Nach derart schweren Gewaltakten wie den Morden in Meißen, Bad Reichenhall und Erfurt oder der Geiselnahme von Waiblingen sind selbst ernannte Experten nicht weit, die den Medien und der Öffentlichkeit „Ursachenforschung“ und „Patentrezepte“ präsentieren. Dies führte in der Vergangenheit einerseits zu einem unrealistischen Zerrbild der tatsächlichen Prävalenz von Gewalt- und Aggressionsformen an deutschen Schulen. Zum anderen behinderte es eine seriöse Ursachenforschung.
Zwar ist die Schule ein Lebensbereich, in dem Kinder und Jugendliche einen Großteil ihrer Sozialisationszeit verbringen. Merkmale der Institution Schule, wie Klassengröße, Erwartungsstrukturen (z.B. Versagensängste oder Leistungsdruck), Beziehungsmuster (z.B. Schüler-Schüler oder Lehrer-Schüler-Interaktionen), Unterrichtsqualität und Lernangebote bilden Rahmenbedingungen, die Aggressivität fördern oder mindern können. Dennoch bleibt festzuhalten, „dass die Anzahl der Risikofaktoren für die Entstehung von Gewalt in der Schule hoch ist, dass sie auf sehr verschiedenen Ebenen liegen und sowohl in außerschulischen Bereichen als auch in schulischen Strukturen wie Leistungsbewertung, Schulorganisation, Klima und personalen Beziehungen zu finden sind.“
Das Ziel des vorliegenden Beitrages ist, die derzeitige Gewaltdiskussion durch aktuelle empirische Daten zu bereichern. Dazu werden jüngst erhobene Täter- und Opferprävalenzen für unterschiedliche körperlich und verbale Gewaltformen präsentiert und der Einfluß personeller Opfer- und Tätereigenschaften gegen die Bedeutung der außerschulischen sozioökonomischen Umwelt abzugrenzen versucht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Definition und Skizzierung des Forschungsstandes
- Was kann ein Lehrer tun, um schulische Gewalt zu verhindern?
- Bedingungsgefüge aggressiven Verhaltens und Maßnahmenkatalog
- Explizite Regeln setzen
- Monitoring
- Konsistente Sanktionierung
- Transparente und gerechte Chancenstruktur
- Mehrjährige Nutzung von Klassenräumen und Ernstnehmen von Sitzordnungen
- Vermeidung von Über- und Unterforderung
- Aggression thematisieren
- Rekonstruktion sozialer Netzwerke
- Beschädigungen in Schulgebäude sofort beheben
- Weitere Maßnahmen
- Verbesserung der Lehrerausbildung und Unterstützung durch Hilfsinstitutionen
- Schlußbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Beitrag befasst sich mit der Problematik schulischer Gewalt und stellt präventive und interventionelle Maßnahmen für Lehrer vor. Er analysiert das Bedingungsgefüge aggressiven Verhaltens und beleuchtet den aktuellen Forschungsstand in der soziologischen und psychologischen Aggressions- und Gewaltforschung.
- Definition und Abgrenzung von schulischer Gewalt
- Forschungsstand zu schulischer Gewalt und deren Entwicklung
- Bedingungsgefüge aggressiven Verhaltens
- Praktikable Maßnahmen zur Prävention, Intervention und Kontrolle schulischer Gewalt
- Bedeutung der Lehrerrolle im Umgang mit aggressiven Verhaltensweisen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und präsentiert ein erschreckendes Beispiel für die Auswirkungen von Mobbing an Schulen. Das zweite Kapitel definiert den Begriff schulischer Gewalt und skizziert den aktuellen Forschungsstand. Dabei wird die Vielschichtigkeit und Komplexität des Themas deutlich, die sich in der Diskussion um Abgrenzungs- und Klassifikationsansätze widerspiegelt.
Im dritten Kapitel wird das Bedingungsgefüge aggressiven Verhaltens erläutert und ein Katalog von Maßnahmen zur Prävention, Intervention und Kontrolle schulischer Gewalt vorgestellt. Dieser Katalog basiert auf verschiedenen Ansätzen und bietet praktische Handlungsempfehlungen für Lehrer im Schulalltag.
Schlüsselwörter
Schulische Gewalt, Aggression, Prävention, Intervention, Kontrolle, Bedingungsgefüge, Forschungsstand, Lehrerrolle, Soziologie, Psychologie, Mikrosystemeinflüsse, Makrosystemeinflüsse, Maßnahmenkatalog.
- Arbeit zitieren
- Privatdozent Dr. Sven Schneider (Autor:in), 1999, Aggressionen und Gewalt an Schulen. Präventions- und Interventionsmaßnahmen für Lehrer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305