungsversuche kritisch auf ihr Regelwerk hin hinterfragen. Diese >Metapragmatik< erfolgt in der Modellbildung. Theologische Modelle haben performativen Charakter, insofern sie in der religiösen Praxis entstehen, insofern die Modellbildung Teil der religiösen Praxis ist, insofern sie religiöses Leben anleiten. Präzise in diesem Sinn ist Theologie eine praktische Wissen­schaft. (Sedmak 1995, 127)

Der religiöse Glaube ist zweifellos eine unentbehrliche Voraussetzung für die Ent­scheidung zum Beruf des Theologen, ebenso wie des Priesters. Ohne einen einigermaßen linientreuen und den geltenden Dogmen entsprechenden Glauben wäre eine Berufsaus­übung nur schwer vorstellbar. An ihm hängt auch das existenznotwendige „ nihil obstat “ der katholischen Kirche als Voraussetzung für die Erteilung der „ Missio canonica “, der kirchlichen Lehrbefugnis. Eugen Drewermann, Adolf Holl und Hans Küng sind nur einige Beispiele für die Strenge, mit der die römisch-katholische Kirche in dieser Frage auch gegen prominente Abweichler vorgeht[1]. Auf der Basis dieses gefestigten Glaubens – und durch seine Brille gesehen - entwickelt der Theologe seine theoretischen Erklärungen und Erläuterungen. Sich von ihm die „wirkliche“ Welt erklären zu lassen, wäre also nicht anders als sich die Arbeit der Regierung von einem „spin doctor“ schönreden zu lassen, der die Manipulation schon in seiner Berufsbezeichnung trägt[2]. Der Einfluss der Theologie beschränkt sich auf ein Umfeld, das den religiösen Glauben bereits in sein Weltbild integriert hat.

In ihren Aussagen und in ihrem Stil wenden sich die Theologen nicht in erster Linie an – gläubige oder ungläubige - Laien, sondern an das Fachpersonal der Religions­ausübung, die Seelsorger im weitesten Sinn. Sie mit Orientierungs- Erklärungs- und Argumentationshilfen zu versehen ist ihre vorrangige Aufgabe. Die Ungläubigen erreichen sie damit kaum – diese halten es eher mit dem britischen Philosophen und Mathematiker William Clifford: „To sum up: it is wrong always, everywhere, and for anyone, to believe anything upon insufficient evidence. (Clifford 1996, 70) Etwas zu glauben, wofür es keine ausreichenden Belege gibt, ist immer, überall und für jeden falsch. Den Begriff „falsch“ interpretiere ich allerdings hier ausschließlich in dem Sinn, dass unbeweisbare Überzeugungen nicht epistemisch gerechtfertigt sind.

Das Urteil des deutschen Philosophen Ernst Tugendhat geht mir allerdings einen Schritt zu weit, wenn er schreibt, dass man „den Götterglauben mitsamt dem ihm zugrundeliegenden pragmatischen Faktor heute nur als eine Wunschprojektion ansehen“ kann (Tugendhat 2006, 123). Auch die folgende Aussage scheint mir zu apodiktisch: „Es kommt hinzu, daß der Glaube an Gott, wenn man sich klarmacht, daß er in einem Wunsch motiviert ist, an der Barriere des intellektuellen Gewissens scheitert.“ (Tugendhat 2006, 124). Dies deshalb, weil die „intellektuelle Redlichkeit“, auf die er sich dabei bezieht, wohl in erster Linie für Seinesgleichen, also für hochgebildete Ungläubige, ein Thema und eine Herausforderung ist, während diese Tugend für den größeren Teil der Gläubigen außerhalb der Zielsetzungen, Ansprüche und Verpflichtungen liegt – ihr Glaube sollte daher nicht am normativen Maßstab der intellektuellen Redlichkeit gemessen werden.

Die Bedeutung einer umfassend gesicherten epistemischen Basis für einen religiösen Glauben sollte auch grundsätzlich nicht überschätzt werden - ist sie doch nicht das einzige Kriterium, das für die praktische Anwendbarkeit einer Theorie, einer Religion oder eines gesamten Weltbildes entscheidend ist. Ich möchte das in einem Vergleich mit der Naturwissenschaft belegen: In der Physik gilt die Gravitation als das Schmuddelkind, das sich widerspenstig dagegen wehrt, sich in das sogenannte Standardmodell der Teilchenphysik einfügen zu lassen. Sie lässt sich „nicht in Begriffen anderer Kräfte ausdrücken. Weder ist sie eine Erscheinungsform der Elektrizität noch die von etwas Ähnlichem; wir haben also keine Erklärung für sie“ (Feynman et al. 2007, 169). Auf der Suche nach der „Großen Vereinheitlichten Theorie“ klafft hier noch eine schmerzhafte Lü>Der Vorsehungsglaube aus philosophischer Sicht

Für die Philosophie ist der Vorsehungsglaube – der ja ein eminent religiöser Begriff ist – kein vorrangiges Thema. Es haben sich aber namhafte Philosophen dazu geäußert, sei es im Rahmen von religionsphilosophischen Erörterungen oder – und vor allem - im Hinblick auf den Begriff der Telelologie, der mit der Vorsehung in einem gewissen Sinn verzahnt ist.

