Armut und Leere im mystischen Werk Meister Eckharts


Seminararbeit, 2015

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

Abstract

1. Vorwort

2. Abgeschiedenheit
2. 1. Das Hinter-Sich-Lassen
2. 2. Abgeschieden von sich selbst
2. 3. Gott als Wahrheit

3. Leere
3. 1. Das leere Auge
3. 2. Die Leere der Seele

4. Armut
4. 1. Armut und Leiden im mittelalterlichen Kontext
4. 2. „Nichts wollen, nichts wissen, nichts haben“
4. 3. Innere und äußere Armut

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

Abstract

HYBEN, Ľubomír: Leere und Armut im mystischen Werk Meister Eckharts [Seminararbeit]. Universität Wien. Philologisch-kulturwissenschaftliche Fakultät; Masterstudium Deutsche Philologie.

In der nachstehenden Seminararbeit beschäftige ich mich mit den Begriffen der Armut und der Leere im mystischen Werk Meister Eckharts, insbesondere mit der Interpretation der Armut und der Entäußerung von Meister Eckhart in seinen Traktaten und Predigten. Es werden verschiedene Gesichtspunkte und Auslegungen von Ideen Meister Eckharts vorgestellt. Ich habe versucht die Fragen zu beantworten, was der Begriff der Armut und Leere bei Meister Eckhart bedeutet, wie er die Entäußerung, die Leere und die Armut interpretiert werden und welche Intentionen sich in seinem mystischen Werk verbergen.

Stichwörter: mittelalterliche Mystik, Leere, Armut, Abgeschiedenheit, Entäußerung.

1. Vorwort

Das mystische Werk des Mittelalters bietet uns verschiedenste Auseinandersetzungen mit dem Thema Religion an. Dabei geht es größtenteils nicht alleine um den Glauben an Gott, sondern auch um die Tatsache, wie der Mensch verschiedene Aspekte des Glaubens und des geistlichen Lebens wahrnimmt und diese für sich interpretiert.

Eines der umstrittensten Werke ist das mystische Werk Meister Eckharts, und das nicht nur deshalb, weil die Aspekte seiner Mystik nicht eindeutig sind, sondern weil auch zahlreiche Aussagen sich als ambivalent herausstellen oder sich sogar widersprechen. Die wichtigsten Fragen, die man mittels mystischer Texte zu beantworten versuchte, waren diejenigen nach der Vereinigung des Menschen mit Gott und das Überschreiten der Grenze zum Absoluten.[1] Diese Grenze kann nur dann überschritten werden, wenn der Mensch sich auf den Weg begibt, den er anhand mehrerer Zugangsweisen entdecken kann. Diese werden von Meister Eckhart vorgestellt, indem er dem Rezipienten seines Textes mehrere Möglichkeiten gibt, sie zu erreichen. Meister Eckhart gibt aber keinerlei Anleitung, wie diese Zugangsweisen zu erreichen seien.

Im Traktat Nr. 1 werden u. a. vier Wege vorgestellt, durch die der Mensch Einigung mit Gott erreichen kann. Abgeschiedenheit, Armut, Leiden und Leere sind die wichtigsten Lehren Meister Eckharts, alle sind mit der menschlichen Seele eng verbunden und in der Seele kann die Gottesgeburt wiederhergestellt werden.[2] In der Arbeit konzentriere ich mich in erster Linie auf den Traktat 1, allerdings werden auch Eckharts Ideen aus anderen Werken kurz miteinbezogen, z. B. aus dem Traktat von Abgeschiedenheit oder aus einigen Predigten, weil die Ideen, die Eckhart mittels dieser Werke zu vermitteln versucht, unmittelbar zusammenhängen, und auch aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden können.

