Eingliederungshilfe soll Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen bei der Überwindung von sozialen oder umweltbedingten Barrieren helfen. Hierfür wurden eigens Leistungsgesetze geschaffen, welche sich mit dem Personenkreis Menschen mit Behinderungen befassen. Nun sollte aber nicht davon ausgegangen werden, dass für alle Menschen mit Behinderungen ein und dasselbe Leistungsgesetz gilt. Hier wurden durch den Gesetzgeber Differenzierungen gemacht, die sich an der Art der Behinderung, am Alter der Menschen oder auch am Eintrittsgrund für eine Behinderung (bspw. durch einen Unfall) orientieren. Und hier beginnt die Krux, mit der sich diese Bachelorarbeit auseinander setzen wird.
Durch die Präsenz von verschiedenen möglichen Leistungsgesetzen und somit auch Leistungsträgern, welche für die Gewährung von Eingliederungshilfe nicht nur bei Kindern und Jugendlichen infrage kommen könnten, ergeben sich automatisch Schnittstellen- und Abgrenzungsproblematiken. Diese Problematiken können ein Zuständigkeitsgerangel (sogenannte Verschiebebahnhöfe) und auch Zeiteinbußen nach sich ziehen, was in den Einzelfällen zu Lasten der jungen Menschen führt. Ganz besonders auffällig ist die Abgrenzungsproblematik in der Eingliederungshilfe zwischen dem Jugendhilfeträger und dem Sozialhilfeträger. Denn beide Träger haben als eigenständige Aufgabe die Umsetzung von Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche zu bewerkstelligen. Zwar gibt es in den jeweiligen Leistungsgesetzen Abgrenzungen nach Alter oder auch Behinderungsart, doch kommt es in der Theorie und Praxis gehäuft zu Unklarheiten und Fragen über den zuständigen Leistungsträger oder auch die Abgrenzung der jeweiligen Leistungen.
Warum werden Kinder und Jugendliche vom Jugendamt zum Sozialamt geschoben? Hat dies nicht Nachteile für die jungen Menschen? Wie kann es trotz Bundesgesetzen, die Zuständigkeiten und Abgrenzungen normalerweise eindeutig regeln, überhaupt zu solchen Problematiken kommen? Wie war die Sichtweise vor dem Urteil, weshalb das Jugendamt sich zuständig fühlte? Verfügt das Sozialamt überhaupt über ausreichend Kompetenz, um die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen, welche bisher durch das Jugendamt gedeckt worden sind, zu decken?
Diese Arbeit wird einen Überblick über die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche innerhalb der Rechtskreise SGB VIII und SGB XII geben und aufzeigen, worin genau die Abgrenzungsproblematiken bestehen und wie diese gelöst werden können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Das (allgemeine) Recht von Menschen mit Behinderungen
- 1.1 UN-Behindertenrechtskonvention
- 1.2 Grundgesetz
- 1.3 Sozialgesetzbuch
- 2. Behinderungsbegriff
- 2.1 World Health Organization
- 2.2 UN-BRK
- 2.3 Behinderungsbegriff des SGB IX
- 2.4 SGB XII / Eingliederungshilfeverordnung
- 2.5 SGB VIII
- 3. Eingliederungshilfe nach SGB XII
- 3.1 Aufgabe der Eingliederungshilfe innerhalb des SGB XII
- 3.2 Anspruchsvoraussetzungen
- 3.3 Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen des SGB XII
- 3.4 Persönliches Budget
- 3.5 Zuständigkeit
- 3.6 Verwaltungsverfahren
- 3.7 Kosten und Heranziehung der PSB
- 4. Eingliederungshilfe nach SGB VIII
- 4.1 Aufgabe der Eingliederungshilfe innerhalb des SGB VIII
- 4.2 Anspruchsvoraussetzungen
- 4.3 Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen des SGB VIII
- 4.4 Zuständigkeit
- 4.5 Verwaltungsverfahren
- 4.6 Kosten und Heranziehung der PSB
- 5. Schnittstellen der Eingliederungshilfe
- 5.1 Schnittstellen und Berührungspunkte
- 5.2 Abgrenzungsfragen innerhalb des SGB VIII
- 5.3 Schnittstelle Eingliederungshilfe SGB VIII / SGB XII
- 5.3.1 Vorrang / Nachrang der Jugend- und Sozialhilfe
