Diese Untersuchung möchte zur Diskussion einen Beitrag liefern, indem sie sowohl eine eigene Analyse wie auch einen Überblick über den Forschungsstand enthält. Zwei Fragen werden behandelt: Lässt sich die 1960 gefundene Beziehung auch heute noch signifikant nachweisen, und wie weit ist die Forschung im Verständnis der Ursachen.
Mit seinem Buch „Political Man – The Social Bases of Politics“ hat Seymour Martin Lipset im Jahr 1960 eine wesentliche Grundlage der modernen empirischen Politikforschung geschaffen. Seine Beobachtung eines Zusammenhangs zwischen sozioökonomischen Größen und der Stabilität von Demokratie führte zur Entwicklung der Modernisierungstheorie, die von vielen Politikwissenschaftlern mit unterschiedlichen Methoden vertieft wurde. Tatsächlich wurde diese Strömung so einflussreich, dass sie von einer Reihe anderer Forscher kritisiert wurde. Bei aller Attraktivität dieser Theorie stellten sie infrage, ob zwischen den Größen eine Kausalität bestünde.
Die Modernisierungstheorie hatte einen großen Einfluss auf die Politik der von der Dominanz der Demokratie überzeugten Länder, die Demokratisierung förderten und Diktaturen sanktionierten. Denn sie brachte das Verbreiten von Demokratie mit scheinbar simpel zu generierender oder zu unterstützender Wirtschaftsentwicklung in Verbindung. Bis heute kann der im 20. Jahrhundert begonnene Prozess, die gesamte Welt mit friedenssichernden Demokratien zu überziehen, als nicht erfüllt gelten.
Angesichts massiv gesteigerter internationaler Wirtschafts- und Globalisierungsbeziehungen sollte die Hypothese eigentlich durch eine Anzahl an empirischen Beispielen bestätigt sein. Die Existenz von Nicht-Demokratien lässt begründete Zweifel an der Theorie selbst, wie auch an ihren Wirkmechanismen entstehen. Folglich findet man in der aktuellen Literatur keine allgemein akzeptierte Begründung gefundener Zusammenhänge.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Modernisierungstheorie nach Lipset und Überprüfung durch Diamond
- Untersuchung bivariater Zusammenhänge
- Bivariate Korrelationen nach Diamond
- Analyse der Zusammenhänge für das Jahr 2012
- Demokratiemessung
- Demokratie und Bruttoinlandsprodukt
- Demokratie und Human Development
- Demokratie und Bildung
- Zeitlicher Verlauf des Zusammenhangs
- Vergleich der Ergebnisse für 2012 mit denen von Diamond für 1989
- Aktueller Stand multivariater Studien
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Untersuchung setzt sich zum Ziel, die Modernisierungstheorie nach S. M. Lipset zu überprüfen, indem sie sowohl eine eigene Analyse als auch einen Überblick über den Forschungsstand bietet. Es werden zwei Hauptfragen behandelt: Lässt sich der 1960 gefundene Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Entwicklung und Demokratie auch heute noch signifikant nachweisen, und wie weit ist die Forschung im Verständnis der Ursachen?
- Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Entwicklung und Demokratie
- Einfluss von Wohlstand auf die Stabilität demokratischer Systeme
- Rolle von Bildung und Human Development in der Demokratisierung
- Kritik an der Modernisierungstheorie und alternative Erklärungsmodelle
- Analyse multivariater Studien und ihrer Ergebnisse
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Das erste Kapitel stellt die Modernisierungstheorie nach Lipset vor und diskutiert dessen empirische Untersuchungen aus den 1960er Jahren. Es wird auf die wichtigsten Indikatoren für wirtschaftliche Entwicklung und deren vermutete Auswirkungen auf die Demokratie eingegangen, insbesondere auf den Einfluss von Bildung und Religion. Außerdem wird Lipsets methodisches Vorgehen bei der Analyse bivariater Zusammenhänge beschrieben.
Kapitel 2 präsentiert Diamonds Überprüfung der Modernisierungstheorie im Jahr 1992. Es wird auf verschiedene Kritikpunkte eingegangen, die an Lipsets Theorie geäußert wurden. Diamond analysiert den Zusammenhang zwischen Demokratie und sozioökonomischer Entwicklung anhand von verschiedenen Indikatoren, darunter der Human Development Index und Bildung.
Kapitel 3 beinhaltet eine eigene bivariate Korrelationsanalyse für das Jahr 2012, die den Zusammenhang zwischen Demokratie und sozioökonomischer Entwicklung erneut untersucht. Es werden verschiedene Demokratieindizes vorgestellt und deren Eigenschaften miteinander verglichen. Anschließend werden die Korrelationen zwischen Demokratie und Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, Human Development Index und Bildung berechnet und diskutiert.
Das vierte Kapitel widmet sich den aktuellen multivariaten Studien, die den Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Entwicklung und Demokratie untersuchen. Es werden verschiedene Studien vorgestellt, die die Modernisierungstheorie entweder unterstützen oder in Frage stellen. Die Diskussion beinhaltet auch die Frage, welche Richtung der Kausalität wahrscheinlich ist und welche zusätzlichen Faktoren die Demokratisierung beeinflussen.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Modernisierungstheorie, Demokratie, sozioökonomische Entwicklung, Bruttoinlandsprodukt, Human Development Index, Bildung, Rentierstaaten, multivariate Studien und Kausalität. Die Forschungsarbeit untersucht die empirischen Zusammenhänge zwischen diesen Begriffen und analysiert die Kritik an der Modernisierungstheorie sowie alternative Erklärungsmodelle.
- Citar trabajo
- Martin Reisener (Autor), 2015, Die Modernisierungstheorie nach S. M. Lipset. Gilt sie noch heute und welche kausalen Zusammenhänge liegen zugrunde?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305624