2. Abgeschiedenheit

Das Thema der Abgeschiedenheit kommt bei Meister Eckhart ziemlich oft vor und er widmet auch einen ganzen Traktat nur dieser Problematik. Die Abgeschiedenheit gilt als einer der wichtigsten Wegweiser in Eckharts Mystik. „Die Abgeschiedenheit ist jene Verfassung des Menschen, die es diesem möglich macht, in die religiösen Grunderfahrungen einzutreten, auf die dem Meister alles ankommt. Sie ist das Tor, das den Weg eröffnet, der gegangen werden soll. Darum müssen auch wir zuerst die Abgeschiedenheit begreifen, wenn wir das Ganze begreifen wollen […].“[3] Um begreifen zu können, muss man sich laut Meister Eckhart zuerst auf den Weg der Abgeschiedenheit begeben. Sie soll als Allegorie für Freiheit verstanden werden, denn zuerst man muss von Allem frei sein, damit man etwas Neues empfangen, bzw. in sich aufnehmen kann. Außerdem nennt Eckhart die Abgeschiedenheit oft nicht direkt beim Namen, sondern er beschreibt sie als eine bloße Möglichkeit der Vereinigung des Menschen mit Gott durch verschiedene Beispiele.

2. 1. Das Hinter-Sich-Lassen

In diesem Kapitel möchte ich erläutern, was Meister Eckhart unter der Abgeschiedenheit von der Welt versteht.

Die erste Tugend, die Eckhart mit der Abgeschiedenheit vergleicht, ist die Liebe, weil nach Paulus´ Auffassung all unser Tun und Lassen nach der Liebe gemessen wird.[4] Eckhart lehrt, dass die wahre Liebe von Gott stammt und Gott selbst diese Liebe ist, deshalb muss sie abgeschieden und nur auf Gott gerichtet sein. Diese Liebe ermöglicht es dem Menschen, sich von dem Weltlichen abzulösen und in die Abgeschiedenheit zu geraten, weil sie mit der Eigenliebe nicht identisch ist. Erst durch die Abgeschiedenheit und die Liebe kann der Mensch das Weltliche hinter sich lassen und sich laut Eckharts Lehre in den Willen Gottes begeben. Mit Seinlassen meint er alles sein zu lassen, wie es ist und was es ist, wodurch der Mensch mit allem auf eine neue und ganz verwandelte Art verbunden sein kann.[5] So erreicht man die Distanz von dem Weltlichen und kommt dem Geistlichen umso näher. Durch die Verwandlung des Menschen entsteht in ihm selbst eine neue Welt, die von Allem frei ist. Der Mensch soll somit, so Meister Eckhart, aus dem Nichts etwas und alles machen.[6] Dies kann auch als ein Aufruf zur Nachahmung Gottes vonseiten Eckharts gedeutet werden, da Gott die Welt aus Nichts schuf und der Mensch soll ebenfalls aus Nichts eine neue Welt erschaffen. Die Welt ist nach Eckharts Auffassung etwas von Gott Geschaffenes bzw. eine Kreatur, und daher auch ein Nichts.[7] Dieses Nichts trägt jedoch das Bild Gottes in sich und ist daher mit dem absoluten Nichts nicht gleichzusetzen. „Gemeint ist also offenbar nicht ein relatives Nichts, d. h. etwas, was so klein ist, daß [sic!] es im Vergleich mit einem viel größeren wie nichts gelten kann.“[8] Die Nichtigkeit der Welt ist laut dieser Aussage mit der Nichtigkeit des Menschen nicht vergleichbar. Meister Eckhart spricht zwar vom Nichts als von einer konstanten Substanz, diese ist aber laut ihm unterschiedlich bei den jeweiligen Kreaturen.

