Zwischen Personengesellschaften und ihren Mitunternehmern ist es möglich, Rechtsgeschäfte unter fremdüblichen Bedingungen abzuschließen, die ertragsteuerlich anerkannt werden. Die steuerliche Bewertung von entgeltlichen Vorgängen, soweit der Vertragsinhalt einen fremdüblichen Preis aufweist und von Vorgängen, in denen kein Entgelt erbracht wird, ist klar normiert. Jedoch werden auch Rechtsgeschäfte abgeschlossen, bei denen nur ein Teilentgelt zu leisten ist, d.h. ihr Preis ist vergünstigt. Die Gründe hierfür liegen meistens in der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit oder in einem verwandtschaftlichen Verhältnis der Mitunternehmer untereinander. Ein Vergleich zwischen der günstigen Vereinbarung und einem Vorgang unter fremdüblichen Bedingungen, wirft die Frage auf, inwiefern Anpassungen hinsichtlich der steuerlichen Bewertung bei dem teilentgeltlichen Geschäft vorzunehmen sind. Das Problem stellt sich insbesondere bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern, die oftmals aufgrund rechtlicher und organisatorischer Motive der Unternehmen durchgeführt werden. Bspw. kann durch eine Betriebsaufspaltung ein Haftungswall aufgebaut werden. Ebenso kann der Fortbestand einer Personengesellschaft durch die Übertragung des bestehenden Betriebsvermögens oder eines Teilbetriebes oder eines Mitunternehmeranteils oder auch einzelner Wirtschaftsgüter an die nächste Generation gesichert werden. Für die Steuerpflichtigen wäre es daher hilfreich, wenn diese Vorgänge steuerneutral, also ohne die Belastung mit Ertragsteuern, durchführbar wären. Allerdings ist gesetzlich nicht eindeutig festgelegt, wie die sog. teilentgeltlichen Übertragungen steuerlich zu behandeln sind. Für die Lösung existieren drei verschiedene Bewertungstheorien: die reine Trennungstheorie, die Einheitstheorie und die modifizierte Trennungstheorie. Ihre steuerrechtliche Anwendbarkeit wird von Finanzverwaltung und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
In der vorliegenden Arbeit wird der, vom IV. Senat des BFHs initiierte, Wechsel der anzuwendenden Bewertungstheorie bei teilentgeltlichen Übertragungen dargestellt und gewürdigt. Besondere Beachtung finden dabei der historische Wandel der Bewertungsnormen sowie die drei Bewertungskonzeptionen mit ihren im Ertragsteuerrecht möglichen Anwendungsgebieten und deren Folgen auf Veräußerer- und Erwerberseite. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung
- Erläuterung von wichtigen Begriffen bei teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern
- Die zweistufige Gewinnermittlung bei Personengesellschaften und ihre verschiedenen Betriebsvermögensbereiche
- Gegenleistungen bei Übertragungen
- Gesetzliche Änderungen der Übertragungsvorschriften im Zeitablauf
- Die über 20-jährige Anwendung des Mitunternehmererlasses
- Gesetzesänderungen um die Jahrtausendwende
- Radikale Verringerung von steuerneutralen Übertragungsmöglichkeiten durch die Einführung des StEntlG 1999/2000/2002
- Umdenken des Gesetzgebers durch das StSenkG
- Klarstellung und weitere Vergünstigungen mit Ergehen des UntStFG
- Die aktuell gültige Fassung des § 6 EStG zu Übertragungsvorgängen
- Die Beurteilung des BMFS von teilentgeltlichen Übertragungen anhand des Schreibens vom 08. Dezember 2011
- Die Abkehr des Bundesfinanzhofs von der reinen Trennungstheorie
- BFH-Urteil vom 21. Juni 2012 IV R 1/08
- BFH-Urteil vom 19. September 2012 IV R 11/12
- Untersuchung der Bewertung von teilentgeltlichen Übertragungen anhand der angewandten Theorien
- Bisher verwendete Theorien bei Übertragungen
- Die reine Trennungstheorie
- Vorgehen bei der reinen Trennungstheorie
