Im Jahre 2002 erschien der letzte Band des Ethnologen Hans Peter Duerr aus seinem monumentalen Werk „Der Mythos vom Zivilisationsprozess“. Die seit 1988 erschienenen fünf Bände stammten aus der Feder eines Mannes, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, den großen Norbert Elias mit seiner Theorie vom Prozess der Zivilisation zu widerlegen und diese öffentlichkeitswirksam als Mythos zu entlarven.
Ein Lebenswerk stand gegen das andere und entfachte auch nach Elias’ Tod 1990 unter Gelehrten eine Diskussion, die bis in die Mitte des letzten Jahrzehnts andauerte. Mittlerweile ist in beiden Lagern weitgehend Ruhe eingekehrt und nur noch wenige Arbeiten werden zu der Thematik veröffentlicht.
Ziel dieser Arbeit ist es zu erörtern, ob Duerrs Darstellung der Geschichte der Intimität die Zivilisationstheorie Elias’ widerlegt. Da Duerr keine eigene Theorie vorstellt, sondern sein ganzes Anliegen darin besteht, die des Norbert Elias zu entkräften, widmet sich ein großer Teil dieser Arbeit der ausführlichen Erläuterung der Zivilisationstheorie. Dazu werden sowohl die Ziele Duerrs, als auch die Kontroverse beleuchtet, um einen Einblick in die Art der Diskussion zu bekommen.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Die wissenschaftliche Fragestellung
- 2. Norbert Elias: Der Prozess der Zivilisation
- 3. Hans Peter Duerr: Der Mythos vom Zivilisationsprozess
- 3.1) Duerrs Kritik an Elias
- 3.2) Eine hitzige Debatte: Duerr und die Eliasianer
- 3.3) Die Geschichte der Intimität
- 4. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit untersucht, ob Hans Peter Duerrs Darstellung der Geschichte der Intimität die Zivilisationstheorie von Norbert Elias widerlegt. Da Duerr keine eigene Theorie aufstellt, sondern sich auf die Entkräftung der Elias'schen Theorie konzentriert, widmet sich der erste Teil der Arbeit der ausführlichen Erläuterung der Zivilisationstheorie. Der nächste Teil beleuchtet die Kontroverse zwischen Duerr und seinen Kritikern, um Einblicke in die Art der Diskussion zu gewinnen. Der letzte Teil skizziert die Geschichte der Intimität, wie sie in Duerrs zweitem Band „Intimität“ dargestellt wird.
- Duerrs Kritik an Elias' Zivilisationstheorie
- Die Debatte zwischen Duerr und den Anhängern von Elias
- Die Geschichte der Intimität als Beweismittel gegen Elias' Theorie
- Die Rolle von Scham und Peinlichkeit in der Zivilisationsentwicklung
- Die Frage nach angeborenem Schamgefühl im Vergleich zu gesellschaftlich herangezüchteter Scham
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Das erste Kapitel stellt die wissenschaftliche Fragestellung vor und führt in die Kontroverse zwischen Duerr und Elias ein. Das zweite Kapitel erläutert die Zivilisationstheorie von Norbert Elias, welche die Entwicklung von Außenzwängen zu Innenzwängen im Laufe der Geschichte beschreibt. Das dritte Kapitel präsentiert Duerrs Kritik an Elias' Theorie. Duerr argumentiert, dass es keinen fortschreitenden Zivilisationsprozess im Sinne Elias' gibt und dass die Annahme einer zunehmenden Selbststeuerung der Affekte in den letzten Jahrhunderten nicht haltbar ist. Duerr betrachtet die Geschichte der Intimität, insbesondere die Schamhaftigkeit von Frauen, als Beleg für seine Kritik.
Schlüsselwörter (Keywords)
Zivilisationstheorie, Norbert Elias, Hans Peter Duerr, Intimität, Schamgefühl, Geschichte, Psychogenese, Soziogenese, Affekthaushaltung, Selbststeuerung, Triebkontrolle, Naturvölker, Fremdzwang, Selbstzwang, Empirie, Mythenbildung, Kontroverse, wissenschaftliche Debatte, Geschichte der Intimität.
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- Samuel Ewert (Autor), 2015, Realität und Mythos der Zivilisation. Widerlegt Hans Peter Duerrs Darstellung der Geschichte der Intimität die Zivilisationstheorie von Norbert Elias?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306158