2. 2. Abgeschieden von sich selbst

Der Mensch als Gottes Geschöpfe bekam laut Eckhart von Gott die Gabe des eigenen Willens und der Selbstentscheidung. „ Bî des vleisches willen meinet er allez, daz in dem menschen sînem willen undertænic ist, […] und ist gemeine der sêle und dem lîbe und enist nicht eigenlîche in der sêle aleine.“[9] Die Kräfte werden nicht nur in der Seele, sondern auch im Fleische verortet, was auf den Widerstreit zurückgeht, den Eckhart erwähnt, und der zwischen Fleisch und Seele stattfindet. Die Seele als das von Gott gegebene Unendliche und das Fleisch als das weltliche Endliche werden einander gegenübergestellt. Wenn der Mensch zu Gott finden will, so muss er sich von sich selbst abscheiden und aufs Neue aus Gott geboren werden. Erst durch die Abgeschiedenheit von sich selbst können die Wiedergeburt Gottes in der menschlichen Seele und dadurch die Vereinigung mit Gott erreicht werden. Die Wiedergeburt Gottes ist nach Eckharts Lehre die Geburt Jesu Christi in der Seele des Menschen, die zur Versöhnung mit Gott führt.

Das Abscheiden von sich selbst kann auch dadurch erfolgen, dass der Mensch in den eigenen Grund kommt.[10] Das Erreichen des eigenen Grundes bedeutet, Gott in sich wirken zu lassen und versuchen, dieses Wirken zu begreifen, bzw. sich nur auf das Innerste zu konzentrieren. Damit Gott überhaupt im Menschen wirken kann, muss der Mensch seinen eigenen Grund selbst erreichen und das eigene Selbst vernichten, also von seinem eigenen Selbst abscheiden.

2. 3. Gott als Wahrheit

Bei Meister Eckharts Begriff Wahrheit stoßen wir auf zwei Probleme. Zum einen ist der Begriff der Wahrheit unklar und zum anderen weiß man nicht, wie man diese Wahrheit erkennen und verstehen soll. Es stellt sich die Frage, in welchem Zustand der Mensch sein muss, um diese Wahrheit auffassen zu können. „ Entviele got sînem worte, sîner wȃhrheit, er entviele sîner gotheit und envære niht got, wan er ist sîn w o rt, sîn wȃhrheit.[11] Es gibt hier einen Unterschied zu der Tatsache, dass der Gott der Schaffende ist und der Mensch der Geschaffene, denn beim Begriff der Wahrheit Gott sowohl die Wahrheit als das Schaffende, bzw. das Sprechende, als auch die Wahrheit in Form des gesprochenen Wortes ist, das von Gott selbst gesagt wird, das also er selbst ist. Zwischen der Wahrheit des ausgesprochenen Wortes und der Wahrheit, die die Wahrheit selbst ausgesprochen hat, gibt es keine Beziehung, nur reine Identität.[12] Gott ist sowohl die schaffende, als auch die von ihm geschaffene Wahrheit. In dieser Wahrheit kann der Mensch den Gott auf zweierlei Weisen erkennen. Einerseits als die Wahrheit, aus der das wahre Wort strömt, und des Weiteren auch als das strömende Wort, das nichts anderes als reine Wahrheit ist.

Dieses Wort kann der Mensch begreifen, wenn er sich für die Wahrheit Gottes von jeder Unwahrheit abscheidet und den Gott in sich selbst als die einzige Wahrheit entdeckt. Wer sich Gott aufdeckt, der entdeckt Gott wie ein Selbst und nichts bleibt ihm unbekannt.[13] Erst durch die Abgeschiedenheit von dem Falschen und Unwahren kann der Mensch die Wahrheit erkennen und dies geschieht, wenn der Mensch im Grunde seiner Seele nach der Wahrheit sucht. „Der wahrhafte Mensch ist der, der aus seinem eigenen Grund heraus wirkt, nicht der, der Wahres sagt, sondern der die Wahrheit tut, der Sein und Sollen in Übereinstimmung gebracht hat.“[14] Um sich diese Übereinstimmung zu verschaffen ist für den Menschen wohl nicht schwer, da er sich nach der Wahrheit richtet, die in beiden Formen dasselbe darstellt. Welte meint dazu, dass der abgeschiedene Mensch, der alles sein lässt und alles in seiner Wahrheit annimmt, auf eine ausgezeichnete Weise eins wird mit der Wahrheit selbst, die Gott ist.[15] Der Mensch hat dann die Wahrheit in sich, tut alles in der Wahrheit, erkennt und versteht sie, wodurch er schließlich mit Gott, der selbst Wahrheit ist, vereint wird.

