Genau wie die Literatur ein Zeichensystem ist, das zum Transportieren oder Erzeugen von
Bedeutung dient, kann auch ‚der Film’ ein solches sein. Film und Theater sind zwar
aufgrund der technischen Mittelbarkeit im Gegensatz zum wesentlich freieren Mittel der
Sprache eingeschränkt, was die achronologische Darstellung angeht, können aber als
audio-visuelle Medien auf wesentlich mehr Zeichensysteme zurückgreifen, also z.B.
gesprochene Sprache, Geräusche, Musik. Doch gerade die Systeme im Bildtrakt wie
Gestik, Mimik und Requisitensymbolik eröffnen dem Medium Film wesentlich reichere
Möglichkeiten der Bedeutungserzeugung.1 Um eines dieser Zeichensysteme soll es hier
gehen, nämlich um die Ausstattung und Darstellung von Innenräumen. Der Fokus liegt in
dieser Arbeit auf dem deutschen Heimatfilm, und es gilt herauszufinden, wie die
Ausstattung und Darstellung der Räume in Heimatfilmen semantisiert ist, welche
Bedeutung und welche globalen Muster also transportiert werden, oder wie das Verhältnis
zwischen materieller Zeichenbasis und Zeichenbedeutung ist. Hierbei soll eine grobe Zweiteilung erreicht werden, indem zunächst die Grundlagen für ‚Filmsprache’, also filmische Syntax und Semiotik behandelt werden, das Zeichensystem
‚filmischer umbauter Raum’ untersucht und schließlich beispielhaft die Bedeutungserzeugung mittels Rauminszenierung im Film HEIMAT2 analysiert wird. Die Arbeit wird verfaßt in dem Bewußtsein, daß es durchaus als wenig ergiebig bezeichnet
wird, nur einen Aspekt der Bedeutungserzeugung herauszugreifen und hier unabhängig
von z.B. Musik und Sprache nur die Ausstattung der Räume zu untersuchen.3 Die Literaturlage zu Filmtechnik und Filmsprache ist reichhaltig. Diverse Einführungen und spezialisierte Werke bieten einen weiten Überblick, während zur Ausstattung des
deutschen Heimatfilms nur wenig zu finden ist. Nur marginal wird auf die Semiotik des
umbauten Raumes eingegangen. Es ist allerdings gut möglich, gesellschaftspolitische
Untersuchungen zum Heimatfilm mit den stets gleichbleibenden, genreübergreifenden
filmischen Mustern zu verknüpfen und somit zu untermauern. 1 Vgl. Kuchenbuch 1978, S. 33. 2 D 1938, R(egie): Carl Froelich, B(uch): Harald Braun. 3 Vgl. Hickethier 2001, S. 24 f.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlagen
- Signifiant und Signifié – vom Phonem zur Literatur
- Denotative und konnotative Bedeutung
- Der umbaute Raum im deutschen Heimatfilm
- Die Beschaffenheit des umbauten Raums und ihre Abweichungen
- Der inszenierte Raum / offene und geschlossene Form
- Durchbrechen der Raumkonstanten
- Die Beziehung Person - Gesellschaft - Raum
- Semantisierung umbauter Räume in Carl Froelichs Film HEIMAT
- Exposition – Räume als „Charakterdarsteller“
- Magda von Schwartze – Rückkehr, Buße, Himmelfahrt
- Schlußbetrachtung
- Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Semantisierung der Ausstattung und Darstellung von Innenräumen im deutschen Heimatfilm. Ziel ist es, die in diesen Filmen transportierte Bedeutung und globale Muster der Rauminszenierung zu erforschen und das Verhältnis zwischen materieller Zeichenbasis und Zeichenbedeutung zu analysieren. Die Arbeit betrachtet den Film als Zeichensystem und untersucht, wie die Raumgestaltung zur Bedeutungserzeugung beiträgt.
- Film als Zeichensystem und Semiotik des umbauten Raumes
- Bedeutungserzeugung durch Rauminszenierung im deutschen Heimatfilm
- Analyse der Beziehung zwischen Raum, Person und Gesellschaft
- Anwendung semiotischer Konzepte (Signifiant/Signifié, Denotation/Konnotation)
- Beispielhafte Analyse von Carl Froelichs Film "HEIMAT"
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt die Zielsetzung der Arbeit. Sie betont den Film als Zeichensystem, dessen Bedeutung nicht nur aus Sprache, sondern auch aus visuellen Elementen wie der Raumgestaltung entsteht. Die Arbeit fokussiert auf den deutschen Heimatfilm und die geringe vorhandene Literatur zu diesem speziellen Aspekt der Filmsemiotik wird erwähnt. Die Methodik der Arbeit, die in eine Auseinandersetzung mit Grundlagen der Filmsprache, eine Untersuchung des filmischen Raumes und eine exemplarische Analyse von "HEIMAT" gegliedert ist, wird skizziert.