- 5.3.2 Problematiken in Bezug auf den Behinderungstyp
- 5.3.2.1 Mehrfachbehinderungen
- 5.3.2.2 Unklare Behinderungen
- 5.4 Hilfen zur Erziehung nach SGB VIII und Eingliederungshilfe nach SGB XII
- 6. Eingliederungshilfe im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte
- 6.1 Landkreis Mecklenburgische Seenplatte
- 6.2 Zahlenüberblick in Bezug auf Eingliederungshilfe im Landkreis MSE
- 6.3 Praktisches Verfahren
- 6.3.1 Sozialamt
- 6.3.2 Jugendamt
- 6.3.3 Kritik
- 6.4 Praktischer Umgang mit der Schnittstelle und Konsequenzen
- 6.4.1 Vergangenheit
- 6.4.2 Gegenwart
- 6.4.3 Fallbeispiel - Hilfe für junge Volljährige
- 6.5 Zusammenarbeit der Fachämter
- 7 Zukunftsperspektiven / Lösungsansätze / Empfehlungen
- 7.1 Kommunale Ebene - Zusammenarbeit JA / SozA
- 7.2 Landesebene
- 7.3 Bundesebene - Eine Perspektive
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit dem Thema Eingliederungshilfe für junge Menschen mit Behinderungen nach den Sozialgesetzbüchern VIII und XII. Sie untersucht die Abgrenzungsproblematik zwischen dem Jugend- und Sozialhilfeträger im Kontext der Eingliederungshilfe und analysiert die praktischen Herausforderungen, die sich daraus für den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ergeben. Die Arbeit soll einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Eingliederungshilfe, die relevanten Begrifflichkeiten sowie die Praxis im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte liefern.
- Rechtliche Grundlagen der Eingliederungshilfe
- Definition von Behinderung und Teilhabe
- Abgrenzungsproblematik zwischen Jugend- und Sozialhilfeträger
- Praxis im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte
- Zukunftsperspektiven und Lösungsansätze
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema und stellt den Kontext der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit Behinderungen dar. Anschließend werden die relevanten Rechtsgrundlagen, darunter die UN-Behindertenrechtskonvention, das Grundgesetz und das Sozialgesetzbuch, erläutert. Im Anschluss wird der Begriff der Behinderung anhand der Definitionen der WHO, der UN-BRK und des SGB IX beleuchtet. Die Arbeit behandelt dann die Eingliederungshilfe nach dem SGB XII und dem SGB VIII, wobei die jeweiligen Aufgaben, Anspruchsvoraussetzungen, Leistungen, Zuständigkeiten und Verwaltungsverfahren detailliert dargestellt werden.
Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Schnittstelle zwischen den beiden Sozialgesetzbüchern und der damit verbundenen Abgrenzungsproblematik. Hier werden die Regelungen zum Vorrang und Nachrang der Jugend- und Sozialhilfe, sowie die Problematiken in Bezug auf Mehrfachbehinderungen und unklare Behinderungsformen beleuchtet. Die Arbeit untersucht auch, wie sich die Schnittstelle im praktischen Kontext des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte gestaltet und welche Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2011 resultieren.
Im letzten Kapitel der Arbeit werden Zukunftsperspektiven und Lösungsansätze auf kommunaler, Landes- und Bundesebene aufgezeigt. Die Arbeit diskutiert die Möglichkeiten, die sich aus einem Bundesteilhabegesetz ergeben könnten und analysiert verschiedene Optionen für die Zuständigkeitsklärung.
Schlüsselwörter
Eingliederungshilfe, SGB VIII, SGB XII, Behinderung, Teilhabe, Jugendhilfe, Sozialhilfe, Abgrenzungsproblematik, Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, Mehrfachbehinderung, Bundesteilhabegesetz, UN-Behindertenrechtskonvention, Grundgesetz.
- Citar trabajo
- Maik Gerasch (Autor), 2015, Eingliederungshilfe für junge Menschen mit Behinderungen. Abgrenzung von SGB VIII und SGB XII und Praxis im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306094