3. Leere

Meister Eckhart versteht unter der Seele des Menschen keine Substanz oder Gegenstand, sondern erklärt, dass die menschliche Seele mit einem Raum vergleichbar ist, der geleert und wieder aufgefüllt werden kann. Typisch ist die Zweideutigkeit dieses Gedankens, was charakteristisch für Eckhart ist – es stellt sich die Frage, ob der leere Raum auch tatsächlich leer ist, also ob die sog. absolute Leere vorliegt. Den Begriff der absoluten Leere thematisiert Eckhart in mehreren Werken, u. a. im Traktat 1 und in der Predigt Nr. 27. In der letztgenannten Predigt schildert er die Vereinigung der Gottheit mit der Seele so, dass beide in ihrer Einheit den Charakter der absoluten Leere darstellen.[16] Dieser Lehre liegt zugrunde, dass Gott sich durch die Geburt seines Sohnes in der Seele des Menschen verewigt und die bereits bestehende Leere ausfüllt. Im Buch der göttlichen Tröstung schildert Eckhart die Beziehung zwischen dem Schaffenden und dem Geschaffenen, indem er diese am Beispiel eines Bechers erläutert: „ Möhte und künde der mensche einen becher zemâle îtel gemachen und îtel behalten von allem dem, daz vüllen mac, ouch luftes âne zwîvel der becher verzige und vergæze aller sîner natûre, und îtelkeit trüege in ûf biz an den himel.[17] Wenn der Becher also absolut leer wäre, würde er seine Natur verlieren und könnte daher nicht mehr als Becher dienen, doch er würde seine Wesentlichkeit nicht verlieren. Die Leere ist in diesem Fall nicht nur physisch als Abwesenheit des materiellen Inhalts zu verstehen, sondern auch metaphysisch als das Fehlen von Bestimmungen, auch von Wesensbestimmungen.[18] Dieses Leersein bewirkt es, dass die Seele sich dem Himmel, bzw. der Gottheit nähern kann. In dieser Allegorie der zum Himmel steigenden Seele kann eine verdoppelte Vereinigung mit Gott gesehen werden. Zur ersten Vereinigung kommt es dadurch, dass die Seele leer wird, um die Gottheit aufnehmen zu können (Einigung in der Seele), und die zweite findet statt, wenn die Seele, entäußert von der Welt und allen Kreaturen, mit dem Gott im Himmel vereint werden kann (Einigung im Himmel).