Grundlagen: Dieses Kapitel legt die theoretischen Grundlagen der Arbeit. Es behandelt die semiotischen Konzepte von Ferdinand de Saussure (Signifiant und Signifié) und erweitert diese auf die Literatur- und Erzählforschung (Genette, Todorov). Die Unterscheidung zwischen denotativer und konnotativer Bedeutung wird eingeführt und der Unterschied zwischen schriftlichen Texten und Film bezüglich der Bedeutungserzeugung hervorgehoben. Das Kapitel stellt ein Modell zur Beschreibung der Merkmale fiktionalen Erzählens vor, welches den Bereich der Handlung (histoire) und den Bereich der Darstellung (discours) umfasst, wobei letzterer Elemente wie die Ausstattung von Bühnen und Kulissen einschließt – ein essentieller Bestandteil für die folgende Analyse.
Der umbaute Raum im deutschen Heimatfilm: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Analyse der Raumgestaltung im deutschen Heimatfilm. Es untersucht die Beschaffenheit des umbauten Raums, seine Abweichungen von Normen und die Beziehung zwischen Person, Gesellschaft und Raum. Der inszenierte Raum wird in Bezug auf offene und geschlossene Formen betrachtet und das "Durchbrechen der Raumkonstanten" als filmisches Mittel analysiert. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Semantisierung umbauter Räume am Beispiel von Carl Froelichs "HEIMAT", wobei die Exposition und die Rolle der Räume als „Charakterdarsteller“ sowie die symbolische Bedeutung der Räume im Kontext der Geschichte von Magda von Schwartze im Detail untersucht werden.
Schlüsselwörter
Deutscher Heimatfilm, Filmsemiotik, Raumgestaltung, Signifiant/Signifié, Denotation/Konnotation, Bedeutungserzeugung, Carl Froelich, HEIMAT, Raumsymbolik, Gesellschaftskritik.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse der Raumsemiotik im deutschen Heimatfilm
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Die Arbeit analysiert die Semantisierung von Innenräumen im deutschen Heimatfilm. Sie untersucht, wie die Raumgestaltung zur Bedeutungserzeugung beiträgt und welche Bedeutungen durch die Inszenierung von Räumen transportiert werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der Beziehung zwischen materieller Zeichenbasis (Raumgestaltung) und Zeichenbedeutung.
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit verwendet methodisch Ansätze der Filmsemiotik. Sie stützt sich auf semiotische Konzepte wie Signifiant/Signifié und Denotation/Konnotation nach Ferdinand de Saussure und erweitert diese auf die Film- und Erzählanalyse. Ein Modell zur Beschreibung von Handlung und Darstellung (histoire/discours) wird verwendet. Die Analyse wird exemplarisch an Carl Froelichs Film "HEIMAT" durchgeführt.
Welche theoretischen Grundlagen werden verwendet?
Die theoretischen Grundlagen basieren auf der Semiotik von Ferdinand de Saussure (Signifiant und Signifié), die auf die Literatur- und Erzählforschung (Genette, Todorov) erweitert wird. Die Unterscheidung zwischen denotativer und konnotativer Bedeutung spielt eine zentrale Rolle. Das Kapitel "Grundlagen" beleuchtet die Unterschiede in der Bedeutungserzeugung zwischen schriftlichen Texten und Filmen.
Welche Aspekte des umbauten Raumes werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die Beschaffenheit des umbauten Raumes im deutschen Heimatfilm, Abweichungen von Normen, und die Beziehung zwischen Person, Gesellschaft und Raum. Es werden offene und geschlossene Raumformen betrachtet, sowie das "Durchbrechen der Raumkonstanten" als filmisches Stilmittel. Die symbolische Bedeutung von Räumen wird im Kontext der Handlung analysiert.
Wie wird Carl Froelichs Film "HEIMAT" analysiert?
Der Film "HEIMAT" dient als Fallbeispiel. Die Analyse konzentriert sich auf die Exposition, die Rolle der Räume als "Charakterdarsteller", und die symbolische Bedeutung der Räume im Kontext der Geschichte von Magda von Schwartze. Die Analyse beleuchtet, wie die Raumgestaltung zur Charakterisierung der Figuren und zur Entwicklung der Handlung beiträgt.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Deutscher Heimatfilm, Filmsemiotik, Raumgestaltung, Signifiant/Signifié, Denotation/Konnotation, Bedeutungserzeugung, Carl Froelich, HEIMAT, Raumsymbolik, Gesellschaftskritik.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die im deutschen Heimatfilm transportierte Bedeutung und globale Muster der Rauminszenierung zu erforschen und das Verhältnis zwischen materieller Zeichenbasis und Zeichenbedeutung zu analysieren. Sie betrachtet den Film als Zeichensystem und untersucht, wie die Raumgestaltung zur Bedeutungserzeugung beiträgt.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zu den Grundlagen der Filmsemiotik, ein Kapitel zur Analyse des umbauten Raumes im deutschen Heimatfilm (mit Fokus auf "HEIMAT"), eine Schlussbetrachtung und ein Quellenverzeichnis. Die Einleitung beschreibt die Zielsetzung und Methodik. Die Schlussbetrachtung fasst die Ergebnisse zusammen.
- Citation du texte
- Till Hurlin (Auteur), 2004, Wohnräume - Lebensräume. Form und Funktion der Ausstattung des umbauten Raumes im deutschen Heimatfilm, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30487