- Die anteilige Gewinnrealisierung bei teilentgeltlichen Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern
- Die Einheitstheorie - Erleichterung bei der Unternehmensnachfolge
- Gegenüberstellung von reiner Trennungstheorie und Einheitstheorie
- Netto- und Bruttobetrachtung - Vergleich beider Bewertungstheorien
- Kritische Äußerungen zum BMF-Schreiben vom 08.12.2011
- Die historische Entwicklung - Bedeutsamkeit der Theorien
- Neuerung durch den IV. Senat des Bundesfinanzhofs
- Die modifizierte Trennungstheorie
- Vorgehen bei der modifizierten Trennungstheorie
- Beurteilung der modifizierten Trennungstheorie anhand ausgewählter Kriterien
- Die einseitige Buchwertzuordnung zum entgeltlichen Teil
- Der Anknüpfungspunkt für die Besteuerung: das Wirtschaftsgut
- Zeitpunkt der Besteuerung anhand des finalen Entnahmebegriffes
- Gleichstellung von Einzel- und Mitunternehmern
- Bewertung des Ersatzrealisationstatbestandes für den unentgeltlichen Teil
- Sicherung der stillen Reserven vs. Subjektsteuerprinzip
- Gesetzliche Grundlage für die Anwendung der modifizierten Trennungstheorie im Zivil- und Schenkungsteuerrecht oder im § 4 Abs. 1 EStG?
- Nachteile der modifizierten Trennungstheorie
- Folgen der aktuellen BFH-Rechtsprechung
- Behandlung von Gewinn- und Überschusseinkünften
- Unterschiedliche Bewertung auf Erwerberseite
- BMF-Schreiben vom 12.09.2013 – Die Finanzverwaltung wartet ab
- Die Entwicklung der Rechtsprechung zur Trennungstheorie bei teilentgeltlichen Übertragungen von Wirtschaftsgütern
- Die Auswirkungen der aktuellen BFH-Entscheidungen auf die steuerliche Behandlung von Übertragungsvorgängen
- Die Kritik an der modifizierten Trennungstheorie und deren Auswirkungen auf die Praxis
- Die Bedeutung der Rechtsprechung für die Unternehmensnachfolge
- Die Herausforderungen für die Finanzverwaltung bei der Anwendung der aktuellen BFH-Rechtsprechung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der kritischen Würdigung der aktuellen BFH-Rechtsprechung zur Anwendung der Trennungstheorie bei teilentgeltlichen Übertragungen von Wirtschaftsgütern. Die Arbeit analysiert die Entwicklung der Rechtsprechung und zeigt die Auswirkungen der aktuellen BFH-Entscheidungen auf die steuerliche Behandlung von Übertragungsvorgängen auf.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel dieser Arbeit stellt die Problemstellung dar und erläutert die wichtigsten Begriffe im Zusammenhang mit teilentgeltlichen Übertragungen von Wirtschaftsgütern. Das zweite Kapitel behandelt die gesetzliche Entwicklung der Übertragungsvorschriften im Zeitablauf und zeigt die verschiedenen Ansätze des Gesetzgebers auf. Kapitel drei befasst sich mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Trennungstheorie und analysiert die wichtigsten BFH-Urteile. Das vierte Kapitel untersucht die Bewertung von teilentgeltlichen Übertragungen anhand der verschiedenen Theorien und diskutiert die Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze. Abschließend wird die modifizierte Trennungstheorie kritisch bewertet und deren Auswirkungen auf die Praxis analysiert.
Schlüsselwörter
Teilentgeltliche Übertragung, Trennungstheorie, Einheitstheorie, BFH-Rechtsprechung, Unternehmensnachfolge, Steuerliche Behandlung, Wirtschaftsgüter, Gewinnrealisierung, Bewertung, Buchwert, Ersatzrealisation, Stiller Reserve, Finanzverwaltung, Gesetzliche Grundlage, Kritik, Auswirkungen
- Arbeit zitieren
- Jennifer Engel (Autor:in), 2013, Die aktuelle BFH-Rechtsprechung zur Trennungstheorie bei teilentgeltlichen Übertragungen von Wirtschaftsgütern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306946