3. 1. Das leere Auge

Das Symbol des Auges kommt in Eckharts Texten häufig und in verschiedenen Verbindungen vor. Im Buch der göttlichen Tröstung verdeutlicht er die Leere am Beispiel des leeren Auges, welches keine Farbe hat und somit alle Farben in sich aufnehmen kann. Dieser Gedanke geht auf Aristoteles zurück: Das, was geeignet ist, die Farbe aufzunehmen, ist ohne Farbe.[19] Das Auge als der Sinn der Sehkraft kann also alle Farben aufnehmen, falls es ohne Farbe ist. Der Gesichtssinn ist aber auch mit Farbe fähig, Gegenstände durch Beobachtungen aufzunehmen und dazu braucht es nicht leer zu sein. Es stellt sich die Frage, ob Eckhart damit das Speichern der Farbe gemeint hat, oder ob das Auge und die Sehkraft als eine Einheit betrachtet werden. „Sofern das Sehvermögen so betrachtet wird, als würde es in sich selber bestehen und sich auf sich selber beziehen, und sofern man es in dieser Betrachtung mit der Vorstellung der Farbe verbindet, ergibt sich ein Sehen, das in sich selber gefärbt und also getrübt ist. Ein solches Sehen aber ist gemindert in seiner Fähigkeit, das Farbige der Welt aufzunehmen.“[20] Das Sehen ist also laut Eckhart durch seine eigene Farbe daran gehindert, die Farben der Welt aufzunehmen und daher ist das Leerwerden notwendig, um die Vereinigung mit Gott zu erreichen. Diese müsste laut Eckharts Argumenten so aussehen, dass das Auge des Menschen so leer und ledig werden muss, wie das Auge Gottes und so werden sie dadurch vereint. Nur wenn das Auge in sich selbst und für sich selbst nichts ist und sich nicht auf sich selbst bezieht, eine reine Offenheit und Klarheit und Bereitschaft ist für sein anderes, und wenn es in diesem Sinne Nichts ist, vermag es wirklich die Erscheinung der Welt sehen.[21] Da Gott laut Eckhart auch ein Nichts ist, ist auch der Mensch ein Nichts und auch das Auge an sich ist ein Nichts. Wenn also das Auge des Menschen ledig und leer wird, erreicht es die Ebene des göttlichen Auges und so wird auch die Gleichheit erzielt, die Eckhart im Traktat erwähnt: „ Glîchnisse in allen dingen, sunderlîche mê und ze dem êrsten in götlîcher natûre, ist geburt des einen, und glîchnisse von einem, in einem und mit einem ist ein begin und ursprunc der blüejenden, hitzigen minne. Ein begin ist âne allen begin.“[22] Die Gleichheit kommt nur dann zustande, wenn die zwei Substanzen eins werden. Meister Eckhart erläutert es noch anschließend mit dem Beispiel des brennenden Holzes, das durchs Verbrennen mit dem Feuer eins wird. Ähnlich erklärt er auch die Vereinigung der Liebenden, indem sie in ihrer Liebe eins werden – nach Eckhart Lehre besteht also das Eine nicht für sich und bezieht sich nicht auf sich selbst, sondern bildet mit dem Anderen eine Einheit, die Nichts ist.

3. 2. Die Leere der Seele

Das Eins-Werden mit Gott bedeutet für Eckhart, den Gott dadurch zu erkennen, dass man sich selbst auch erkennt. „Es gibt keine Gotteserkenntnis ohne Selbsterkenntnis: beide sind eins, wenn der Grund erreicht ist; der Gang in den Grund, das „Kommen in den Grund“, findet sein Ziel und Ende in dieser Erkenntnis.“[23] Unter dem Begriff der Seele versteht Eckhart, ebenfalls wie beim Auge, einen Raum, in dem es zur Vereinigung mit Gott kommen kann. Der Raum muss jedoch zuerst leer werden, damit es zur Gottes Geburt kommen kann. Die Wesentlichkeit der Seele bezieht sich auf die Wesentlichkeit Gottes, die ewig ist, wie Gott selbst. Da die Seele in ihrer Wesentlichkeit so ist, wie Gott, bildet sie mit ihm eine eigenständige Wesentlichkeit, genau wie das Auge Menschen und das Auge Gottes eine Einheit bilden. „ Diu sêle nimet ir wesen âne mitel von gote; dar umbe ist got der sêle næher, dan sie ir selber sî; dar umbe ist got in dem grunde des sêle mit aller sîner gotheit.“[24] Mittels der Identitätsfrage in der Predigt Nr. 10 weist Eckhart darauf hin, dass Gott der Seele näher ist, als sie sich selbst nah sein kann, weil er im Grunde mit der Seele vereint ist. Es bleibt aber offen, was der Grund der Seele ist und ob Gott auch ohne diese Vermittler, wie z. B. Auge, Seele usw. im Menschen wirken kann. Eckhart behauptet, dass Gott durch die Geburt des Sohnes in die Seele des Menschen kommt und der vernünftige Gott, bzw. die Gottheit im Wort oder Sohn ewig gebiert.[25] Der Seelengrund ist laut Eckharts Aussagen nicht mit Gott gleichzusetzen, da Gott keine Kreatur ist. In diesem Widerspruch kann man Eckharts Versuch bemerken, Gottes Wirken in der Seele als eine Art Spiegelung darzustellen.[26] Das Wirken kann nur dann erfolgen, wenn die Leere aller Kreaturen, also auch sich selbst, ledig wird und sich mit Gott auffüllt. Das Sich-Selbst-Entäußern und sich aller Kreaturen zu entledigen bedeutet, dass die Seele sich nur auf Gott richtet und auch ihre eigene Wesentlichkeit aufgibt, indem sie diejenige Gottes in sich aufnimmt und sich mit dieser Wesentlichkeit identifiziert.