Der Naturphilosoph Norbert A. Luyten geht in seiner Betrachtung zurück zum mythischen Denken und seinen Vorstellungen: „Das Weltgeschehen wird durch anthropomorph aufgefaßte Handlungen der Götter bestimmt“ (Luyten 1975, 48). In der griechischen Philosophie sei diese Vorstellung durch ein Denken in rational erfassbaren Regeln abgelöst worden:

Die ersten griechischen Philosophen kamen dann auch zu einem Weltverständnis, das - wenn manchmal auch noch mit mythologischen Elementen durchsetzt - durch eine innere, notwendige Gesetzlichkeit gekenn­zeichnet war. Die Welt zu verstehen, hieß jetzt nicht mehr, sie durch irgendwelche psychologisch nachvollziehbare, göttlich-anthropomorphe Motivierungen zu deuten, sondern sie nach rational erfaßbaren Regeln zu begreifen. (Luyten 1975, 49)

Wenn von rationalen Regeln die Rede ist, drängt sich ein Name auf, der wie nur wenige andere mit Rationalität und Vernunft assoziiert wird: Immanuel Kant.

Immanuel Kant

Kant hat zwar den Begriff der Vorsehung an mehreren Stellen seines umfangreichen Werkes verwendet, allerdings in der Mehrzahl der Fälle eher in der allgemeinen Bedeutung von „Lauf der Welt“ als im Sinne eines aktiven Eingreifens von Gott in die Geschicke der Menschen. Dies kommt auch in diesem Zitat aus seinem Werk Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798) zum Ausdruck:

Vorsehung bedeutet eben dieselbe Weisheit, welche wir in der Erhaltung der Species organisirter, an ihrer Zerstörung beständig arbeitender und dennoch sie immer schützender Naturwesen mit Bewunderung wahrnehmen, ohne darum ein höheres Princip in der Vorsorge anzunehmen, als wir es für die Erhaltung der Gewächse und Thiere anzunehmen schon im Gebrauch haben. (Anth, 328)

Die Vorsehung könnte hier vielleicht als die Weisheit der Schöpfung interpretiert werden, die in der belebten Natur zum Ausdruck kommt, ohne dass ein „höheres Prinzip“ sich besonders um einzelne Schicksale kümmern würde.

Auch in der Religionsschrift (RGV) wird der Begriff einige Male verwendet, wobei es Kant aber fern liegt, den Menschen als ein durch die göttliche Vorsehung beeinflusstes oder gar beschränktes Wesen zu beschreiben. Die Freiheit ist ihm zu wichtig und der Weg zu ihr führt über die Moral. Der Mensch kann ein „moralisches Volk Gottes“ nicht ohne Gottes Hilfe schaffen, muss sich aber um dieses Ziel bemühen und darf es nicht „einer höheren Weisheit“ überlassen:

Ein moralisches Volk Gottes zu stiften, ist also ein Werk, dessen Ausführung nicht von Menschen, sondern nur von Gott selbst erwartet werden kann. Deswegen ist aber doch dem Menschen nicht erlaubt, in Ansehung dieses Geschäftes unthätig zu sein und die Vorsehung walten zu lassen, als ob ein jeder nur seiner moralischen Privatangelegenheit nachgehen, das Ganze der Angelegenheit des menschlichen Geschlechts aber (seiner moralischen Bestimmung nach) einer höhern Weisheit überlassen dürfe. (RGV, 134/B141)

In seiner Schrift Zum ewigen Frieden bezeichnet Kant die Vorsehung als die „tiefliegende Weisheit einer höheren, auf den objektiven Endzweck des menschlichen Geschlechts gerichteten und diesen Weltlauf prädeterminierenden Ursache“ (ZeF, 33). Dazu differenziert er in einer langen Fußnote verschiedene Arten der Vorsehung:

- Die gründende Vorsehung (providentia conditrix), die „in den Anfang der Welt gelegt wird“,
- Die waltende Vorsehung (providentia gubernatrix), die den Lauf der Natur „nach allgemeinen Gesetzen der Zweckmäßigkeit“erhält,
- Die leitende Vorsehung (providentia directrix) zu Zwecken, die vom Menschen nicht vorhergesehen werden, sondern nur „aus dem Erfolg“ vermutet werden können und
- Die Fügung (directio extraordinaria), die auf Wunder hinweise, „obwohl die Begebenheiten nicht so genannt werden“. (alle Zitate ZeF, 33 ff)

[...]


[1] vgl. Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_katholischen_Theologen,_denen_­die_­Lehrerlaubnis_entzogen_wurde, Zugriff am 22.3.2015

[2] spin doctor: Meinungsmacher, Schönredner, Tatsachenverdreher. Quelle: Internet: http://www.dict.cc/?s=spin+doctor, Zugriff am 22.3.2015

Ende der Leseprobe aus 115 Seiten

Details

Titel
Der Vorsehungsglaube aus theologischer und philosophischer Sicht. Die Rolle von Zufall und Wahrscheinlichkeit. Wege der Kontingenzbewältigung
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Philosophie)
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
115
Katalognummer
V304270
ISBN (eBook)
9783668025288
ISBN (Buch)
9783668025295
Dateigröße
1117 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vorsehung, Zufall, Wahrscheinlichkeit, Teleologie, Schicksal, Kontingenz, Kontingenzbewältigung, Religionskritik, Voltaire, Hume, Kant, Feuerbach, Nietzsche, Freud, Hegel
Arbeit zitieren
Dkfm., BA Karl-Heinz Mayer (Autor:in), 2015, Der Vorsehungsglaube aus theologischer und philosophischer Sicht. Die Rolle von Zufall und Wahrscheinlichkeit. Wege der Kontingenzbewältigung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/304270

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