[...]


[1] Vgl. Störmer-Caysa, Uta: Einführung in die mittelalterliche Mystik. Stuttgart: Philipp Reclam jun. 2004, S. 9.

[2] Vgl. Stachel, Günter: Meister Eckhart: Beiträge zur Diskussion seiner Mystik. Würzburg: Königshausen & Neumann 1998, S. 15.

[3] Welte, Bernhard: Meister Eckhart: Gedanken zu seinen Gedanken. Freiburg im Breisgau: Herder 1979, S. 31.

[4] Vgl. Schaefer, Eduard: Meister Eckharts Traktat von Abgeschiedenheit. Bonn: Ludwig Röhrscheid Verlag 1956, S. 222.

[5] Vgl. Welte, S. 37.

[6] Vgl. Eckhart <Meister>: Die deutschen und lateinischen Werke. Hrsg. von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Stuttgart 1936, I., S. 182, 10f.

[7] Vgl. Welte, S. 176.

[8] Ebda, S. 177.

[9] Eckhart <Meister>: Werke, S. 236.

[10] Vgl. Eckhart <Meister>: Die deutschen und lateinischen Werke, II. S. 550, 4f.

[11] Ebda, V., S. 27, 9-11.

[12] Vgl. Fues, Wolfram Malte: Mystik als Erkenntnis? Kritische Studien zur Meister-Eckhart-Forschung. Bonn: Bouvier Verlag Herbert Grundmann 1989, S. 19.

[13] Vgl. Fues, S. 20.

[14] Waldschütz, Erwin: Denken und Erfahren des Grundes: Zur philosophischen Deutung Meister Eckharts. Wien: Herder & Co. 1989, S. 125.

[15] Vgl. Welte, S, 56.

[16] Vgl. Baeza, Ricardo: Die Topologie des Ursprungs. Der Begriff der Gelassenheit bei Eckhart und Heidegger und seine Entfaltung in der abendländischen Mystik und im zeitgenössischen Denken. Berlin: Lit Verlag 2009, S. 18.

[17] Eckhart <Meister>: Werke, S. 262.

[18] Vgl. Brachtendorf, Johannes: Meister Eckhart (1260 - 1328) und die neuplatonische Transformation Augustins, In: Fischer, Norbert (Hg.): Augustinus – Spuren und Spiegelungen seines Denkens. Bd. I.: Von den Anfängen bis zur Reformation. Hamburg: Felix Meiner 2009, S. 162.

[19] Vgl. Welte, S. 40.

[20] Welte, S. 41.

[21] Vgl. Ebda, S. 41.

[22] Eckhart <Meister>: Werke, S. 262

[23] Waldschütz, S. 128.

[24] Eckhart <Meister>: Die deutschen und lateinischen Werke, S. 162.

[25] Vgl. Stachel, S. 15.

[26] Vgl. Ebda, S. 16.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Armut und Leere im mystischen Werk Meister Eckharts
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
KO ÄdL Meister Eckhart und Cusanus
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
18
Katalognummer
V305931
ISBN (eBook)
9783668051010
ISBN (Buch)
9783668051027
Dateigröße
518 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Armut, Predigten, Leere, Mystik, Werk, Meister Eckhart
Arbeit zitieren
Ľubomír Hyben (Autor:in), 2015, Armut und Leere im mystischen Werk Meister Eckharts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305931

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